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Baden-Württemberg vor der Bundestagswahl 2009

Am 27. September 2009 findet in Deutschland die 17. Wahl zum Deutschen Bundestag statt. Die nach der Bundestagswahl 2005 gebildete Große Koalition aus CDU/CSU und SPD steht dabei auf dem Prüfstand der Wählerinnen und Wähler.

Folgender Beitrag gibt einen Rückblick auf die Ergebnisse der Bundestagswahl 2005 in Deutschland und in Baden-Württemberg. Da neben den Wahlergebnissen in Bund, Ländern und Wahlkreisen auch das Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger von Interesse ist, werden mit den Ergebnissen der repräsentativen Wahlstatistik auch Daten zur Wahlbeteiligung und Wählerschaft der Parteien nach Geschlecht und Alter dargestellt. Zusätzlich wird über Änderungen der Wahlkreiseinteilung des Landes informiert.

Bundestagswahl 2005: Bildung der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD

Bei der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 verlor die zuvor regierende rot-grüne Koalition ihre Mehrheit. Die SPD musste bundesweit deutliche Verluste hinnehmen (– 4,3 Prozentpunkte gegenüber der Bundestagswahl 2002) und erreichte 34,2 % der gültigen Zweitstimmen. Die GRÜNEN kamen auf 8,1 % und verzeichneten damit ein Minus von 0,5 Prozentpunkten. Allerdings erreichte auch ein mögliches Bündnis der Unionsparteien und der Liberalen keine Mehrheit im Parlament. CDU und CSU mussten ebenfalls Verluste hinnehmen und kamen auf 35,2 % (– 3,3 Prozentpunkte), während die FDP mit einem Plus von 2,4 Prozentpunkten auf 9,8 % der gültigen Zweitstimmen kam. Die LINKE erreichte 8,7 % und legte damit gegenüber 20021 4,7 Prozentpunkte zu.

Der 16. Deutsche Bundestag setzte sich nach den Wahlergebnissen aus 614 Abgeordneten zusammen (einschließlich 16 Überhangmandaten). Auf die CDU/CSU entfielen 226 Sitze und auf die SPD 222. Die FDP stellte 61 Abgeordnete, die LINKE 54 und die GRÜNEN 51. Aus dieser Situation resultierte schließlich die Bildung einer Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD.

Frauenanteil im Deutschen Bundestag bei rund 32 %

Mit Angela Merkel übernahm zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Frau das Amt des Bundeskanzlers. Dennoch sind die Frauen auch im 16. Deutschen Bundestag immer noch unterrepräsentiert, denn von den 2005 insgesamt gewählten 614 Abgeordneten waren nur 195 Frauen; das entspricht einem Anteil von 31,8 %. Gegenüber der Bundestagswahl 2002 ist damit der Frauenanteil sogar leicht gesunken. Damals waren 194 von 603 gewählten Abgeordneten weiblich (32,2 %). Unter den aus Baden-Württemberg gewählten 76 Abgeordneten waren 20 Frauen, was einem Anteil von 26,3 % entspricht und damit unter dem Bundesdurchschnitt liegt.

Wahlbeteiligung erneut leicht rückläufig

Bei der Bundestagswahl 2005 ging die Wahlbeteiligung beim Bund und im Land erneut leicht zurück. Bundesweit gaben 77,7 % der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, das sind 1,4 Prozentpunkte weniger als 2002. In Baden-Württemberg lag die Wahlbeteiligung mit 78,7 % zwar etwas höher, war aber mit einem Minus von 2,4 Prozentpunkten stärker rückläufig als im Bundesdurchschnitt. Damit setzte sich der Trend einer gegenüber 1998 weiter sinkenden Wahlbeteiligung fort. Tabelle 1 zeigt, dass die Wahlbeteiligung in den 50er- bis 80er-Jahren noch bei über 80 % lag. Dennoch weisen die Bundestagswahlen, im Vergleich zu Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen, bis heute ein durchgängig höheres Niveau der Wahlbeteiligung auf.

Das Abschneiden der Parteien in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg erreichte die CDU bei der Bundestagswahl 2005 39,2 % der gültigen Zweitstimmen und büßte damit gegenüber 2002 3,6 Prozentpunkte ein. Die SPD musste 2005 ein Minus von 3,4 Prozentpunkten hinnehmen und erreichte 30,1 %. Die FDP im Land legte 2005 um 4,1 Prozentpunkte auf 11,9 % zu, während die GRÜNEN leichte Verluste von 0,7 Prozentpunkten zu verzeichnen hatten und auf 10,7 % kamen. Die LINKE konnte zwar bundesweit die 5%-Hürde überspringen, blieb in Baden-Württemberg jedoch bei 3,8 % (+ 2,9 Prozentpunkte). Der Zweitstimmenanteil der sonstigen Parteien belief sich 2005 auf 4,3 %.

