:: 12/2008

Stabile Konjunktur im Bauhauptgewerbe

Jahrelang entwickelten sich die Wirtschaftsdaten des Bauhauptgewerbes nur in eine Richtung: abwärts. Ab Mitte 2005 meldete die Branche aber wieder steigende Auftragseingangszahlen. In der Folge nahmen auch die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und die baugewerblichen Umsätze zu. Auf die Beschäftigtenzahl schlug sich dies aber nicht nieder. Sie stagniert seit Jahren.

Erholung und Stabilisierung: Die Entwicklung seit 2005

Das Jahr 2005 markierte den Wendepunkt bei der Entwicklung der Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs. Nach Jahren des Rückgangs stiegen sie ab Mitte 2005 erstmals seit der Jahrtausendwende wieder an. Im Jahr 2006 meldeten die Betriebe des Bauhauptgewerbes um fast 7 % höhere Auftragseingänge als 2005 und im vergangenen Jahr wurde das Ergebnis von 2006 wiederum um den gleichen Wert übertroffen. Dabei handelt es sich aber um nominale Werte. Aufgrund der erheblichen Baupreissteigerungen im Jahr 2007, die unter anderem auf die gestiegenen Energie- und Stahlpreise zurückzuführen sind, kam es bei preisbereinigter Betrachtung nur noch zu einem geringen Zuwachs von unter ½ %. Im Jahr 2006 betrug das reale Auftragsplus noch fast 3 %.

Die verbesserte Auftragslage führte 2006 auch zu einer Ausweitung des Arbeitsvolumens. Die Zahl der auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden lag mit fast 6 % deutlich über dem entsprechenden Vorjahreswert. Im darauf folgenden Jahr wurde es ruhiger. Insgesamt verbuchte das baden-württembergische Bauhauptgewerbe 2007 gegenüber 2006 noch ein Stundenplus von rund 1 %. In den Monaten Januar bis September 2008 bewegte sich der Zuwachs erneut in dieser Größenordnung.

Die baugewerblichen Umsätze entwickelten sich ähnlich. Das Umsatzplus im Jahr 2006 gegenüber 2005 war mit über 13 % aber deutlich höher als der Zuwachs bei den geleisteten Arbeitsstunden. 2007 stagnierte die Umsatzentwicklung zwar, in den ersten 9 Monaten 2008 meldeten die Betriebe aber um ca. 6 % höhere baugewerbliche Umsätze als im Vorjahreszeitraum. Bei der Betrachtung der Umsatzentwicklung der vergangenen Jahre ist die ab 2007 angehobene Umsatzsteuer zu berücksichtigen. Dies führte Ende 2006 dazu, dass überdurchschnittlich viele Projekte oder Teilprojekte, die ansonsten erst im Jahr 2007 berücksichtigt worden wären, noch »schnell« zum alten Umsatzsteuersatz abgerechnet wurden. Sicherlich schlagen sich auch die insbesondere 2007 angestiegenen Baupreise in den höheren Umsatzzahlen des Bauhauptgewerbes nieder.

Nach langen Krisenjahren und dem folgenden »Aufschwung« hat sich das Bauhauptgewerbe in Baden-Württemberg auf dem gehobenen Niveau stabilisiert. Von ihrer einstigen Stärke ist die Branche aber noch ein Stück weit entfernt. Dies zeigt ein Vergleich mit den Daten des Jahres 2000. Im Jahr 2007 wurden nur noch rund drei Viertel der Arbeitsstunden des Jahres 2000 geleistet. Der baugewerbliche Umsatz erreichte nur noch knapp 90 %.

Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau tragen die Entwicklung

Bei der Betrachtung der Branchenentwicklung nach Auftraggebern wird zwischen dem eher von privaten Bauherren dominierten Wohnungsbau, dem Wirtschaftsbau und dem öffentlichen Bau unterschieden. Der Wohnungsbau stellt mit über 40 % der geleisteten Arbeitsstunden den wichtigsten Bereich dar. Die restlichen Arbeitsstunden verteilen sich in etwa gleich auf den Wirtschaftsbau und den öffentlichen Bau (vgl. auch i-Punkt).

Der Wohnungsbau konnte 2006 mit starken Wachstumszahlen aufwarten, rutschte danach aber wieder ins Minus. Dabei spielten die Abschaffung der Eigenheimzulage sowie die Erhöhung der Umsatzsteuer im Jahr 2007 eine Rolle. Diese Maßnahmen sorgten dafür, dass viele Bauherren ihr Bauvorhaben vorzogen. Deshalb konnte im darauf folgenden Jahr das Wachstum im Wohnungsbau auch nicht beibehalten werden. Im Gegenteil: Fast das gesamte Plus des Vorjahrs ging wieder verloren, sodass die Zahlen 2007 nur noch geringfügig über den Werten von 2005 lagen. Auch im laufenden Jahr gingen die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und der baugewerbliche Umsatz im Wohnungsbau weiter zurück.

Dass die Umsätze und die geleisteten Arbeitsstunden im Bauhauptgewerbe 2007 und im bisherigen Jahr 2008 insgesamt trotzdem stabil blieben, lag somit nicht am Wohnungsbau, sondern an der Entwicklung der beiden anderen Bereiche.

