:: 3/2008

Aspekte des Eigenheimbaus in Baden-Württemberg

Während dem Geschosswohnungsbau immer eine besondere Bedeutung in Zeiten vorhandener Wohnungsengpässe zukommt, entspringt der Eigenheimbau vorrangig dem Interesse der Haushalte an der Bildung von Wohneigentum und der Verwirklichung individueller Wohnträume. Abgesehen von einigen regionalen und strukturellen Ungleichgewichten gibt es in Baden-Württemberg keine gravierende Wohnungsnot. Der Wohnungsbedarf und konsequent auch die Zahl der fertiggestellten neuen Wohnungen sinken daher seit Jahren kontinuierlich. Nach wie vor ist jedoch der Bau von Einfamilienhäusern, die eine wesentliche Rolle bei der Bildung von Wohneigentum spielen, attraktiv.

Wohnbautätigkeit auf niedrigstem Niveau der Nachkriegszeit

Die Schaffung von Wohnraum war eines der drängendsten Probleme der Nachkriegszeit. Die Gewährung von Baukostenhilfen, Bausparprämien und Steuerbegünstigungen beim Eigenheimbau regten die private Bautätigkeit an und führten zu beachtlichen Fertigstellungszahlen in der Größenordnung zwischen 60 000 und 100 000 Wohnungen jährlich. Ende der 60er- bis Mitte der 70er-Jahre verstärkten inflationäre Tendenzen die Investitionen in Sachwerte und beflügelten auch die Bautätigkeit. Im Jahr 1973 wurde der Spitzenwert von fast 120 000 Fertigstellungen gemessen. Danach bewegten sich die Fertigstellungszahlen über Jahre hinweg zwischen 60 000 und gut 70 000. Bis sie 1988 auf einen bis dahin nicht gekannten Niedrigstand von gut 41 000 Fertigstellungen sanken. Diese Entwicklung machte Sinn, denn Mitte der 80er-Jahre konnte das Wohnungsdefizit in Baden-Württemberg zumindest rein rechnerisch bei landesweiter Betrachtung erstmals als überwunden gelten. Die erheblichen Zuwanderungen aus Osteuropa zu Beginn der 90er-Jahre führten jedoch zu sprunghaft steigenden Haushaltszahlen und neue Engpässe entstanden.

Gestützt durch die Ausweitung der Fördermittel im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus sowie verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen reagierte der Wohnungsmarkt schnell auf den entstandenen Bedarf. Bauen war wieder attraktiver und 1994 wurde mit 102 000 Wohnungsfertigstellungen ein neuer Hochpunkt erreicht. Seitdem fielen die Fertigstellungszahlen auf inzwischen deutlich unter 40 000 Wohnungen jährlich. Im Jahr 2006 wurden noch rund 37 200 Wohnungen bezugsfertig. Gebremst wurde die Entwicklung noch etwas durch die in Verbindung mit der Kürzung und schlussendlich dem Wegfall der Eigenheimzulage mit Ablauf des Jahres 2005 zu verzeichnenden Vorzieheffekte. Dennoch befindet sich die Bautätigkeit heute auf einem niedrigen Niveau, wie es das seit Bestehen des Landes nicht gab. Aber die Wohnungsfertigstellungen liegen noch deutlich über dem – auf der Basis der Bevölkerungs- und der Haushaltsvorausrechnung errechneten – jährlichen Wohnungsbedarf von 28 000 bis zum Jahr 2010 bzw. daran anschließend 22 000 Wohnungen bis 2025.

Der jährliche Wohnungsneubau wird voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter zurückgehen und reagiert insofern darauf, dass die Zahl der Haushalte und damit der zusätzliche Bedarf nur noch geringfügig ansteigen.1 Ungebremst scheint bis jetzt aber das Interesse der Haushalte an der Bildung von Wohneigentum.

