:: 9/2009

Nach den Kommunalwahlen 2009: Präsenz von Frauen in der Kommunalpolitik Baden-Württembergs

Frauen stellen in Baden-Württemberg zwar mit rund 52 % die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung, in den politischen Ämtern und Positionen sind sie jedoch nach wie vor stark unterrepräsentiert. Dies gilt, obwohl der Frauenanteil an den Kandidaturen und Gewählten in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, auch für die Gemeinderäte, Kreistage und die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart. Im folgenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie sich die Präsenz der Frauen in den Gemeinderäten und Kreistagen im Vergleich zu den letzten Kommunalwahlen geändert hat. Durch die Gegenüberstellung des Frauenanteils an den Bewerbern mit dem Frauenanteil an den Gewählten wird außerdem der Erfolg von Frauen bei den Kommunalwahlen untersucht.

Die Ergebnisdarstellungen zu den Gemeinderats- und Kreistagswahlen basieren noch auf den vorläufigen Ergebnissen, ohne die für ungültig erklärte Gemeinderatswahl in Eisenbach (Hochschwarzwald). Die dortige Neuwahl findet am 4. Oktober 2009 statt. Die endgültigen Ergebnisse der Gemeinderats- und Kreistagswahlen werden voraussichtlich im Herbst 2009 vorliegen. Dieser relativ lange Auswertungszeitraum ergibt sich daraus, dass für die Feststellung der endgültigen Ergebnisse der Kreistags-, Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen die Ergebnisberichte von voraussichtlich rund 2 700 Wahlen in einem arbeits- und zeitintensiven Verfahren manuell überprüft, DV-technisch erfasst und seitens der Landkreise und Gemeinden rückbestätigt werden müssen. Erst nach Abschluss dieser Arbeitsschritte können die endgültigen Ergebnisse der Kommunalwahlen vorgelegt werden.

Anteil der Kandidaturen von Frauen bei Gemeinderatswahlen leicht auf 28,8 % angestiegen

Zu den Gemeinderatswahlen am 7. Juni 2009 kandidierten in Baden-Württemberg insgesamt 60 182 Personen, darunter waren 17 306 Frauen. Im Vergleich zu den Gemeinderatswahlen 2004 stieg damit der Frauenanteil unter den Kandidaten kaum an: von 28,2 auf 28,8 %.

Die GRÜNEN haben von den im Landtag vertretenen Parteien mit 46,7 % den mit Abstand höchsten Frauenanteil bei den Kandidaten für die Gemeinderatswahlen. Auch die SPD wies mit 33,6 % einen überdurchschnittlichen Frauenanteil unter ihren Kandidaten auf, während auf den Kandidatenlisten von CDU (21,9 %) und FDP (27,4 %) Frauen unterrepräsentiert waren.

Für die anderen Parteien stellten sich mit 31,0 % überdurchschnittlich viele Frauen zur Wahl, die Wählervereinigungen1 lagen mit 28,7 % sehr nah am Landeswert – darunter befinden sich auch Frauenlisten, die erwartungsgemäß einen Frauenanteil von 100 % aufweisen –, während bei den gemeinsamen Wahlvorschlägen von Parteien und Wählervereinigungen mit 25,9 % Frauen unterdurchschnittlich vertreten waren.

Frauenanteil in den Gemeinderäten nun bei 22,0 %

Bei den Gemeinderatswahlen am 7. Juni 2009 wurden insgesamt 19 006 Gemeinderäte gewählt, darunter 14 827 Männer und 4 179 Frauen. Das heißt, gut jedes 5. Gemeinderatsmandat in Baden-Württemberg (22,0 %) ging an eine Frau. Gegenüber den Gemeinderatswahlen 2004 hat sich somit der Frauenanteil unter den Gemeinderäten um 1 Prozentpunkt erhöht.

Damit setzt sich der langsame, aber kontinuierliche Anstieg des Frauenanteils in den Gemeinderäten fort: Vor 25 Jahren, bei den Gemeinderatswahlen 1984, hatte der Frauenanteil an den Gemeinderäten noch bei 9,5 % gelegen. Das heißt, in zweieinhalb Jahrzehnten hat sich die Präsenz von Frauen in den Gemeinderäten des Landes mehr als verdoppelt.

In 35 Gemeinden keine Frauen im Gemeinderat

In 3 baden-württembergischen Gemeinden befinden sich die Frauen im Gemeinderat in der Überzahl: So sind – nach den vorläufigen Ergebnissen der Gemeinderatswahl 2009 – in Birenbach im Landkreis Göppingen 6 der 10 neugewählten Gemeinderäte Frauen. Auch in Nordheim im Landkreis Heilbronn (11 von 19 Gemeinderäten Frauen) und in Bempflingen (Landkreis Esslingen), wo unter den 15 Gemeinderäten 8 Frauen gewählt wurden, sind Frauen in der Mehrzahl.

