:: 9/2009

Wassergewinnung für die öffentliche Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg

Die öffentliche Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg wird derzeit von mehr als 1 300 Wasserversorgern sichergestellt, deren Leitungsnetze 99,5 % der Bevölkerung versorgen. Im Jahr 2007 haben diese Wasserversorger rund 658 Mill. m3 Wasser gewonnen. Das waren rund 28 Mill. m3 weniger als 2004. Der rückläufige Trend bei der Wassergewinnung für die öffentliche Trinkwasserversorgung hat sich damit weiter fortgesetzt. Zwischen den Jahren 1998 und 2004 waren die Rückgänge mit rund 8 Mill. m3 Wasser jedoch deutlich geringer. In Baden-Württemberg spielt die Trinkwassergewinnung aus Oberflächenwasser eine bedeutende Rolle. Die größte Wassermenge wurde hierbei im Bodenseekreis gewonnen. Den Hauptteil des für die öffentliche Trinkwasserversorgung gewonnenen Wassers stellen aber nach wie vor die Grund- und Quellwasservorkommen (rund 71 %) im Land.

Rückgang der Wassergewinnung

Im Jahr 2007 waren 99,5 % der Menschen in Baden-Württemberg an die öffentliche1 Wasserversorgung angeschlossen2. Um diese mit Trinkwasser zu versorgen, haben die baden-württembergischen Wasserversorger rund 658 Mill. m3 Wasser gewonnen, darunter gut 37 Mill. m3 auf bayerischem Gebiet.

Im Vergleich zu 2004 ist die Wassergewinnung um rund 28 Mill. m3 zurückgegangen. Zwischen 1975 und 1991 hatte die Gewinnung für die öffentliche Trinkwasserversorgung bei geringen Schwankungen im Wesentlichen zugenommen. Der Spitzenwert der Wassergewinnung im Land lag bei 759 Mill. m3 im Jahr 1991. Mit wachsendem Umweltbewusstsein hat sich diese Entwicklung in den 90er-Jahren umgekehrt. Zwischen 1991 und 2007 ist die Wassergewinnung um rund 101 Mill. m3 zurückgegangen. Dabei war der Rückgang in den ersten Jahren zwischen 1991 und 1995 mit durchschnittlich 13 Mill. m3 pro Jahr am größten. Danach gingen die Einsparungen auf durchschnittlich 2 Mill. m3 pro Jahr (1995 bis 2004) zurück. Mit durchschnittlich rund 9 Mill. m3 Wasser pro Jahr konnte zwischen 2004 und 2007 erstmals wieder eine größere Einsparung erreicht werden.

Gewinnung nach Wasserarten

Mit 469 Mill. m3 (71 %) wird nach wie vor das meiste öffentliche Trinkwasser aus den Grund- und Quellwasservorkommen im Land gewonnen. Diese Menge setzt sich zu zwei Drittel aus Grund- und zu einem Drittel aus Quellwasser zusammen. Im Vergleich zu 2004 ist die Gewinnung um rund 17 Mill. m3 Wasser (4 %) gesunken3. Das sind rund 3 Mill. m3 mehr als bei dem Rückgang zwischen 2001 und 2004 (14 Mill. m3). Insgesamt gesehen wurden seit 1991 gut 98 Mill. m3 (17 %) weniger Wasser gewonnen.

Rund 29 % des von öffentlichen Wasserversorgern in Baden-Württemberg gewonnenen Wassers wird aus Oberflächengewässern entnommen. Über vier Fünftel davon sind See- und Talsperrenwasser, bei dem übrigen Fünftel handelt es sich fast ausschließlich um Flusswasser. Uferfiltrat und angereichertes Grundwasser4 werden nur in geringen Mengen als Trinkwasser verwendet. Zwischen 2004 und 2007 ist die Gewinnung von Oberflächenwasser um rund 11 Mill. m3 gesunken. Dies ist fast der gleiche Betrag, um den die Gewinnung zwischen 2001 und 2004 (10 Mill. m3) angestiegen war. Die gewonnene Menge liegt damit wieder in etwa auf dem Niveau des Jahres 2001. Dabei ist im Jahr 2007 die Gewinnung von See- und Talsperrenwasser mit 9 Mill. m3 am stärksten zurückgegangen, gefolgt von Flusswasser mit rund 1 Mill. m3 Wasser. Die Gewinnung von Uferfiltrat und angereichertem Grundwasser ist gegenüber 2004 um rund 1 Mill. m3 gesunken. Im Jahr 2001 wurde gegenüber 2004 vor allem mehr Flusswasser (7 Mill. m3) gewonnen.

