:: 5/2008

Aufkommen an Abfällen in Industrie und Gewerbe in Baden-Württemberg

Erstmals seit 1993 Angaben zur Erzeugung von Abfällen nach Wirtschaftszweigen

Die Entstehung von Abfällen in Industrie- und Gewerbebetrieben ist ein wichtiger Bestandteil der Berichterstattung zur Abfallwirtschaft. Mit der Neufassung des Umweltstatistikgesetzes im Jahr 2005 wurde in das Programm der Statistiken zur Abfallwirtschaft in Deutschland eine Statistik zur Entstehung von Gewerbe- und Produktionsabfällen aufgenommen. Durch die Befragung von bundesweit 20 000 Betrieben stehen für 2006 erstmals seit 1993 wieder Informationen zum mengenmäßigen Aufkommen an Abfällen in der Gliederung nach Abfallarten gemäß dem Europäischen Abfallartenverzeichnis (EAV) und nach Wirtschaftszweigen zur Verfügung.

Produktionsabfälle gehen in großem Umfang direkt zur Verwertung

In Baden-Württemberg wurden fast 3 500 Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes, der Energie- und Wasserversorgung sowie des Dienstleistungsbereiches zur Erzeugung und Abgabe von Abfällen befragt. Von diesen Betrieben wurden im Jahr 2006 insgesamt knapp 8,4 Mill. Tonnen an Abfällen erzeugt und zur Verwertung bzw. zur Beseitigung abgegeben. Zum Vergleich: Auf der Entsorgungsseite wurden 2006 in vergleichbarer Abgrenzung lediglich rund 5,2 Mill. Tonnen erfasst. Nicht einbezogen sind dabei die Siedlungsabfälle aus privaten Haushalten sowie Baumassenabfälle (vgl. i-Punkt). Der Vergleich von Erzeugung und Entsorgung der Abfälle macht deutlich, dass offenbar in erheblichem Umfang in Baden-Württemberg entstehende gewerbliche Abfälle nicht der Entsorgungswirtschaft im Land überlassen werden, sondern direkt als verwertbare Stoffe (zum Beispiel Holz, Metalle) in den Produktionskreislauf zurückgeführt, teilweise wohl auch an Entsorger außerhalb des Landes abgegeben werden.

Produktionsspezifische Abfälle hauptsächlich im Verarbeitenden Gewerbe

Das Aufkommen an Abfällen im Verarbeitenden Gewerbe verteilt sich auf das gesamte Spektrum der Abfallarten gemäß Europäischem Abfallverzeichnis. In den in diesem Bereich befragten Betrieben mit im Allgemeinen 50 und mehr Beschäftigten sind im Jahr 2006 fast 6,8 Mill. Tonnen an Abfällen angefallen (Schaubild und Tabelle). Darunter waren gut 650 000 Tonnen gefährliche Abfälle. Der Verbleib dieser sogenannten Sonderabfälle, deren Entsorgung wegen ihres Gefährdungspotenzials für Mensch und Natur besonderen Anforderungen unterliegt, wird zum Großteil im Rahmen der besonderen Überwachungspflicht, dem sogenannten Begleitscheinwesen, registriert.

Der weitaus überwiegende Teil der Abfälle im Verarbeitenden Gewerbe besteht aus produktionsspezifischen Abfällen (5,4 Mill. Tonnen), die sich auf mehr als 300 sehr unterschiedliche Abfallarten verteilen. Sowohl die Häufigkeit der Entstehung dieser Abfälle in Betrieben als auch das mengenmäßige Aufkommen schwankt bei den verschieden Abfallarten außerordentlich stark. Viele Abfallarten treten nur vereinzelt in wenigen Betrieben in Verbindung mit speziellen Produktionsprozessen auf. Andere werden von einer großen Zahl an Betrieben auch in sehr verschiedenen Branchen erzeugt.

