:: 5/2008

Kleinräumige Kaufkraftberechnungen für Baden-Württemberg 2005

Die Kaufkraft des Einkommens belief sich in Baden-Württemberg 2005 auf durchschnittlich rund 16 000 Euro je Einwohner. Die regionalen Kaufkraftunterschiede innerhalb des Landes sind vergleichsweise gering. Drei Gebietstypen, die über das ganze Land verteilt sind, weisen die höchste Kaufkraft je Einwohner auf.

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die Berechnungsmethodik und die wichtigsten Ergebnisse der wohnsitzorientierten ungebundenen Kaufkraft der Bevölkerung in Baden-Württemberg im einkommenstheoretischen Sinn.1 Darunter versteht man jene Geldmittel, welche eine Person für Konsum- oder andere Zwecke während einer Periode zur Verfügung hat und über die sie frei (daher »ungebunden«) disponieren kann. Das Attribut »wohnsitzorientiert« weist darauf hin, dass die Kaufkraft am Wohnort des Einkommensbeziehers ausgewiesen wird. Aussagen über den tatsächlich am Wohnort getätigten Konsum bzw. über Kaufkraftab- und -zuflüsse können nicht getroffen werden. In diesem Beitrag wird aus Vereinfachungsgründen die wohnsitzorientierte ungebundene Kaufkraft des Einkommens kurz als Kaufkraft bezeichnet. Die Berechnung der Kaufkraft 2005 erfolgte bis auf die Ebene der Gemeinden.

Berechnungskonzept und Aussagekraft

Die Berechnung der Kaufkraft erfolgte in enger Anlehnung an das aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) bekannte Konzept des Verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte einschließlich der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck.2 Demzufolge werden in einer Modellrechnung – vereinfacht dargestellt – von den Einnahmen aus unselbstständiger Arbeit, Unternehmertätigkeit, Vermögen und laufenden Transfers (wie zum Beispiel Renten und Kindergeld) die Ausgaben für direkte Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und sonstige laufende Transfers (wie zum Beispiel Geldüberweisungen von in Baden-Württemberg wohnenden Ausländern in ihr Herkunftsland) subtrahiert. Für die Berechnung der Kaufkraft werden zusätzlich die Ausgaben für das Wohnen (Miete, Nebenkosten) und die Ersparnis abgezogen (i-Punkt).

Das Statistische Landesamt hat das bisherige Berechnungsverfahren mit der Kaufkraftberechnung 2005 verbessert und zusätzliche Statistiken in die Berechnung einbezogen. Aufgrund der erheblichen methodischen Veränderungen sind die Ergebnisse für das Jahr 2005 mit denen der Vorjahre nicht vergleichbar. Um künftig intertemporäre Vergleiche zu ermöglichen, wird aber nunmehr an dem aktuellen Berechnungsverfahren festgehalten. An der recht großen zeitlichen Verzögerung bei der Berechnung der Kaufkraftdaten wird sich auch in Zukunft kaum etwas ändern. Sie ist eine Folge der Verzögerung der teilweise sehr aufwendigen Basisstatistiken, die für die Berechnung der Kaufkraft benötigt werden.

Die berechneten Kaufkraftdaten zeigen in erster Linie das Wohlstandsniveau einzelner Gebietseinheiten an. Um regionale Wohlstandsunterschiede sichtbar zu machen, wurde das gebietsweise berechnete Kaufkraftvolumen mithilfe der jeweiligen Einwohnerzahl normiert. Die so ermittelte Kennziffer »durchschnittliche Kaufkraft je Einwohner« gibt jedoch keine unmittelbaren Hinweise auf die individuelle Einkommens- bzw. Kaufkraftsituation einzelner Personen oder sozialer Schichten. Aussagen zur Verteilung der Kaufkraft auf Einkommensklassen sind ebenfalls nicht möglich. Bei der Interpretation der Kaufkraftdaten ist daher zu berücksichtigen, dass der ausgewiesene Durchschnittswert insbesondere in kleinen Gebietseinheiten von einzelnen Personen stark beeinflusst sein kann. Vor allem Personen, die über keine Einkommen aus Unternehmertätigkeit oder Vermögen verfügen oder gar arbeitslos sind, werden sich daher in den durchschnittlichen Kaufkraftwerten kaum wiederfinden.