Insgesamt 7 Gemeinderäte im Land bestehen je zur Hälfte aus Männern und Frauen, darunter auch die Universitätsstadt Tübingen. Alle übrigen Gemeinderäte Baden-Württembergs setzen sich mehrheitlich aus Männern zusammen. In insgesamt 35 Gemeinden Baden-Württembergs sind gar keine Frauen vertreten. Nach den Gemeinderatswahlen 2004 waren noch 54 Gemeinderäte »frauenlos«, 1999 waren es 72 und 1994 noch 84.

Frauenanteil in den Gemeinderäten steigt mit zunehmender Gemeindegröße

Mit wachsender Gemeindegröße nimmt der Anteil der gewählten Frauen tendenziell zu: Während in den kleineren Gemeinden mit bis zu 10 000 Einwohnern der Frauenanteil in den Gemeinderäten im Durchschnitt noch unter dem Landeswert von 22,0 % liegt, entfallen in den Gemeinden mit 50 000 bis 150 000 Einwohnern im Durchschnitt bereits rund 30 % der Gemeinderatsmandate auf Frauen. In Gemeinden mit 150 000 bis 400 000 Einwohnern sind es nahezu 39 % und in der Landeshauptstadt Stuttgart, der einzigen baden-württembergischen Gemeinde in der Kategorie über 400 000 Einwohner, 40 %. Auch in anderen großen Städten Baden-Württembergs, in Karlsruhe, Heidelberg, Freiburg im Breisgau, Ulm und Mannheim lag der Frauenanteil in den Gemeinderäten mit jeweils mehr als 30 % erheblich über dem Landesdurchschnitt.

Je nach Partei zeigen sich erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Präsenz von Frauen in den Gemeinderäten. Prozentual betrachtet haben die GRÜNEN mit 43,5 % den höchsten Frauenanteil unter ihren Gemeinderäten. Unter den SPD-Gemeinderäten beträgt der Frauenanteil 32,2 %, bei den anderen Parteien 26,6 %, bei den Wählervereinigungen 21,4 %, bei gemeinsamen Wahlvorschlägen von Parteien und Wählervereinigungen 18,2 %, bei der FDP 17,1 % und bei der CDU 16,8 %.

Ein anderes Bild zeigt sich bei Betrachtung der absoluten Zahl der weiblichen Gemeinderäte: Die Wählervereinigungen stellen mit 1 783 Gemeinderätinnen die mit Abstand meisten Frauen, gefolgt von der CDU mit 874, der SPD mit 797 und den GRÜNEN mit 316 Gemeinderätinnen.

Frauen bei Gemeinderatswahlen nach wie vor weniger erfolgreich als Männer

Aufschluss über den Erfolg von Frauen bei den Gemeinderatswahlen gibt die Gegenüberstellung des Frauenanteils an den Bewerbern mit dem Frauenanteil an den Gewählten. Werden anteilsmäßig mehr Frauen gewählt, als ihr Anteil an den Bewerbern beträgt, so sind die Frauen erfolgreicher als die Männer; liegt der Gewählten-Anteil der Frauen niedriger als ihr Anteil an den Bewerbern, dann sind Frauen weniger erfolgreich als Männer.

Der Anteil der Frauen an den Kandidaturen zu den Gemeinderatswahlen in Baden-Württemberg betrug im landesweiten Durchschnitt 28,8 %, der Frauenanteil an den Gewählten fiel hingegen mit 22,0 % deutlich geringer aus. Das heißt, Frauen waren bei der Gemeinderatswahl 2009 weniger erfolgreich als männliche Bewerber. Der Männeranteil an den Bewerbern lag nämlich bei 71,2 %, unter den Gewählten hingegen mit 78,0 % erheblich höher.

Obwohl weibliche Kandidaten bei allen Parteien und politischen Gruppierungen weniger erfolgreich waren als Männer, zeigen sich hier doch deutliche Unterschiede: Zwar weniger erfolgreich als die Männer, jedoch weit über dem Wahlerfolg der Frauen landesweit waren die Kandidatinnen der GRÜNEN. Ihr Anteil an den Kandidaturen lag bei 46,7 %, gewählt wurden 43,5 %. Auch die SPD-Frauen können in dieser Hinsicht die Gemeinderatswahlen 2009 als Erfolg für sich verbuchen. Von den SPD-Kandidaten waren 33,6 % Frauen, von den Gewählten immerhin noch 32,2 %. Sowohl bei der CDU und der FDP als auch bei den anderen Parteien, den gemeinsamen Wahlvorschlägen von Parteien und Wählervereinigungen und den Wählervereinigungen lagen die Frauenanteile unter den Gewählten deutlich unter denen der Kandidaturen.

