:: 4/2009

Deutlicher Zuwachs an Pflegebedürftigen und Pflegeeinrichtungen

In Baden-Württemberg gab es zum Jahreswechsel 2007/08 fast 1 400 (nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung) zugelassene voll- bzw. teilstationäre Pflegeheime sowie etwas über 1 000 ambulante Pflegedienste. Zusammen wurden von diesen Pflegeeinrichtungen fast 131 000 Pflegebedürftige versorgt. Etwa 106 000 weitere Pflegebedürftige wurden von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt. Insgesamt bezogen Ende 2007 in Baden-Württemberg also 237 000 Pflegebedürftige Leistungen aus der Pflegeversicherung. Der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung beträgt damit 2,2 %. Dies waren über 11 500 Pflegebedürftige mehr als im Dezember 2005, dem Zeitpunkt der letzten Erhebung. Erhebliche Zuwächse meldeten vor allem die Pflegeheime. Die Zahl der stationär versorgten Pflegebedürftigen stieg um 7,2 % auf fast 84 000. Relativ gering fiel dagegen mit 0,6 % der Anstieg der Zahl der von ambulanten Diensten Gepflegten aus. Die Zahl der von Angehörigen zu Hause versorgten Pflegegeldempfänger stieg um 5,7 %.

Zwei Drittel der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt, ein Drittel in Heimen

Im Dezember 2007 waren in Baden-Württemberg 237 000 Personen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes – gut 2 % der Landesbevölkerung. Von den über 65-Jährigen und Älteren nahm demgegenüber sogar etwa jeder Zehnte Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch. Rund 72 % der Pflegebedürftigen waren Frauen. Zwei Drittel der Pflegebedürftigen, nämlich etwa 153 000, wurden zu Hause gepflegt und ein Drittel (knapp 84 000) in Pflegeheimen. Der Anteil der in Heimen Gepflegten nahm im Vergleich zu 2005 um 0,7 Prozentpunkte zu, derjenige der zu Hause von Angehörigen Gepflegten (Pflegegeldempfänger) nur um 0,2 Prozentpunkte. Dagegen sank der Anteil der zu Hause von ambulanten Diensten Gepflegten um 0,9 Prozentpunkte. Damit bestätigen sich die früheren Ergebnisse, die eine tendenzielle Verschiebung der Anteile weg von den ambulanten Diensten hin zu der stationären Unterbringung festgestellt haben.

Dennoch wurden bei allen Pflegearten 2007 jeweils mehr Personen versorgt als 2 Jahre zuvor. Der größte Zuwachs (+7,2 %) ergab sich bei der stationären Pflege. Durch Angehörige wurden zu Hause immerhin 5,7 % mehr Personen gepflegt. Bei der Pflege durch ambulante Dienste betrug der Zuwachs dagegen nur 0,6 %. Die letztgenannte Entwicklung ist insoweit überraschend, als die sich ändernden Haushalts- und Familienstrukturen eher einen Rückgang der Unterstützungsleistungen aus dem unmittelbaren Familienkreis hätten erwarten lassen. Es bleibt abzuwarten, ob es sich hier um einen längerfristigen Trend handelt oder ob sich hier nur kurzfristige Einflüsse niederschlagen.

Professionelle Pflege gewinnt an Bedeutung

Die Hälfte aller Pflegebedürftigen waren in die Pflegestufe I eingruppiert, 37 % in Pflegestufe II und 12 % in Pflegestufe III. Nur 1 % der Pflegebedürftigen war noch keiner Pflegestufe zugeordnet. Das waren vor allem die Pflegebedürftigen, die zum Beispiel im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt direkt in einer stationären Pflegeeinrichtung aufgenommen wurden und für die zum Zeitpunkt der Erhebung noch keine Zuordnung zu einer bestimmten Pflegestufe vorlag.