Zahlreiche Anfragen von Unternehmen, Lokalpolitikern, Wirtschaftsfördergesellschaften und (Markt-)Forschungsinstituten an das Statistische Landesamt Baden-Württemberg belegen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an den Kaufkraftdaten sehr groß ist. Sie finden beispielsweise Verwendung bei der Standortentscheidung, Absatzplanung, Werbung und Ausgestaltung der regionalen Preisdifferenzierung sowie in der Regionalplanung und Strukturpolitik.

Kaufkraft ist im Land regional recht gleichmäßig verteilt

Das Kaufkraftvolumen belief sich 2005 in Baden-Württemberg insgesamt auf gut 170 Mrd. Euro. Bezogen auf die Zahl der Einwohner entspricht dies einer Kaufkraft von rund 16 000 Euro pro Jahr bzw. von gut 1 300 Euro pro Monat. Dabei sind die regionalen Unterschiede im Kaufkraftniveau relativ gering: Die Kaufkraft je Einwohner weicht zwischen den 12 Regionen des Landes nur vergleichsweise geringfügig voneinander ab. Die Streuung um den baden-württembergischen Mittelwert bewegt sich in einem Bereich von + 7,6 % (Region Stuttgart) bis – 9,0 % (Region Hochrhein-Bodensee). Zum Vergleich: Bei der Kennzahl Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, ein Indikator für die Wirtschaftskraft, erstreckt sich die Streuung um den baden-württembergischen Durchschnitt von + 13,7 % (Region Stuttgart) bis – 18,3 % (Region Nordschwarzwald).

Während sich die Kaufkraft auf den Wohnort des Einkommensbeziehers bezieht, wird das Bruttoinlandsprodukt am Ort der Entstehung ermittelt. Die Unterschiede zwischen den beiden Größen können sich damit zum Beispiel durch Pendlerverflechtungen ergeben. Zudem wird die Kaufkraft in Ballungsräumen durch höhere Mietausgaben gemindert.

Die regional relativ geringen Kaufkraftunterschiede im Land werden auch bei einem Blick auf die Raumkategorien des Landesentwicklungsplans 2002 deutlich. Die Abweichung der vier Raumkategorien

  • Verdichtungsräume
  • Randzonen um die Verdichtungsräume,
  • Verdichtungsbereiche im Ländlichen Raum
  • Ländlicher Raum im engeren Sinn

vom baden-württembergischen Mittelwert reicht lediglich von + 2 % (in Verdichtungsbereichen) bis – 2 % (Ländlicher Raum im engeren Sinn).

Bei kleinräumiger Betrachtung zeigen sich allerdings in der Tat deutliche Unterschiede im durchschnittlichen Kaufkraftniveau. So weisen insbesondere die an die hoch verdichteten Stadtkreise Freiburg im Breisgau, Mannheim und Karlsruhe angrenzenden baden-württembergischen Gemeinden im Durchschnitt eine erheblich höhere Kaufkraft je Einwohner auf als der jeweilige Stadtkreis selbst.3

Determinanten des Kaufkraftniveaus

Im Allgemeinen können regionale Kaufkraftunterschiede vorwiegend durch folgende Faktoren erklärt werden:

