:: 3/2010

Alkoholbedingte Krankenhausbehandlung von Kindern und Jugendlichen – die saisonale Verteilung

Der unkontrollierte Umgang von Kindern und Heranwachsenden mit Alkohol und die daraus entstehenden Folgen werden mehr und mehr als ernst zu nehmendes gesellschaftliches Problem begriffen. Das Statistische Landesamt hat schon früh auf die steigende Zahl der vollstationären Versorgungsfälle von unter 20-Jährigen hingewiesen. So konnten unter anderem regionale Unterschiede bei den Behandlungszahlen festgestellt werden. Eine weitere Informationslücke ließ sich nun schließen. Die Untersuchung der Verteilung der Fälle auf die Ereignismonate zeigt auffallende saisonale Schwankungen.

Neue Zahlen bestätigen negative Entwicklung

In den Krankenhäusern Baden-Württembergs mussten im Jahre 2008 insgesamt 4 014 Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis einschließlich 19 Jahren mit Wohnsitz im Lande wegen der Folgen ihres Alkoholkonsums behandelt werden. Gegenüber 2007 bedeutet dies eine Zunahme um 341 Fälle (gut 9 %).

In der letzten Veröffentlichung zu diesem Thema in dieser Zeitschrift1 lagen Fallzahlen bis einschließlich 2006 vor. Die inzwischen hinzugekommenen Berichtsjahre zeigen, dass sich die negative Entwicklung, die vor allem bei den 13- und 14-Jährigen zu beobachten war, verstärkt fortgesetzt hat. Diese Altersjahre lassen sich nun eindeutig als Einstiegsalter identifizieren. Und was vielleicht im direkten Vergleich einzelner Berichtsjahre weniger deutlich hervortritt, ist bei der Zusammenfassung zu einem größeren Zeitraum – hier die Jahre 2001 bis 2008 – nicht zu übersehen: Bei den 13-Jährigen haben die Mädchen mit 610 Fällen überraschenderweise einen Vorsprung vor den Jungen mit 551 Fällen, bei den 14-Jährigen liegen sie mit 1 274 fast gleich auf (1 279). In den folgenden Altersjahren dominieren die männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden zunehmend das Ergebnis.

Dem größten Risiko infolge ihres Alkoholkonsums in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden, setzen sich allerdings am ehesten die 16-Jährigen aus. Mit 4 184 Fällen verursachen sie im Zeitraum der Jahre 2001 bis einschließlich 2008 die meisten derartigen Krankenhausaufenthalte. Der Anteil der männlichen Jugendlichen liegt hier bei über 63 %. Danach geht die Zahl der Behandlungsfälle in dem untersuchten Alterssegment wieder zurück.

Krankenhausbehandlungen nach Monaten

Eine Auswertung der Behandlungsfälle nach Ereignismonaten in Kombination mit weiteren, zum Beispiel regionalen Merkmalen führt teilweise zu sehr kleinen Fallzahlen, die zudem auch von Zufallschwankungen beeinflusst sein können. Untersucht wurden deswegen im Folgenden nur die Landesergebnisse für die Monate der beiden letzten Berichtsjahre, wobei aus genannten Gründen auch auf die Gliederung nach Einzelaltersjahren ebenso verzichtet wurde wie auf eine Unterteilung nach Geschlecht. Eine regionalisierte Darstellung erscheint aus diesem Grund ebenfalls wenig sinnvoll.

Die Auswertung der Fälle nach einzelnen Monaten weist deutliche Behandlungsspitzen auf, die sich auch bei einer Zusammenfassung der beiden Berichtsjahre 2007 und 2008 zu einem Ergebnis nicht grundlegend verschieben.

So ist 2007 mit 382 Fällen im Februar eine deutliche Spitze auszumachen. Diese Zahl wird nur noch von den 407 Krankenhausbehandlungen im Juli des gleichen Jahres übertroffen. Im Jahr 2008 liegen bereits im Januar die meisten Behandlungsfälle (418) vor, während der Juli mit 393 Krankenhausaufenthalten diesmal an zweiter Stelle kommt. In diesem Jahr fällt auch der Februar mit der insgesamt dritthöchsten Behandlungszahl dieses Jahres auf. Der Umstand, dass 2008 ein Schaltjahr war, der Februar also gegenüber dem Vorjahresmonat einen Tag mehr hatte, dürfte nicht der einzige Grund für diese Konstellation sein. Ein Blick in den Kalender zeigt vielmehr, dass in diesem Jahr der Aschermittwoch auf den 6. Februar fiel. Dies bedeutet für diesen Monat ein vergleichsweise baldiges Ende der Faschingszeit. Dafür dürfte ihr Auftakt bereits zeitig im Januar gelegen haben, was den hohen Monatswert erklärt. Der Aschermittwoch 2007 fiel dagegen erst auf den 21. Februar. Die närrische Hochsaison konzentrierte sich zeitlich vor allem auf den zweiten Monat dieses Jahres. Der Folgemonat März zeigt in beiden Jahren einen deutlichen Rückgang, der 2007 stärker ausfiel als 2008.

Im weiteren Jahresverlauf sind bis einschließlich April deutlich geringere Fallzahlen zu beobachten. Ab Mai steigen die Ergebnisse jedoch bis Juli wieder an, brechen danach aber regelrecht ein. Im Juli 2007 fielen 11 % aller alkoholbedingten Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen an. Danach sank der monatliche Anteil auf knapp 7 %, was wiederum dem Märzwert des gleichen Jahres entspricht. Im darauf folgenden Jahr 2008 betrug der Anteil des Juli fast 10 %, im anschließenden August sank der aufs Jahr gerechnete Anteil auf knappe 7 %.

Auch hier lässt sich ein kalendarischer Zusammenhang der Fallentwicklung herstellen: So begannen die Sommerferien am 26. Juli bzw. 24. Juli und dauerten bis 8. September bzw. 6. September. Ab September sind dann wieder ansteigende Fallzahlen zu verzeichnen. Nach Einzeljahren differieren in den Folgemonaten die Werte voneinander. Mit dem für beide Berichtsjahre zusammengefassten Ergebnis wird auch aus dem Oktober ein weiterer fallstarker Monat.

Die beiden vorliegenden Jahresergebnisse zeigen bereits eine deutliche Tendenz in der saisonalen Entwicklung der alkoholbedingten Krankenhausbehandlungen von Kindern und Jugendlichen. So rücken die närrische Jahreszeit und der Monat unmittelbar vor Beginn der Schulferien in den Blickpunkt. Singuläre Ereignisse, die Anlass zu unkontrollierten Alkoholkonsum geben, wirken sich dagegen eher zufällig auf die monatlichen Fallzahlen aus. Auf Landesebene lassen sie sich kaum einzelnen Anlässen zuordnen, wenngleich nach den beiden Jahresspitzen und den unmittelbar darauf folgenden Rückgängen »Erholungsphasen« zu beobachten sind, die schließlich in das nächsten Jahreshoch münden.

Das Statistische Landesamt wird die weitere Entwicklung aktuell verfolgen und analysieren. Inzwischen sind in Baden-Württemberg Präventionsprogramme vieler Einrichtungen angelaufen. Vonseiten des Gesetzgebers wurde der freie Verkauf von Alkoholika neu geregelt und zeitlich eingeschränkt. Der Erfolg der Summe dieser Maßnahmen müsste sich auch an den künftigen Fallzahlen der Krankenhausstatistik ablesen lassen.