Vier von fünf neuen Wohngebäuden sind Einfamilienhäuser

Das Wohnen im Eigenheim stellt ein Ideal privater Haushalte dar. Das Interesse der Bauwilligen richtet sich daher mehr und mehr auf den Einfamilienhausbau. Während die Fertigstellungszahlen, sowohl bezogen auf die Wohnungen als auch auf Zwei- und Mehrfamilienhäuser, seit Mitte der 90er-Jahre nur noch sanken, boomten die Einfamilienhäuser und erreichten im Jahr 2000 einen Hochpunkt von 20 200 bezugsfertigen Eigenheimen. Die Fertigstellungszahlen bewegten sich 2006 immerhin noch bei rund 16 500. Damit waren rund 80 % der fertiggestellten neuen Wohngebäude Einfamilienhäuser. Selbst Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre, als die Fertigstellungszahlen für Einfamilienhäuser absolut höher lagen, nämlich zwischen 22 000 und 21 000, lag der Anteil an allen Neubauten um bis zu 22 Prozentpunkte niedriger. Insbesondere Zweifamilienhäuser, die Anfang der 80er-Jahre Anteile von über 40 % an den Neubauten hatten, werden im Verhältnis immer weniger gebaut.2 Nur 12 % der Neubauten gehörten im Jahr 2006 zu den Zweifamilienhäusern. Der Geschosswohnungsbau wiederum, der Anfang der 80er-Jahre mit Anteilen um 7 % das Schlusslicht beim Gebäudeneubau bildete, leistete Mitte der 90er-Jahre einen beträchtlichen Beitrag zur Behebung der damals sogenannten »neuen Wohnungsnot«. Die Anteile an den Fertigstellungen stiegen auf über 28 %, sanken danach aber kontinuierlich und nahezu auf das Niveau Anfang der 80er-Jahre.

An der Zahl der entstehenden Wohnungen gemessen, tritt der Geschosswohnungsbau nicht ganz so stark in den Hintergrund. In einem Einfamilienhaus entsteht nur eine Wohnung, während in einem Mehrfamilienhaus mindestens drei Wohnungen und häufig natürlich mehr entstehen. Dem Geschosswohnungsbau kommt daher, wie schon in der Nachkriegszeit, immer besondere Bedeutung bei der Behebung von Wohnungsengpässen zu. Im Jahr 2006 entstanden knapp 16 500 der in neuen Wohngebäuden bezugsfertiggestellten Wohnungen als Einfamilienhäuser. Das sind rund 50 % aller neu gebauten Wohnungen. 11 700 neue Wohnungen (36 %) wurden in Mehrfamilienhäusern und nur 4 800 (15 %) Wohnungen in Zweifamilienhäusern fertiggestellt.

Im Rhein-Neckar-Kreis boomt der Eigenheimbau

Die meisten der im Jahr 2006 in Baden-Württemberg neuen Wohngebäude wurden im Rhein-Neckar-Kreis gebaut. Fast 7 % der neu gebauten gut 20 500 Wohngebäude gehören zu diesem Kreis. Der Rhein-Neckar-Kreis fängt als Umland aber auch den Wohnungsbedarf des Stadtkreises Heidelberg auf, der in dieser Betrachtung mit noch nicht einmal einem halben Prozent Anteil an den Neubauten das Schlusslicht bildet. Insgesamt stehen die Stadtkreise beim Neubau von Wohngebäuden eher schlecht da. Dies liegt jedoch in der Natur der Sache, denn Bauplätze sind rar. Unter den Stadtkreisen ist Stuttgart am weitesten vorn. 2006 wurden 357 neue Wohngebäude in Stuttgart gebaut. Das sind nicht ganz 2 % der gesamten Gebäudefertigstellungen im Land. Unter den Landkreisen an zweiter und dritter Stelle rangieren Ludwigsburg und Esslingen mit jeweils rund 5 % der Wohngebäude.

Der Rhein-Neckar-Kreis sticht auch besonders hervor, wenn es um den Bau von Einfamilienhäusern geht. Rund 8 % aller knapp 16 500 in Baden-Württemberg im Jahr 2006 gebauten Einfamilienhäuser stehen dort. Dazu passt, dass sich Teile dieses Kreises zugleich durch eine auffallend hohe Kaufkraft auszeichnen. Es folgen der Landkreis Esslingen und der Landkreis Ludwigsburg mit jeweils etwa 5 % der neuen Einfamilienhäuser Baden-Württembergs und ebenfalls überdurchschnittlicher Kaufkraft.

Egal ob Stadt- oder Landkreis, für alle Kreise gilt, dass das Einfamilienhaus an den Neubauten überwiegt. In dieser Betrachtung markiert der Landkreis Heidenheim die Spitze. In diesem Kreis erstreckt sich fast die gesamte Neubautätigkeit im Wohnungsbau auf Einfamilienhäuser. 95 % der im Jahr 2006 dort gebauten Wohngebäude waren Einfamilienhäuser. Insgesamt war die Bautätigkeit in diesem Kreis aber eher gering, denn es wurden nur gut 160 Wohnhäuser gebaut. Bedeutender bleibt daher der Rhein-Neckar-Kreis der auch bei den Eigenheimanteilen, mit dem überdurchschnittlichen Anteil von 88 % an allen im Kreis gebauten Wohngebäuden, weit oben rangiert. Ebenfalls überdurchschnittlich hinsichtlich des Eigenheimanteils an den neu geschaffenen Gebäuden stellt sich aber auch der angrenzende Stadtkreis Mannheim mit gut 86 % dar. Freiburg im Breisgau bildet mit knapp 62 % Anteil der Einfamilienhäuser an den neuen Wohngebäuden das Schlusslicht aller Kreise.