Wassergewinnung in den Stadt- und Landkreisen

Die Verfügbarkeit und Qualität der Wasserressourcen in den Naturräumen Baden-Württembergs ist aufgrund der geologischen oder hydrologischen Gegebenheiten sehr unterschiedlich. Im Süden von Baden-Württemberg, am Bodensee, im Iller- und Donautal sowie im Westen entlang des Oberrheingrabens gibt es sehr wasserreiche Gebiete. Diese stehen sogenannten »Wassermangelgebieten« in den zentralen und nordöstlichen Teilen des Landes, wie etwa dem mittleren Neckarraum, der Hochfläche der Schwäbischen Alb und einzelnen Regionen im Schwarzwald, gegenüber. Beim Ausgleich dieses Ungleichgewichtes spielen die großen Fernwasserversorger im Land eine bedeutende Rolle.

Spitzenreiter, gemessen an der für die öffentliche Versorgung gewonnenen Wassermenge, ist der Bodenseekreis (141 Mill. m3) mit Gewinnungsanlagen der Bodenseewasserversorgung . Es folgen der Alb-Donau-Kreis (66 Mill. m3) und der Landkreis Heidenheim (41 Mill. m3) mit Entnahmestellen des Zweckverbandes Landeswasserversorgung. Demgegenüber stehen die geringen Gewinnungsmengen in den Stadtkreisen Stuttgart, Freiburg im Breisgau, Pforzheim, Heilbronn sowie im Hohenlohekreis.

Gewinnung von Oberflächenwasser

In Gebieten, in denen nicht ausreichend Grundwasser zur Verfügung steht, wird Oberflächenwasser aus Flüssen, Seen und Talsperren zu Trinkwasser aufbereitet. Die Aufbereitung von Oberflächenwasser ist grundsätzlich aufwendiger als die von Grund- und Quellwasser, bei der man sich die Filterwirkung des Bodens zu nutzen macht. Bei Flüssen eignen sich vor allem die Oberläufe sowie bewaldete, unbebaute Einzugsgebiete zur Trinkwassergewinnung. Seewasser ist im allgemeinen Flusswasser vorzuziehen, da es durch Absetzen der Sinkstoffe geklärt wird. Dementsprechend sind große, tiefe Seen in der Regel besser geeignet zur Trinkwassergewinnung als kleine, flache Seen. Gefahr besteht bei zu hohem Eintrag von mineralischen Nährstoffen (Stickstoff, Phosphor). Talsperrenwasser, wie es zum Beispiel der Zweckverband Kleine Kinzig im Schwarzwald fördert, wird aus den tieferen Regionen eines Stausees entnommen.

In Baden-Württemberg spielt die Gewinnung von Trinkwasser aus Oberflächenwasser eine bedeutende Rolle. Knapp ein Drittel des Trinkwassers stammt aus verschiedenen Oberflächengewässern im Land. Davon wurden im Jahr 2007 knapp 75 % im Wassereinzugsgebiet Bodensee gewonnen. Weitere rund 20 % des Oberflächenwassers wurden aus dem Einzugsgebiet der Donau entnommen und aufbereitet. Rund 3 % stammen aus dem Einzugsgebiet des Rheins und die übrigen 2 % aus dem Einzugsgebiet des Neckars.

See- und Talsperrenwasser wurde von Wasserversorgungsunternehmen mit mindestens 100 000 m3 Eigengewinnung gefördert, Flusswasser nur von Unternehmen mit 1 Mill. m3 oder mehr Wassergewinnung. In der Regel sind größere Wasserversorger eher in der Lage die steigenden Anforderungen an Qualität und Versorgungssicherheit auf wirtschaftliche Art zu erfüllen. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV)5 gibt dabei die Qualitätsanforderungen mit strengen Grenz- und Vorsorgewerten für bestimmte Stoffe vor. Die Reinheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit von Trinkwasser wird von den Gesundheitsämtern der Stadt- und Landkreise überwacht und kontrolliert.

Wasserabgabe an Verbraucher

Neben der Eigengewinnung von 658 Mill. m3 Wasser haben die Wasserversorger rund 0,9 Mill. m3 Wasser von Industriebetrieben und sonstigen Lieferanten in Baden-Württemberg (0,1 Mill. m3) sowie aus anderen Bundesländern und dem Ausland (0,8 Mill. m3) bezogen. Das gesamte Wasseraufkommen der öffentlichen Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg belief sich damit 2007 auf 659 Mill. m3 Wasser. Diese Menge wurde folgendermaßen genutzt:

  • 86 % der Wassermenge ging an Letztverbraucher in Baden-Württemberg (567 Mill. m3), vier Fünftel davon an private Haushalte und Kleingewerbe und ein Fünftel an gewerbliche und sonstige Abnehmer. Rund 0,2 Mill. m3 Wasser wurden an Letztverbraucher in Bayern und Hessen abgegeben.
  • 12 % waren Wasserverluste bzw. Messdifferenzen (76 Mill. m3).
  • 2 % des Wassers (16 Mill. m3) wurden von den Wasserversorgern selbst (zum Beispiel zum Spülen von Einrichtungen) verbraucht oder an sonstige Weiterverteiler in Baden-Württemberg bzw. an andere Bundesländer oder das Ausland abgegeben.

