:: 2/2010

Gesundheitsausgaben und Gesundheitspersonal in Baden-Württemberg 2007

Die öffentliche Wahrnehmung des Gesundheitssektors hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Neben den Kosten der Gesundheitsversorgung ist die Bedeutung der Gesundheit als Wirtschaftsfaktor stärker in den Vordergrund gerückt. Das Statistische Bundesamt hat in den 90er-Jahren mit der Gesundheitsausgaben- und der Gesundheitspersonalrechnung ein Instrumentarium entwickelt, das die Darstellung beider Aspekte des Gesundheitssektors in Deutschland erlaubt. Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat Teile dieser Rechenwerke nachgebildet, um den Gesundheitssektor des Landes mit vergleichbaren Kennzahlen beschreiben zu können.

Im Oktober des vergangenen Jahres wurden Daten zu Gesundheitsausgaben und zum Gesundheitspersonal in Baden-Württemberg für das Jahr 2007 veröffentlicht.1 Die Gesundheitsausgaben gelten dabei als Indikator sowohl für den Umfang der Gesundheitsversorgung als auch für deren Kosten. Die Kennzahlen zum Gesundheitspersonal heben demgegenüber die Bedeutung des Gesundheitssektors für Wertschöpfung und Beschäftigung in Baden-Württemberg stärker hervor.

Im Land wurden je Einwohner 3 060 Euro für Gesundheit ausgegeben

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Württemberg rund 33 Mrd. Euro für gesundheitsbezogene Güter und Dienstleistungen ausgegeben. Auf jeden Einwohner des Landes entfielen damit durchschnittliche Gesundheitsausgaben in Höhe von 3 060 Euro. Dieser Wert liegt geringfügig unter den Pro-Kopf-Ausgaben für Deutschland. Zwar dürften im Land die Preise für Gesundheitsleistungen etwas höher sein als im Bundesdurchschnitt, der damit verbundene ausgabensteigernde Effekt wird aber durch die günstigere Bevölkerungsentwicklung und Alterstruktur in Baden-Württemberg mehr als ausgeglichen.

Im internationalen Vergleich zeigen sich beträchtliche Unterschiede bei der Höhe der Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit: Vor allem in den USA aber auch in der Schweiz wird je Einwohner erheblich mehr für Gesundheit ausgegeben. Nach Angaben der OECD lagen die Gesundheitsausgaben je Einwohner in den USA 2007 bei 7 290 US-Dollar in Kaufkraftparitäten2. Damit waren sie mehr als doppelt so hoch wie in Baden-Württemberg! Zwar lassen sich Gründe für höhere Gesundheitsausgaben finden: Das US-amerikanische Gesundheitssystem bietet in manchen Bereichen ein sehr hohes Versorgungsniveau, der Lebensstil der Amerikaner ist oftmals noch weniger gesund als in Europa und auch die USA spüren die Folgen der demografischen Alterung. Die mehr als doppelt so hohen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben lassen sich dadurch aber nicht vollständig erklären. Vielmehr scheinen auch Ineffizienzen sowohl bei den Versicherungsunternehmen als auch bei den Leistungserbringern eine wichtige Ursache für die überhöhten Kosten zu sein. Sie führen dazu, dass medizinische Leistungen und Versicherungsleistungen in den USA häufig überteuert sind. (siehe i-Punkt). Die Wurzel dieser Ineffizienzen sind Wettbewerbsdefizite, also fehlender Wettbewerb oder unzulänglich funktionierende Wettbewerbsmechanismen.

In der Schweiz, mit Gesundheitsausgaben pro Kopf in Höhe von 4 420 US-Dollar in Kaufkraftparitäten, sind die einwohnerbezogenen Gesundheitsausgaben immerhin noch fast um ein Viertel höher als in Baden-Württemberg. Die Schweiz hat in den 90er-Jahren zwar einen erheblichen Wettbewerb auf der Versicherungsseite eingeführt, allerdings nicht auf der Leistungsseite zwischen den Leistungsanbietern. Dort hat man vielmehr auf eine Dämpfung der Nachfrage durch hohe Eigenbeteiligung gesetzt. Offenbar nicht mit dem gewünschten Erfolg.