Nach der Bundestagswahl 2005 zogen 76 Abgeordnete aus Baden-Württemberg in den Bundestag ein, 33 davon von der CDU, 23 von der SPD, 9 von der FDP, 8 von den GRÜNEN und 3 von der LINKEN. Bei den Direktmandaten lag die CDU im Land klar vorne: 33 der 37 Bundestagswahlkreise im Land wurden von den Christdemokraten gewonnen, während die SPD in 4 Wahlkreisen (Stuttgart II, Mannheim, Freiburg, Lörrach-Müllheim) die meisten Erststimmen erhielt. Gegenüber der Bundestagswahl 2002 verloren die Sozialdemokraten 3 ihrer Direktmandate an die CDU (Wahlkreise Stuttgart I, Karlsruhe-Stadt, Heidelberg).

Politisches Einflusspotenzial älterer Wahlberechtigter nimmt zu

Bei der Bundestagswahl 2005 waren in Baden-Württemberg insgesamt 7,5 Mill. Männer und Frauen dazu aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Damit stieg die Zahl der Wahlberechtigten seit der Bundestagswahl 2002 um rund 110 000 Personen an. Nach den Ergebnissen der repräsentativen Wahlstatistik2 der Bundestagswahl 2005 hat sich infolge der demografischen Alterung der Gesellschaft die Altersstruktur der Wahlberechtigten in den letzten 25 Jahren erheblich verschoben, das zahlenmäßige Gewicht der älteren Wahlberechtigten hat deutlich zugenommen. Während bei der Bundestagswahl 1980 die Gruppe der unter 30-Jährigen und die der 60-Jährigen und Älteren mit 23 % bzw. 25,5 % noch annähernd gleich groß war, fiel bei der Bundestagwahl 2005 der Anteil der älteren Wahlberechtigten mit 32 % doppelt so hoch aus wie der der jüngeren (rund 16 %). Das heißt, dass sich das politische Einflusspotenzial der älteren Wahlberechtigten in den letzten 25 Jahren rein quantitativ betrachtet spürbar erhöht hat.

Jüngere Wahlberechtigte besonders »wahlmüde«

Die Möglichkeiten der jüngeren Bevölkerung, durch Teilnahme an einer Wahl Einfluss auf das politische Geschehen zu nehmen, werden aber nicht nur durch ihre abnehmende quantitative Bedeutung begrenzt, sondern auch durch die Tatsache, dass die Jüngeren besonders »wahlmüde« sind. Insgesamt sank die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2005 in Baden- Württemberg mit 78,7 % auf ein neues Rekordtief. Der Wahleifer der jüngeren Wahlberechtigten blieb indes noch deutlich unter dieser Beteiligungsquote. Lediglich rund 66 % der unter 30-jährigen baden-württembergischen Wahlberechtigten machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch3, während von den 60-Jährigen und Älteren gut 76 % ihre Stimme abgaben. Anders ausgedrückt: Ein knappes Drittel der Wählerschaft bei der Bundestagswahl 2005 war 60 Jahre oder älter, aber nur rund 15 % waren unter 30 Jahre alt. Somit »verschenkten« die jüngeren Baden-Württemberger durch mangelnden Wahleifer politisches Einflusspotenzial.

Bei der Bundestagswahl 2005 konnte in der Tendenz – wie bereits bei früheren Bundestags-, Landtags- und Europawahlen – eine mit dem Alter zunehmende Wahlbeteiligung festgestellt werden, lediglich bei den 70-Jährigen und Älteren ließ die Wahlbeteiligung wieder etwas nach:

18- bis 20-Jährige69,8 %
21- bis 29-Jährige64,8 %
30- bis 39-Jährige74,1 %
40- bis 49-Jährige77,4 %
50- bis 59-Jährige79,7 %
60- bis 69-Jährige81,8 %
70-Jährige und Ältere71,0 %

Die Wahlbeteiligung der Frauen lag bei der Bundestagswahl 2005, wie bereits bei früheren Wahlen, unter der der Männer. So beteiligten sich 76,1 % der baden-württembergischen Männer, aber nur 73,8 % der Frauen an der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2002 war der Rückstand der Frauen in Sachen Wahlbeteiligung wieder etwas größer. Damals lag die Beteiligungsquote der Frauen nur 2 Prozentpunkte unter der der Männer.

Demografische Zusammensetzung der Wählerschaft der Parteien

Die repräsentative Wahlstatistik liefert auch Informationen über die demografische Zusammensetzung der Wählerschaft der einzelnen Parteien. In Baden-Württemberg hat die CDU von allen Parteien den höchsten Anteil an älteren Wählern. Während bei der Bundestagswahl 2005 unter den baden-württembergischen Wählern mit gültiger Zweitstimme insgesamt 32,1 % Senioren waren, lag der Anteil der 60-Jährigen und Älteren unter den CDU-Wählern bei 39,9 %. Die unter 60-Jährigen waren in der Wählerschaft der CDU hingegen unterrepräsentiert. Bei den SPD-Wählern sind die Senioren (30,8 %) zwar leicht unterrepräsentiert, stellen aber dennoch den größten Anteil an allen SPD-Wählern. Demgegenüber nimmt die Gruppe der 18- bis 24-jährigen SPD-Wähler (9,8 %) den geringsten Anteil an den SPD-Wählern ein, liegt damit aber noch über dem Landeswert der 18- bis 24-jährigen Wähler in Baden-Württemberg insgesamt (8,7 %). Im Vergleich zu den anderen im Bundestag vertretenen Parteien weicht die Zusammensetzung der SPD-Wählerschaft am wenigsten von der Altersstruktur der gesamten Wählerschaft ab.

