:: 12/2008

Rekordergebnisse bei den Investitionen 2007 im Verarbeitenden Gewerbe

Eine insgesamt hervorragende Konjunktur in den Jahren 2006 und 2007 wirkte sich äußerst positiv auf das Investitionsverhalten der Industriebetriebe des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg aus. Hierbei kletterten die Investitionsvolumina für 2007 auf neue Rekordmarken, denn sowohl bei den Käufen als auch für die Anmietung von Sachanlagen wurde noch nie so viel Geld ausgegeben. Der kräftige Anstieg im Vergleich zu den bereits hohen Ausgaben für Ausrüstungen und Immobilien des Vorjahres resultierte aus einer Investitionstätigkeit auf breiter Front: Während die heimische Schlüsselbranche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« bei den Sachanlagen das größte Investitionsvolumen erzielte, steuerte der »Maschinenbau« das höchste Wachstum aller Branchen bei. Dieser Wirtschaftszweig zeigte darüber hinaus auch noch das größte investive Engagement bei den Leasinginvestitionen.

In den letzten beiden Jahren verbuchten dank einer allgemein ausgezeichneten Konjunktur die baden-württembergischen Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes (vgl. i-Punkt) Spitzenwerte sowohl bei der Nachfrage nach heimischen Produkten als auch bei der Produktion sowie bei den Umsätzen. Wenngleich das hohe Niveau der Ergebnisse aus dem Jahr 2006 nicht ganz erreicht werden konnte, waren dennoch die Zuwächse im Jahr 2007 für die Bestelleingänge (8,2 %) und die Produktion (6,4 %) sehr beachtlich, zumal die Erlöse aus den Inlands- und Auslandsgeschäften mit 302,4 Mrd. Euro auf einen neuen Höchststand anstiegen (6,5 %). Von den günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beflügelt, hat die Südwestindustrie auch 2007 ihre Investitionen (vgl. i-Punkt) aufgestockt und mit einem Volumen von insgesamt 10,4 Mrd. Euro zugleich eine neue Rekordmarke erzielt. Ein annähernd vergleichbar hohes Budget (9,9 Mrd. Euro) wurde zuletzt im Jahr 2001 ausgegeben. Gegenüber dem Vorjahr kam es zu einem Investitionszuwachs um beachtliche 1,1 Mrd. Euro (11,7 %). Ein noch höheres Wachstum gab es in der Vergangenheit nur noch im Jahr 2006 (1,3 Mrd. Euro bzw. 16,5 %).1

Spitzenergebnisse bei Ausrüstungs- und Immobilieninvestitionen

Bei den Investitionen in Sachanlagen wird zwischen Investitionen in Grundstücke und Bauten (Immobilieninvestitionen) und der Investitionstätigkeit in Maschinen, maschinelle Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung (Ausrüstungsinvestitionen) unterschieden. Dabei wird das Investitionsgeschehen im Verarbeitenden Gewerbe wesentlich durch die Ausgaben für Ausrüstungen bestimmt. Mit einem Volumen von rund 9,1 Mrd. Euro haben die Betriebe im Südwesten 2007 ihre Investitionen für Ausrüstungsgüter gegenüber dem Vorjahr um 664,5 Mill. Euro (7,9 %) kräftig ausgeweitet und auch hier einen neuen Spitzenwert erreicht. Dennoch wurde die nach 2004 im Trend rückläufige Entwicklung des Anteils der Ausrüstungsinvestitionen an den Bruttoanlageinvestitionen (kurz: Strukturanteil) nicht unterbrochen. Der Strukturanteil der Ausrüstungen fiel im Vorjahresvergleich um 3,1 Prozentpunkte auf 87,4 % und somit auf das Niveau von 1999 zurück. Die investiven Ausgaben der Betriebe für Grundstücke und Bauten stiegen mit einem Betrag von über 1,3 Mrd. Euro gleichfalls auf eine neue Rekordmarke seit 1995 an. Um rund die Hälfte (47,5 % bzw. 422 Mill. Euro) wurde hierbei das Ergebnis aus dem Vorjahr mehr als deutlich übertroffen. Der Strukturanteil der Immobilieninvestitionen erhöhte sich dadurch auf 12,6 %.