Gesundheitsausgabenquote vergleichsweise niedrig

Sind die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg nun hoch oder niedrig? Am besten lässt sich diese Frage anhand der Gesundheitsausgabenquote, das ist die Relation zwischen dem Gesamtvolumen der Gesundheitsausgaben und der Wirtschaftsleistung, beurteilen. Sie gibt an, welcher Teil der Ressourcen eines Landes für Gesundheit ausgegeben wird – vergleichbar dem Teil des Einkommens, den ein Haushalt für Gesundheit aufwendet. Die Gesundheitsausgabenquote Baden-Württembergs belief sich im Jahr 2007 auf gut 9 % und war damit um über einen Prozentpunkt geringer als der Wert für Deutschland (Schaubild 2). Die überdurchschnittliche Arbeitsproduktivität und die unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg führen dazu, dass die Wirtschaftsleistung pro Kopf überdurchschnittlich ist. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Gesundheitsausgabenquote des Landes um über ein Zehntel unter dem Mittelwert für Deutschland liegt, obwohl die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben den Vergleichswert für den Bund um weniger als ein Prozent unterschreiten. Im internationalen Vergleich stechen wieder die USA hervor. Die US-Amerikaner wenden einen erheblich höheren Teil ihres Einkommens für Gesundheitsleistungen auf als die Einwohner der meisten anderen Industrieländer.

In Baden-Württemberg ist die Gesundheitsausgabenquote, nachdem sie zwischenzeitlich auf knapp 10 % gestiegen war, wieder auf den Wert des Jahres 2000 gesunken. Die Quote für Deutschland weist einen entsprechenden Verlauf auf – wenn auch auf etwas höherem Niveau. Im Land und im Bund sind die nominalen Gesundheitsausgaben von 2000 bis 2007 also nicht stärker gestiegen als die nominale Wirtschaftsleistung.

Unter den westlichen Industrieländern ist das aber eher die Ausnahme. In den meisten Ländern hat sich der überproportionale Anstieg der Gesundheitsausgaben fortgesetzt. Auch in Baden-Württemberg und in Deutschland dürfte die Gesundheitsausgabenquote wieder steigen. Schon allein die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden voraussichtlich dafür sorgen. Der kräftige Rückgang der Wirtschaftsleistung im Zuge der Rezession wird dazu geführt haben, dass die Gesundheitsausgabenquote sich spätestens 2009 deutlich erhöht hat. Da bislang davon ausgegangen wird, dass das Wirtschaftswachstum im Zuge der Erholung bestenfalls moderat ausfallen wird, dürften auch in der Erholungsphase die Gesundheitsausgaben stärker steigen als die Wirtschaftsleistung. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: die Alterung der Bevölkerung bewirkt einen zusätzlichen Druck auf die Gesundheitsausgaben. Ein Anstieg der Gesundheitsausgabenquote ist damit aus heutiger Sicht unvermeidlich.

Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind die größten Ausgabenträger

Die insgesamt rund 33 Mrd. Euro an Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg werden im Endeffekt von Haushalten und Unternehmen getragen. Als »Ausgabenträger« gelten in der Gesundheitsausgabenrechnung allerdings diejenigen Institutionen, die die Gesundheitsleistungen finanzieren. Die gesetzlichen Krankenversicherungen waren dabei 2007 mit einem Ausgabenvolumen von gut 18 Mrd. Euro die größte Gruppe unter den Ausgabenträgern.