  • Grad der Erwerbsbeteiligung bzw. Arbeitslosenquote: Diese Faktoren bestimmen im Wesentlichen, zusammen mit dem durchschnittlichen Verdienstniveau, die Höhe der Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, auf die landesweit knapp die Hälfte aller kaufkraftrelevanten Einnahmen der privaten Haushalte entfallen. Das Kaufkraftniveau steigt – unter sonst gleichen Bedingungen – mit zunehmender Erwerbsbeteiligung und mit sinkender Arbeitslosigkeit.
  • Branchenstruktur: Die Branchenstruktur beeinflusst unter anderem das durchschnittliche Verdienstniveau und damit die Höhe der Einkommen aus unselbstständiger Arbeit. Die Existenz von großen bzw. zahlreichen Betrieben aus Wirtschaftszweigen, in denen die Löhne und Gehälter im Allgemeinen überdurchschnittlich hoch sind, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie oder in der Energiewirtschaft4, führt unter sonst gleichen Bedingungen zu einer größeren Kaufkraft der Bevölkerung.
  • Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen: Diese Positionen umfassen zum Beispiel Ausschüttungen, Gewinnentnahmen und empfangene abzüglich geleisteter Zinsen. Auf diese Einkommensarten entfallen im Landesdurchschnitt gut ein Viertel der gesamten kaufkraftrelevanten Einnahmen der privaten Haushalte. Da ihre regionale Streuung besonders hoch ist, beeinflussen sie das relative Kaufkraftniveau eines Gebietes in hohem Maße. Die regionale Zuordnung der Einkommen erfolgt nach dem Wohnort des Unternehmers bzw. des Vermögensbesitzers, also nicht nach dem Standort des Unternehmens.
  • Bevölkerungsstruktur: Unter sonst gleichen Bedingungen führt beispielsweise eine hohe Anzahl Studierender oder Rentner zu einer geringen Kaufkraft je Einwohner.
  • Siedlungsdichte: Mit zunehmender Siedlungsdichte nimmt in der Regel die Wohneigentumsquote ab und das durchschnittliche Mietpreisniveau zu. In der Folge erhöht sich das Volumen der Mietausgaben (ohne Nebenkosten), auf die im baden-württembergischen Durchschnitt etwa ein Neuntel aller Ausgaben entfallen, und das Kaufkraftniveau sinkt.
  • Attraktivität von Gemeinden als Wohnort: Einzelne Gemeinden sind bevorzugte Wohnorte für besserverdienende Bevölkerungsgruppen. Dazu zählen zum Beispiel gut situierte Rentner und Pensionäre, die in Gemeinden mit hoher Lebensqualität zuwandern, sowie einkommensstärkere Arbeitnehmer- und Unternehmerhaushalte, die ihren Wohnsitz im Umland der größeren Ballungsräume wählen und zu ihrem Arbeitsplatz im Ballungsraum pendeln.

Drei Gebietstypen zeichnen sich durch hohe Kaufkraft der Bevölkerung aus

Während sich für die Kaufkraft in Baden-Württemberg insgesamt keine stark ausgeprägte regionale Konzentration erkennen lässt, können dennoch die drei folgenden, über das ganze Land verteilten Gebietstypen hoher Kaufkraft identifiziert werden:

Zum einen weisen altindustrielle Gebiete, also Gebiete, deren Wachstum schon zu Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert einsetzte, eine hohe Kaufkraft je Einwohner auf. Dazu zählen zum Beispiel Gemeinden am Albtrauf und auf der Alb, im Remstal und die Stadt Pforzheim.

Daneben ist die Kaufkraft der Bevölkerung in dynamischen Wachstumszentren überdurchschnittlich hoch. Diese Gebiete zeichnen sich aufgrund innovativer Unternehmen oder infolge der (Neu-)Ansiedlung von Unternehmen und Betrieben durch eine gute Wirtschaftsentwicklung aus und umfassen einzelne Gebiete im Raum Rhein-Neckar, in Hohenlohe, im Schwarzwald, südlich der Donau bei Ulm, südlich von Heilbronn sowie im Raum Böblingen.

Der dritte Gebietstyp hoher Kaufkraft besteht schließlich aus Zuwanderungsgebieten, also Gegenden, in die vorwiegend ältere Personen beim Eintritt in den Ruhestand zuwandern, zum Beispiel der westliche Teil des Bodensees, Bad Dürrheim und Baden-Baden.

Auf der anderen Seite gibt es mehr oder weniger zusammenhängende Gegenden, deren Einwohner eher über eine unterdurchschnittliche Kaufkraft verfügen. Dazu zählen zum Beispiel weite Teile Südbadens, der nordwestliche Teil Oberschwabens und der Odenwald.

