:: 2/2009

Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen in Baden-Württemberg 2007

Entwicklung in den Stadt- und Landkreisen

In Baden-Württemberg wurden 2007 insgesamt 247 Unfälle beim Transport und 132 Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen registriert. Die Zahl der Unfälle beim Umgang ist in den letzten 10 Jahren merklich zurückgegangen, während es beim Transport keine eindeutige Entwicklung bei den Unfallzahlen gibt. Die freigesetzten Stoffmengen in den einzelnen Jahren schwanken stark und lassen keine Regelmäßigkeit erkennen. Bei knapp 89 % der gemeldeten Unfälle waren Stoffe der Wassergefährdungsklasse 2 betroffen, zu denen insbesondere Heizöl und Dieselkraftstoff zählen. Dabei kam es hauptsächlich zu Verunreinigungen von Böden und versiegelten Flächen.

2007 gelangten 384 200 Liter wassergefährdender Stoffe in die Umwelt

Die unteren Verwaltungsbehörden haben im Jahr 2007 insgesamt 379 Unfälle in Baden-Württemberg registriert, bei denen 384 200 Liter wassergefährdender Stoffe freigesetzt wurden. Etwa zwei Drittel dieser Unfälle (247) sind beim Transport der potenziellen Wasserschadstoffe geschehen. Die beförderten Stoffe können durch Schäden an den Tanks oder Gebinden1 auslaufen. Durch das Austreten von Kraftstoffen, Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköl können ebenfalls Verunreinigungen entstehen. Dabei ist jedoch die Zufälligkeit des Unfallgeschehens zu berücksichtigen. Das andere Drittel der Unfälle (132) geschah in Betrieben, die Wasserschadstoffe lagern, abfüllen, herstellen, verwenden und umschlagen. In den folgenden Ausführungen werden diese Unfälle unter dem Begriff »Unfälle beim Umgang« zusammengefasst.

Außerdem wurden 123 Unfälle unbekannten Hergangs gezählt, bei denen weder der Verursacher noch die Schadensquelle bekannt ist. Dabei kann es sich beispielsweise um wild deponierte und ausgekippte Stoffe handeln. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere solcher Schadensfälle nicht von den meldenden Behörden entdeckt werden.

Die Zahl der Unfälle insgesamt ist seit 1996 um knapp 35 % zurückgegangen, wobei dies vor allem am Rückgang der Unfälle beim Umgang liegt (Schaubild 1). In Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind Sicherungseinrichtungen wie doppelwandige Behälter, korrosionsbeständige Werkstoffe und Auffangräume etc. vorgeschrieben, um zu verhindern, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Dennoch besteht grundsätzlich die Gefahr, dass durch unsachgemäßen Umgang oder Materialfehler Wasserschadstoffe freigesetzt werden.

In den letzten 10 Jahren ist die Zahl der Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen um knapp 55 % zurückgegangen. Im Jahr 1998 wurde mit 299 Unfällen die bislang höchste Zahl und 2007 mit 132 Unfällen die bislang geringste Zahl gemeldet. Anscheinend konnten hier die Unfallzahlen durch geschultes Personal und verbesserte Sicherheitstechniken im Anlagenbereich verringert werden. Seit 1999 werden jährlich weniger Unfälle beim Umgang als bei der Beförderung registriert. Bei der Anzahl der Transportunfälle gibt es allerdings keine eindeutige Entwicklung. Die Zahlen schwanken mit Ausreißern zwischen 250 und 330 Unfällen im Jahr. Aber auch hier wurden 2007 bislang die wenigsten Unfälle (247) gemeldet.

