:: 10/2008

Europäische Großstadtregionen im Vergleich

Die Großstadtregionen gelten gemeinhin als die Motoren der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung in Europa. Dadurch stehen sie in besonderer Weise im Fokus des Wettbewerbs der Regionen und verlangen nach einer Positionsbestimmung. Auf der Grundlage zentraler ökonomischer und demografischer Indikatoren richtet sich im vorliegenden Beitrag der Blick auf die Entwicklungsdynamik und die Struktur ausgewählter europäischer Großstadtregionen. Trotz erfolgreicher Aufholprozesse in den noch jungen Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht nach wie vor ein erhebliches Gefälle der Wirtschaftskraft. Es wird bei allen Spitzenregionen sichtbar, dass wissensintensive Dienstleistungen und Hightech-Branchen die Erfolgsfaktoren in einer zusehends globaler werdenden Wirtschaft sind.

München vor London und Brüssel mit höchster Wirtschaftskraft

Die Vielfalt Europas spiegelt sich auch in der Wirtschaft seiner Großstadtregionen (vgl. i-Punkt Seite 32, Schaubild 1) wider. Festzustellen sind deutliche regionale Unterschiede der zum materiellen Wohlstand beitragenden Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit, wie es im Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (hier umgerechnet in Kaufkraftstandards; vgl. i-Punkt rechts) zum Ausdruck kommt. Die Großstadtregion München war 2005 wie schon in den Vorjahren mit einer Wirtschaftsleistung von gut 45 000 KKS je Einwohner europaweit die wirtschaftsstärkste Region (Schaubild 2), mit deutlichem Abstand gefolgt von London (41 500 KKS) und Brüssel (40 900 KKS). Damit wurde in diesem Ballungsraum pro Kopf mehr als doppelt so viel wie im Durchschnitt der EU-27-Mitgliedstaaten (22 400 KKS) erwirtschaftet. Die Region Stuttgart konnte im Reigen der europäischen Großstadtregionen den 13. Platz belegen. Allerdings hatte Stuttgart 1995 noch den 8. Platz eingenommen. Überrundet wurde Stuttgart von den sehr dynamischen Großstadtregionen London, Stockholm, Amsterdam, Dublin und Helsinki. Dadurch mussten auch die Großstadtregionen Frankfurt-Darmstadt-Mainz, Hamburg und Bonn-Köln-Düsseldorf ihre zuvor besseren Plätze räumen.

Dennoch konnte Stuttgart im Ranking der deutschen Großstadtregionen den 5. Platz behaupten. Dagegen zählten Berlin und die ostdeutschen Regionen Dresden und Leipzig-Halle zu den wirtschaftsschwächsten Großstadtregionen Europas. Das Schlusslicht der Rangskala bildete die bulgarische Hauptstadtregion Sofia, deren Wirtschaftskraft 2005 nur knapp 60 % des EU-27-Durchschnitts erreichte. Gleichwohl konnten die Großstadtregionen der noch jungen Mitgliedstaaten im Hinblick auf ihre Wirtschaftsleistung inzwischen kräftig aufholen. Trotzdem ist festzustellen, dass sich die Ungleichgewichte der Wirtschaftskraft zwischen den europäischen Agglomerationsräumen seit 1995 nicht abgebaut haben.

Erfolgsfaktoren der Top-Regionen: Hochwertige Dienstleistungen und Innovationen

Worauf gründet der Erfolg der Top-Regionen? Ein Blick auf die Wirtschaftsstruktur zeigt, dass die Bestplatzierten sehr hohe Anteile ihrer Wertschöpfung im Dienstleistungssektor erbringen (Tabelle). So hat der Dienstleistungsanteil 2005 in der Großstadtregion München fast 78 % betragen und in Brüssel waren es sogar gut 86 %. Auch in Paris, Stockholm und Amsterdam haben die Dienstleister zu gut vier Fünftel zur gesamten Wertschöpfung beigetragen. Diese Ballungsräume brillieren vor allem durch sehr hohe Anteile wissensintensiver Dienstleistungen wie im Verkehrs-, Kommunikations-, Banken-, Versicherungs-, Forschungs-, Bildungs- und Mediensektor, die sich durch sehr hochwertige Arbeitsplätze auszeichnen.1 Allein der Wirtschaftsbereich »Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister« bestimmte dort zu rund 40 % die Höhe der Wirtschaftsleistung.