Kaufkraft je Einwohner ist im Stadtkreis Pforzheim am höchsten

Die Einwohner des Stadtkreises Pforzheim hatten im Jahr 2005 durchschnittlich rund 19 400 Euro für Konsumzwecke zur freien Verfügung – so viel wie in keinem anderen Stadt- oder Landkreis des Landes. Pforzheim übertraf damit den baden-württembergischen Durchschnittswert um etwas mehr als ein Fünftel. Ausschlaggebend für diesen Spitzenplatz waren in erster Linie weit überdurchschnittliche Unternehmereinkommen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass Pforzheim nicht nur ein traditionelles Produktionszentrum für Schmuckwaren und Uhren ist, sondern sich dort auch einige bedeutende Unternehmen aus den Wirtschaftszweigen Versandhandel, Druckgewerbe, Metallgewerbe, Medizintechnik sowie Maschinenbau befinden.5 Offenbar haben etliche selbstständige Unternehmer und Anteilseigner auch ihren Wohnort in der »Schmuckstadt«. Auf der anderen Seite blieben die Einkommen aus unselbstständiger Arbeit je Einwohner deutlich hinter dem Landesdurchschnitt zurück. Darin spiegelt sich nicht zuletzt die vergleichsweise hohe Arbeitslosenquote in Pforzheim wider.6 Alles in allem lassen diese Fakten eine recht ungleiche Verteilung der Einkommen bzw. der Kaufkraft im Stadtkreis Pforzheim vermuten.7

An zweiter Stelle des Kreisrankings folgt der Stadtkreis Baden-Baden, dessen Einwohner 2005 über eine Kaufkraft von beinahe 19 200 Euro verfügten und den Landeswert damit um knapp ein Fünftel übertrafen. Maßgeblich für das gute Abschneiden Baden-Badens sind ebenfalls weit überdurchschnittliche Einkommen aus Unternehmertätigkeit. Hier dürfte sich bemerkbar machen, dass Baden-Baden für Unternehmer und Anteilseigner wohl ein bevorzugter Wohnort ist. Darüber hinaus sind die Einkommen aus Vermögen sowie aus Renten und Pensionen je Einwohner überdurchschnittlich hoch; vermutlich eine Folge der hohen Attraktivität Baden-Badens als Wohnort für gut situierte Rentner und Pensionäre. Die Einkommen aus unselbstständiger Arbeit je Einwohner liegen dagegen leicht unter dem Landesmittel. Dafür dürften der hohe Anteil von älteren Menschen an der Bevölkerung und die überdurchschnittliche Arbeitslosenquote8 verantwortlich sein.

Insgesamt verzeichnen die Einwohner des Stadtkreises Baden-Baden im Mittel nicht nur um 9 % höhere kaufkraftrelevante Einnahmen als jene Pforzheims, sondern landesweit die höchsten überhaupt. Allerdings sind auch die kaufkraftrelevanten Ausgaben der Baden-Badener im Durchschnitt landesweit am höchsten, nicht zuletzt wegen höherer Mietausgaben und der höheren Ersparnis. Generell lässt sich in der regionalen Betrachtung feststellen, dass hohe kaufkraftrelevante Einnahmen mit hohen kaufkraftrelevanten, also gebundenen, Ausgaben einhergehen.9 Die drei wichtigsten Gründe für diesen Nivellierungseffekt sind der progressive Einkommensteuertarif, die mit höherem Einkommen steigende Sparquote und das in Gebieten mit überdurchschnittlichem Einkommen häufig höhere Mietpreisniveau.