Unter den einzelnen Industriebranchen Baden-Württembergs ergaben sich in der Aufteilung der Investitionsbeträge zum Teil deutliche Unterschiede. So lag in den Fahrzeugbaubranchen »Sonstiger Fahrzeugbau« (98,4 %) und »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« (93,9 %) der Anteil der Ausrüstungsinvestitionen am höchsten. Deutlich über dem durchschnittlichen Anteil der Ausrüstungen an den Investitionen der Gesamtindustrie lagen auch die Werte für das »Holzgewerbe« (90,9 %) und die Branche »Verlagsgewerbe, Druckgewerbe, Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bild- und Datenträgern« (90,8 %). Hingegen dominierten im Wirtschaftszweig »Herstellung von Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräten und -einrichtungen« die Immobilieninvestitionen mit dem höchsten Anteil aller Branchen (26,3 %), gefolgt vom »Ernährungsgewerbe« (22,1 %) und der Branche »Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Optik, Herstellung von Uhren« (21,9 %).

Investitionsintensität auf Höchststand, Investitionsquote leicht gestiegen

In Verbindung mit dem enorm gestiegenen investiven Engagement der Südwestindustrie haben sich auch die Investitionskennziffern (Investitionsintensität und Investitionsquote) im Vorjahresvergleich weiter positiv entwickelt. Hierbei erreichte die Investitionsintensität2 mit nominal 8 480 Euro je Beschäftigten im Jahr 2007 ebenfalls einen neuen Höchststand. Dieser Indikator, der beispielsweise zur Beurteilung des Tempos der Modernisierung der Produktion und damit als Anhaltspunkt für die Entwicklung des Kapitaleinsatzes herangezogen wird, lag somit um beachtliche 739 Euro je Beschäftigten (9,5 %) höher als im Vorjahr. Der hohe Kennziffernwert kam nicht ganz überraschend. Bereits in der Vergangenheit zeigten sowohl die Bruttoanlageinvestitionen als auch die Investitionsintensität ein gleichgerichtetes Verlaufsmuster auf.

Als Anhaltspunkt für die Dynamik der Investitionen dient der Wert der Investitionsquote3. In den zurückliegenden Jahren entwickelte sich auch diese Kennziffer im Trend rückläufig und erreichte dabei ihren Tiefststand im Jahr 2005 (3,1 %). Danach stieg die Investitionsquote, von einer zunehmend positiven konjunkturellen Entwicklung getragen, wieder leicht an. Allerdings wurde mit 3,4 % im Jahr 2007 der Wert des Vorjahres (3,3 %) trotz der hohen Investitionssumme nur geringfügig übertroffen.4

Erweiterungsinvestitionen als Hauptmotiv

Mit dem für Investitionszwecke verfügbaren Kapital verfolgen die Industriebetriebe in der Regel unterschiedliche Zielsetzungen bzw. Motive. Somit lassen sich die Investitionsvorhaben auch in verschiedene Kategorien wie die Erweiterung, Umstrukturierung oder die Qualitätsverbesserung aufteilen. In Zeiten boomender Konjunktur dürfte für die rege Investitionstätigkeit – wie in den Jahren 2006 und 2007 – vor allem das Erweiterungsmotiv im Vordergrund gestanden haben, zumal die Kapazitätsauslastung in den Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes den höchsten Stand seit 1991 erreichte.5 Zusätzliche Impulse dürfte das Erweiterungsmotiv dadurch erhalten haben, dass die Betriebe durch vorgezogene Anschaffungen die günstigen Abschreibungsbedingungen für Ausrüstungsgüter, die bis Ende 2007 galten, letztmalig nutzen konnten. Die Kapazitätserweiterungen dienen in jüngster Zeit allerdings weniger dazu, die laufenden Produktionsprogramme auszubauen, was einer Kapazitätsausweitung im klassischen Sinn entsprechen würde. Vielmehr ist damit die Absicht verbunden, eine Umstrukturierung des Produktionssortiments bzw. die Verbreiterung der Angebotspalette vorzunehmen. Mit dem starken Anstieg der Erweiterungsinvestitionen waren die Ersatzbeschaffungsmaßnahmen, die in den letzten Jahren das Hauptmotiv für Investitionen darstellten, an die zweite Stelle gerückt. Unabhängig vom ständig bestehenden Kostendruck wird gegenwärtig immer weniger Geld zur Realisierung von Rationalisierungsabsichten ausgegeben. Dieses Investitionsmotiv, welches Mitte der 90er-Jahre noch eine recht große Rolle gespielt hatte, verlor zuletzt an Bedeutung.