Stuttgart ist europaweit die Großstadtregion, die am stärksten von der Industrie geprägt ist. 2005 entfielen hier gut 39 % der Wertschöpfung auf das Produzierende Gewerbe. An zweiter Stelle innerhalb von Deutschland stand der Raum Mannheim-Ludwigshafen (38 %). Sehr ausgeprägt ist die Industrie auch in den Ballungsräumen Mailand, Barcelona und Bratislava, wo rund ein Drittel der gesamten Wertschöpfung in diesem Wirtschaftsbereich erzielt wurde.

Die Stärke der Wirtschaft der Region Stuttgart basiert vor allem auf ihrer hohen Innovationsfähigkeit. Sie ist eine zentrale Voraussetzung, um sich im globalen Wettbewerb auf den Weltmärkten mit immer neuen Produkten und höherer Produktqualität behaupten zu können. Die Region Stuttgart ist innerhalb des Südwestens die Region, die beim Innovationsindex 2006 – eine vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg berechnete Kennziffer für die Innovationsfähigkeit einer Region – den 1. Platz belegt hat. Gleichzeitig war Baden-Württemberg im europaweiten Vergleich die Region mit der höchsten Innovationskraft.2 In der Spitzengruppe des Innovationsindex finden sich einige Regionen wie die Großstadtregion Paris, Schweden, Bayern, Finnland und Hessen wieder, die selbst oder deren Landesteile – wie die Ballungsräume Stockholm, München, Helsinki und Frankfurt-Darmstadt-Mainz – auch im Ranking der Wirtschaftskraft zu den Besten zählen. Dies stützt die These, dass zwischen der Innovationsfähigkeit und den Wachstums- bzw. Beschäftigungspotenzialen einer Region im Allgemeinen ein enger Zusammenhang bestehen dürfte.

Enormes Wachstum im Wirtschaftsraum Dublin

Von den hier betrachteten Großstadtregionen wies Dublin das höchste Wirtschaftswachstum auf (Tabelle). So nahm hier das Bruttoinlandsprodukt 2005 gegenüber 1995 vor allem begünstigt durch attraktive Rahmenbedingungen für Investoren und nicht zuletzt durch die umfangreichen Fördermittel aus den EU-Struktur- und Kohäsionsfonds um fast 146 % zu (i-Punkt Seite 31). Damit ist die Region Dublin fast 3-mal so stark gewachsen wie der Durchschnitt der EU-27 (57,4 %). An zweiter Stelle stand Athen mit einer Zuwachsrate von 134 %, wozu in nicht unerheblichem Umfang Multiplikatoreffekte infolge großer Investitionen anlässlich der Olympischen Spiele 2004 beigetragen haben dürften.

Dreistellige Wachstumsraten sind auch für die Räume Budapest und Bratislava zu verzeichnen, in denen die Wirtschaft mit rund 108 bzw. 109 % jeweils fast gleichstark zulegen konnte. Dies spricht hier zum einen für einen erfolgreichen Transformationsprozess von der früheren Planwirtschaft zur heutigen Markwirtschaft. Andererseits sprechen diese Werte auch für einen hohen Aufholbedarf, bei relativ niedriger wirtschaftlicher Ausgangsposition. Profitiert haben diese Regionen schließlich von den lange Zeit vergleichsweise sehr niedrigen Lohnkosten, die Unternehmen des Westens bei Verlagerungen von Produktionsstandorten anlockten. Zwar lagen Bratislava und Budapest 2005 im unteren Drittel der Rangskala der Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung, doch haben sie dank ihrer hohen Wirtschaftsdynamik den entsprechenden EU-27-Durchschnitt von 22 400 KKS mit Werten von 24 300 und 23 500 KKS bereits überschritten.