Bei den Pflegegeldempfängern überwog die Pflegestufe I mit 59 % ebenso bei den durch die ambulanten Dienste versorgten Personen mit 52 %. Im stationären Bereich entfallen 38 % auf die Stufe I. Hier sind 59 % der eingestuften Pflegebedürftigen in den höheren Pflegestufen II und III eingruppiert. Nicht in die Erhebung einbezogen sind die Heimbewohner der sogenannten Pflegestufe »0«, die einen Hilfebedarf unterhalb der Leistungsvoraussetzung der Pflegeversicherung haben (siehe i-Punkt). Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Menschen überwiegend dann in Pflegeheimen untergebracht und versorgt werden, wenn sie intensiver Pflege bedürfen und damit in besonderem Maße auf professionelle Hilfe angewiesen sind.

Kirchliche Träger sorgten für 40 % der stationären Pflegeplätze

Ende 2007 standen landesweit 95 000 stationäre Pflegeplätze zur Verfügung. Die größten Anbieter sind hier die privaten Träger mit 26 700 Plätzen (28 %) gefolgt von den Wohlfahrtsorganisationen der beiden großen Kirchen, dem Diakonischen Werk mit 23 500 Plätzen (25 %) und der Caritas mit 14 500 Plätzen (15 %). Weiter wurden knapp 11 % oder 10 300 der Plätze in stationären Einrichtungen von kommunalen Trägern oder öffentlich verwalteten Stiftungen bereitgestellt. Die restlichen Plätze der stationären Pflege entfielen auf den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (8 %), die Arbeiterwohlfahrt (3 %), das Deutsche Rote Kreuz (2 %) und auf sonstige gemeinnützige Träger (8 %). Im ambulanten Bereich waren die freigemeinnützigen Träger noch stärker vertreten. 70 % oder 32 500 aller von ambulanten Diensten Versorgten wurden von ihnen gepflegt. Das Diakonische Werk ist der größte Träger unter den Freigemeinnützigen, gefolgt von der Caritas. Die kommunalen Träger spielen zahlenmäßig dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

37 % der Vollzeitkräfte hatten eine Altenpflegeausbildung

Für die Versorgung der rund 131 000 Pflegebedürftigen in den stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen Baden-Württembergs standen zum Jahresende 2007 rund 98 000 Beschäftigte zur Verfügung. Davon waren 43 600 Personen vollzeitbeschäftigt und 54 200 teilzeitbeschäftigt. Während in den ambulanten Einrichtungen mit 24 400 Beschäftigten 4 % mehr gezählt wurden als Ende 2005, waren es in den stationären Einrichtungen mit 73 400 Personen sogar über 6 % mehr. Mit 85 % der Beschäftigten stellen Frauen nach wie vor den ganz überwiegenden Anteil. Fast jede 3. Beschäftigte, die bei den ambulanten Pflegeeinrichtungen im Land arbeitete, war geringfügig beschäftigt. Im stationären Bereich war dagegen nur jede 10. Mitarbeiterin stundenweise angestellt.

42 % oder 41 000 aller Beschäftigten in den baden-württembergischen Pflegeeinrichtungen besaßen keinen oder aber einen fachfremden Berufsabschluss bzw. befanden sich noch in Ausbildung. Damit hatten 58 % einen Abschluss in einem pflegerischen Beruf, einem nichtärztlichen Heilberuf oder einen hauswirtschaftlichen Berufsabschluss. Etwas mehr als ein Viertel der Beschäftigten in den stationären und ambulanten Einrichtungen des Landes verfügte über eine Ausbildung als Altenpfleger oder Altenpflegerin. Unter den Vollzeitarbeitskräften lag der Anteil der Altenpfleger oder Altenpflegerinnen mit 37 % allerdings deutlich darüber.

Die stationäre Betreuung von Pflegebedürftigen ist äußerst personalintensiv. Auf 100 Pflegebedürftige, die in den Pflegeheimen betreut wurden, kamen 88 Beschäftigte, davon 64 Beschäftigte, die ihren Arbeitsschwerpunkt im Bereich Pflege und Betreuung hatten sowie weitere 24 Beschäftigte mit einer Zuständigkeit bei anderen Aufgaben. In den ambulanten Einrichtungen lag dieses Zahlenverhältnis bei 52 Beschäftigten je 100 Pflegebedürftige, davon waren 35 Beschäftigte im Bereich der Pflege sowie weitere 17 Mitarbeiter in anderen Aufgabenbereichen tätig.

