:: 11/2008

Abfälle aus privaten Haushalten – Baden-Württemberg im Bundesländervergleich

Die Entwicklung von Aufkommen und Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten wird zunehmend auch unter dem Aspekt der Schonung natürlicher Ressourcen und des Klimaschutzes betrachtet. Ein wichtiger Anstoß dazu erfolgte in Deutschland durch die Vorbereitung und Umsetzung des 1996 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Es räumt der Vermeidung und Verwertung von Abfällen klaren Vorrang vor der Beseitigung ein. Ihm folgten mit derselben Zielrichtung zahlreiche weitere gesetzliche Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch bundesdeutscher Ebene.

Als ein grundlegender Indikator für die Beurteilung von Stand und Entwicklung in diesem wichtigen Bereich der Abfallwirtschaft wird das Aufkommen an Haus- und Sperrmüll herangezogen. Dessen Höhe hängt zum einen stark von Menge und Zusammensetzung aller Abfälle aus privaten Haushalten ab; zum anderen aber auch davon, inwieweit verwertbare Bestandteile als getrennte Fraktionen gesondert erfasst werden.

Im Land 40 % weniger Haus- und Sperrmüll gegenüber 1990

Das zu entsorgende Aufkommen an Haus- und Sperrmüll hat in Baden-Württemberg von gut 2,6 Mill. Tonnen im Jahr 1990 um nahezu 40 % auf knapp 1,6 Mill. Tonnen im Jahr 2006 abgenommen. Nach neuesten Ergebnissen war die Menge an Haus- und Sperrmüll auch im Jahr 2007 weiter rückläufig und hat mit 1,54 Mill. Tonnen einen neuen Tiefststand erreicht. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich auf den Zeitraum von 1990 bis 2006, für den entsprechende Angaben aus allen Bundesländern vorliegen.

Der größte Teil der im Land erreichten Reduzierung der Haus- und Sperrmüllmenge erfolgte bereits bis 1996, dem Jahr des Inkrafttretens des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Da wegen knapper Deponiekapazitäten viele Maßnahmen zur Abfallverwertung bereits im Zuge der Beratungen des Gesetzes ergriffen wurden, ging in Baden-Württemberg die Haus- und Sperrmüllmenge schon bis 1996 um mehr als ein Drittel auf gut 1,7 Mill. Tonnen zurück. Auch deshalb fiel die in den folgenden 10 Jahren bis 2006 erreichte Abnahme vergleichsweise niedrig aus (– 131 000 Tonnen oder 7,6 %).

Stärkster Rückgang mit 60 % in Sachsen – Bundesdurchschnitt minus 37 %

In allen Bundesländern wurde von 1990 bis 2006 eine deutliche Verringerung der Haus- und Sperrmüllmenge erreicht. Ausmaß und zeitlicher Verlauf der Reduzierungserfolge unterscheiden sich jedoch erheblich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen, wie auch in Berlin und Hamburg, die Menge der häuslichen Restabfälle bis 1993 zum Teil noch stark angestiegen war.

Am höchsten fiel der Rückgang in den 16 Jahren seit 1990 in Sachsen (– 60 %) aus. Aber auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern liegt die Abnahme bei deutlich über 50 %. Unter den Stadtstaaten weist Bremen mit einem Rückgang um gut 50 % eine Ausnahmestellung auf. Dagegen ist in Hamburg und Berlin die Haus- und Sperrmüllmenge nur vergleichsweise schwach zurückgegangen. In allen anderen Ländern liegt der Rückgang der entsorgten Restmüllmenge zwischen 30 und 40 %, in Sachsen-Anhalt bei etwas über 40 %. Im Bundesdurchschnitt hat die Haus- und Sperrmüllmenge gegenüber 1990 um 37 % abgenommen.

Wie in Baden-Württemberg wurde in den meisten westdeutschen Flächenländern bereits bis 1996 ein Großteil des Rückgangs realisiert. Demgegenüber hat in den ostdeutschen Ländern, außer Mecklenburg-Vorpommern, sowie in allen drei Stadtstaaten und dem Saarland eine deutlichere Reduzierung der Haus- und Sperrmüllmenge erst nach 1996 stattgefunden. Für die Mehrzahl der Länder ist jedoch seit 2003 nur noch eine relativ geringe Veränderung festzustellen. Nur in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg lag der Rückgang in den letzten 3 Jahren noch über 4 %.