Die kartografische Darstellung im Schaubild 3 verdeutlicht nochmals die regional sehr differenzierte Verteilung der Einfamilienhäuser im Land anhand des Anteils der neu fertiggestellten Wohnungen nach Gebäudetyp. Schaubild 4 gibt darüber hinaus einen Eindruck über die Entwicklung des Wohnungsbaus in den Kreisen Baden-Württembergs während der vergangenen 17 Jahre.

Die Eigenheime werden immer größer

Im Vergleich zum Beginn der 80er-Jahre stieg die Wohnfläche der neu gebauten Durchschnittswohnung merklich an. Allerdings wurde in den 90er-Jahren dann die Behebung der Wohnungsengpässe von temporär sinkenden Wohnflächen im Neubau begleitet. Ende der 90er-Jahre stieg die Wohnfläche der neu gebauten Wohnungen erneut an, und zwar deutlich über das Niveau Anfang der 80er-Jahre. Während die durchschnittliche Neubauwohnung Mitte der 90er-Jahre rund 85 m2 hatte, waren es im Jahr 2006 119 m2. 1980 lag die Wohnungsgröße im Neubau jedoch schon einmal bei 100 m2.

Das »Tal« in der durchschnittlichen Wohnflächenentwicklung wurde vor allem durch den Geschosswohnungsbau bestimmt. Hier war die sinkende Wohnfläche ein Instrument zur Behebung des entstandenen Wohnungsdefizits. Dagegen stiegen die Wohnflächen beim Neubau von Zwei- und insbesondere Einfamilienhäusern gleichmäßiger. Leicht rückläufig war die Wohnfläche im Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern nur Mitte der 80er-Jahre. Das durchschnittliche neue Eigenheim hatte schließlich 2006 rund 21 m2 mehr Wohnfläche als 1980, während die durchschnittliche Neubauwohnung im Zweifamilienhaus nur 14 m2 größer wurde. Die neu gebauten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurden im gleichen Zeitraum aber nur 4 m2 größer.

Jedes fünfte Einfamilienhaus entsteht im Fertigteilebau vorwiegend aus Holz

In Deutschland hatten Fertighäuser lange Zeit ein eher negatives Image. Inzwischen werden sie aber immer beliebter. Bereits 1980 lag der Anteil der im Fertigteilebau3 errichteten Gebäude bei 14 %. Er sank dann bis auf 10 % Mitte der 90er-Jahre. Der Wandel von billigen einfach gebauten Fertighäusern hin zu qualitativ hochwertigem Fertigteilebau brachte aber schließlich wachsende Marktanteile. Der Anteil der im Fertigteilebau errichteten neuen Wohngebäude stieg inzwischen auf 20 % im Jahr 2006.

Das Tätigkeitsfeld der Fertighaushersteller ist insbesondere der Eigenheimbau. Rund 89 % aller im Jahr 2006 in Fertigteilbauweise erstellten Gebäude waren Einfamilienhäuser. Nur etwa 10 % der Fertighäuser waren Zweifamilienhäuser und für den Mehrfamilienhausbau sowie den Bau von Wohnheimen spielt die Fertigbauweise nahezu keine Rolle. Im Jahr 2006 wurde rund jedes fünfte neue Ein- oder Zweifamilienhaus mit Fertigteilen gebaut.

Beim Bau von Wohngebäuden wird zu 68 % auf Ziegel und sonstige Mauersteine zurückgegriffen. Doch jedes fünfte neue Wohngebäude wird inzwischen mit Holz gebaut. Vor rund 20 Jahren galt das nur für jedes zehnte Wohngebäude und fast 80 % der Wohngebäude wurden mit Mauersteinen errichtet. Holz als Baustoff spielt vor allen Dingen im Fertigteilebau eine Rolle. 84 % der Fertighäuser werden damit gebaut, während bei konventioneller Bauweise Holz nur bei 3 % der Wohnbauten genutzt wird. Der Fertigteilebau wiederum ist, wie schon dargelegt, vor allem im Ein- und Zweifamilienhausbau von Bedeutung. So wurden dann auch 22 % der 2006 fertiggestellten Einfamilienhäuser mit Holz errichtet und 17 % der Zweifamilienhäuser. Beim Bau von Mehrfamilienhäusern hat dieser Baustoff eine sehr untergeordnete Bedeutung. Hier überwiegt Stahlbeton mit 21 % als Alternative zum Mauerstein, der für 77 % der Bauten zum Einsatz kommt.