In den deutschen Großstadtregionen ist das Wirtschaftswachstum 2005 gegenüber 1995 überall schwächer ausgefallen als im EU-27-Durchschnitt. Nur München und Dresden kamen mit Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts von rund 56 % und 53 % ziemlich dicht an den EU-Durchschnitt (57,4 %) heran. Die Region Stuttgart ist, ausgehend von einem vergleichsweise hohen Niveau, um 40 % gewachsen. Am niedrigsten war das Wirtschaftswachstum in der Hauptstadtregion Berlin (21,6 %). Bei den ostdeutschen Großstadtregionen fällt auf, dass Dresden mit der bereits erwähnten Zuwachsrate von 53 % erheblich stärker am Aufbauprozess Ost teilhaben konnte als die Region Leipzig-Halle (36,4 %).

Dienstleistungen nahezu überall stärker als Industrie gewachsen

Nahezu überall sind von den Dienstleistungen im Vergleich 2005 gegenüber 1995 die größeren Wachstumsimpulse ausgegangen. Extrem hoch waren die Zuwächse in den Großstadtregionen Dublin, Prag, Budapest und Bratislava, die vor allem infolge einer außergewöhnlich dynamischen Entwicklung des Wirtschaftsbereichs »Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister« mit Spitzenwerten zwischen 185 % und 253 % aufwarten konnten (Tabelle). Gleichzeitig hat in diesen Wirtschaftsräumen auch das Produzierende Gewerbe mit Zuwächsen zwischen 139 % und 169 % am stärksten zugelegt, ein Prozess, der auf die bereits beim gesamtwirtschaftlichen Wachstum erwähnten Sondereffekte zurückzuführen sein dürfte. Dagegen ist in den deutschen Großstadträumen Berlin, Duisburg-Essen-Dortmund, Leipzig-Halle und Bonn-Köln-Düsseldorf die Wertschöpfung des Produzierenden Gewerbes deutlich geschrumpft. Innerhalb von Deutschland war es der Großraum München, der im Dienstleistungssektor den höchsten Zuwachs (35 %) verzeichnen konnte, und im Produzierenden Gewerbe stand Dresden an der Spitze (30,1 %).

Die Tertiarisierung der Wirtschaft ist in fast allen europäischen Großstadtregionen weiter vorangeschritten. In der Region Stuttgart stieg der Wertschöpfungsanteil des Dienstleistungssektors seit 1995 um 1 Prozentpunkt auf rund 60 % an. Dieser nur leichte Anstieg ist jedoch nicht als ein Defizit zu werten, zumal die auf Hightech-Branchen ausgerichtete Industrie Stuttgarts gerade in den Bereichen Logistik, Kommunikation, Verwaltung, Beratung, Planung, Forschung und Entwicklung in beachtlichem Umfang selbst Dienstleistungen erbringt.

Wachstumsstarke Großstadtregionen mit hohen Bevölkerungszunahmen

Die sehr unterschiedlichen räumlichen Dimensionen der untersuchten Regionen, maßgebliche Einflussfaktoren wie die Wirtschafts- und Sozialstruktur, besondere Standortbedingungen sowie die langfristige Wirtschaftsentwicklung bestimmen naturgemäß die Bevölkerungsentwicklung und die Bevölkerungsdichte einer Region entscheidend mit. Aufgrund der sehr verschiedenartigen Ausgangsbedingungen weisen denn auch die Großstadtregionen eine große Heterogenität bei der Größe und Entwicklung der Bevölkerungszahl auf. Der bevölkerungsreichste Agglomerationsraum ist Paris (Île de France) mit 11,45 Mill. Einwohnern, gefolgt von Mailand mit 8,43 Mill. und London (7,45 Mill.). In der Region Stuttgart lebten im Vergleichsjahr 2006 rund 2,67 Mill. Menschen. Die kleinsten der hier betrachteten Großstadtregionen sind Dresden (1,06 Mill.) und Bratislava (1,16 Mill.).

