:: 5/2009

Fast flächendeckende öffentliche Wasserversorgung und zentrale Abwasserbehandlung

Im Jahr 2007 bezogen rund 99,5 % aller Baden-Württemberger ihr Trinkwasser aus dem Netz der öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen. Dabei weisen alle baden-württembergischen Stadtkreise einen Anschlussgrad von praktisch 100 % auf. Einwohner, die ihren Trinkwasserbedarf über private Brunnen und Quellen decken, leben vor allem in dünn besiedelten Gebieten des Ländlichen Raums. Die Zahl der Einwohner, deren Abwasser zur zentralen Behandlung in Kläranlagen eingeleitet wird, hat sich auch zuletzt leicht erhöht. Die Quote ist von 2004 bis 2007 um 0,2 Prozentpunkte auf jetzt 99,1 % der Einwohner weiter angestiegen. Die Zahl der Einwohner mit dezentraler Abwasserbehandlung ist dementsprechend zurückgegangen. Wie auch bei der Trinkwasserversorgung sind die Anschlussgrade im Ländlichen Raum in der Regel geringer als in den Verdichtungsräumen.

Anschlussquote bei der Trinkwasserversorgung fast 100 %

Heute verfügen nahezu alle Menschen in Baden-Württemberg über einen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung. Der Anteil der versorgten Einwohner lag zuletzt bei 99,5 %. In den Stadtkreisen des Landes sind praktisch 100 % der Bevölkerung an das öffentliche Trinkwasserversorgungsnetz angeschlossen. Die wenigen nicht angeschlossenen Einwohner, wie beispielsweise in Mannheim, leben hauptsächlich in der Peripherie der Stadt, wo aufgrund zu hoher Kosten noch kein Leitungsnetz verlegt wurde.

Es erscheint heute ganz selbstverständlich, dass öffentliche Wasserversorger Trinkwasser in bester Qualität in die Haushalte liefern. Dabei waren noch im 19. Jahrhundert die Menschen auf Trinkwasser aus Brunnen angewiesen. Vor allem in Städten litt die Qualität des Wassers an den mangelnden hygienischen Bedingungen. So wurden Abwässer und Müll auf die Straßen geschüttet und verunreinigten Brunnen und Oberflächengewässer. Zudem waren Menschen in wasserarmen Gebieten wie zum Beispiel der Schwäbischen Alb darauf angewiesen, Regenwasser in Zisternen oder Senken zu sammeln.

Die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung ist heute Kernaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. In Baden-Württemberg wurde dazu eine Versorgungsstruktur entwickelt, die sich zusammensetzt aus:

  • örtlicher Versorgung aus ortsnahen Wasservorkommen,
  • Gruppenwasserversorgungen (Zusammenschluss mehrerer Gemeinden),
  • überregionalen Fernwasserversorgungen.

Im Jahr 2007 wurde die Trinkwasserversorgung der Haushalte im Land von insgesamt 1 347 Wasserversorgungsunternehmen sichergestellt. Das waren 11 Wasserversorger weniger als im Jahr 2004. Es wurden vor allem kleinere Wasserversorgungen mit weniger als 10 000 m3 Wassergewinnung stillgelegt und in einigen Fällen bislang von kleineren Zweckverbänden versorgte Einwohner an größere Wasserversorgungsunternehmen angeschlossen. Insbesondere für kleinere, örtliche Wasserversorger ist es oft schwierig, die steigenden Anforderungen an Qualität und Versorgungssicherheit zu erfüllen. Qualitative Mängel werden beispielsweise durch Schadstoffeinträge aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft oder durch die Geologie der Einzugsgebiete verursacht. Kalkhaltiges Gestein zum Beispiel erhöht die Wasserhärte, was zwar nicht die Gesundheit gefährdet, aber Waschmaschinen oder Wasserleitungen verkalken lässt.

Wassereigenversorgung in den Landkreisen

1975 deckten noch rund 205 000 Baden-Württemberger (2 %) ihren Wasserbedarf vollständig durch private Brunnen und Quellen. Innerhalb der folgenden 20 Jahre ist die Zahl um fast zwei Drittel, auf rund 69 000 Einwohner (0,7 %) zurückgegangen. Seit 1998 liegt der Anteil der Einwohner mit privater Trinkwasserversorgung konstant bei 0,5 %. Dennoch wurden von 1998 bis 2007 durchschnittlich weitere 700 Einwohner pro Jahr an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Im Jahr 2007 haben noch rund 50 000 Einwohner ihr Trinkwasser aus privaten Brunnen und Quellen gewonnen. Davon leben rund 87 % im Ländlichen Raum im engeren Sinne1 (siehe i-Punkt).

Die geringste Anschlussquote im Land weist mit 90 % der Ortenaukreis auf. In der Regel sind hier die Einwohner in den Tälern zwischen Oberrheingraben und Schwarzwald nicht an die Trinkwasserversorgung angeschlossen. Im Schwarzwald-Baar-Kreis sowie in den Landkreisen Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, Rottweil und Ravensburg waren jeweils 92 % der Einwohner an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. In 40 (von 1 109) Gemeinden lag die Anschlussquote unter 90 %.

