:: 4/2008

Seit einem Jahr Elterngeld

Erste Zahlen zu Zufriedenheit und Inanspruchnahme

Die meisten jungen Eltern in Deutschland sind mit der neuen Elternzeitregelung zufrieden. Seit Einführung ist der Anteil der Väter, die zumindest kurz zugunsten der Familie beruflich zurückstecken, bundesweit deutlich angestiegen. Die Einkommensabhängigkeit des Elterngeldes ist bei jungen Eltern nicht unumstritten. Väter erhalten deutlich höhere Elterngeldbeträge als Frauen. Wie lange im Einzelfall Elternzeit genommen wird, hängt vor allem vom bisherigen Erwerbseinkommen und der daraus resultierenden Höhe des Elterngeldes ab.

Das Gesetz zum Elterngeld hat eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst. Befürworter erhoffen sich eine stärkere Väterbeteiligung in der Familie, eine einfachere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und eine Verbesserung der finanziellen Situation nach der Geburt insbesondere des ersten Kindes, in der bei den meisten Familien ein Verdienst wegfällt. Kritiker halten dagegen, dass einseitig das Familienmodell mit doppelverdienendem Elternpaar gefördert wird, und dass Besserverdienende höhere finanzielle Zuwendungen erhalten.

Höhere Inanspruchnahme durch Väter als beim Erziehungsgeld

2007 lag der Anteil der Väter bei der Inanspruchnahme von Elterngeld im Bundesdurchschnitt bei 10,5 %. Damit war er mehr als doppelt so hoch verglichen mit 2006, als rund 3,5 % der Väter Erziehungsgeld bekamen und sich rund 5 % für die Elternzeit entschieden hatten. Die Inanspruchnahme hatte auch in den Jahren davor laufend zugenommen:

20012,1 %
20022,4 %
20032,6 %
20042,8 %
20053,2 %
20063,5 %
200710,5 %

In Baden-Württemberg lag 2007 mit 10,6 % die Inanspruchnahme von Elterngeld durch Väter geringfügig über dem Bundesdurchschnitt. Hier haben 2007 über 70 000 Mütter und Väter Anträge auf Elterngeld gestellt und bewilligt bekommen.

2007 hat sich der Anteil der Väter an denjenigen, die Elterngeld beziehen, laufend erhöht. Wurden im 1. Quartal rund 7 % der Anträge von Vätern gestellt, ist dieser Anteil Ende des Jahres auf über 12 % angestiegen. Für die weitere Entwicklung ist anzunehmen, dass sich der Väteranteil weiter erhöht, denn es zeichnet sich ab, dass viele Väter den Elterngeldanspruch in den Monaten 13 und 14 nach Geburt ihres Kindes realisieren möchten.

Wesentliches Argument für Männer, Elterngeld nicht oder nur kurz in Anspruch zu nehmen, ist, dass die Familie auf das Gehalt des Vaters angewiesen ist. Das führen 66 % derjenigen jungen Väter an, die sich gegen eine Inanspruchnahme entschieden haben. Erst danach folgen berufliche Gründe mit prozentualen Nennungen zwischen 30 und 40 %.1

Zufriedenheit mit neuen Elterngeldregelung

5 Monate nach Einführung der neuen Elterngeldregelung wurden Mütter und Väter, deren jüngstes Kind 2007 geboren wurde, nach ihrem Urteil zur neuen Elterngeldregelung gefragt.2 Rund 63 % der Eltern finden das neue Elterngeld »eine gute Sache«. Nur ein Fünftel kann der neuen Regelung keine positiven Seiten abgewinnen. Die Neuregelung wird dann überdurchschnittlich positiv bewertet, wenn die Eltern älter als 30 Jahre alt sind, eine höhere Schulbildung besitzen und/oder überdurchschnittlich gut verdienen. Kinderreiche Eltern mit mehr als 3 Kindern stehen dem Elterngeld dagegen kritisch gegenüber, über 40 % von ihnen geben eine negative Wertung ab. Sie kritisieren insbesondere die kurze Bezugsdauer und die finanzielle Benachteiligung von Geringverdienern (Allensbach 2007).

Die Regelung der sogenannten Vätermonate finden 55 % der befragten jungen Eltern sinnvoll. Höher gebildete und gutverdienende Personen urteilen überdurchschnittlich positiv (Allensbach 2007).