Die Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Regionen zeigt deutlich den Zusammenhang zwischen starker wirtschaftlicher Dynamik und ausgeprägtem Bevölkerungswachstum auf (Tabelle). Tendenziell verzeichnen die prosperierenden Regionen wie Madrid, Dublin oder Helsinki eine signifikant überdurchschnittliche Bevölkerungszunahme. Während im Schnitt die Bevölkerung in der EU-27 seit 1995 um 2,6 % zunahm, registrierten diese drei Regionen, die einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung erlebten, Bevölkerungszunahmen zwischen 11 % und 17 %. Die Region Stuttgart liegt mit einem Plus von 4 % ebenfalls über dem EU-Durchschnitt. Die Bevölkerungsentwicklung in den Großstadtregionen deutet darauf hin, dass mit der verstärkten Internationalisierung und Globalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten die Agglomerationsräume, also die Kernstädte mit dem wirtschaftlich verflochtenen Umland, wegen ihrer zentralen Funktion als Knotenpunkte weiter an Anziehungskraft gewonnen haben.

Eine beachtliche Bandbreite zeigt sich bei der Bevölkerungsdichte. So hat London unter den Großstadtregionen mit 4 720 Einwohnern pro Quadratkilometer die weitaus höchste Bevölkerungsdichte. Eine überdurchschnittliche Bevölkerungskonzentration haben mit Werten zwischen 1 000 und 1 500 Einwohnern pro Quadratkilometer darüber hinaus die Regionen Duisburg-Essen-Dortmund, Bukarest, Amsterdam, Athen und Bonn-Köln-Düsseldorf. Demgegenüber weisen die Räume Sofia (129) und Bratislava (187) ausgesprochen niedrige Werte auf. Die Region Stuttgart liegt mit einer Bevölkerungsdichte von rund 730 Einwohnern im Mittelfeld. Die Spannbreite bei der Bevölkerungsdichte macht auch die großen Unterschiede bei der Flächengröße zwischen den Regionen deutlich: So erstrecken sich die Großstadtregionen Mailand und Paris beispielsweise auf einer Fläche von über 17 000 bzw. 12 000 Quadratkilometer, während auf der anderen Seite Amsterdam und Bukarest nur eine Fläche von knapp 1 700 bzw. gut 1 800 Quadratkilometer haben.

Beschäftigungsexpansion in Madrid, Dublin und Barcelona

Die meisten Erwerbstätigen haben die Großstadtregionen Paris und London mit 5,42 Mill. bzw. 4,47 Mill. (2005). In diesen beiden Räumen konzentrieren sich jeweils mehr Erwerbstätige als beispielsweise in Ländern wie Belgien, Griechenland oder Österreich. Es folgen die Regionen Mailand (4,06 Mill.), Madrid (3,06 Mill.) und Barcelona (2,58 Mill.). Auf dem 6. Platz in der Rangfolge der europäischen Großstadtregionen liegt der Ballungsraum Duisburg-Essen-Dortmund mit 2,48 Mill. Erwerbstätigen. Die Region Stuttgart hatte 1,44 Mill. Erwerbstätige.

In den Großstadtregionen, in denen die Wachstumsdynamik in den letzten Jahren mit einer überdurchschnittlichen Steigerung des Bruttoinlandsprodukts besonders ausgeprägt war, hat die Beschäftigung ebenfalls kräftig expandiert. So gehen enorme Beschäftigungszuwächse seit 1995 von teilweise über 50 % in den Regionen Madrid, Dublin, Barcelona und Helsinki einher mit einer überaus starken Zunahme der Wirtschaftsleistung. Von den deutschen Großstadtregionen weisen in diesem Zeitraum München (11,7 %) und der Raum Bonn-Köln-Düsseldorf (10,5 %) ein ansehnliches Plus bei der Beschäftigung auf. Deutlich geringer fiel die Zunahme in der Region Stuttgart aus (6,1 %), die sich damit bei der Beschäftigungsentwicklung der letzten Jahre eher im unteren Mittelfeld der europäischen Vergleichsregionen bewegt.

