:: 9/2009

Baden-Württemberg hat gewählt: Vorläufige Ergebnisse der Kommunalwahlen 2009

Am 7. Juni 2009 fanden in Baden-Württemberg gleichzeitig mit den 7. Direktwahlen zum Europäischen Parlament auch die unter dem Begriff »Kommunalwahlen« zusammengefassten Wahlen der Gemeinde-, Kreis- und Ortschaftsräte sowie die Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart statt. Für die Gemeinderatswahlen ergab sich bei der Wahlbeteiligung ein neuer Negativrekord: Gerade noch die Hälfte der Wahlberechtigten (50,7 %) ging zur Wahl. Somit war die Wahlbeteiligung gegenüber den letzten Gemeinderatswahlen im Jahr 2004 (52 %) erneut rückläufig. Die Wählervereinigungen wurden wieder stärkste Kraft in den Rathäusern des Landes, in den Kreistagen entfiel jedoch auf die CDU der mit Abstand höchste Stimmenanteil.

Die Ergebnisdarstellungen zu den Gemeinderats- und Kreistagswahlen basieren noch auf den vorläufigen Ergebnissen, ohne die für ungültig erklärte Gemeinderatswahl in Eisenbach (Hochschwarzwald). Die dortige Neuwahl findet am 4. Oktober 2009 statt. Die endgültigen Ergebnisse der Gemeinderats- und Kreistagswahlen werden voraussichtlich im Herbst 2009 vorliegen. Dieser relativ lange Auswertungszeitraum ergibt sich daraus, dass für die Feststellung der endgültigen Ergebnisse der Kommunalwahlen die schriftlichen Ergebnisberichte der Kreistags-, Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen, das heißt von voraussichtlich rund 2 700 Wahlen1 bearbeitet, teilweise (in Rücksprache mit den Kommunen) korrigiert und erfasst werden müssen.

Gemeinderatswahlen 2009: Wahlbeteiligung erneut gesunken

Bei den Gemeinderatswahlen am 7. Juni 2009 waren insgesamt rund 7,9 Mill. Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger wahlberechtigt. Unter den Wahlberechtigten befanden sich – nach Berechnungen anhand der Daten aus dem Ausländerzentralregister – etwa 400 000 EU-Ausländer, was einem Anteil von 5 % an allen Wahlberechtigten entspricht. Seit den Kommunalwahlen 1999 können auch die »Unionsbürger«, das heißt die in Baden-Württemberg wohnhaften Bürgerinnen und Bürger der anderen EU-Mitgliedstaaten, an den Gemeinderatswahlen teilnehmen, sofern sie – wie auch die deutschen Wahlberechtigten – seit mindestens 3 Monaten in der Gemeinde wohnhaft sind. Im Gegensatz zur Europawahl werden sie automatisch im Wählerverzeichnis geführt.

Die Wahlbeteiligung bei den Gemeinderatswahlen 2009 erreichte einen neuen Negativrekord: Sie sank erneut, von 52,0 % bei den Gemeinderatswahlen 2004 auf nur noch 50,7 %. Diese Quote stellt für die Wahlen seit 1975 – also für den Zeitraum vergleichbarer Ergebnisse nach der Gemeindereform – die bislang niedrigste Beteiligung bei Gemeinderatswahlen dar. Die Betrachtung nach Gemeindegrößenklassen zeigt, dass die Wahlbeteiligung mit zunehmender Gemeindegröße in der Regel kontinuierlich abnahm, das heißt in den größeren Städten war das Interesse an den Gemeinderatswahlen tendenziell geringer als in den kleineren Gemeinden. So machten in den Gemeinden bis 1 000 Einwohner im Durchschnitt rund 69 % der Bürgerinnen und Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch. In den Gemeinden mit 150 000 bis 400 000 Einwohnern hingegen beteiligten sich lediglich knapp 43 %. Eine gewisse Ausnahme stellt Stuttgart, die Landeshauptstadt und größte Stadt Baden-Württembergs dar: hier lag die Wahlbeteiligung bei rund 49 %.