Investitionszuwächse auf breiter Front, am höchsten im »Maschinenbau«

Am Zustandekommen des Rekord-Investitionsvolumens für 2007 waren in Baden-Württemberg rund drei Viertel der Industriebranchen mit Investitionszuwächsen gegenüber dem Vorjahr beteiligt. Erwartungsgemäß gaben die Betriebe der Branche »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen« mit rund 3,2 Mrd. Euro die höchste Investitionssumme zur Erweiterung und Modernisierung ihrer Produktionsanlagen aus. Mit dem seit 1995 drittgrößten Budget (nach 2003 und 2004) kam es hierbei zu einem Investitionsanstieg um 324,3 Mill. Euro (11,1 %) im Vergleich zum Vorjahresergebnis. Obgleich die Investitionsausweitung damit deutlich hinter der des Vorjahres zurückblieb, verbuchte die heimische Schlüsselbranche knapp ein Drittel (31,2 %) der Industrieinvestitionen auf sich. Damit konnte sie den Strukturanteil aus dem Vorjahr (31,3 %) nahezu halten. Mit rund 1,9 Mrd. Euro verzeichnete der »Maschinenbau« das zweithöchste Investitionsvolumen im Land und erzielte zugleich den höchsten Zuwachs (546,4 Mill. Euro bzw. 40,1 %) aller Branchen. Außerdem konnte der »Maschinenbau« seinen bis dato höchsten Strukturanteil seit 1995 von 16,9 % aus dem Jahr 1998 auf jetzt 18,4 % beachtlich steigern. Den 3. Platz im Ranking der Industrieinvestitionen 2007 belegte die Branche »Herstellung von Metallerzeugnissen« (941,5 Mill. Euro) mit einem Plus von 11,9 %, gefolgt von der »Chemischen Industrie« mit einem Investitionsbetrag von 707,6 Mill. Euro und einem Zuwachs von 23 Mill. Euro bzw. 3,4 %. Zusammen tätigten die 4 vorgenannten großen Industriebranchen rund zwei Drittel der Investitionen der Südwestindustrie.

Vereinzelt kam es auch zu Investitionsrückgängen. Hierbei nahm die Branche »Rundfunk- und Nachrichtentechnik« nach einer kräftigen Ausweitung im Vorjahr aktuell die höchsten nominalen Kürzungen (69 Mill. Euro bzw. – 25,1 %) vor und senkte mit 205 Mill. Euro ihre Ausgaben auf das Niveau von 2003 ab. Ähnlich verlief es im »Verlags- und Druckgewerbe«. Diese Branche fuhr mit 194 Mill. Euro ihre investiven Ausgaben ebenfalls auf das Niveau von 2003 zurück, was einen Rückgang um rund 53 Mill. Euro bzw. 21,3 % bedeutete.

Neuer Rekord auch bei den Leasinginvestitionen

Nicht nur für die Anschaffung neuer Sachanlagen (Kaufinvestitionen) hat die Südwestindustrie im Jahr 2007 so viel Geld wie noch nie ausgegeben. Gerade in konjunkturellen Hochphasen, bei denen unter Umständen zur Deckung der Nachfrage rasch umsetzbare Kapazitätserweiterungen gefragt sind, werden auch verstärkt Miet- bzw. Leasinginvestitionen (vgl. i-Punkt) getätigt.6 Mietinvestitionen gelten damit im Allgemeinen im Vergleich zu den Kaufinvestitionen als noch stärker konjunkturreagibel. Vor diesem Hintergrund erreichte der Wert der neu gemieteten und gepachteten bzw. geleasten neuen Sachanlagen mit 1,8 Mrd. Euro auch ein neues Rekordniveau. Mit einem Plus von 375 Mill. Euro nahmen die Leasinginvestitionen beachtlich um 26,2 % gegenüber dem Vorjahr zu. Dieser starke Anstieg der Leasinginvestitionen bedeutet zugleich das höchste Wachstum seit 1995. Zweistellige Zuwächse dieser Größenordnung gab es zuletzt zum Ende des vergangenen Jahrzehnts.

Der Einsatz von Mietinvestitionen fiel in den einzelnen Wirtschaftszweigen recht unterschiedlich aus. Die höchsten Leasinginvestitionen wurden – wie bereits in den letzten beiden Jahren – im »Maschinenbau« mit rund 428 Mill. Euro und einem Plus von rund 110 Mill. Euro getätigt. Keine andere Branche erhöhte – in absoluten Beträgen gerechnet – ihre Investitionssumme gegenüber dem Vorjahr so sehr wie der »Maschinenbau« und brachte damit seine wichtige Rolle bei dieser Investitionsart deutlich zum Ausdruck. Zugleich verbuchte der »Maschinenbau« mit 34,4 % sein höchstes Wachstum bei den Leasinginvestitionen aus den vergangenen 13 Jahren, welches in dieser Größenordnung zuletzt 1999 (34,2 %) erreicht wurde. Die Branche »Herstellung von Metallerzeugnissen« investierte mit rund 320 Mill. Euro den zweithöchsten Betrag und konnte somit ihre Leasinginvestitionen um rund 70 Mill. Euro bzw. 28,1 % ausweiten. Auf den weiteren Plätzen folgten die Branchen »Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen«(211 Mill. Euro bzw. 13,2 %) und »Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u. Ä.« (138 Mill. Euro bzw. 74,5 %). Zusammengefasst tätigten die vorgenannten Wirtschaftszweige rund 61 % der gesamten Leasinginvestitionen der Südwestindustrie.