Weniger Unfälle beim Umgang in fast allen Kreisen

Die im Zeitraum von 1996 bis 2007 in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs im Durchschnitt pro Jahr gemeldeten Unfälle beim Umgang und bei der Beförderung von wassergefährdenden Stoffen streuen sehr stark (Schaubild 2). Die Unfallhäufigkeit pro Jahr liegt in den meisten Kreisen deutlich im einstelligen Bereich. Während bei Unfällen beim Umgang nur in den Landkreisen Ludwigsburg, Rastatt und Ravensburg durchschnittlich zweistellige Unfallzahlen pro Jahr gemeldet wurden, trifft dies bei der Beförderung auf rund ein Fünftel aller Kreise zu. In nahezu allen Stadt- und Landkreisen lag die Zahl der Unfälle beim Umgang 2007 niedriger als im langjährigen Mittel. Bei der Beförderung war dies nicht der Fall.

Durchschnittlich freigesetzte Menge im langjährigen Mittel

Bezogen auf die letzten 10 Jahre gelangten bei 5 302 gemeldeten Unfällen insgesamt 6,1 Mill. Liter wassergefährdende Stoffe in die Natur. Der Großteil der Schadstoffe (5,4 Mill. Liter) wurde dabei durch 2 273 Unfälle beim Umgang freigesetzt. Bei den 2007 gemeldeten Unfällen in Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen gelangten 347 000 Liter Wasserschadstoffe in die Natur (Schaubild 3). Dieser Wert ist geringer als in den Jahren zuvor, liegt aber über den bisher niedrigsten Werten von 1999 bis 2002. Von den freigesetzten Stoffen wurden 2007 rund 75 % wiedergewonnen2. Die Wiedergewinnungsrate in den letzten 10 Jahren liegt bei durchschnittlich 63 %. Bis auf 2004 und 2005 wurden jedes Jahr über 50 % der Stoffe wiedergewonnen.

Die durch Transportunfälle ausgelaufene Menge an Wasserschadstoffen ist 2007 mit 37 300 Litern wieder leicht angestiegen. Innerhalb der letzten 10 Jahre sind rund 688 800 Liter durch Transportunfälle freigesetzt worden, von denen durchschnittlich rund 77 % (531 900 Liter) wiedergewonnen werden konnten. Die Wiedergewinnungsrate 2007 betrug rund 84 %. Bezieht man die Mengen auf die Unfallzahlen, so sind 2007 durchschnittlich 2 600 Liter wassergefährdender Stoffe pro Unfall beim Umgang und 200 Liter pro Transportunfall ausgetreten.

Gefährdungspotenzial von wassergefährdenden Stoffen

Die Eigenschaften von wassergefährdenden Stoffen wie beispielsweise die Abbaufähigkeit, toxische Wirkung oder Mobilität sind sehr unterschiedlich. Dementsprechend schwer ist es bei der großen Zahl an Schadstoffen, den Überblick über das Gefährdungspotenzial für Gewässer und Grundwasser zu behalten. Um die wassergefährdenden Stoffe näher zu bestimmen, hat die Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe (VwVwS) ein Einstufungssystem in drei Wassergefährdungsklassen (WGK) festgelegt:

  • WGK 3 stark wassergefährdend
  • WGK 2 wassergefährdend
  • WGK 1 schwach wassergefährdend

Stark wassergefährdende Stoffe sind beispielsweise Altöl, Benzin oder Chromsäure3. Wie schon im Vorjahr, sind in Baden-Württemberg 2007 nur zwei Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen der WGK 3 registriert worden. Damit hält sowohl der Abwärtstrend bei den Unfallzahlen als auch der Rückgang der freigesetzten Schadstoffmengen weiter an. Während seit 1996 im Durchschnitt pro Jahr knapp 16 600 Liter stark wassergefährdende Stoffe in die Natur gelangten, waren es in den letzten 3 Jahren durchschnittlich rund 1 800 Liter pro Jahr.

Mineralölprodukte gelangen vor allem durch Verkehrsunfälle in die Umwelt

Bei den meisten Unfällen sind Stoffe der Wassergefährdungsklasse 2 betroffen, zu denen Mineralölprodukte wie Heizöl, Diesel, Motor-, Getriebe- und Hydrauliköl sowie Farben zählen. In Baden-Württemberg wurden 2007 insgesamt 336 Unfälle gemeldet, bei denen knapp 59 900 Liter Wasserschadstoffe der Klasse 2 ausgelaufen sind.