Zum Jahreswechsel 2007/08 waren in den stationären Pflegeeinrichtungen ca. 6 800 Personen als Auszubildende, Praktikanten und Schüler tätig – mehr als 9 % der dort Beschäftigten. Gleichzeitig leisteten 1 600 junge Frauen und Männer ihr Freiwilliges Soziales Jahr bzw. ihren Zivildienst in den Pflegeheimen des Landes ab, was über 2 % der Beschäftigten ausmachte. In den ambulanten Diensten war der Anteil der Zivildienstleistenden und Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres ähnlich. Jedoch fiel der Anteil der Auszubildenden, Praktikanten und Schüler an den Beschäftigten mit knapp 2 % hier deutlich geringer aus als bei den stationären Einrichtungen.

Ein Platz im Pflegeheim kostet in der Pflegestufe II fast 3 000 Euro

In den 1 384 stationären Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg standen insgesamt 95 000 Plätze zur Verfügung, 90 000 davon für die vollstationäre Dauerpflege. Der durchschnittliche Tagessatz1 für stationäre Dauerpflege betrug pro Person und Tag in der

Pflegestufe I48 Euro
Pflegestufe II61 Euro
Pflegestufe III78 Euro

Hinzu kamen jeweils noch 20 Euro als durchschnittliches Entgelt für die Unterkunft und Verpflegung. Aus im Internet veröffentlichten Preislisten ist zu entnehmen, dass die Zulage für die Investitionskosten bei ca. 15 Euro pro Tag und Pflegeplatz liegt. Damit kostete ein Pflegeplatz in der Pflegestufe II rund 2 900 Euro im Monat; in der Pflegestufe I fielen Kosten in Höhe von 2 500 und in der Pflegestufe III in Höhe von 3 400 Euro an. Etwa 40 % dieser monatlichen Gesamtpflegesätze (einschließlich Investitionskostenpauschale und Entgelt für Unterkunft und Verpflegung) werden von der Pflegeversicherung abgedeckt. Die restlichen 60 % müssen vom Heimbewohner übernommen werden. Können die Pflegebedürftigen bzw. eventuell unterhaltspflichtigen Angehörigen diese Beträge nicht selbst aufbringen, kommt neben der Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII, die von 5 200 über 65-Jährigen in Einrichtungen bezogen wurde, zusätzlich die Hilfe zur Pflege nach Kapitel 7 des SGB XII in Betracht. Am Jahresende 2007 mussten in Baden-Württemberg rund 30 000 Menschen diese Hilfeleistung in Anspruch nehmen.

Für 54 % der vollstationären Dauerpflegeplätze standen Einzelzimmer zur Verfügung. Während in den Einrichtungen der freigemeinnützigen und öffentlichen Träger mehr als die Hälfte aller Pflegeplätze ein Einzelzimmer einschloss, lag dieser Anteil bei den privaten Pflegeheimen nur bei 40 %.

Die von ambulanten Diensten versorgten Pflegebedürftigen nehmen Pflegesachleistungen in Anspruch, die in den sogenannten Leistungspaketen beschrieben sind. Die Kosten ergeben sich individuell aus der Wahl und der Zusammensetzung der verschiedenen Leistungspakete. Für jedes Paket ist ein Preis zwischen den Pflegekassen und den Verbänden der Leistungserbringer vereinbart. Je nach Pflegestufe stehen dem Pflegebedürftigen Sachleistungen bis zu einer bestimmten Höhe zur Verfügung. Benötigt er darüber hinaus Leistungen, so sind diese vom Versicherten selbst oder vom Sozialhilfeträger zu übernehmen.