Über die dritthöchste Kaufkraft unter den Kreisen Baden-Württembergs verfügen die Einwohner des Zollernalbkreises. In Balingen, Hechingen, Albstadt und Umgebung übertraf die wohnsitzorientierte ungebundene Kaufkraft 2005 mit durchschnittlich fast 18 800 Euro je Einwohner das Landesmittel um 17 %. Auch im Zollernalbkreis trugen insbesondere die überdurchschnittlichen Einkommen aus Unternehmertätigkeit zu dem hohen Kaufkraftwert bei. Die Wirtschaftsstruktur des Zollernalbkreises ist in sehr hohem Maße von Industrieunternehmen geprägt, insbesondere der Branchen Maschinenbau, Metallgewerbe, Bekleidungsgewerbe und Medizintechnik, deren Eigentümer bzw. Anteilseigner wohl auch im Kreis wohnen. Darüber hinaus sind als Folge des überdurchschnittlichen Anteils älterer Personen die Einkommen aus Renten und Pensionen je Einwohner vergleichsweise hoch, während die Einkommen aus unselbstständiger Arbeit je Einwohner, wohl nicht zuletzt infolge der überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit, unter dem Landesmittel bleiben. Günstig macht sich dagegen die für den Ländlichen Raum typische hohe Wohneigentumsquote bemerkbar, in deren Folge das Volumen der Mietausgaben relativ gering ausfällt.

Niedrigste Kaufkraft je Einwohner in Mannheim und Freiburg im Breisgau

Insgesamt verfügen die Einwohner von 20 der 44 Stadt- und Landkreise des Landes über eine höhere Kaufkraft als im Landesdurchschnitt. In diesen 20 Kreisen lebt fast die Hälfte der Landesbevölkerung. Dementsprechend war die Kaufkraft je Einwohner in 24 Kreisen mit etwas mehr als der Hälfte der Bevölkerung unterdurchschnittlich.

Am geringsten war die Kaufkraft je Einwohner 2005 im Neckar-Odenwald-Kreis sowie in den Stadtkreisen Mannheim und Freiburg im Breisgau. Der Neckar-Odenwald-Kreis wies 2005 eine einwohnerbezogene Kaufkraft von durchschnittlich knapp 14 200 Euro auf und verfehlte damit den Landeswert um 12 %. Ursächlich für die vergleichsweise geringe Kaufkraft waren – trotz einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote – vor allem relativ geringe Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, aus Unternehmertätigkeit und aus Vermögen. Der Kaufkraftwert für den Neckar-Odenwald-Kreis wäre sogar noch kleiner ausgefallen, wenn die gebundenen Ausgaben je Einwohner nicht relativ gering gewesen wären. Nicht zuletzt die vergleichsweise geringen Mietausgaben führen dazu, dass die gebundenen Ausgaben im Neckar-Odenwald-Kreis nach dem Landkreis Sigmaringen landesweit am kleinsten sind.

Die Einwohner der Stadtkreise Mannheim und Freiburg im Breisgau hatten 2005 im Mittel jeweils knapp 13 200 Euro und damit 18 % weniger als im baden-württembergischen Durchschnitt für Konsumzwecke zur Verfügung. Die Ursachen für das ungünstige Abschneiden dieser beiden Stadtkreise sind hauptsächlich in den relativ geringen Einkommen aus Unternehmertätigkeit, in der Bevölkerungsstruktur (viele Studierende), in der Arbeitsmarktsituation (überdurchschnittliche Arbeitslosenquote10) und in der Wohnsituation (geringe Wohneigentumsquote und relativ hohes Mietpreisniveau) zu finden.

Ehingen an der Donau unter den Städten mit über 20 000 Einwohnern auf Platz 1

Vergleicht man die Kaufkraft der Bevölkerung in den 100 Städten Baden-Württembergs mit mindestens 20 000 Einwohnern, liegt Ehingen an der Donau an der Spitze. Im Durchschnitt beläuft sich die Kaufkraft dort auf knapp 26 600 Euro und ist damit um zwei Drittel höher als in Baden-Württemberg insgesamt. Auf den folgenden Rängen liegen Remseck am Neckar und Balingen. Dort übertrifft die mittlere Kaufkraft je Einwohner den Landeswert um gut die Hälfte bzw. gut ein Drittel. Auf der anderen Seite verfügen die Einwohner von Freiburg im Breisgau, Lahr/Schwarzwald und Rheinfelden (Baden) im Durchschnitt über die geringste Kaufkraft. Pforzheim liegt in diesem Ranking auf Rang 8, Baden-Baden auf Platz 10, Stuttgart auf Position 18 und Karlsruhe auf Rang 65.

