:: 2/2009

Adoptionen in Baden-Württemberg 2007

Die Zahl der Adoptionen in Baden-Württemberg ist weiter rückläufig. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 711 Kinder adoptiert, darunter 323 Mädchen und 388 Jungen. Vor 5 Jahren waren es noch 1 010 Adoptionen. Gut die Hälfte der Kinder wurde von einem Stiefelternteil oder von Verwandten als Kind angenommen. 47 % der adoptierten Kinder und Jugendlichen besaßen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Ungewollt kinderlose Paare stehen in Deutschland vor hohen Hürden, um ihren Wunsch vom eigenen Kind zu erfüllen. In Baden-Württemberg kamen auf ein vorgemerktes Kind etwa 15 Adoptionsbewerber.

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Württemberg 711 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren adoptiert. Das sind 8 % (63 Adoptionen) weniger als ein Jahr zuvor. Im Jahr 2002 lag die Zahl der Adoptionen im Südwesten noch bei 1 010 Fällen. Seitdem gehen die Adoptionen in Baden-Württemberg kontinuierlich zurück. Im Jahr 2007 wurden 323 Mädchen und 388 Jungen adoptiert. 44 % der Kinder waren im schulpflichtigen Alter von 6 bis 15 Jahren. Ein Viertel hatte das 3. Lebensjahr noch nicht erreicht.

Gut die Hälfte der Adoptionen erfolgte 2007 durch Stiefeltern oder Verwandte

Bei der Adoption eines Kindes ist entsprechend dem Verwandtschaftsgrad von annehmenden Eltern zum Adoptivkind zwischen Fremdadoption, Auslandsadoption und Adoption durch Stiefeltern oder Verwandte zu unterscheiden. 56 % der Kinder und Jugendlichen wurden von ihrem Stiefvater oder ihrer Stiefmutter als Kind angenommen. Für sie war mit der Adoption keine Veränderung der Lebensumstände und Bezugspersonen verbunden. Bei 39 % der Fälle standen die Adoptiveltern in keinem Verwandtschaftsverhältnis zu dem von ihnen adoptierten Kind oder Jugendlichen (Fremdadoption).

In einem Heim lebten vor der Adoption 19 % der adoptierten Kinder und Jugendlichen, von denen 2 % (17 Kinder) Vollwaisen waren.

Im Jahr 2007 hatten 377 der Adoptierten (53 %) die deutsche Staatsangehörigkeit. Zwar schwankt dieser Anteil von Jahr zu Jahr, aber tendenziell hat er sich in den vergangenen 10 Jahren verringert. Von den Adoptivkindern mit ausländischer Staatsangehörigkeit stammte die Hälfte aus europäischen Ländern, darunter 73 Kinder aus Ländern der Russischen Föderation. Ein Viertel der Adoptierten kam aus Asien.

Darunter

aus Thailand24 Kinder
aus Indien6 Kinder
aus Vietnam5 Kinder
von den Philippinen5 Kinder

15 % stammten aus (Latein-)Amerika, darunter 22 Kinder aus Kolumbien. 54 % der Kinder mit ausländischer Staatsangehörigkeit wurden aus Anlass der Adoption nach Baden-Württemberg geholt.

An allen Adoptionen im Bundesgebiet hatte Baden-Württemberg einen Anteil von knapp 16 %. In Deutschland wurden im Jahr 2007 insgesamt 4 509 Kinder adoptiert, das waren 5 % weniger als im Vorjahr. Damit setzte sich auch bundesweit die rückläufige Entwicklung der letzten Jahre fort. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Adoptionen fast halbiert. Die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen 68 % der adoptierten Kinder und Jugendlichen. 2006 waren es noch 71 %. Von den im Jahr 2007 insgesamt 1 432 aus dem Ausland adoptierten Kindern kamen alleine 327 aus Russland.

Den häufigsten Grund für Fremdadoptionen stellt die ungewollte Kinderlosigkeit der Bewerberpaare dar. Auf ein vorgemerktes Kind kommen in Baden-Württemberg 15 Adoptionsbewerber, im Bundesdurchschnitt 10. Am Ende des Jahres 2007 waren in Baden-Württemberg 30 Mädchen und 39 Jungen für eine Adoption vorgemerkt. Bei den Adoptionsvermittlungsstellen lagen demgegenüber 1 020 Bewerbungen von Paaren (2006: 1 082 Bewerbungen) vor, die gern ein Kind adoptieren möchten. So kamen rein rechnerisch auf ein zur Adoption vorgemerktes Kind 15 Adoptionsbewerber.