An zweiter Stelle standen die privaten Haushalte und – in ihrer Funktion als Ausgabenträger und nicht als Leistungserbringer – private Organisationen ohne Erwerbszweck wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände. Ihre Ausgaben beliefen sich auf über 5 Mrd. Euro und überstiegen damit noch die Aufwendungen der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen in Höhe von knapp 4 Mrd. Euro. Auf die öffentliche Hand entfielen knapp 1,5 Mrd. Euro an Gesundheitsausgaben. Die Ausgaben fallen vor allem für Leistungen bei Krankheit und zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe und für Ausgaben im Bereich der Gesundheitsverwaltung an.

Zwar wurde über die Hälfte der Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg 2007 von den gesetzlichen Krankenversicherungen getätigt. Ihr Ausgabenanteil lag mit 55 % aber deutlich unter dem Durchschnittswert für Deutschland in Höhe von knapp 58 %. Im Gegenzug war der Ausgabenanteil der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen im Land mit 11 % zwei Prozentpunkte höher als der Wert für Deutschland. Dies spiegelt die größere Bedeutung der privaten Versicherungen in Baden-Württemberg wider. Ebenfalls höher als der bundesweite Vergleichswert war der Ausgabenanteil, der auf die privaten Haushalte und die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck entfällt. Die im weitesten Sinne »privaten« Ausgabenträgergruppen erreichten in Baden-Württemberg zusammen einen Ausgabenanteil von 27 %, gegenüber knapp 23 % in Deutschland. Dies dürfte vor allem auf den vergleichsweise höheren Wohlstand in Baden-Württemberg und eine größere eigenverantwortliche Ausgaben- und Privatversicherungsbereitschaft zurückzuführen sein.

Im Zeitvergleich ist der Anteil der gesetzlichen Krankenversicherungen an den Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg nahezu konstant geblieben. Das ist zum einen das Ergebnis von Kostendämpfungsmaßnahmen in der deutschen Gesundheitspolitik, zum anderen hat aber auch die vergleichsweise günstige Einkommensentwicklung im Land mehr Menschen den Wechsel in die private Krankenversicherung ermöglicht als andernorts. Auch die Ausgabenanteile der – neben den gesetzlichen Krankenkassen – übrigen Sozialversicherungsträger sowie der öffentlichen Haushalte sind tendenziell gesunken. Dagegen stieg der Ausgabenanteil der privaten Kranken- und Pflegeversicherungen um einen Prozentpunkt und der Anteil der privaten Haushalte und privaten Organisationen ohne Erwerbszweck lag 2007 sogar um zwei Prozentpunkte über dem Wert von 2000. Letzteres ist unter anderem auf die gestiegene Eigenbeteiligung der Patienten durch höhere Zuzahlungen und die Praxisgebühr zurückzuführen.

Die Beschäftigung im Gesundheitssektor wächst stetig

Zwischen 2000 und 2007 sind die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg um rund 5,6 Mrd. Euro gestiegen. Die Zunahme erfolgte dabei nahezu ohne Unterbrechung. Lediglich 2004 war es zu einem leichten Rückgang gekommen. Damals war das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) in Kraft getreten, das durch höhere Zuzahlungen und die Einführung der Praxisgebühr die Selbstbeteiligung der gesetzlich versicherten Patienten deutlich erhöht hatte. Parallel zu den Ausgaben hat von 2000 bis 2007 auch die Beschäftigung im Gesundheitssektor deutlich zugenommen. 2007 erreichte sie einen Umfang von 614 000 Erwerbstätigen, was einer Zunahme um fast 44 000 Beschäftigte seit dem Jahr 2000 entspricht. Da im Gesundheitssektor vor allem personengebundene Dienstleistungen, die ein vergleichsweise geringes Rationalisierungspotenzial aufweisen, eine wichtige Rolle spielen, sind die Ausgaben- und die Beschäftigungsentwicklung in diesem Wirtschaftsbereich eng miteinander verbunden.