Anteil der Kandidaturen von Frauen bei Kreistagswahlen

Nach den vorläufigen Ergebnissen betrug der Anteil der Frauen an den Kandidaturen zu den Kreistagswahlen am 7. Juni 2009 in Baden-Württemberg landesweit 27,0 %. Von den insgesamt 15 544 Bewerberinnen und Bewerbern waren 4 193 Frauen. Gegenüber den letzten Kreistagswahlen 2004 sind dies zwar 254 Frauen mehr, allerdings ist ihr prozentualer Anteil an allen Kandidaturen gegenüber 2004 leicht gesunken (−0,1 Prozentpunkte).

Von den im Landtag vertretenen Parteien hatten die GRÜNEN (44,3 %) und die SPD (31,1 %) überdurchschnittlich viele Frauen unter ihren Kandidaten, während die Frauenanteile unter den Kandidaten von CDU und FDP mit jeweils gut 20 % unter dem Landesdurchschnitt lagen. Die Wählervereinigungen insgesamt wiesen einen Frauenanteil von 23,3 % auf. Darunter befinden sich auch Frauenlisten, bei denen sich ausschließlich Bewerberinnen zur Wahl stellten. Ein ebenfalls weit überdurchschnittlich hoher Frauenanteil war mit rund 53 % bei den grünen Listen zu verzeichnen.

Der Kreistag von Tübingen hat mit 27,1 % den höchsten Frauenanteil

In die neuen Kreistage des Landes wurden 2 273 Kreisräte gewählt (bei den Kreistagswahlen fand ausschließlich Verhältniswahl statt). Nach den vorläufigen Wahlergebnissen entfallen auf die Parteien und Wählervereinigungen folgende Anzahl von Sitzen:

CDU832
Wählervereinigungen insgesamt559
SPD398
GRÜNE230
FDP164
andere Parteien42
gemeinsame Wahlvorschläge48

Unter den 2 273 neu gewählten Kreisräten sind 366 Frauen (16,1 %). Nach den Kreistagswahlen 2004 hatte der Frauenanteil bei 15,4 % gelegen. Auch bei den Kreisräten stellen – prozentual betrachtet – die GRÜNEN mit 41,3 % den höchsten Frauenanteil, gefolgt von der SPD mit 22,4 % und den Wählervereinigungen sowie der FDP (jeweils 11,6 %). Von den CDU-Kreisräten ist gut jede Zehnte eine Frau.

Auch absolut betrachtet stellen mit 95 Kreisrätinnen die GRÜNEN die meisten Frauen in den Kreistagen, dicht gefolgt von der CDU (90 Kreisrätinnen) und der SPD (89 Kreisrätinnen). Die Wählervereinigungen entsenden 65 Frauen in die Kreistage und die FDP 19.

Den höchsten Frauenanteil hat der Kreistag des Landkreises Tübingen. Hier entfallen 27,1 % der Mandate auf Frauen. Schlusslicht bildet der Landkreis Freudenstadt, in dem der Frauenanteil mit 2,3 % am niedrigsten ist.

Bei der Wahl der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart stellten sich insgesamt 622 Kandidaten, darunter 199 Frauen (32,0 %) zur Wahl. Gewählt wurden insgesamt 91 Mitglieder, davon 23 Frauen (Anteil von 25,3 %). Damit ist der Anteil gegenüber 2004 (26,9 % bzw. 25 Frauen bei 93 Mitgliedern) leicht gesunken.

Resümee

Auch über 90 Jahre nach Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts in Deutschland am 12. November 1918 sind Frauen in politischen Ämtern und Positionen trotz zunehmender Erfolge immer noch stark unterrepräsentiert. Derzeit liegt der Frauenanteil im Europäischen Parlament bei gut 35 %2, im Deutschen Bundestag bei knapp 32 %, im Landtag von Baden-Württemberg bei rund 24 %, in den Gemeinderäten bei 22 % und in der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart bei gut 25 %. Schlusslicht bilden die baden-württembergischen Kreistage, in denen nur 16 % der Räte Frauen sind.

1 Zu den Wählervereinigungen gehören alle politischen Gruppierungen, die nicht Parteien sind. Dazu gehören zum Beispiel die Freien Wähler, grüne Listen, Frauenlisten, linksorientierte Listen, Einzelbewerber etc.

2 Datenquelle: Europäisches Parlament, vorläufiges Wahlergebnis, Stand 18. Juni 2009.