Große Mengen an Metall- und Holzabfällen gehen direkt in die Verwertung

Die größte Teilmenge des Abfallaufkommens im Verarbeitenden Gewerbe stellen die Abfälle aus Prozessen der mechanischen Formgebung sowie der Oberflächenbearbeitung von Metallen und Kunststoffen. Besonders die Abfälle bestehend aus Eisenstaub, Eisenteilen sowie Eisenfeil- und -drehspänen mit zusammen über 1,5 Mill. Tonnen treten dabei hervor. Sie konzentrieren sich stark auf die einschlägigen Branchen der Metallerzeugung, Herstellung von Metallwaren, den Maschinenbau und den Fahrzeugbau. Auch die Nichteisen(NE)-Metallabfälle, die gleichfalls schwerpunktmäßig in den genannten Branchen auftreten, haben mit insgesamt 170 000 Tonnen erhebliches Gewicht. Bei den Eisen- und Nichteisenmetallabfällen, die sehr verbreitet in nahezu allen Metall verarbeitenden Betrieben entstehen, ist davon auszugehen, dass die insgesamt entstehende Menge das erfasste Aufkommen der Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten noch erheblich übersteigt. Diese großen Mengen produktions-spezifischer Metallabfälle werden offenbar zum Großteil direkt als Sekundärrohstoffe in den Produktionskreislauf zurückgeführt.

Eine weitere sehr gewichtige Gruppe produktionsspezifischer Abfälle im Verarbeitenden Gewerbe bilden die Abfälle aus der Holzbearbeitung, der Herstellung von Möbeln sowie von Papier und Pappe, die zusammen immerhin 1,73 Mill. Tonnen ausmachen. Sie entstehen in erster Linie im Holzgewerbe (0,95 Mill. Tonnen) sowie im Papier-, Verlags- und Druckgewerbe (0,75 Mill. Tonnen). Bei dem letztgenannten Papiergewerbe treten mit über 430 000 Tonnen insbesondere große Mengen an Schlämmen aus der Herstellung und Verarbeitung von Zellstoff, Papier, Karton und Pappe hervor. Während für das Aufkommen der Abfälle aus der Papierindustrie nicht befragte kleinere Betriebe kaum einen Beitrag erbringen und damit die ausgewiesene Menge nahezu das gesamte Aufkommen dieser Branche darstellt, ist beim Holzgewerbe, insbesondere bei den Säge- und Hobelwerken, aufgrund der kleinbetrieblichen Strukturen (65 % Abdeckungsgrad durch die Erhebung) von einem insgesamt noch wesentlich größeren Aufkommen an Abfällen der Holzbearbeitung auszugehen. Auch diese Abfälle werden in steigendem Umfang direkt ohne Inanspruchnahme von Entsorgungsanlagen einer stofflichen oder thermischen Verwertung zugeführt

Weitere gewichtige Positionen des Aufkommens produktionsspezifischer Abfälle im Verarbeitenden Gewerbe stellen die Abfälle aus der Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln mit einer Gesamtmenge von über 335 000 Tonnen. Das Ernährungsgewerbe, in dem diese Abfälle schwerpunktmäßig entstehen, ist wie das Holzgewerbe eher kleingewerblich strukturiert. Auch hier ist davon auszugehen, dass das gesamte Aufkommen dieser produktionsspezifischen Abfälle noch höher liegt. Anders ist die Situation bei den Abfällen aus thermischen Prozessen, die in einer Menge von über 790 000 Tonnen im Verarbeitenden Gewerbe entstehen. Hier schlagen insbesondere die Abfälle aus Gießereien, der Glasherstellung, der thermischen Aluminiummetallurgie sowie aus Verbrennungsanlagen zu Buche, durchweg Bereiche, wo kleinere Betriebe weniger vertreten sind.

Abfallintensität der Branchen sehr unterschiedlich

Analog zu den sehr ungleichen Aufkommensmengen der verschiedenen produktionsspezifischen Abfälle sind auch die Branchen des Verarbeitenden Gewerbes mit sehr verschieden großen Mengen produktionsspezifischer Abfälle belastet (Schaubild). Die Menge der je Beschäftigten in den Branchen erzeugten produktionsspezifischen Abfälle streut extrem zwischen weniger als einer halben Tonne im Textil- und Bekleidungsgewerbe und rund 88 Tonnen im Holzgewerbe. Im Maschinen- und im Fahrzeugbau sind es jeweils gut 3 Tonnen je Beschäftigten, ebenso in der Chemischen Industrie. Im Papier-, Verlags- und Druckgewerbe, vor allem durch die Papiererzeugung, sowie im Glasgewerbe, zusammen mit der Herstellung von Keramik und der Verarbeitung von Steinen und Erden beläuft sich die Erzeugung produktionsspezifischer Abfälle dagegen auf immerhin gut 14 bzw. sogar 24 Tonnen je Beschäftigten.