Häusliche Pflege in ländlichen Kreisen noch etwas stärker verbreitet

Die regionale Zuordnung der Pflegebedürftigen erfolgt bei den stationären wie auch bei den ambulanten Einrichtungen nach dem Sitz der Einrichtung. Deshalb lassen sich weder die Anzahl der Gepflegten noch das Angebot an ambulanten Pflegedienstleistungen kreisscharf darstellen. Ambulante Dienste versorgen über die Kreisgrenzen hinweg auch Pflegebedürftige in den Nachbarkreisen und ein entsprechendes Angebot stationärer Einrichtungen wird auch von Pflegedürftigen aus den Nachbarkreisen in Anspruch genommen. Ein für die Statistik nicht quantifizierbarer Teil der Unterschiede zwischen den Kreisen ist auf diese Umzugs- und Grenzeffekte zurückzuführen. Auch unter Berücksichtigung dieser statistischen Unzulänglichkeit kann in den ländlichen Regionen ein höherer Anteil der zu Hause durch Angehörige Gepflegten angenommen werden als in den städtischen Regionen.

In den Landkreisen wurden Ende 2007 fast 46 % der Pflegebedürftigen zu Hause ohne professionelle Hilfe betreut. Dies trifft in den Stadtkreisen nur auf etwa 41 % der Pflegebedürftigen zu. Andererseits waren in den Landkreisen auch nur 34,5 % der pflegebedürftigen Menschen in Pflegeheimen untergebracht; in den Stadtkreisen dagegen fast 40 %. Unabhängig davon führen aber Unterschiede beim Altersaufbau der Kreisbevölkerungen dazu, dass die Pflegequoten in den »jüngeren« Landkreisen rund um Stuttgart deutlich geringer ausfallen als etwa in den »älteren« Stadtkreisen Pforzheim, Baden-Baden oder Karlsruhe. Im Landesdurchschnitt wurden 22 Empfänger von Geld- oder Pflegeleistungen je 1 000 Einwohner festgestellt. Die meisten Empfänger von Pflegeleistungen je 1 000 Einwohner gab es im Neckar-Odenwald-Kreis mit 34 Empfängern, gefolgt von den Stadtkreisen Pforzheim und Baden-Baden mit jeweils rund 31 Empfängern. Die geringsten Quoten wiesen die Landkreise Ludwigsburg und Böblingen mit je 17 Empfängern auf.

Zahl der Pflegebedürftigen und der Pflegepersonen wird weiter zunehmen

Nach Modellrechnungen des Statistischen Landesamtes werden in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020 fast 300 000 Menschen pflegebedürftig sein, dies entspräche im Vergleich zur heutigen Situation einer Zunahme um rund ein Viertel. Dies geht im Wesentlichen auf die weiterhin steigende Lebenserwartung zurück. In der Modellrechnung noch nicht berücksichtigt, weil in der Dimension statistisch noch nicht erfasst, ist die Erweiterung des Personenkreises der in der Pflegeversicherung Anspruchsberechtigten um die Demenzkranken. Mit Inkrafttreten der Pflegereform zum 1. Juli 2008 werden auch Personen Leistungen gewährt, die nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllen, aber aufgrund einer nachhaltig eingeschränkten Alltagskompetenz in erheblichem Umfang hilfebedürftig sind2. Diese Erweiterung der Pflegeversicherung bezieht sich ausschließlich auf Hilfsbedürftige infolge demenzieller Erkrankungen. Die bisherigen Modellrechnungen sind deshalb als sehr vorsichtige Schätzwerte zu interpretieren. Betrachtet man die Entwicklung seit 1999, gewinnt vor allem die stationäre Pflege in Heimen an Bedeutung. Auch die ambulanten Dienste verzeichneten Zuwächse, im Vergleich mit den Zuwächsen bei der stationären Unterbringung sind diese aber geringer – und nach dem jetzt festgestellten Anstieg der Pflege durch Angehörige zu Hause scheint die weitere Entwicklung noch unsicher zu sein.

Mit der zunehmenden Zahl Pflegebedürftiger wird auch der Bedarf an Pflegepersonen entsprechend ansteigen. Besonders auch die seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts drastisch gesunkenen Geburtenzahlen wirken sich negativ auf die Zahl der möglichen Pflegepersonen im familiären Umfeld aus, was sich aus heutiger Sicht wiederum in einer stärkeren Zunahme der stationären Pflege niederschlagen würde.

1 Ohne Unterkunft, Verpflegung und Investitionskostenpauschale.

2 Vgl. § 45 a SGB XI.