Die Summe aus Miet- und Kaufinvestitionen ergab für das Investitionsboomjahr 2007 einen weiteren Rekord. Die Investitionen der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes für die erstmals in den industriellen Produktionsprozess eingesetzten Anlagegüter betrugen insgesamt 12,2 Mrd. Euro. Somit konnte das bereits hohe Niveau des Vorjahres nochmals um 1,5 Mrd. Euro bzw. 13,6 % gesteigert werden. Die Gesamtinvestitionen erreichten damit sowohl absolut als auch relativ betrachtet seit 1995 die höchste Steigerung. Der Anteil der Leasinginvestitionen an den Gesamtinvestitionen übertraf das Vorjahresergebnis um 1,5 Prozentpunkte und erreichte mit 14,8 % seit 1995 den dritthöchsten Wert. Das Leasen als eine besondere Art des Investierens hat sich neben den Kaufinvestitionen und diese ergänzend in der Vergangenheit zunehmend etabliert und bewährt.

Vermutlich Investitionsabschwächung im Jahr 2008

Eine Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung gestaltet sich angesichts der aktuellen Finanzkrise, der explodierten Rohstoffpreise oder der Gegenfinanzierungsmaßnahmen der Unternehmenssteuerreform als recht schwierig. Im Hinblick auf die Investitionstätigkeit der Betriebe dürften allerdings mit den im Jahresverlauf 2008 eingetretenen konjunkturellen Abkühlungstendenzen die Rahmenbedingungen insgesamt gesehen eher ungünstiger ausfallen, sodass vermutlich mit einem Absinken der Investitionsdynamik für das Jahr 2008 im Verarbeitenden Gewerbe auch in Baden-Württemberg gerechnet werden muss.

1 Zu den Ergebnissen der Investitionserhebung für das Berichtsjahr 2006 vgl. Hoffmann, Thomas: »Verarbeitendes Gewerbe 2006: Kräftiges Investitionswachstum mit Breitenwirkung«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2008«.

2 Investitionen im Verhältnis zur Beschäftigtenzahl zum Stand Ende September des jeweiligen Jahres.

3 Investitionen im Verhältnis zum Umsatz.

4 Dies lag an den ebenfalls überdurchschnittlich hohen Umsätzen, die als Nennergröße in die Berechnung des Indikators eingehen. Gleiches galt bereits im Vorjahr, woraus sich der geringe wertmäßige Unterschied zwischen den Jahren 2006 und 2007 erklärt.

5 Zur Zielsetzung von Investitionen im Jahr 2007 vgl. hierzu: Weichselberger, Annette: Westdeutsche Industrie: Anhaltende Investitionsbereitschaft, in: Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): ifo Schnelldienst, 61. Jahrgang, Ausgabe: 4/2008, S. 25–29 sowie Weichselberger, Annette: Westdeutsche Industrie: Trotz konjunktureller Eintrübung weiteres Investitionsplus geplant, in: Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): ifo Schnelldienst, 61. Jahrgang, Ausgabe: 16/2008, S. 29–34.

6 Mit dem Berichtsjahr 1988 erfolgte in der Investitionserhebung eine Ergänzung des sogenannten »Eigentümerkonzeptes« um das »Nutzerkonzept«, indem der Merkmalskatalog zusätzlich um den »Wert der neu gemieteten oder gepachteten bzw. geleaste Sachanlagen« ergänzt wurde. Dieses Merkmal erlaubt eine verbesserte Beurteilung der Bedeutung der durch Leasing finanzierten Investitionen (Mietinvestitionen) im Vergleich zu den aktivierten Bruttoanlageinvestitionen (Sachinvestitionen). Vgl. hierzu auch frühere Darstellungen unter anderem bei: Kotter, Jürgen: Investitionszurückhaltung im Verarbeitenden Gewerbe 1997, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 2/1999, S. 70–81.