:: 2/2010

Die konjunkturelle Wende ist vollzogen

Baden-Württembergs Wirtschaft dürfte im 1. Quartal um 1 ¼ % gegenüber dem Vorjahresquartal wachsen

Um den Jahreswechsel nimmt die Konjunktur in Baden-Württemberg wieder Fahrt auf. Zwar dürfte das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 4. Quartal 2009 im Vorjahresvergleich um rund 5 % zurückgegangen sein, jedoch täuscht hier der starke Vergangenheitsbezug. Im Vergleich zum Vorquartal würde dies saison- und kalenderbereinigt (nach BV 4.1) eine Stagnation bedeuten. Die deutliche Aufwärtsbewegung des Gesamtkonjunkturindikators zeigt an, dass sich die Erholung voraussichtlich fortsetzen wird. Im 1. Quartal 2010 ist im Vorjahresvergleich erstmals nach 5 Quartalen wieder mit Wachstum zu rechnen: Die Wirtschaftsleistung dürfte den Wert des Vorjahresquartals um 1 ¼ % übertreffen und auch im Vergleich zu Vorquartal weiter zulegen, nämlich um rund 1 %. Für den trendmäßigen Verlauf des preisbereinigten BIP markiert der Jahreswechsel ebenfalls einen Wendepunkt.

Die für die Winterquartale prognostizierte Wirtschaftsentwicklung wäre demnach als moderater Aufschwung zu bezeichnen, wobei nach wie vor Euphorie nicht angebracht ist. Besonders ist darauf hinzuweisen, dass vom Niveau des Konjunkturindikators aus methodischen Gründen nicht auf das des Bruttoinlandsprodukts geschlossen werden kann. Außerdem liegt den aktuellen Prognosewerten unter anderem die Besonderheit der momentan wirksamen Konjunkturprogramme zugrunde. Wie sich deren Auswirkungen (was zum Beispiel Vorzieheffekte betrifft) im weiteren Jahresverlauf darstellen werden, ist vom jetzigen Standpunkt aus noch mit einigen Fragezeichen zu versehen. Immerhin dürfte auch 2010 mit einer moderaten Teuerungsrate zu rechnen sein, die als eine Art automatischer Stabilisator der Binnennachfrage wirkt. Demgegenüber steht allerdings die Situation auf dem Arbeitsmarkt: der Rückgang der Erwerbstätigkeit und die Zunahme der Arbeitslosigkeit wirken tendenziell nachfragedämpfend. Als wichtige Stütze der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage wird sich einmal mehr das Ausland erweisen. Nachdem der Einbruch der Auslandsnachfrage Auslöser der Wirtschaftskrise war, gehen von den Exportmärkten aktuell wieder stärkere Nachfrageimpulse aus.

Rezession ist beendet – Aufschwung trägt sich aber noch nicht selbst

Auch die Länder der Europäischen Union und die USA haben den wirtschaftlichen Tiefpunkt mittlerweile überwunden – erfreulich für die baden-württembergische Exportindustrie, denn rund 59 % der Ausfuhren fanden 2008 in der Europäischen Union, rund 9 % in den Vereinigten Staaten Abnehmer. In den USA steigerte sich die Wirtschaftsleistung im 3. Quartal saisonbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,6 %. Dies ist der erste Anstieg seit dem 2. Quartal 2008. Über das gesamte Jahr 2009 gesehen zeichnet sich in den USA ein vergleichsweise glimpflicher Rückgang des realen BIP von rund 2,5 % ab. Der Euroraum konnte im 3. Quartal ein saisonbereinigtes Plus von 0,4 % verzeichnen, die gesamte Europäische Union einen Zuwachs von 0,3 %. Für 2009 insgesamt dürfte sich der Rückgang der Wirtschaftsleistung im Euroraum auf 3,8 % belaufen, was ein deutlich geringerer Einbruch wäre, als für Deutschland und erst recht für Baden-Württemberg zu erwarten war.

Die Entwicklung der Wirtschaftsleistung am aktuellen Rand zeigt, dass die Rezession vorbei ist, wobei deren Folgen damit noch lange nicht überwunden sind. Noch fußt die wirtschaftliche Erholung wesentlich auf den beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Nachfrageimpulsen. Trotz der immensen Aufwendungen zur Nachfragestabilisierung ist in Europa und den USA zumindest zunächst nur eine allmähliche Erholung zu erwarten. Der Grund dafür spiegelt sich schon in den Daten wider, die für Baden-Württemberg betrachtet wurden: Die ergriffenen Stabilisierungsmaßnahmen führen vorläufig dazu, krisenbedingt brachliegende Produktionskapazitäten zu beschäftigen. Die Kapazitätsauslastung der US-Industrie beispielsweise lag bei zuletzt leicht steigender Tendenz im November bei 71,5 %. Im Durchschnitt der Jahre 1972 bis 2008 lag dieser Wert bei 80,9 %. Im Euroraum lag die Kapazitätsauslastung der Industrie im 4. Quartal 2009 mit 70,7 % immerhin 13,3 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert (für Deutschland ist diese Differenz mit 15 Prozentpunkten sogar noch etwas größer). Im 3. Quartal sanken die Bruttoanlageinvestitionen im Euroraum gegenüber dem Vorquartal um 0,8 %, während die Konsumausgaben des Staates um 0,6 % stiegen. Solange die Nachfrage auf einen unterausgelasteten Produktionsfaktor Kapital trifft, wird die Investitionsgüternachfrage als Konjunkturverstärker eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Vor diesem Hintergrund wird sich die Konjunktur auch 2010 wesentlich auf staatliche Maßnahmen stützen. Da diese aber defizitfinanziert wurden und werden, richtet sich das Augenmerk verstärkt auf die Nachhaltigkeit der Staatsverschuldungen. Um die Kapitalmärkte hiervon zu überzeugen, dürften schon 2010 Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung zumindest angekündigt werden, die den Spielraum für weitere stabilisierungspolitische Stützungsmaßnahmen bereits jetzt einengen.