Von 2000 bis 2005 hatten die Gesundheitsausgaben in Baden-Württemberg insgesamt zwar wesentlich stärker zugenommen als die nominale Wirtschaftsleistung. In den Jahren 2006 und 2007 hat das Bruttoinlandsprodukt durch sein starkes Wachstum diesen Rückstand jedoch wieder fast vollständig wettgemacht. Bei der Beschäftigung hat eine derartige Entwicklung nicht stattgefunden. Auch 2007, dem Jahr mit der seit Langem stärksten Zunahme der Erwerbstätigenzahl in Baden-Württemberg, fiel die prozentuale Zunahme der Beschäftigung im Gesundheitssektor nicht viel schwächer aus als in der Gesamtwirtschaft. Der Vorsprung der Gesundheitswirtschaft, der sich seit 2003 herausgebildet hatte, blieb also erhalten. Auch darin zeigt sich, dass die Expansion des Gesundheitssektors, wie er durch die Entwicklung der Gesundheitsausgaben abgebildet wird, deutlich beschäftigungsintensiver ist als das Wachstum in anderen Wirtschaftsbereichen. Dadurch trägt die Gesundheitswirtschaft nicht unerheblich zur Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung bei.

Mehr als jeder 10. Erwerbstätige im Land ist im Gesundheitssektor tätig

Mit 614 000 Beschäftigten liegt der Anteil des Gesundheitssektors an der Gesamtbeschäftigung in Baden-Württemberg bei 11,2 % und damit leicht über dem Wert für Deutschland, der sich auf 11,0 % beläuft. Die ganz überwiegende Zahl der gesundheitswirtschaftlich Beschäftigten ist in Einrichtungen der ambulanten Gesundheitsversorgung oder der stationären und teilstationären Gesundheitsversorgung tätig. Der Beschäftigungsanteil dieser beiden Bereiche am Gesundheitssektor liegt in Baden-Württemberg zusammen bei 80 %. Der ambulanten Gesundheitsversorgung werden unter anderem Arzt- und Zahnarztpraxen, Praxen nichtärztlicher medizinischer Berufe und Apotheken zugerechnet. Zu der stationären und teilstationären Gesundheitsversorgung gehören vor allem Krankenhäuser, Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen sowie Einrichtungen der stationären Pflege. Erheblich geringer sind die Beschäftigungsanteile der Vorleistungsindustrien – das sind die Pharmaindustrie, die Medizintechnik und Teile des Großhandels – mit knapp 12 % und der Verwaltung mit 4 %.

Von 2000 bis 2007 stieg die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitssektor in Baden-Württemberg um über 44 000. Dabei entfiel mit 19 000 zusätzlichen Beschäftigten der größte Teil des Zuwachses auf die Einrichtungen der ambulanten Gesundheitsversorgung. Aber auch im Bereich der stationären Gesundheitsversorgung kam es mit einem Plus von 15 000 Beschäftigten und in den Vorleistungsindustrien mit 8 000 Beschäftigten zu deutlichen Zuwächsen. Rückläufig war die Zahl der Arbeitsplätze dagegen in der Verwaltung. In diesem Teilbereich des Gesundheitssektors, der vor allem die Pflege- und Krankenversicherungen sowie Standesorganisationen wie beispielsweise Kammern umfasst, ging die Zahl der Beschäftigten um 2 000 Personen zurück. Gemessen an der prozentualen Beschäftigungszunahme lagen die Vorleistungsindustrien mit einem Plus von fast 13 % an der Spitze. Aber auch die Beschäftigungsentwicklung in der ambulanten Gesundheitsversorgung lag mit gut 8 % noch leicht über dem Durchschnittswert für den gesamten Wirtschaftsbereich.