Abwasserentsorgung – Anstieg der Anschlussquote auf 99 %

Von 99,1 % aller Baden-Württemberger wurde 2007 das Abwasser zur Reinigung in zentrale Kläranlagen eingeleitet. Dies schließt auch rund 30 000 Einwohner mit Anschluss an industrielle oder ausländische Kläranlagen mit ein. Damit ist die Quote zwischen 2004 und 2007, trotz des bereits erreichten hohen Niveaus, um weitere 0,2 Prozentpunkte gestiegen. In 734 der insgesamt 1 109 Gemeinden Baden-Württembergs wurde 2007 ein Anschlussgrad von mehr als 99 % erreicht. Im Jahr 2004 galt dies für 702 Gemeinden (von insgesamt 1 111 Gemeinden). Mit Ausnahme von Pforzheim (99 %) weisen alle Stadtkreise Anschlussquoten von praktisch 100 % auf. In den Landkreisen lag die Quote in 45 Gemeinden unter 90 %.

Im Jahr 2004 betrug die Anschlussquote im Bundesdurchschnitt etwa 94 %. Dabei lag Baden-Württemberg mit rund 99 % noch vor Berlin (98 %) und den westdeutschen Flächenländern Nordrhein-Westfalen (97 %), Bayern (95 %), Niedersachsen (94 %), Schleswig-Holstein (94 %) und dem Saarland (92 %). In den neuen Bundesländern beliefen sich die Anschlussquoten auf noch unter 90 %.

Entwicklungen in der öffentlichen Abwasserentsorgung

Anfang des 19. Jahrhunderts entsorgten die Menschen in Städten ihre Abwässer überwiegend im Rinnstein zwischen Straße und Gehweg, wo sie dann mit dem Regen weggespült wurden. Aufgrund der daraus wachsenden hygienischen Probleme begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer mehr Städte das Abwasser in unterirdischen Kanälen zu sammeln und in Flüsse und Bäche einzuleiten. In ländlichen Gebieten wurde der anfallende Fäkalschlamm in der Regel noch lange Zeit in Gruben gesammelt und als Dünger auf Äcker aufgebracht oder in Bächen entleert. Mit zunehmender Industrialisierung und steigendem Bevölkerungswachstum wurde das ökologische Gleichgewicht der Gewässer durch die direkt eingeleiteten Abwässer immer stärker gestört.

In den 60er-Jahren begann der Ausbau der öffentlichen Abwasserreinigung. Immer mehr Einwohner erhielten einen Anschluss an zentrale Kläranlagen. Im Jahr 1963 wurde das Abwasser von rund 51,9 % der Baden-Württemberger in zentralen Kläranlagen behandelt. Immer mehr Gemeinden schlossen sich zu Abwasserverbänden zusammen, um gemeinsam eine Kläranlage zu betreiben. Im Jahr 1975 lag die Zahl der an Kläranlagen angeschlossenen Einwohner bei rund 78,7 %. Während der 80er-Jahre stieg die Anschlussquote auf über 90 % an. Aufgrund der bis dahin erreichten hohen Zahl der angeschlossenen Einwohner hat sich die Zahl der Neu-Anschlüsse in den 90ern naturgemäß verlangsamt. Dennoch gab es jedes Jahr eine weitere geringe Erhöhung der Anschlussquote in Richtung 100 %. Wie schon zwischen den Jahren 2001 und 2004, ist die Quote zwischen 2004 und 2007 um weitere 0,2 Prozentpunkte gestiegen.

Dezentrale Abwasserentsorgung – überwiegend Kleinkläranlagen

Grundsätzlich sind größere, zentrale Kläranlagen besser geeignet um Abwässer zu reinigen und somit eine Belastung der Gewässer zu verringern. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht ist deshalb der Anschluss an eine zentrale Kläranlage zu bevorzugen, da diese eine bessere Reinigungsleistung und eine höhere Betriebsstabilität als Kleinkläranlagen haben. Wenn jedoch der Anschluss an eine zentrale Kläranlage wirtschaftlich und technisch nicht sinnvoll ist, kann die dezentrale Abwasserbehandlung eingesetzt werden. Diese Form der Abwasserbehandlung wird in der Regel in kleinen, verstreut liegenden Siedlungen und Einzelanwesen verwendet.

Im Jahr 2007 hatten in Baden-Württemberg rund 92 000 Einwohner (0,9 %) keinen Anschluss an die öffentliche Kanalisation. Ihr Abwasser wurde in dezentralen Kläranlagen gereinigt. Im Vergleich zu 2004 waren es damit rund 16 000 Einwohner weniger. Vor allem in ländlichen Gebieten bestehen noch Lücken im Anschluss an zentrale Kläranlagen. Rund 70 % (64 000 Einwohner) der Einwohner, die ihr Abwasser in einer privaten Kläranlage entsorgen, leben im Ländlichen Raum im engeren Sinne2. Diese Einwohner nutzen entweder Kleinkläranlagen oder geschlossene Gruben. In der Regel wird das in Kleinkläranlagen behandelte Abwasser anschließend in ein Fließgewässer eingeleitet oder versickert im Untergrund. Abflusslose Gruben dagegen müssen regelmäßig geleert werden.