Deutschlandweit blieb die Zahl der vorgemerkten Kinder mit 886 gegenüber 2006 nahezu unverändert. Den Adoptionsvermittlungsstellen lagen insgesamt 8 914 Adoptionsbewerbungen (2006 3 % weniger) vor. Damit standen einem vorgemerkten Minderjährigen 10 mögliche Adoptiveltern gegenüber. So gesehen sind die Chancen für eine Adoption aus dem Inland deutlich eingeschränkt.

Anforderungen an Adoptiveltern sehr hoch

Nicht nur weil die Nachfrage das Angebot weit übersteigt, stellen viele Paare inzwischen fest, dass die Hürden, ein Kind zu adoptieren, sehr hoch sind. Die Adoptionsvermittlungsstellen prüfen in einem 6- bis 12-monatigen Prozess die Bewerber in einem sehr aufwendigen und strengen Verfahren. Kriterien wie Alter, Charakter, Wohn- und Vermögensverhältnisse, die gesellschaftliche Stellung und Erziehungsfähigkeit müssen den Bedürfnissen des Kindes gerecht werden. Bevor das Vormundschaftsgericht endgültig seine Entscheidung trifft, wird in der Regel eine Adoptionspflege vorgeschaltet1. Sie ermöglicht ein gegenseitiges Aneinandergewöhnen während das Kind oder der Jugendliche bei einem adoptierwilligen Paar lebt. In Adoptionspflege befanden sich im Jahr 2007 in Baden-Württemberg 275 junge Menschen.

Gründe für den Rückgang sehr vielschichtig

Gründe für den Rückgang der Adoptionen lassen sich statistisch nicht nachweisen, darüber können nur Vermutungen angestellt werden. Ein nahe liegender Grund ist, dass die Zahl der Adoptionen dem bis vor Kurzem rückläufigen Trend der Geburten gefolgt ist. Wenn weniger Kinder geboren werden, können weniger freigegeben und adoptiert werden. Des Weiteren haben sogenannte Dauerpflegeverhältnisse zugenommen. In Problemfällen wird werdenden Müttern in den Jugendämtern verstärkt zur Unterbringung in Pflegefamilien geraten2. Bessere Erziehungshilfen und Betreuungsangebote können die eine oder andere Adoption vielleicht verhindern. Möglicherweise werden auch mehr ungewollte Schwangerschaften vermieden, da Schwangerschaftsabbrüche zwar rechtswidrig, aber straffrei sind. Zudem erfahren Alleinerziehende ebenso wie Patchworkfamilien eine größere Akzeptanz in der Gesellschaft. Der Rückgang bei den Stiefelternadoptionen kann zum Beispiel mit der verbesserten Rechtsstellung von Stiefeltern und -kindern durch die Kindschaftsrechtsreform begründet werden. Dies bedeutet, dass für die rechtliche Gleichstellung ehelicher und nicht ehelicher Kinder eine Adoption nicht mehr zwingend erforderlich ist3.

Der Rückgang bei den Auslandsadoptionen ist vor dem Hintergrund der veränderten Rechtsgrundlagen des Adoptionsrechts durch das Haager Adoptionsübereinkommen aus dem Jahr 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption am 1. März 2002 zu sehen. Bis zum Jahr 1993 erforderte die Annahme eines Kindes aus dem Ausland eine Nachadoption in Deutschland. Seit 1993 werden Adoptionen von Kindern aus den Teilnehmerstaaten des Haager Adoptionsübereinkommens in Deutschland in der Regel rechtsverbindlich anerkannt. Da nicht alle Adoptionen ausländischer Kinder deutschen Adoptionsvermittlungsstellen bekannt werden, können nicht alle Auslandsadoptionen in der Statistik nachgewiesen werden, sodass von einer Untererfassung auszugehen ist4.

1 Bei Fremdadoptionen umfasst die Adoptionspflege meistens 2 Jahre. Bei Verwandtenadoptionen wird auf eine Adoptionspflege eher verzichtet.

2 Der Trend zur Pflegefamilie (26. August 2008).

3 »Nur halb so viele Adoptionen wie vor 15 Jahren«, Stuttgarter Zeitung vom 26. August 2008.

4 Datenanalysen der Dortmunder Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik, Bereich: Adoptionen, 2005.