Der Gesundheitssektor ist der beschäftigungsstärkste Wirtschaftszweig im Land

Anhand von Daten über die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lässt sich ein Ranking der Branchen für Baden-Württemberg erstellen. Sowohl im Jahr 2000 als auch im Jahr 2007 war der Gesundheitssektor der beschäftigungsstärkste Wirtschaftszweig im Land (Schaubild 5). Deutlich geringer waren und sind die Beschäftigungsanteile der nachfolgenden Branchen. Im Jahr 2000 war der Maschinenbau mit rund 7 % noch die zweitstärkste Branche. Bis 2007 hatten jedoch die vorwiegend freiberuflich geprägten wirtschaftsnahen Dienstleistungen, die sogenannten Unternehmensdienstleistungen, den Maschinenbau mit einem Beschäftigungsanteil von knapp 9 % überrundet. Dieser belegte nun den 3. Platz und war damit der einzige Wirtschaftszweig aus dem Produzierenden Gewerbe unter den 4 beschäftigungsstärksten Branchen im Land. An die Stelle des Baugewerbes war der Einzelhandel getreten. Dessen Anteil an der gesamten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung war allerdings 2007 nur knapp halb so hoch wie der Beschäftigungsanteil des Gesundheitssektors.

Welcher Wettbewerb im Gesundheitssektor wird angestrebt?

Der Gesundheitssektor ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor mit hohem Wachstumspotenzial und – zumindest in einigen Branchen – günstigen Beschäftigungsaussichten. Allerdings besteht aufgrund der Alterung der Bevölkerung ein hoher Kostendruck, der sich in Zukunft noch verstärken wird. Es ist absehbar, dass die privaten Haushalte in der Zukunft einen steigenden Kostenanteil tragen werden müssen. Nicht nur sozialpolitisch ist es deshalb geboten, Effizienzreserven im Gesundheitssektor auszuschöpfen. Es liegt auch im ureigensten Interesse der Leistungsanbieter, durch effizientes Leistungserbringen ein Höchstmaß an Zufriedenheit bei den Patienten und Beitragszahlern zu erreichen.

Das Instrument zur Effizienzsteigerung ist der Wettbewerb.3 Die Bundesregierung stellt im Koalitionsvertrag die große Bedeutung des Wettbewerbs im Gesundheitssektor heraus.4 Im Versicherungsbereich soll insbesondere der Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gestärkt werden. Es deutet sich an, dass langfristig der Gesundheitsfonds und damit der einheitliche Beitragssatz abgeschafft und kassenindividuelle Beitragssätze wieder eingeführt werden sollen. Dies könnte tatsächlich zu einer Verstärkung des Kassenwettbewerbs führen. Entscheidend ist allerdings, dass der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (»Morbi-RSA«), der mit dem Gesundheitsfonds eingeführt wurde, im Wesentlichen erhalten bleibt. Erst dadurch wird der Anreiz für die gesetzlichen Krankenkassen neutralisiert, bevorzugt gesunde Versicherte aufzunehmen.

Auf dem Leistungsmarkt ist die Lage komplizierter, deshalb seien nur einige Maßnahmen herausgegriffen, durch die in verschiedenen Ländern versucht wird, Ineffizienzen zu beseitigen und den Wettbewerb zu steigern. Dazu gehören

  • Beseitigung der Trennung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung
  • Der Aufbau von ärztlichen Versorgungszentren
  • Das Zulassen von Einzelverträgen zwischen Versicherungen und Leistungsanbietern
  • Die Stärkung der Hausärzte als »Lotsen« durch das Gesundheitssystem

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung lässt nicht erkennen, dass derartige Maßnahmen gestärkt werden sollen – eher das Gegenteil. Zumindest im Bereich der ambulanten Versorgung, also bei den niedergelassenen Ärzten, den Zahnärzten und den Apotheken, scheint die Stärkung des Wettbewerbs keine Priorität zu besitzen. Damit könnte sich eine Einwicklung abzeichnen, wie sie in den 90er-Jahren in der Schweiz zu beobachten war. Trotz eines starken Wettbewerbs auf der Versicherungsseite nahmen dort die Gesundheitskosten kräftig zu. Der Grund: Die Stärkung des Wettbewerbs zwischen den Leistungsanbietern war vernachlässigt worden.