In Baden-Württemberg niedrigstes Pro-Kopf-Aufkommen

Das Aufkommen an Haus- und Sperrmüll in den Ländern hängt zunächst stark von der jeweiligen Zahl der Einwohner ab. Für den Vergleich zwischen den Ländern ist deshalb die je Einwohner erfasste Menge gut geeignet. Die durchschnittliche Pro-Kopf-Menge an Haus- und Sperrmüll variiert zwischen den Bundesländern im Jahr 2006 zwischen 148 Kilogramm je Einwohner in Baden-Württemberg und immerhin 349 Kilogramm je Einwohner in Hamburg. Unter den Flächenländern weist das Saarland mit 247 Kilogramm je Einwohner den höchsten Wert auf. Damit hat sich, bezogen auf die Flächenländer, die Streubreite der Pro-Kopf-Mengen gegenüber 1990 zwar deutlich verringert, nach wie vor bestehen aber erhebliche Abweichungen. Die einwohnerbezogene Menge hat in den Ländern teils stärker, teils auch schwächer abgenommen als das absolute Aufkommen an Haus- und Sperrmüll. Dies ist auf die unterschiedliche Entwicklung der Bevölkerungszahl in den Ländern zurückzuführen. Während in Baden-Württemberg sowie in einigen anderen Ländern die Bevölkerungszahl bis 2006 noch spürbar zugenommen hat, ist in anderen, insbesondere in den ostdeutschen Ländern, bereits ein erheblicher Rückgang der Bevölkerungszahl festzustellen.

Bundesweit große Unterschiede zwischen den Stadt- und Landkreisen

Für die erheblichen regionalen Unterschiede beim Aufkommen an Haus- und Sperrmüll je Einwohner sind eine Vielzahl von Faktoren verantwortlich, die zumindest in den Flächenländern nicht landeseinheitlich wirken, sondern regional weiter differenziert zu betrachten sind. Die stark differierenden Siedlungs- und Bevölkerungsstrukturen und damit auch abweichenden Verbrauchsgewohnheiten in den Kreisen bieten nur einen Erklärungsansatz. Auch die in den Kreisen über Jahre hinweg gewachsenen, sehr unterschiedlichen Entsorgungsstrukturen haben nicht allein auf die Art der Entsorgung, sondern sehr stark auch auf die Gesamtmenge der überlassenen häuslichen Abfälle Einfluss. Eingeschränkt ist zudem die Vergleichbarkeit zwischen den Kreisen vor allem auch durch den unterschiedlichen Grad der Einbeziehung haushaltsähnlicher Abfälle aus Kleingewerbe und Dienstleistungsbetrieben. Die Wirkungen der verschiedenen Einflussfaktoren kompensieren sich mitunter, teilweise summieren sie sich aber auch in aufkommenserhöhender oder umgekehrt in aufkommenssenkender Richtung.

Da die Zuständigkeit für die Entsorgung der Abfälle aus Haushalten deutschlandweit in der Regel bei den Stadt- und Landkreisen liegt, sind auf dieser regionalen Ebene entsprechende Angaben verfügbar. Es zeigt sich, dass in fast allen Flächenländern zwischen den zugehörigen Kreisen eine mindestens ebenso große Streubreite am Pro-Kopf-Aufkommen besteht, wie bei den Länderdurchschnitten. Allerdings sind in Baden-Württemberg, Bayern sowie in Sachsen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt markante Konzentrationen von Kreisen mit unterdurchschnittlichen Pro-Kopf-Mengen sichtbar. Die im nördlichen Nordrhein-Westfalen ebenfalls meist geringen Pro-Kopf-Mengen werden offenbar von den deutlich überdurchschnittlichen Mengen in den großen Stadtkreisen des Landes mehr als kompensiert.

Große regionale Streuung auch bei Abfällen aus Haushalten insgesamt

Die Höhe des Pro-Kopf-Aufkommens an Haus- und Sperrmüll hängt stark davon ab, in welchem Umfang verwertbare Bestandteile der Abfälle aus Haushalten getrennt erfasst werden. Zwar bestehen auch bei der Menge aller Abfälle aus Haushalten merkliche Aufkommensunterschiede zwischen den Ländern, diese sind jedoch weniger stark ausgeprägt als bei der verbleibenden Restmüllmenge. Auch die Reihenfolge der Länder unterscheidet sich bei der Gesamtmenge auffällig von der Rangfolge bezogen auf Haus- und Sperrmüll allein. Die größte Menge an Haushaltsabfällen je Einwohner wiesen 2006 das Saarland und Rheinland-Pfalz mit knapp über 500 Kilogramm je Einwohner auf. Die Geringste wurde in Sachsen mit 340 Kilogramm je Einwohner ermittelt. Auch Brandenburg kam mit 387 Kilogramm noch auf einen Wert klar unter 400 Kilogramm. In allen anderen Ländern bewegt sich die Menge der Abfälle aus Haushalten insgesamt zwischen 410 und 500 Kilogramm je Einwohner.