Bei der Betrachtung der Beschäftigtenentwicklung in den besonders expandierenden Wirtschaftsräumen ist allerdings auch das teilweise niedrige Ausgangsniveau der Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Anhand der Erwerbsquoten, also dem Anteil der Erwerbstätigen und Erwerbslosen an der Bevölkerung, lässt sich ablesen, dass einige Regionen – ausgehend von einer relativ niedrigen oder durchschnittlichen Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung – die Zahl der Erwerbstätigen weit überdurchschnittlich ausweiten konnten. Insoweit gehen in einer ganzen Reihe von Großstadtregionen die Zuwächse bei der Beschäftigung auch auf nennenswerte Aufholprozesse zurück. Ablesbar sind diese Aufholeffekte auch am starken Abbau der Arbeitslosigkeit, wie in den Großstadtregionen Madrid und Barcelona, in denen sich die Erwerbslosenquote nahezu halbierte. Trotz der mit Abstand rasantesten Zunahmen der Erwerbstätigkeit liegen im Jahr 2005 die Erwerbsquoten in den Großstadtregionen Madrid, Barcelona und Dublin immer noch knapp unter oder in derselben Größenordnung wie in der Region Stuttgart (52 %). Weitere Großstadtregionen mit einem starken Beschäftigungsplus wie zum Beispiel Athen und Rom konnten die Erwerbsquoten erhöhen, haben aber unverändert mit Quoten von 42 % bis 45 % eine unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung. EU-weit lag der Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung 2005 bei 47 %.

Hohe Dominanz der Dienstleistungen in den Großstadtregionen

Die Zunahme der Erwerbstätigkeit wurde in den meisten Regionen in hohem Maße von dem überdurchschnittlichen Wachstum der Bruttowertschöpfung im Dienstleistungssektor getragen (Tabelle). Seit 1995 stieg die Zahl der Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftsbereich im Ballungsraum Dublin allein um rund 60 %, in Madrid um 59 % und in Barcelona um 46 %. Besonders stark expandierte der tertiäre Bereich weiterhin in Athen (33 %) und Helsinki (32 %), wobei in allen Regionen beachtliche Beschäftigungseffekte auch vom Wirtschaftsbereich »Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister« ausgingen. In mehr als 20 der hier dargestellten Großstadtregionen (für die Vergleichsdaten zur Verfügung standen) wurde die Zahl der Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich um mehr als 15 % aufgestockt. Von den deutschen Regionen wiesen vor allem die Räume Frankfurt-Darmstadt-Mainz, München und Mannheim-Ludwigshafen kräftige Zunahmen bei den Dienstleistungsbeschäftigten auf.

Die Region Stuttgart konnte sich bei der Ausweitung der Dienstleistungen behaupten und setzte mit einem Plus von 16,5 % die Aufholentwicklung der letzten Jahre fort. Hierzu dürfte nicht zuletzt auch die deutliche Zunahme der Teilzeitbeschäftigung beigetragen haben. Wichtige Impulse für die durchgehend zu beobachtende Expansion der Dienstleistungen dürften neben der allgemeinen Ausweitung von Servicefunktionen auf allen wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern auch die verstärkten Anstrengungen in Forschung und Entwicklung sowie das von produzierenden Unternehmen vorgenommene Outsourcing von Dienstleistungstätigkeiten gegeben haben.

Als Folge dieser Entwicklung baute der Dienstleistungssektor in den Großstadtregionen seine Stellung als größter Wirtschaftssektor weiter aus. Zu den klar führenden Dienstleistungsmetropolen avancierten dabei die Wirtschaftsräume Brüssel, Rom, Kopenhagen, Amsterdam, Stockholm und Paris, in denen jeweils zwischen 84 % und 88 % der Erwerbstätigen mittlerweile im Dienstleistungsbereich arbeiten. In den deutschen Großstadtregionen hat der Dienstleistungsbereich mit 80 % und mehr der Erwerbstätigen in Berlin und Hamburg die größte Bedeutung. Die Region Stuttgart hat zwar in den letzten Jahren deutlich aufgeholt, kommt aber bislang nur auf einen Dienstleistungsanteil von 65 %. Die Bedeutung der Dienstleistungen in der Region Stuttgart wird jedoch insoweit statistisch unterzeichnet, als hier in großem Umfang von hochtechnologie- und innovationsorientierten Unternehmen des Produzierenden Gewerbes selbst Dienstleistungen – zum Beispiel in Forschung und Entwicklung – erbracht werden. Diese Dienstleistungen werden allerdings statistisch dem wirtschaftlichen Schwerpunkt des (produzierenden) Unternehmens und nicht dem Dienstleistungsbereich zugerechnet.