In jüngster Zeit steigen die veranschlagten Baukosten

Für die im Jahr 2006 fertiggestellten Wohngebäude wurden durchschnittlich 1 302 Euro für die Baukosten je m2 Wohnfläche veranschlagt. Der Mehrfamilienhausbau ist mit 1 216 Euro je m2 Wohnfläche am günstigsten. Bei Einfamilienhäusern wurde dagegen mit 1 333 Euro je m2 Wohnfläche kalkuliert. Zu nennenswerten Erhöhungen der vorab kalkulierten Baukosten kam es zuletzt im Zeitfenster nach 1990 als der Wohnungsbau durch die zuwanderungsbedingten Bedarfe boomte. In diesen Jahren stiegen die Baukostenansätze um bis zu 6 % gegenüber den jeweiligen Vorjahren. Vorausgegangen waren jedoch auch Preissteigerungen der erforderlichen Bauleistungen in nicht geringerer Größenordnung (Höchstwert 1990 bei fast 7 %).

Nach 1997 sanken dann die veranschlagten Baukosten bei neu fertiggestellten Wohngebäuden sogar und erst in der jüngeren Vergangenheit gab es erneute Preiserhöhungsspielräume für die Anbieter von Bauleistungen. Der Preisindex für Wohngebäude stieg schon im 2. Halbjahr 2006 merklich und in den ersten drei Quartalen 2007 um durchschnittlich 8 % gegenüber dem Vorjahr an. Bei den Baugenehmigungen des Jahres 2007 schlug sich dies bereits in der Baukostenkalkulation nieder. Im Durchschnitt der Monate Januar bis Oktober 2007 lagen die veranschlagten Baukosten für neu genehmigte Wohngebäude insgesamt bereits bei 1 321 Euro je m2 Wohnfläche und für Einfamilienhäuser sogar bei 1 358 Euro.

Ausblick

Für die Entwicklung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern spielen viele Faktoren, wie Einkommens-, Preis und Zinsentwicklung, die Lage des Arbeitsmarkts oder auch die politischen Rahmenbedingungen eine Rolle. Darüber, ob und inwieweit beispielsweise die Abschaffung der Eigenheimzulage nachhaltigen Einfluss auf den zukünftigen Bau von Einfamilienhäusern hat, kann gegenwärtig allenfalls spekuliert werden. Sicher ist, dass merkliche Vorzieheffekte insbesondere bei der Baugenehmigung für Einfamilienhäuser stattgefunden haben, um die Eigenheimzulage zu sichern. Ob alle diese Bauvorhaben jedoch auch ausgeführt werden, kann gegenwärtig noch nicht belegt werden. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung kommt der Eigenheimnachfrage voraussichtlich auch künftig eine tragende Rolle beim Wohnungsneubau zu. Wenn nicht zum Beispiel durch steigende Zuwanderung neue Engpässe auf dem Wohnungsmarkt entstehen, dürfte der Geschosswohnungsbau in den nächsten Jahren eher weiter zurückgehen.

1 Brachat-Schwarz, Werner/Schmidt, Heike/Schwarck, Cornelia: »Neue regionalisierte Wohnungsbedarfsprognose für Baden-Württemberg bis 2025«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 7/2007«

2 Wahrscheinlich handelt es sich bei den Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre gebauten Zweifamilienhäuser nicht vollständig um »vollwertige« Zweifamilienhäuser im üblichen Sprachgebrauch. Die damaligen Steuervergünstigungen für Zweifamilienhäuser führten dazu, dass der Bau von sogenannten »Einfamilienhäusern« mit kleiner Einliegerwohnung attraktiv wurde. Diese können jedoch statistisch nicht herausgelöst werden und sind als Zweifamilienhäuser geführt.

3 Als Fertigteilebau werden Bauverfahren bezeichnet, bei denen Bauwerke überwiegend aus industriell vorgefertigten Elementen zusammengefügt werden. Die Fertigteile werden dabei nicht an der Baustelle hergestellt.