Auf der Kreisebene zeigt sich, bezogen auf die gesamten Abfälle aus Haushalten, ebenfalls eine im Vergleich zu der beim Haus- und Sperrmüll abweichende Größenklassenverteilung. Prägnant treten die in fast allen ostdeutschen Kreisen vergleichsweise niedrigen Mengen hervor. Der Grund für die regionalen Abweichungen bei der Größenklassenzugehörigkeit bezüglich Haus- und Sperrmüll bzw. Abfällen aus Haushalten insgesamt besteht in erster Linie in den erheblichen Differenzen bei der Menge der getrennt erfassten Wertstoffe (Papier, Glas, Metalle etc.) sowie Bio- und Grünabfällen. Bei den getrennt erfassten Wertstoffen streut der Anteil am Gesamtaufkommen aller Abfälle aus Haushalten zwischen gut 20 % in Hamburg und mehr als 38 % in Sachsen und Baden-Württemberg. Noch gravierender sind die Unterschiede bei den organischen Abfällen, deren Anteil zwischen rund 4 % bzw. 6 % in Hamburg und Brandenburg und fast 29 % in Niedersachsen variiert. In Baden-Württemberg machen die getrennt erfassten organischen Abfälle fast 27 % aus.

In Baden-Württemberg höchste Abschöpfungsquote, …

In der Summe werden in Baden-Württemberg über 65 % der Abfälle aus Haushalten getrennt erfasst. Das ist bundesweit die höchste Abschöpfungsquote für Wertstoffe und organische Abfälle, gefolgt von Bayern mit 63 %. Eine ganze Reihe weiterer Flächenländer erreichen Quoten der getrennten Erfassung von 50 bis knapp 60 %. Vergleichsweise niedrig liegt dieser Anteil mit 25 % in Hamburg. In den anderen beiden Stadtstaaten Berlin und Bremen sowie in den ostdeutschen Ländern (außer Sachsen mit 53 %) lag die Quote der zur Verwertung getrennt erfassten Abfallfraktionen aus Haushalten teils deutlich, teils knapp unter 50 %. Der Bundesdurchschnitt lag 2006 bei 55 %.

… über Biotonne erfasste Menge jedoch unter dem Bundesdurchschnitt

Bei der getrennt erfassten Menge organischer Abfälle ist von besonderem Interesse, inwieweit über eine sogenannte Biotonne im engeren Sinne haushaltsbedingte Bioabfälle getrennt erfasst werden. Die Pro-Kopf-Menge dieser Abfälle aus der Biotonne streut außerordentlich stark zwischen den Ländern. Und auch ihr Anteil an den insgesamt getrennt erfassten organischen Abfälle ist sehr verschieden. Baden-Württemberg liegt mit 40 Kilogramm je Einwohner relativ deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 50 Kilogramm je Einwohner. Dagegen wurden 2006 in Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein mit über 70 Kilogramm je Einwohner besonders große Mengen an Bioabfällen abgeschöpft. Auch Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen weisen noch deutlich überdurchschnittliche über die Biotonne getrennt erfasste Abfallmengen auf. Vergleichsweise niedrige Mengen an Bioabfällen wurden bislang außer in den Stadtkreisen auch in den meisten ostdeutschen Ländern realisiert. Nur Sachsen-Anhalt weicht davon ab und übertrifft knapp den Bundesdurchschnitt.

Ausblick

Die zukünftige Entwicklung des Haus- und Sperrmüllaufkommens ist unter anderem wichtig für die Planung und die Sicherstellung eines wirtschaftlichen Betriebes von Abfallentsorgungsanlagen. Das Aufkommen an Haus- und Sperrmüll hängt in erster Linie davon ab, wie sich die getrennte Erfassung verwertbarer Teilfraktionen entwickelt. Der regionale Vergleich macht sichtbar, dass durchaus weiteres Potenzial für eine Steigerung der getrennten Erfassung sowohl bei den Wertstoffen als auch bei den organischen Abfällen besteht. Zuletzt waren in diesem Bereich allerdings nur geringe Veränderungsraten festzustellen, sodass sich die zu entsorgende Haus- und Sperrmüllmenge nach deutlichen Reduktionserfolgen in den 90er-Jahren zuletzt nur noch wenig verändert hat. Der Einfluss der Bevölkerungsentwicklung auf die Menge der Abfälle aus Privathaushalten ist in den Ländern unterschiedlich. Die voraussichtliche prozentuale Veränderung der Bevölkerungszahl bis 2020 gegenüber 2006 bewegt sich nach Ergebnissen der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung in den Bundesländern zwischen rund + 3 % in Hamburg und – 14 % in Sachsen-Anhalt. Dementsprechende Unterschiede in der Entwicklung des Abfallaufkommens sind bei sonst unverändertem Konsum- und Entsorgungsverhalten sowie gleichbleiben-der Abfallerfassung zu erwarten. Die Tendenz zu immer kleineren Haushalten, die in allen Bundesländern mehr oder weniger stark besteht, dürfte sich eher aufkommenssteigernd auswirken. Inwieweit sich die rapide ändernde Altersstruktur auf das Aufkommen von Abfällen aus Haushalten auswirkt, muss wegen fehlender Informationen zu altersspezifischen Unterschieden bei Konsum- und abfallwirtschaftlichem Verhalten offen bleiben.