Je Beschäftigten 850 Kilogramm Verpackungs- und Siedlungsabfälle

Die Siedlungsabfälle zusammen mit den allgemeinen Verpackungsabfällen machten 2006 fast 900 000 Tonnen aus. Das waren rund 13 % des gesamten Abfallaufkommens im Verarbeitenden Gewerbe in Höhe von 6,8 Mill. Tonnen. Davon entfiel weniger als ein Sechstel auf weitgehend unsortierte hausmüllähnliche Gewerbeabfälle. Der weitaus überwiegende Teil bestand aus Verpackungen und anderen Papier- und Pappeabfällen, die offenbar häufig auch in mehr oder weniger großem Umfang andere Siedlungsabfälle enthalten. Diese Mengen werden in großem Umfang direkt oder über Sortieranlagen einer Verwertung zugeführt. In nahezu allen befragten Betrieben fällt wenigstens eine, meist fallen mehrere Abfallarten dieser Kategorie der Verpackungs- und Siedlungsabfälle an. Im Durchschnitt wurden von den befragten Betrieben 2006 immerhin 850 Kilogramm je Beschäftigten erzeugt und abgegeben. Zum Vergleich: In den privaten Haushalten Baden-Württembergs fielen 2006 knapp 350 Kilogramm je Einwohner an.

Verpackungs- und andere Siedlungsabfälle fielen in vergleichbarem Umfang auch bei den nicht befragten kleineren Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten an. Die insgesamt im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes anstehende Menge an Siedlungsabfällen dürfte demnach hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Beschäftigten bei gut 1,0 Mill. Tonnen pro Jahr liegen.

Bei den sonstigen Abfällen, einer weiteren Kategorie der insgesamt 6,8 Mill. Tonnen im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes, bestehend aus Bau- und Abbruchabfällen einschließlich verwandter Abfälle zum Beispiel aus der Verarbeitung von Steinen und Erden sowie aus Rückständen aus betriebseigenen Abfallbehandlungsmaßnahmen summierte sich das Aufkommen 2006 auf rund 530 000 Tonnen. Große Mengen davon traten bei der Verarbeitung von Steinen und Erden sowie im Fahrzeugbau auf.

Abweichende Abfallstrukturen der Energieversorgung und Dienstleistungsbereiche

Im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, bei dem die Betriebe mit mindestens 300 Beschäftigten befragt wurden, konzentriert sich das für 2006 ermittelte Abfallaufkommen in Höhe von gut 500 000 Tonnen fast vollständig auf Rückstände und Abfälle aus Kraftwerken, die allein fast 420 000 Tonnen ausmachten. Gut 70 000 Tonnen bestanden aus Abfällen der Kategorie Bau- und Abbruchabfälle. Andere produktionsbedingte Abfälle haben im Bereich der Energie- und Wasserversorgung eher nachgeordnete Bedeutung.

Im Bereich Dienstleistungen beträgt das Gesamtaufkommen an Abfällen in den befragten Betrieben mit mindestens 500 Beschäftigten insgesamt 1,1 Mill. Tonnen. Der weitaus überwiegende Teil davon entfällt auf spezielle Abfälle der Gruppe der Bau- und Abbruchabfälle, die zusammen mit Rückständen aus der betriebseigenen Abfallbehandlung über 860 000 Tonnen ausmachen (Schaubild). Gut 200 000 Tonnen der erfassten Abfälle im Bereich Dienstleistungen bestehen aus Siedlungsabfällen und Verpackungen. Andere Produktionsabfälle machen im Bereich Dienstleistungen eine vergleichsweise geringe Menge aus (32 000 Tonnen).

Vergleichbar zum Verarbeitenden Gewerbe ist auch für den Dienstleistungsbereich festzustellen, dass aus der Kategorie Siedlungsabfälle und Verpackungsabfälle fast durchgängig in nahezu allen Betrieben eine oder mehrere Abfallarten auftreten. Diese Abfälle entstehen in vergleichbarem Umfang sicher auch in den nicht befragten kleineren Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten. Unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Aufkommens an Siedlungs- und Verpackungsabfällen in den befragten Betrieben in Höhe von 560 Kilogramm je Beschäftigten errechnet sich für den gesamten Dienstleistungsbereich ein Aufkommen an Verpackungs- und Siedlungsabfällen in der Größenordnung von rund 860 000 Tonnen pro Jahr.