Kaufkraft je Haushalt ist in ländlichen Kreisen höher

Bezieht man das Kaufkraftvolumen einer Gebietseinheit auf die Zahl der Haushalte, um so den regional stark unterschiedlichen Haushaltsgrößen Rechnung zu tragen, ergeben sich Verschiebungen zugunsten des Ländlichen Raumes, in dem die durchschnittliche Haushaltsgröße in der Regel höher ist. So ist die Kaufkraft je Haushalt in den eher ländlich strukturierten Kreisen Zollernalbkreis, Hohenlohekreis und Alb-Donau-Kreis landesweit am höchsten. Auf der anderen Seite weisen die Stadtkreise Freiburg im Breisgau, Mannheim und Heidelberg mit ihren kleinen Haushalten die geringste Kaufkraft je Haushalt auf. Deutliche Auswirkungen ergeben sich auch auf das Ergebnis für den Stadtkreis Baden-Baden, dessen durchschnittliche Haushaltsgröße mit 1,9 Personen deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 2,2 liegt: Während die Kaufkraft je Einwohner in der Kur- und Bäderstadt um knapp ein Fünftel über dem Landeswert liegt, ist die Kaufkraft je Haushalt dort nur noch gut 1 % höher. In der Folge fällt Baden-Baden im Kreisranking von Platz 2 auf Rang 24 zurück. Mit einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,0 Personen rutscht der Stadtkreis Pforzheim von Rang 1 auf Position 11 ab.

»Kaufkraft des Standardeinkommens« im Umland von Stuttgart am höchsten

Wie bereits erwähnt, beeinflusst die Höhe der Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen sowohl die absolute Höhe des Kaufkraftwertes als auch insbesondere dessen regionale Struktur. Da die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen ebenso wie die Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie die Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft nur einer kleinen Bevölkerungsschicht zugute kommen, wurden diese Einkommen in einer Alternativ-Modellrechnung herausgerechnet. Dementsprechend wurden auf der Ausgabenseite nur die gezahlten Lohnsteuern, nicht aber die gezahlten Einkommensteuern, berücksichtigt. Außerdem wurden die Pflicht- und freiwilligen Sozialversicherungsbeiträge der Selbstständigen herausgerechnet und die Ersparnis allein auf Basis der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit neu berechnet. Die übrigen Einnahmen- und Ausgabenpositionen gehen unverändert in die Alternativrechnung ein. Als Ergebnis erhält man die »Kaufkraft des Standardeinkommens«, das von den sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes also lediglich die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit beinhaltet.

Die auf diese Weise berechnete »Kaufkraft des Standardeinkommens« belief sich in Baden-Württemberg 2005 auf gut 103 Mrd. Euro und war damit etwa 40 % geringer als die Kaufkraft insgesamt. Je Einwohner reduziert sich die Kaufkraft von durchschnittlich ca. 16 000 Euro auf gut 9 600 Euro pro Jahr bzw. von gut 1 300 Euro auf rund 800 Euro pro Monat. Die regionale Streuung um den baden-württembergischen Mittelwert ist bei der »Kaufkraft des Standardeinkommens« noch geringer als bei der Kaufkraft des Einkommens insgesamt. Das Gebiet mit der höchsten »Kaufkraft des Standardeinkommens« erstreckt sich entlang von drei Achsen:

  • 1. vom Rhein-Neckar-Kreis in südlicher Richtung bis zum Landkreis Rastatt (ohne die Stadtkreise Karlsruhe und Baden-Baden),
  • 2. vom Rhein-Neckar-Kreis in südöstlicher Richtung über den Kraichgau, die Region Stuttgart (ohne den Stadtkreis Stuttgart), entlang der Fils bis zum Landkreis Heidenheim sowie
  • 3. von der Murr über den Westteil der Schwäbischen Alb (einschließlich Landkreis Rottweil) bis zur Donau.

Im Vergleich zur »Kaufkraft insgesamt je Einwohner« verlieren bei der einwohnerbezogenen »Kaufkraft des Standardeinkommens« insbesondere die beiden Stadtkreise Pforzheim und Baden-Baden an Boden und verfehlen das Landesmittel sogar knapp. Auf der anderen Seite machen die Landkreise Heidenheim und Rastatt am meisten Boden gut und verbessern sich von einem unterdurchschnittlichen auf einen überdurchschnittlichen Kaufkraftwert.