Nur kurze Berufunterbrechung bei Vätern

Wenn Mütter ihre Berufstätigkeit zugunsten der Kindererziehung unterbrechen, dann zumeist für 1 Jahr oder länger und damit für die volle Laufzeit des Elterngeldes. Die Mehrheit der Väter entscheidet sich dagegen für die sogenannten 2 Vätermonate. Nur jeder fünfte Vater hat einen Antrag auf 1-jährige Berufsunterbrechung gestellt. Während des Elterngeldbezugs sind nur wenige Männer in Teilzeit erwerbstätig, obwohl immerhin ein Drittel angibt, das vorzuhaben. Es liegt die Vermutung nahe, dass sich für die oft kurze Inanspruchnahme des Elterngeldes die aufwendige Organisation einer Teilzeitregelung nicht lohnt.

Damit hat sich der Anteil der Väter, die sich für eine längere Auszeit zugunsten der Familie entscheiden, seit Einführung des Elterngeldes nicht erhöht. Hinzugekommen sind aber Männer, die sich für eine kurze Phase vollzeitiger Familienarbeit entscheiden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit damit Veränderungen im Rollenverständnis und eine insgesamt stärkere Beteiligung von Männern in der Familie einhergehen.

Besserverdienende gehen kürzer in Elternzeit

Bei Männern spielt das Gehalt eine wesentliche Rolle für den Elterngeldbezug. Je besser sie verdienen, desto häufiger entscheiden sie sich nur für eine kurze Elternzeit. Bei Vätern, die aufgrund ihres guten Einkommens Anspruch auf mehr als 1 000 Euro haben, sind es fast zwei Drittel, die sich auf 2 Monate beschränken – dies trifft nur auf 42 % der Männer, die den Mindestbetrag bekommen, zu. Genau umgekehrt verhält es sich beim 12-monatigen Elterngeldbezug. 39 % der Mindestbetragsbezieher, aber nur 13 % derjenigen, die über 1 000 Euro erhalten, entscheiden sich für ein ganzes Jahr zugunsten der Familie. Es scheint also weiterhin in besser dotierten Jobs schwieriger zu sein, Beruf und eine längere Unterbrechung für die Familie zu vereinbaren. So äußert jeder zweite befragte junge Vater mit einem Nettoeinkommen über 3 000 Euro, dass die betriebliche Situation für ihn die Inanspruchnahme von Elterngeld nicht zulässt. Bei Vätern, deren Gehalt unter 2 000 Euro liegt, geben dies nur 31 % an (Allensbach 2007). Bei Frauen wird die Länge der Inanspruchnahme kaum von beruflichen Faktoren beeinflusst.

Väter erhalten mehr Geld als Mütter

Jeder dritte Elternteil, der Elterngeld bezieht, bekommt den Mindestbetrag von 300 Euro. Den Höchstbetrag von 1 800 Euro (ggf. plus Zuschläge) erhält nur eine Minderheit von knapp 3 %. Männer erhalten dabei im Schnitt höhere Elterngeldbeträge als Frauen. Das spiegelt zum einen das durchschnittlich höhere Erwerbseinkommen von Männern wider. Zum anderen standen deutlich mehr Frauen (über 50 %) bei der Geburt des Kindes nicht im Erwerbsleben, bedingt durch Studium, Arbeitslosigkeit oder weil sie bereits ein Geschwisterkind versorgen. Aber auch bei den Männern ist der Anteil, der vor dem Bezug von Elterngeld nicht erwerbstätig war, mit einem Drittel deutlich über dem Durchschnitt. Diese Männer entscheiden sich überdurchschnittlich oft für eine längere Elternzeit – Familienarbeit als sinnvolle Alternative.

Dass das Elterngeld nach dem Erwerbseinkommen differenziert, das heißt Besserverdienende bekommen einen höheren Betrag als Geringverdiener, findet ein geteiltes Echo. 37 % finden diese Regelung berechtigt, 51 % üben Kritik. Deutliche Unterschiede in der Akzeptanz gibt es zwischen Ost- und Westdeutschland. Während in Westdeutschland die Kritiker eines einkommensabhängigen Elterngeldes in der Mehrheit sind, ist das in Ostdeutschland umgekehrt (Allensbach 2007).

Für eine umfassende Bilanz zum Elterngeld ist es noch zu früh. Ende 2008 – wenn die Anspruchsfrist der zu Beginn 2007 geborenen Kinder endet – sollte für die Beurteilung abgewartet werden. Und ob das Elterngeld positiv auf die Geburtenrate wirkt, wird bei der Langsamkeit demografischer Prozesse erst in einigen Jahren zu bewerten sein. Allerdings glaubt noch nicht einmal ein Drittel (29 %) der jungen Eltern, dass das Elterngeld Paare motiviert, sich für ein Kind zu entscheiden (Allensbach 2007).

1 »Das Elterngeld im Urteil der jungen Eltern«: Repräsentative Befragung von 996 Müttern und Vätern, deren jüngstes Kind 2007 geboren ist, durchgeführt vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin 2007.

2 Siehe Fußnote 1.