Hoher Anteil des Produzierenden Gewerbes in den Regionen Mailand, Stuttgart und Barcelona

Besonders eindrucksvoll zeigt sich in den Großstadtregionen der langfristige Trend einer wirtschaftlich abnehmenden Bedeutung des Produzierenden Sektors (Industrie und Baugewerbe). In einer ganzen Reihe der Ballungsräume liegt der Erwerbstätigenanteil des Produzierenden Gewerbes inzwischen unter 25 % (Schaubild 3). In den Regionen Brüssel, Rom, Kopenhagen und Amsterdam sind nicht einmal mehr 15 % der Erwerbstätigen in Betrieben der Industrie und des Baugewerbes beschäftigt. Einen weit überdurchschnittlichen Stellenwert hat das Produzierende Gewerbe mit einem Erwerbstätigenanteil von etwa einem Drittel noch in den Wirtschaftsräumen Mailand, Stuttgart und Barcelona. Auch im Vergleich mit den deutschen Großstadtregionen weist Stuttgart den höchsten Anteil des Produzierenden Sektors auf.

Die Zahl der Erwerbstätigen in der Industrie und im Baugewerbe nahm seit 1995 lediglich in den wirtschaftlich stark florierenden Regionen Madrid (45,9 %), Barcelona (38,9 %) und Dublin (37,8 %) spürbar zu. Einige wenige Wirtschaftsräume konnten zwar noch leichte Zunahmen verzeichnen, aber in den meisten Großstadtregionen war der Produzierende Sektor deutlich auf dem Rückzug. Hierbei mussten nicht zuletzt einige der aufgeführten deutschen Großstadtregionen einen merklichen Arbeitsplatzabbau in der Industrie und im Baugewerbe hinnehmen. In der Region Stuttgart konnte sich das Produzierende Gewerbe mit einem Rückgang von 8,6 % seit 1995 noch gut behaupten. Die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung in den untersuchten Großstadtregionen zeigt, dass die bisherigen industriell geprägten Regionen insgesamt ihre hervorgehobene Stellung halten können. Es scheint sich insoweit die sogenannte »Umstrukturierungsthese« zu bestätigen, wonach die industriellen Kernregionen ihre Bedeutung tendenziell aufrecht erhalten können, aber im Rahmen einer dynamisch zunehmenden Tertiarisierung ihre Wirtschaftsstruktur nachhaltig verändern.

Niedrige Arbeitslosigkeit in den Großstadtregionen Prag, Mailand, Dublin und Amsterdam

Mit Erwerbslosenquoten3 zwischen 3,6 % und 4,1 % können die Regionen Prag, Mailand, Dublin und Amsterdam eine besonders günstige Arbeitsmarktbilanz vorweisen. Sehr gut schneiden auch die Ballungsräume Budapest, Manchester und Helsinki mit Quoten von rund 5 % ab. Im Vergleich zum EU-Durchschnitt von 8,2 % im Jahr 2006 ist auch die Region Stuttgart (6,4 %) unterdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Demgegenüber sind die Großstadtregionen Berlin (17,2 %), Dresden (14,4 %) und Marseille (13,7 %) durch die Arbeitslosigkeit noch relativ stark belastet. In den meisten Regionen war die Erwerbslosenquote seit Ende der 90er-Jahre bzw. seit der Jahrtausendwende rückläufig. Einige Regionen mit ausgeprägt dynamischer Wirtschaftsentwicklung, wie zum Beispiel Madrid, Barcelona, Rom und Athen, konnten dabei die Erwerbslosenquote in weit überdurchschnittlichem Umfang absenken.

London – Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs

Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist von grundlegender Bedeutung für die Prosperität der Regionen. In hoch entwickelten und stark vernetzten Volkswirtschaften wird die Mobilität der Arbeitskräfte und der Güter durch den Straßen- und Schienenverkehr sowie die Schiff- und Luftfahrt gewährleistet. Alle hier betrachteten Großstadtregionen haben in der eigenen Region oder in nächster Nähe Flughäfen, also Knotenpunkte im weltweiten Netz der Fluglinien. Die Großstadtregion London ist mit seinen Flughäfen Heathrow, Gatwick und Stansted sozusagen die Drehscheibe des europäischen Flugverkehrs. Hier wurden 2006 zusammen rund 125 Mill. Fluggäste registriert, wobei es allein in Heathrow gut 67 Mill. waren. Kein anderer europäischer Flughafen in Europa kann ein derart hohes Niveau bei den Fluggastzahlen aufweisen. Der Pariser Flughafen Charles-de-Gaulle lag mit rund 56 Mill. Fluggästen auf Platz 2 und der Flughafen Frankfurt mit gut 52 Mill. auf Platz 3. Weit dahinter waren München und Stuttgart mit rund 30 und 10 Mill. Fluggästen platziert. In den Flughäfen Madrid/Barajas und Amsterdam/Schipol wurden mit jeweils rund 45 Mill. Personen mehr als doppelt so viele Fluggäste abgefertigt wie in Berlin mit den beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld.4

München, Dresden, Rom und Wien mit hoher touristischer Attraktivität

Nicht nur die Wirtschaftskraft, sondern auch die den Tourismus besonders fördernden kulturellen Angebote und Sehenswürdigkeiten kennzeichnen als sogenannte »weiche« Standortfaktoren die Attraktivität einer Region. Anhaltspunkte für die Bedeutung des Tourismus in einer Region gibt die Zahl der Gästezimmer bezogen auf 1 000 Einwohner, wenngleich sich hierbei die Beherbergungskapazitäten für Geschäftsreisende und Urlauber nicht trennen lassen. München hatte 2005 unter den hier betrachteten europäischen Großstadtregionen mit gut 15 Zimmern je 1 000 Einwohner die höchste Zimmerdichte. Sicherlich kommen nach München als Wirtschaftsstandort ersten Ranges auch viele Geschäftsreisende, aber mit seinen weltweit bekannten Museen, dem hohen Freizeitwert der Region bis hin zum Oktoberfest gehört es fast zum Pflichtprogramm vieler Europareisenden. Gleich daran schloss Dresden mit gut 14 Gästezimmern je 1 000 Einwohner an, was angesichts der Welterbestätte »Elbtal« mit seinem Ensemble historischer Bauwerke wie Semperoper, Zwinger, Brühlsche Terrasse, Residenzschloss und Frauenkirche nicht überrascht. In den Hauptstadtregionen Rom, Amsterdam und Prag waren es ebenfalls rund 14 Zimmer je 1 000 Einwohner. Knapp darunter mit 13 Gästezimmern je 1 000 Einwohner lagen die für ihre zahlreichen überregionalen Messen und das Bankenzentrum bekannte Region Frankfurt-Darmstadt-Mainz sowie die weltweit als Inbegriff der Klassik verstandene Region Wien. Am untersten Ende der Rangskala befanden sich die Großstadtregionen Duisburg-Essen-Dortmund sowie Bukarest mit weniger als 4 Gästezimmern je Einwohner.

1 Vgl.: Weinmann, Thomas: Wissensintensive Dienstleistungen in Baden-Württemberg – Landesstruktur und EU-Vergleich, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl. Heft 5/2003, S. 209 ff.

2 Winkelmann, Ulrike: »Baden-Württemberg ist in der EU die Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 12/2006«

3 Die Datengrundlage für die Erwerbslosenquoten bildet die EU-Arbeitskräfteerhebung (AKE). Die in der AKE verwendete Definition der Arbeitslosigkeit entspricht den Empfehlungen der IAO. Danach sind Arbeitslose jene Personen ab 15 Jahren, die – bezogen auf die Referenzwoche der Erhebung – keine Arbeit haben, verfügbar sind, innerhalb von 2 Wochen eine Arbeit aufzunehmen und innerhalb der zurückliegenden 4 Wochen aktive Schritte unternommen haben, eine Arbeit zu finden. Diese Definition kann von jenen der nationalen Arbeitsverwaltungen abweichen.

4 Datenquellen: Eurostat, Statistisches Bundesamt