Während im Ländlichen Raum die nicht an zentrale Kläranlagen angeschlossenen Einwohner ihr Abwasser eher durch Kleinkläranlagen entsorgen, überwiegen in Verdichtungsräumen abflusslose Gruben. Im Ländlichen Raum handelt es sich vermutlich um gemeinschaftliche Kleinkläranlagen für mehrere Grundstücke, während in den Verdichtungsräumen einzelne Wohnhäuser an eine abflusslose Grube angeschlossen sind. Offenbar fehlt in Verdichtungsräumen häufig die Möglichkeit, Abwässer aus Kleinkläranlagen in einen Vorfluter einzuleiten. Zudem muss für das Pflanzenbeet oder den Abwasserteich (biologische Reinigungsstufe) einer Kleinkläranlage ausreichend Platz zur Verfügung stehen.

Dezentrale Abwasserentsorgung in den Stadt- und Landkreisen

Über die Hälfte (rund 58 %) der nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Einwohner entsorgen ihr häusliches Abwasser in einer Kleinkläranlage. Diese Art der dezentralen Abwasserbehandlung ist vor allem im Ortenaukreis, dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und dem Schwarzwald-Baar-Kreis verbreitet. Weitere 41 % sammeln ihr Abwasser in abflusslosen Gruben, die regelmäßig geleert werden müssen. Diese Art der Abwasserentsorgung findet sich vor allem in den Landkreisen Ravensburg, Rottweil und Heilbronn. Die restlichen rund 1 % der nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossenen Einwohner entsorgen ihr Abwasser vor allem in Gülle- und Jauchegruben, Gruben mit Überläufen oder Biogasanlagen (Sonstige Abwasserbehandlung).

Der Klärschlamm aus Kleinkläranlagen sowie das Abwasser aus abflusslosen Gruben werden gesammelt und in einer zentralen Kläranlage behandelt. Früher wurden diese Stoffe zur Entsorgung auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht. Aus seuchenhygienischen Gründen halten jedoch das Umweltministerium und das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg die Verwertung von Klärschlamm oder des Inhalts der Gruben – auch aus landwirtschaftlichen Anlagen – auf Böden für nicht mehr vertretbar. Für die bestehenden Altanlagen gilt eine Übergangslösung bis zum 31. Dezember 2009, bei der unter bestimmten Voraussetzungen die Abwässer noch auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht werden dürfen.

Rund 5 200 (0,05 %) Einwohner leiteten ihr Schmutzwasser ohne vorhergehende Reinigung über das Kanalsystem direkt in einen Vorfluter bzw. den Untergrund ein. Das sind rund 43 % weniger als im Jahr 2004 und rund 70 % weniger als 2001. Vor 20 Jahren lag die Zahl noch bei 147 000 Einwohnern. Die Gemeinden mit Einwohnern ohne Abwasserbehandlung liegen vor allem in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Sigmaringen, Alb-Donau-Kreis und Hohenlohekreis.

Zusammenfassung

Noch im 18. Jahrhundert haben die Menschen ihr Trinkwasser vor allem über Brunnen gewonnen. Heute ist der Anteil der Bevölkerung, der seinen Trinkwasserbedarf vollständig über private Brunnen und Quellen deckt, auf ein halbes Prozent zurückgegangen. Der Großteil (99,5 %) der Menschen in Baden-Württemberg verfügt heute über einen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung. Während sich die Anschlussverhältnisse bei der Trinkwasserversorgung in den letzten Jahren kaum noch verändert haben, stieg die Anschlussrate an zentrale Kläranlagen innerhalb der letzten Jahr weiter an. Zwischen 2004 und 2007 hat sich die Quote um 0,2 Prozentpunkte auf 99,1 % erhöht. Die Zahl der Baden-Württemberger, die ihr Abwasser in dezentralen Kläranlagen reinigen, lag 2007 bei rund 92 000 (0,9 %). Davon haben über die Hälfte (rund 58 %) ihr häusliches Abwasser in Kleinkläranlagen eingeleitet und weitere 41 % in abflusslose Gruben. Im Allgemeinen sind größere, zentrale Kläranlagen besser geeignet um Abwässer zu reinigen und somit Gewässerverunreinigungen zu verringern. Wenn jedoch ein Anschluss an eine zentrale Kläranlage über eine weite Strecke erfolgen muss, so ist dies unter Umständen wirtschaftlich und technisch nicht sinnvoll möglich. Die dezentrale Abwasserbehandlung in Form von Kleinkläranlagen oder abflusslosen Gruben ist daher in dünnbesiedelten, ländlichen Räumen häufig die ökologisch und ökonomisch bessere Lösung.

1 Raumkategorien gemäß Landesentwicklungsplan 2002.

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