Weniger ungültige Stimmzettel

Von den insgesamt rund 4 Mill. abgegebenen Stimmzetteln waren gut 130 000 Stimmzettel ungültig. Der Anteil der ungültigen Stimmzettel lag also bei 3,2 % und war damit etwas geringer als bei den Gemeinderatswahlen 2004. Der im Vergleich zu Bundestags- und Landtagswahlen allerdings recht hohe Anteil ungültiger Stimmzettel bei den Gemeinderatswahlen wird nicht nur auf das relativ komplizierte Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg zurückgeführt, sondern auch auf die Zusammenlegung von mehreren Wahlen an einem Tag, die die Abgabe ungültiger Stimmzettel erfahrungsgemäß eher begünstigt. Auch bei den Gemeinderatswahlen 2004 und 1994, als ebenfalls gleichzeitig noch Europawahlen abgehalten wurden, lag der Anteil der ungültigen Stimmzettel mit 3,5 bzw. 3,9 % relativ hoch. Bei der Gemeinderatswahl 1999, als die Kommunalwahlen nicht mit der Europawahl gemeinsam stattfanden, war der Anteil der ungültigen Stimmen mit 3,0 % etwas niedriger.

Wählervereinigungen erneut stärkste Kraft in den Rathäusern

Nach dem vorläufigen Ergebnis der Gemeinderatswahlen 2009 behaupteten die Wählervereinigungen mit 35,4 % der gleichwertigen Stimmen ihre Position als stärkste Kraft in den Rathäusern (zum Begriff: »Gleichwertige Stimmen« siehe i-Punkt)2. Gegenüber den Gemeinderatswahlen 2004 verloren sie leicht (0,1 Prozentpunkte). Der Begriff »Wählervereinigungen« umfasst alle politischen Gruppierungen, die nicht Parteien sind. Darunter fallen unter anderem die Freien Wähler, grüne Listen, Frauenlisten, linksorientierte Listen, Einzelbewerber etc.

Die CDU hatte bei den Gemeinderatswahlen 2009 einen Stimmenrückgang von 3,7 Prozentpunkten zu verbuchen und erhielt 28,4 % der gleichwertigen Stimmen. Damit bilden die Christdemokraten in den Gemeinderäten des Landes die zweitstärkste Kraft nach den Wählervereinigungen. Die Sozialdemokraten konnten den langjährigen Abwärtstrend nicht stoppen. Sie kamen nur noch auf 17,0 % der gleichwertigen Stimmen (−1,1 Prozentpunkte). Sowohl für die CDU als auch die SPD sind das die niedrigsten Ergebnisse seit der Gemeindereform in den 70er-Jahren.

GRÜNE und Liberale legen in der Wählergunst zu

Die GRÜNEN konnten bei den Gemeinderatswahlen 2009 ihren Rückhalt in der Wählerschaft erneut ausbauen. Mit einem Stimmenanteil von 8,2 % der gleichwertigen Stimmen erzielten die GRÜNEN ein Plus von 2,2 Prozentpunkten gegenüber 2004. Das Ergebnis der Gemeinderatswahl 2009 ist damit das beste Ergebnis, das die GRÜNEN jemals bei Gemeinderatswahlen in Baden-Württemberg erreicht haben.

Auch der FDP gelang es, mit einem Plus von 2,2 Prozentpunkten Gewinne zu verbuchen. Sie kam demnach auf 5,0 % der gleichwertigen Stimmen. Für die Liberalen im Land ist dies das beste Abschneiden bei Gemeinderatswahlen seit der Gemeindereform. Auf die anderen Parteien entfielen insgesamt 2,1 % der gleichwertigen Stimmen (ein Plus von 1,2 Prozentpunkten gegenüber 2004) und auf die gemeinsamen Wahlvorschläge von Parteien mit Wählervereinigungen 4 % (−0,7 Prozentpunkte).

Höchste Wahlbeteiligung in Hausen am Bussen (Alb-Donau-Kreis)

Die Gemeinde mit der höchsten Wahlbeteiligung in Baden-Württemberg war Hausen am Bussen im Alb-Donau-Kreis: 88,1 % der Wahlberechtigten gingen hier zur Wahl. Auf dem 2. und 3. Platz rangieren Unterwachingen (Alb-Donau-Kreis) und Moosburg (Landkreis Biberach) mit 85,2 bzw. 83,4 %. Mit einer Beteiligungsquote von lediglich 36,6 % wies die Stadt Singen im Landkreis Konstanz dagegen die niedrigste Wahlbeteiligung auf. Ebenfalls bei unter 40 % lag die Wahlbeteiligung in 7 weiteren Gemeinden des Landes, darunter Mannheim (38,0 %) und Pforzheim (39,5 %).