Im Gegensatz zu den beiden großen Parteien waren unter der Wählerschaft der GRÜNEN die Senioren stark unterrepräsentiert, während alle Altersgruppen unter 60 Jahren überproportional vertreten waren. So war – wie bereits erwähnt – bei der Bundestagswahl nahezu jeder 3. Wähler 60 Jahre oder älter. Von den Wählern der GRÜNEN gehörten jedoch lediglich 15,6 % zu dieser Altersgruppe. Die quantitativ stärkste Gruppe unter den Wählern der GRÜNEN war die Altersklasse der 35- bis 44-Jährigen (28,8 %), während sich von den Wählern insgesamt nur 20,7 % in dieser Altersgruppe befanden. Auch die 45- bis 59-Jährigen (28,0 %) waren bei den GRÜNEN überdurchschnittlich stark vertreten. Unter der Wählerschaft der FDP waren die 18- bis 24-Jährigen (9,2 %) und insbesondere die 25- bis 34-Jährigen (16,4 %) überdurchschnittlich stark vertreten. Bei der LINKEN hatten die mittleren Altersgruppen ein überdurchschnittliches Gewicht. Hier sind die 35- bis 59-Jährigen im Vergleich zu ihrem Anteil an allen Wählern überrepräsentiert, während sowohl die 60-Jährigen und Älteren als auch die Wählerinnen und Wähler unter 34 Jahren unterrepräsentiert sind.

Ausblick: 2009 hat Baden-Württemberg 38 statt 37 Bundestagswahlkreise

Die Wahlkreiseinteilung für die Bundestagswahl 2009 wurde vom Gesetzgeber geändert. Dadurch erhalten Baden-Württemberg (38 Wahlkreise statt 37 bei der Bundestagswahl 2005) und Niedersachsen (30 Wahlkreise statt 29) jeweils einen zusätzlichen Wahlkreis, während Sachsen und Sachsen-Anhalt nun je einen Wahlkreis weniger haben. In Baden-Württemberg wurde dabei der Wahlkreis Ravensburg neu gebildet und die Wahlkreise Biberach, Bodensee (bisher Ravensburg-Bodensee) und Zollernalb-Sigmaringen verändert. Ebenfalls wurde die Nummerierung aller Wahlkreise im Land geändert.

Die Umrechnung der Ergebnisse der Bundestagswahl 2005 auf die neue Einteilung der Wahlkreise zeigt, dass die CDU in 34 der 38 Wahlkreise das Direktmandat errungen hätte, die SPD unverändert in 4 Wahlkreisen (Schaubild 2). Wahlkreise mit geringem Vorsprung der CDU vor der SPD sind Heidelberg und Stuttgart I, in denen die CDU nur mit 550 bzw. 850 Erststimmen vor der SPD lag. Aber auch in den Wahlkreisen Karlsruhe-Stadt und Tübingen hatte die CDU mit rund 2 800 bzw. 6 900 Erststimmen einen relativ geringen Vorsprung. Die SPD wiederum lag in den Wahlkreisen Stuttgart II und Lörrach-Müllheim mit rund 3 200 bzw. 6 400 Erststimmen nur vergleichsweise knapp vor der CDU bei der Entscheidung um das Direktmandat.

Zahl der Wahlberechtigten steigt

Nach einer Vorausrechnung des Statistischen Landesamtes werden zur Bundestagswahl am 27. September 2009 in Baden-Württemberg voraussichtlich rund 7,7 Mill. Deutsche wahlberechtigt sein. Damit würde in Baden-Württemberg die Zahl der Wahlberechtigten gegenüber 2005 (7,5 Mill. Wahlberechtigte) deutlich ansteigen. Unter den Wahlberechtigten sind in diesem Jahr voraussichtlich rund 450 000 Erstwähler, die seit den letzten Bundestagswahlen volljährig geworden sind. Dabei handelt es sich um rund 230 000 Männer und 220 000 Frauen, die vom 19. September 1987 bis 27. September 1991 geboren wurden.

1 2002: PDS.

2 Die repräsentative Wahlstatistik ist eine Stichprobenerhebung, die Informationen über die Wahlbeteiligung und die Stimmabgabe nach Geschlecht und Altersgruppen liefert. Darüber hinaus sind Aussagen über die Zusammensetzung der Wählerschaft der Parteien nach Geschlecht und Altersgruppen möglich.

3 Im Rahmen der repräsentativen Wahlstatistik wird die Wahlbeteiligung der Wähler ohne Wahlschein betrachtet.