Die höchste »Kaufkraft des Standardeinkommens« je Einwohner weisen die Landkreise Esslingen und Böblingen auf, während die Stadtkreise Heidelberg und Freiburg im Breisgau das Ende der Rangfolge bilden.

Kleinräumige Kaufkraftdaten 2005 stehen im Internet

Die Ergebnisse der regionalisierten Kaufkraftberechnungen 2005 stehen für 1 025 Gemeinden Baden-Württembergs über das Landesinformationssystem (LIS) und im Internetangebot des Statistischen Landesamtes in der Regionaldatenbank kostenlos zur Verfügung.

Die Daten für Gemeinden mit weniger als 1 000 Einwohnern und für Gemeinden mit einer Kaufkraft von mindestens 28 000 Euro je Einwohner und weniger als 3 000 Einwohnern werden wegen möglicher Verzerrungen infolge von Ausreißerwerten nicht ausgewiesen. Die Ergebnisse der Alternativrechnung zur »Kaufkraft des Standardeinkommens« sind ebenfalls nicht abrufbar.

1 Im Mittelpunkt wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen steht demgegenüber meist die Kaufkraft des Geldes. Die Kaufkraft des Geldes ist ein Indikator für das Preisniveau einer bestimmten Region, die ausdrückt, welche Gütermenge je Geldeinheit erworben werden kann, und die als Kehrwert des Preisniveaus berechnet wird. Dieses Kaufkraftkonzept wird in diesem Beitrag nicht behandelt.

2 Eine Herausrechnung der privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter ist leider nicht möglich. Aus zwei Gründen ist dies für die Interpretation der Ergebnisse unproblematisch: Zum einen liegt das Verfügbare Einkommen der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck im Bundesdurchschnitt grob geschätzt bei rund 2 % des zusammengefassten Wertes. Zum anderen konsumieren private Haushalte die von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck häufig unentgeltlich bereitgestellten Leistungen (zum Beispiel Sportkurse).

3 In den an Freiburg im Breisgau angrenzenden Gemeinden war die Kaufkraft je Einwohner um 27 %, im Fall Mannheim um 19 % und im Fall Karlsruhe um 14 % höher als im jeweiligen Stadtkreis selbst. In den anderen Stadtkreisen (ohne Baden-Baden und Pforzheim) waren die Unterschiede wesentlich geringer.

4 Vgl. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.), Statistische Berichte – Löhne und Gehälter, Berichtsjahr 2005, Artikel-Nr. 4135 05001.

5 Quelle: Internetportal der Stadt Pforzheim <http://www.pforzheim.de/portal/page?_pageid=120,49652&_dad=portal&_schema=PORTAL>(Stand: April 2008).

6 Im Jahresdurchschnitt 2005 betrug die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) im Stadtkreis Pforzheim 10,8 %, in Baden-Württemberg insgesamt 7,0 %.

7 Ein weiteres Indiz dafür ist die hohe relative Privatinsolvenzhäufigkeit: Im Stadtkreis Pforzheim war 2005 die Kennzahl »Insolvenzverfahren von Privatpersonen je 10 000 Einwohner« mit 15,2 unter allen Kreisen des Landes am höchsten (Baden-Württemberg insgesamt: 9,8).

8 Im Jahresdurchschnitt 2005 betrug die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) im Stadtkreis Baden-Baden 9,6 %, in Baden-Württemberg insgesamt 7,0 %.

9 Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson zwischen den kaufkraftrelevanten Einnahmen je Einwohner und den kaufkraftrelevanten Ausgaben je Einwohner beträgt auf Kreisebene 0,857.

10 Im Jahresdurchschnitt 2005 betrug die Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) im Stadtkreis Mannheim 12,7 % und im Stadtkreis Freiburg im Breisgau 9,2 %, in Baden-Württemberg insgesamt jedoch nur 7,0 %.