Hier erzielten die einzelnen Parteien ihre besten Wahlergebnisse

Die CDU schnitt in der Gemeinde Ravenstein (Neckar-Odenwald-Kreis) mit einem Stimmenanteil von 86,8 % mit großem Abstand am besten ab. An 2. und 3. Stelle lagen die Gemeinden Mühlingen (Landkreis Konstanz) und Deilingen (Landkreis Tuttlingen). Hier entschieden sich jeweils 3 von 4 Wählern für die CDU.

Die SPD erzielte ihre landesweit besten Ergebnisse in der Gemeinde Schluchsee im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald (56,9 %) sowie in Schönau im Rhein-Neckar-Kreis mit 52,6 % der gleichwertigen Stimmen. Dies waren gleichzeitig die einzigen Gemeinden, in denen die SPD mehr als 50 % der Stimmen erhielt.

Die GRÜNEN waren in Merzhausen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) mit einem Stimmenanteil von 34,1 %, in Asperg (Landkreis Ludwigsburg) mit 31,1 % sowie in Heddesheim (Rhein-Neckar-Kreis) mit 28,2 % am erfolgreichsten.

Die FDP konnte in Löffingen im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald mit 36,9 % und in Schliengen im Kreis Lörrach mit 25,4 % prozentual betrachtet die meisten Wählerstimmen erringen.

Traditionell erfolgreich bei Gemeinderatswahlen sind die Wählervereinigungen. In 217 Gemeinden kamen die Wählervereinigungen auf insgesamt 100 % der Stimmen. Dies resultiert daraus, dass in zahlreichen Gemeinden ausschließlich Wählervereinigungen zur Wahl antraten.

Frauenanteil unter den Gemeinderäten auf 22 % leicht angestiegen

Nach den vorläufigen Ergebnissen wurden bei den Gemeinderatswahlen 2009 insgesamt 19 006 Gemeinderäte gewählt, davon 651 über Mehrheitswahl und 18 355 über Verhältniswahl. Von den 18 355 über Verhältniswahl ermittelten Gemeinderatssitze entfielen 8 325 auf Wählervereinigungen, 5 213 auf die CDU, 2 473 auf die SPD, 726 auf die GRÜNEN, 434 auf die FDP und 229 Sitze auf andere Parteien. Gemeinsame Wahlvorschläge von Parteien und Wählervereinigungen erlangten insgesamt 955 Mandate.

Unter den am 7. Juni 2009 gewählten Gemeinderäten sind nach dem vorläufigen Wahlergebnis 4 179 Frauen. Der Frauenanteil unter den Gemeinderäten ist damit von 21,0 % bei den Gemeinderatswahlen 2004 auf 22,0 % leicht gestiegen.

Auch bei Kreistagswahlen sinkende Wahlbeteiligung

Ebenfalls am 7. Juni 2009 wurden in den 35 Landkreisen des Landes neue Kreistage gewählt. Wahlberechtigt waren insgesamt rund 6,6 Mill. Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger, Deutsche und Unionsbürger. Ebenso wie bei den Gemeinderatswahlen war auch bei den Kreistagswahlen die Wahlbeteiligung gegenüber 2004 rückläufig und erreichte nur noch 51,4 %. Die Entwicklungen bei den Kreistagswahlen entsprechen im Wesentlichen denen bei den Gemeinderatswahlen: CDU und SPD verzeichneten bei den Kreistagswahlen jeweils ihre niedrigsten Stimmenanteile seit der Kreisreform in den 70er-Jahren. FDP und GRÜNE hingegen erzielten Spitzenwerte.

Anders als in den Gemeinderäten ist in den baden-württembergischen Kreistagen die CDU weiterhin die mit großem Abstand stärkste politische Kraft. Mit 34,5 % der gleichwertigen Stimmen liegt die CDU knapp 17 Prozentpunkte vor der SPD und gut 10 Prozentpunkte vor den Wählervereinigungen. Allerdings verzeichneten die Christdemokraten bei den Kreistagswahlen mit einem Minus von 4,1 Prozentpunkten Stimmeneinbußen.