Rund 455 Mill. m3 des an Letztverbraucher abgegebenen Trinkwassers wurde 2007 von privaten Haushalten und anderen Kleinverbrauchern in Baden-Württemberg bezogen. Während sich der Trinkwasserbedarf der Haushalte zwischen 2001 und 2004 (rund 477 Mill. m3) kaum verändert hat, ist er in den letzten Jahren um immerhin 22 Mill. m3 zurückgegangen. Diese Entwicklung ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zum Beispiel wirken sich steigende Wasserpreise sowie ein zunehmendes Umweltbewusstsein auf das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung aus. Auch die Entwicklung wassersparender Techniken zum Beispiel in Waschmaschinen oder Armaturen lässt den Pro-Kopf-Verbrauch sinken. Grundsätzlich üben neben dem unterschiedlichen Verbrauchsverhalten verschiedener Haushaltstypen und unterschiedlicher Siedlungsstrukturen auch der Fremdenverkehrsanteil und die Verbrauchsmengen von Kleingewerbe und Dienstleistungseinrichtungen einen erheblichen Einfluss auf die ausgewiesene Höhe des Wasserbedarfs aus.

Gewerbliche Unternehmen wie zum Beispiel Industriebetriebe und Dienstleistungsunternehmen sowie öffentliche Einrichtungen (Krankenhäuser, Schulen, Grünanlagen) haben 2007 rund 112 Mill. m3 Trinkwasser von öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen bezogen. Hier ist der Wasserverbrauch, trotz Produktionssteigerung und spürbarer Zunahme der Beschäftigtenzahlen im Jahr 2007, im Vergleich zu 2004 um 0,7 Mill. m3 gesunken.

Etwa 76 Mill. m3 Wasser entfallen auf Verluste, die durch Mängel an Rohrleitungen und Armaturen entstehen. Im Vergleich zu 2004 sind die Verluste um rund 4 Mill. m3 zurückgegangen.

Zahl der Wasserversorgungsunternehmen ist rückläufig

Die öffentliche Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg wurde im Jahr 2007 von insgesamt 1 3456 baden-württembergischen sowie je einem bayerischen und hessischen Wasserversorger sichergestellt. Die Zahl der Wasserversorger in Baden-Württemberg ist damit weiter rückläufig. In den letzten Jahren wurden 14 Wasserversorgungsunternehmen aufgelöst. Dabei handelt es sich zum Teil um kleinere, örtliche Wasserversorger mit weniger als 10 000 m3 Wassergewinnung im Jahr. Für diese Unternehmen ist es oft schwierig, die steigenden Anforderungen an Qualität und Versorgungssicherheit zu erfüllen. Zudem wurden einige kleinere Zweckverbände an größere Wasserversorgungsunternehmen angeschlossen. Insgesamt zwei Unternehmen wurden von anderen Gemeinden übernommen (Eingemeindung). Aufgrund der sogenannten Unbundling-Vorschrift sind umgekehrt 3 Unternehmen dazugekommen. Nach dieser EU-Vorgabe müssen Energieversorgungsunternehmen eine gesellschaftsrechtliche Trennung von Netzbetrieb und Handel umsetzen. In diesen Fällen wird jetzt das Wasser über neu entstandene Netzbetreiber verteilt.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser ist in Baden-Württemberg Kernaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Diese wird durch eine gewachsene Struktur gesichert, indem örtliche Versorgungen (ortsnahe Wasservorkommen) bei Bedarf durch Gruppenwasserversorgungen und Fernwasserversorgungen ergänzt werden. Durch die gut ausgebauten Versorgungsnetze besteht in Baden-Württemberg eine hohe Versorgungssicherheit. Neben der Versorgung von wasserarmen Regionen spielt dabei der Schutz und der nachhaltige Umgang mit den Wasserressourcen im Land eine bedeutende Rolle.

Häufiges Problem für die Gewährleistung der Wasserqualität sind Schadstoffeinträge aus Industrie, Landwirtschaft und Verkehr sowie geogene Faktoren wie zum Beispiel die Wasserhärte. Weiteres Ziel ist es, kontaminierte Ressourcen zu sanieren. Dabei wird in Baden-Württemberg dem Erhalt und der Nutzung von ortsnahen Wasservorkommen eine besondere Bedeutung beigemessen. Die Verantwortung der Städte und Gemeinden für sauberes Trinkwasser wird nicht allein an einen Fernwasserversorger abgegeben, sondern soll auch vor Ort gewährleistet werden. Hierfür ist die Ausweisung von Wasserschutzgebieten mit entsprechenden Auflagen notwendig. Dies soll auch das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Notwendigkeit eines vorsorgenden Gewässerschutzes stärken7.