Über die Hälfte (32 200 Liter) der wassergefährdenden Stoffe (WGK 2) wurden 2007 durch Verkehrsunfälle bei der Beförderung freigesetzt. Die Unfälle ereigneten sich in der Regel im Straßenverkehr mit Lkw und Pkw und kaum im Eisenbahn- und Schiffsverkehr (900 Liter). Knapp 84 % der Umweltbelastungen entstanden dabei durch Beschädigung eines Betriebsstofftankes und dadurch ausgetretene Kraftstoffe sowie Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköle. Dies war auch schon in den vorherigen Jahren der Hauptgrund, gefolgt von beschädigten Tanks und Mehrkammertanks, in denen wassergefährdende Stoffe transportiert wurden.

Rund 38 % der Wasserschadstoffe mit WGK 2 wurden 2007 durch Unfälle in Lageranlagen freigesetzt, wovon über die Hälfte der Unfälle im nicht gewerblichen Bereich (Haushalte, öffentliche Einrichtungen) passierten. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um private Anlagen zur Lagerung von Heizöl oder anderer Mineralölprodukte, bei denen es beispielsweise durch defekte Grenzwertgeber (Übertanken), ausgelaufene Kanister, Rohrbrüche oder Überschwemmungen zu Verunreinigungen kam. Die Unfälle im nicht gewerblichen Bereich werden gleichermaßen durch menschliches Fehlverhalten und Materialfehler verursacht. Im Gegensatz dazu sind im gewerblichen Bereich mehr Unfälle auf Materialfehler und weniger auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen. Dies liegt möglicherweise auch an dem im Umgang mit Gefahrstoffen geschulten Personal.

Bei den 336 Unfällen (WGK 2) im Jahr 2007 kam es hauptsächlich zu Verunreinigungen von versiegelten Flächen (50 %) und Böden (65 %)4.In 26 % der Fälle gelangten die Schadstoffe auch über das Kanalnetz in Kläranlagen. Eine Ausbreitung der freigesetzten Stoffe wurde vor allem durch das Aufbringen von Bindemittel begrenzt, und verunreinigter Boden wurde ausgehoben und abtransportiert. In 15 % der Fälle kam es auch zu Verunreinigungen von Oberflächengewässern, deren Ausbreitung aber überwiegend durch das Einbringen von Sperren verhindert wurde. Eine andere Unfallfolge war die Verunreinigung von Grundwasser (knapp 2 %). Diese ist besonders schwerwiegend, da eine Sanierung nur in sehr langen Zeiträumen und letztlich nicht vollständig möglich ist. Von den insgesamt freigesetzten Stoffen konnten rund 89 % wiedergewonnen werden. Dies lässt darauf schließen, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei einem Unfall greifen und ein Auslaufen zum Teil verhindern.

Geringe Wiedergewinnungsrate bei wassergefährdenden Stoffen der Klasse 1

Wassergefährdende Stoffe der Klasse 1 sind beispielsweise Salzsäure, Natronlauge, Ethanol und Methanol. Im Jahr 2007 wurde in Baden-Württemberg die höchste Stoffmenge der WGK 1 (63 800 Liter) seit 1996 freigesetzt, das ist rund 8-mal so viel wie im Vorjahr. Diese Unfälle ereigneten sich hauptsächlich in gewerblichen Lageranlagen durch menschliche Verhaltensfehler. Hier könnten möglicherweise Mitarbeiterschulungen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen helfen, Unfälle zu verhindern. Des Weiteren sind Stoffe der WGK 1 durch beim Transport beschädigte Gebinde ausgetreten.