Die Wählervereinigungen haben bei den Kreistagswahlen 2009 24,3 % der gleichwertigen Stimmen (+ 0,6 Prozentpunkte gegenüber 2004) erhalten. Sie bilden die zweitstärkste politische Kraft in den Kreistagen. Mit nur noch 17,9 % der gleichwertigen Wählerstimmen (−0,8 Prozentpunkte) verharrte die SPD unter der 20 %-Marke. Für die Sozialdemokraten ist dies das schlechteste Ergebnis seit den Kreistagswahlen 1973. Die GRÜNEN und die Liberalen hatten bei den diesjährigen Kreistagswahlen Stimmengewinne. Während die GRÜNEN ihren Stimmenanteil auf 10,8 % der gleichwertigen Stimmen steigern konnten (+ 1,3 Prozentpunkte), erreichte die FDP 7,5 % (+ 2,0 Prozentpunkte) und damit ihr bestes Ergebnis bei Kreistagswahlen seit 1973.

Niedrigste Wahlbeteiligung im Zollernalbkreis

Der Landkreis mit der höchsten Wahlbeteiligung bei der Kreistagswahl 2009 war mit 58,0 % der Alb-Donau-Kreis. Am geringsten fiel die Beteiligungsquote im Landkreis Zollernalb aus, wo sich nur 46,2 % der Wahlberechtigten an der Kreistagswahl beteiligten.

Die CDU schnitt in Sigmaringen mit 52,7 % der gleichwertigen Stimmen am besten ab, die SPD in Heidenheim (25,3 %), die GRÜNEN in Tübingen (21,1 %), die FDP in Rottweil und Freudenstadt (jeweils 13,9 %). Auf die Wählervereinigungen entfielen die höchsten Stimmenanteile im Landkreis Böblingen mit 36,6 %.

In die neuen Kreistage des Landes wurden 2 273 Kreisräte gewählt (bei den Kreistagswahlen fand ausschließlich Verhältniswahl statt). Auf die CDU entfallen nach dem vorläufigen Wahlergebnis 832 Sitze, auf die Wählervereinigungen insgesamt 559, 398 auf die SPD, 230 auf die GRÜNEN, 164 auf die FDP, 42 auf andere Parteien und 48 auf gemeinsame Wahlvorschläge von Parteien und Wählervereinigungen.

Unter den 2 273 neu gewählten Kreisräten sind nur 366 Frauen (16,1 %). Nach den Kreistagswahlen 2004 hatte der Frauenanteil bei 15,4 % gelegen.

Ergebnisse der Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart

Auch bei der Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart hatten CDU und SPD Stimmenrückgänge zu verzeichnen, während FDP und GRÜNE deutlich zulegen konnten. Die CDU bleibt zwar weiterhin stärkste Kraft in der Regionalversammlung (30,9 %), sie musste jedoch mit einem Minus von 7,7 Prozentpunkten deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Die SPD kam auf 18,2 % (−02,7 Prozentpunkte). Nur knapp hinter der SPD liegen die Freien Wähler (17,1 %) und die GRÜNEN (16,2 %). Die FDP konnte ihren Stimmenanteil um 5,7 Prozentpunke steigern und erreichte 9,5 %. Auf die übrigen Wahlvorschläge entfielen insgesamt gut 8 % der gültigen Stimmen.

Die Regionalversammlung umfasst nach der Wahl am 7. Juni 2009 insgesamt 91 Mitglieder: 29 von der CDU (−9), 17 von der SPD (− 3), 16 von den Freien Wählern (+ 3) und 15 von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (+ 3). Die FDP stellt 8 Mitglieder und die übrigen Wahlvorschläge insgesamt 6.

Die Wahlbeteiligung lag bei der Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart bei 53,5 %, war also 0,4 Prozentpunkte niedriger als 2004. Auch der Frauenanteil war leicht rückläufig: In der neuen Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart werden nur noch 23 statt 25 Frauen vertreten sein. Damit sinkt der Frauenanteil in der Regionalversammlung von 26,9 auf nur noch 25,3 %.

1 Diese Zahl resultiert aus der Summe 1 101 Gemeinderatswahlen, voraussichtlich 1 600 Ortschaftsratswahlen und 35 Kreistagswahlen.

2 Die Angaben zu den Stimmen und Sitzen für die Wahlvorschläge beziehen sich auf die Gemeinden mit Verhältniswahl. In insgesamt 1 033 von 1 100 Gemeinden fand Verhältniswahl statt.