Getragen vom Wirtschaftsaufschwung und der wiedererwachten Investitionsbereitschaft von Industrie, Gewerbe und Handel erstarkte der Wirtschaftsbau in den Jahren 2006 und 2007. Beim baugewerblichen Umsatz konnten die Betriebe des Bauhauptgewerbes gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum zweistellige Wachstumsraten realisieren. Die auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden stiegen ebenfalls an, wenn auch nicht ganz so stark. Im laufenden Jahr verzeichnete diese Sparte bislang die höchsten Zuwachsraten aller Auftraggebergruppen und trug somit wesentlich zur zufriedenstellenden Gesamtentwicklung der Branche bei. Während in den vergangenen Jahren der Wirtschaftstiefbau etwas bessere Werte als der Wirtschaftshochbau erreichte, legte im laufenden Jahr insbesondere der Wirtschaftshochbau zu. Auf ihn entfallen 75 % der Erlöse und zwei Drittel der Arbeitsstunden des Sektors.

Auch der öffentliche Bau verbuchte im Jahr 2006 eine Zunahme der auf den Baustellen geleisteten Arbeitsstunden und der baugewerblichen Umsätze. Die Entwicklung war allerdings verhaltener als im Wohnungs- und im Wirtschaftsbau. Dies änderte sich in der Folgezeit. 2007 erzielte dieser Bereich bei den geleisteten Arbeitsstunden sogar den höchsten Zuwachs aller Auftraggebergruppen. Der baugewerbliche Umsatz entwickelte sich ebenfalls überdurchschnittlich. Auch in den ersten 9 Monaten 2008 verlief die Entwicklung im öffentlichen Bau insbesondere beim Umsatz positiv. Als Ursache für die anhaltende und vergleichsweise gute Entwicklung in diesem Bereich kann die verbesserte Einnahmesituation der öffentlichen Hand gesehen werden. Sie ermöglichte es Kommunen, Ländern und Bund wieder stärker in den Straßenbau sowie in den öffentlichen Hoch- und Tiefbau zu investieren.

Beschäftigtenzahl stagniert

Trotz der verbesserten Auftragslage und des gestiegenen Arbeitsvolumens blieben die Beschäftigtenzahlen im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs in den Jahren 2006 und 2007 weitgehend unverändert. Das gestiegene Arbeitsvolumen wurde in dieser Zeit also noch mit der vorhandenen Belegschaft abgeleistet. Im Vergleich zu den Jahren vor 2006 war dies jedoch ein Fortschritt, denn bis dahin herrschte in der Branche ein massiver Stellenabbau. Waren im Jahr 2000 noch rund 116 000 Personen im Bauhauptgewerbe tätig, so meldeten die bauhauptgewerblichen Betriebe 6 Jahre später, als der Stellenabbau zum Stillstand kam, etwa 31 000 tätige Personen weniger. Im Zeitraum September 2007 bis Februar 2008 waren die Beschäftigtenzahlen immer höher als im entsprechenden Vorjahresmonat, sodass Hoffnung auf einen nachhaltigen Beschäftigtenaufbau aufkam. Dies hat sich aber nicht erfüllt. Die verhaltene Entwicklung in den Monaten seit März 2008 führte dazu, dass die durchschnittliche Beschäftigtenzahl im bisherigen Jahr nur noch geringfügig über der des Zeitraums Januar bis September 2007 lag. Durchschnittlich waren in den ersten 9 Monaten 2008 rund 85 100 Personen im Bauhauptgewerbe Baden-Württembergs tätig.

Stabiles Jahresergebnis 2008 wird erwartet

Das Bauhauptgewerbe hat sich in den vergangenen Jahren etwas erholt und in der Summe stabil entwickelt. Während im Jahr 2006 alle drei Sparten zum Aufschwung beigetragen haben, fiel danach der wichtige Wohnungsbau als Impulsgeber aus. Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau entwickelten sich dagegen nun schon im dritten Jahr in Folge positiv und bewirkten damit die Stabilisierung der Branche. Im aktuellen Jahr fällt auf, dass nach einem starken 1. Quartal vor allem das 3. Quartal schwach ausfiel. Es muss daher abgewartet werden, ob die bisherige Jahresbilanz mit leichtem Stundenplus, gutem Umsatzwachstum und gleichbleibender Beschäftigtenzahl auch am Jahresende gilt. Das gute 1. Halbjahr ermöglicht auf jeden Fall ein insgesamt ordentliches Jahresergebnis 2008.

Die Auftragseingangsentwicklung im laufenden Jahr gibt Anlass zu diesem verhaltenen Optimismus. Aufgrund des guten Ergebnisses im 2. Quartal 2008 lag das Auftragseingangsniveau in den ersten 9 Monaten 2008 im Vergleich zum Vorjahr noch leicht – mit nominal 2 % – im Plus. Dazu trugen der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau mit einem Auftragsplus von etwa 4 % bzw. nahezu 2 % bei. Im Wohnungsbau lag der Wert der Auftragseingänge im Zeitraum Januar bis September 2008 um über 3 % unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraums. Der Wohnungsbau wird somit zunächst noch als belebender Faktor ausfallen.