Die ausgelaufenen Stoffe gelangten 2007 hauptsächlich über das Kanalnetz in Kläranlagen und in Oberflächengewässer, wobei es in 2 Fällen zu einem Fischsterben kam. Die Wiedergewinnungsrate lag 2007 mit 19 % unter dem langjährigen Mittelwert (1996 bis 2007) von 47 %. In den letzten 11 Jahren wurden aber generell bei Stoffen der WGK 1 im Vergleich zu Unfällen mit solchen der WGK 2 (77 %) und der WGK 3 (79 %) deutlich geringere Rückgewinnungsquoten erreicht.

Wassergefährdung durch Jauche und Gülle

Jauche, Gülle und Silagesickersäfte (JGS) sind in keine Wassergefährdungsklasse eingestuft. Bei entsprechend großen freigesetzten Mengen oder besonderen örtlichen Verhältnissen können jedoch auch diese zu einer Gefahr für Gewässer und Böden werden. In Baden-Württemberg sind bei 15 registrierten Unfällen 2007 insgesamt rund 258 500 Liter Gülle, Jauche und Sickersäfte aus Silos ausgelaufen. Das ist etwa die Hälfte der im Vorjahr freigesetzten Menge. Offenbar ist das Gefährdungspotenzial dieser Stoffe stärker ins Bewusstsein gerückt. Im Vergleich mit den anderen Stoffgruppen wurden mit durchschnittlich 17 200 Liter pro Unfall 2007 große Mengen freigesetzt. Fast die Hälfte der JGS gelangt durch menschliche Verhaltensfehler in die Natur. Gründe dafür sind beispielsweise nichtgeschlossene Schieber an Güllebehältern, beschädigte Rohrverbindungen, bei der Befüllung übergelaufene Behälter oder die Gülleausbringung zu nah an Gewässern. In der Regel gelangen die ausgelaufenen Stoffe in Böden und Oberflächengewässer. Verunreinigtes Bodenmaterial wird größtenteils ausgehoben und Verunreinigungen in Gewässern werden durch Sperren eingedämmt. Durch diese Maßnahmen konnten 2007 immerhin rund 87 % der freigesetzten JGS wiedergewonnen werden.

Zusammenfassung

In Baden-Württemberg wurden 2007 insgesamt 379 Unfälle registriert, bei denen 384 200 Liter wassergefährdender Stoffe ausgelaufen sind. Durchschnittlich 2 600 Liter wassergefährdende Stoffe sind pro Unfall beim Umgang und 200 Liter pro Transportunfall ausgetreten. Dies liegt unter anderem daran, dass in den letzten Jahren die in großen Mengen ausgelaufene Jauche, Gülle und die Silagesickersäfte (JGS) bei den Unfällen beim Umgang (durchschnittlich 17 200 Liter pro Unfall) registriert wurden. Die meisten Unfälle passierten jedoch innerhalb der Wassergefährdungsklasse 2, zu der Mineralölprodukte wie Heizöl, Diesel, Motor-, Getriebe- und Hydrauliköl zählen. Durch wassergefährdende Stoffe werden meist Böden, Gewässer und Grundwasser verunreinigt. Die Folgen der Verunreinigungen können zum Teil nur durch langjährige Maßnahmen und unter Umständen nie vollständig beseitigt werden. Für eine nachhaltige Sanierung ist es daher wichtig, etwas über die Menge und die Art des freigesetzten Stoffes zu wissen. Der sachgerechte und ordnungsgemäße Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist daher eine wichtige Aufgabe des Umweltschutzes.

1 Das Wort Gebinde kommt aus der Logistik und bezeichnet ein Stückgut oder mehrere Einzelpackungen.

2 Der Begriff »wiedergewonnen« meint in diesem Zusammenhang, dass der Schadstoff wieder entnommen werden konnte und deshalb kein Risiko für das angrenzende Gebiet darstellt. Das heißt nicht, dass die ausgelaufene Substanz dem Verwendungsprozess wieder zugeführt werden kann.

3 Chromsäure wird vor allem in der Galvanik verwendet.

4 Mehrfachnennungen möglich.