:: 3/2010

Eine Erfolgspflanze mit Migrationshintergrund: Mais

Der Anbau von Mais hat innerhalb nur eines halben Jahrhunderts das Erscheinungsbild des Ackerlandes in Baden-Württemberg verändert. Zu Beginn noch relativ bedeutungslos, dann mit zunehmendem Gewicht, vor allem als Futtergrundlage für die Rinderhaltung, hat sich Mais zwischenzeitlich zur vielfältig nutzbaren Kulturpflanze entwickelt. Das Spektrum reicht von der Produktion von Stärke und Speiseöl für die Ernährungsindustrie bis zur Stromerzeugung in Biogasanlagen. Mais stellt inzwischen in vielen Regionen Baden-Württembergs die wichtigste Fruchtart dar, vielerorts auch dadurch sichtbar, dass im Sommer rechts und links der Straße der Blick durch dichte Maisfelder eingeschränkt wird.

Seit 5 Jahrzehnten auf der Erfolgsspur

Mit einem Anteil von 20 % am Ackerland hat Mais im Jahr 2009 einen neuen Spitzenwert von 165 000 Hektar (ha) in Baden-Württemberg erreicht und stellt damit eine ernsthafte Konkurrenz für die traditionellen Kulturpflanzen Weizen und Gerste dar. Ein ähnlich großer Stellenwert lässt sich bundesweit auch in den Ländern mit den größten Maisflächen ausmachen: in Niedersachsen (475 000 ha), Bayern (470 000 ha) und Nordrhein-Westfalen (257 000 ha) nimmt Mais fast ein Viertel der Ackerfläche ein.

Damit hat diese ursprünglich aus Zentralamerika stammende Kulturpflanze innerhalb weniger Jahrzehnte einen regelrechten Siegeszug hingelegt. Im Jahr 1960 beschränkte sich der Anbau in Baden-Württemberg noch auf 14 450 ha, 10 Jahre später (1970), lag der Anteil von Mais bereits bei 60 173 ha bzw. 6,3 % am Ackerland. Mais wurde überwiegend als Silomais zur Verfütterung in Rinder haltenden Betrieben angebaut und ersetzte vielfach traditionelle Feldfutterpflanzen wie Luzerne und Klee. Bis 1985 verdoppelte sich die Maisanbaufläche auf 130 000 ha, wobei die Silomaisfläche im Südwesten 1985 mit 100 000 ha ihren bisher nicht wieder erreichten Höhepunkt erzielte. Hohe Energieerträge je ha und eine gute Standfestigkeit, die auch eine hohe Gülledüngung in den viehstarken Betrieben unbeschadet verkrafteten, sprachen ebenso für den Maisanbau wie eine gute Mechanisierung bei Aussaat und Ernte.

Silomais für Biogas und Rinder

Im Zuge des landwirtschaftlichen Strukturwandels vergrößerten und spezialisierten sich die Betriebe. Verbunden mit signifikanten Produktivitätsfortschritten entschieden sich viele Betriebe zur Aufgabe der Rinderhaltung, was die Zahl der Rinder in Baden-Württemberg kontinuierlich von 1,8 Mill. Tieren im Jahr 1985 auf fast die Hälfte im Jahr 2007 sinken ließ. Nahezu parallel wurde auch der Anbau von Silomais bis zu Beginn des neuen Jahrtausends kontinuierlich eingeschränkt.

Erst die alternativen Verwertungsmöglichkeiten in Form von »Energiemais« ließen den Anbau von Silomais wieder lukrativ werden. Mais steht an erster Stelle1 bei der Bestückung von Gärsubstrat in den Biogasanlagen, weshalb die seit 2003 wieder stark gestiegene Silomaisfläche auf den derzeitigen Stand von 94 000 ha größtenteils auf die Nachfrage in Biogasanlagen zurückzuführen sein dürfte. Immerhin verachtfachte sich zwischen 2003 und 2009 die installierte elektrische Leistung2 von Biogasanlagen in Baden-Württemberg.3

Schwerpunktmäßig expandierte der Maisanbau seit 1999 vor allem im südlichen und östlichen Baden-Württemberg. Besonders im Gebiet zwischen Ulm und Bodensee findet sich ein intensiver Maisanbau, der in einigen Gemeinden bis zu einem Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) ausgeweitet wurde. In dieser Region entstand als zweites Standbein neben der Rinderhaltung oder als Alternative dazu in den letzten Jahren die größte Dichte an Biogasanlagen im Land.

Um den Bedarf an Mais zu decken, stieg im Kreis Ravensburg der Maisanbau im Zeitraum von 1999 bis 2007 von 7 140 ha auf 9 476 ha an, davon 8 563 ha Silomais. Den größten Anbauumfang bei Silomais hat im Jahr 2007 der Kreis Biberach mit 11 825 ha (1999: 8 345 ha) aufzuweisen, womit 6,7 Prozentpunkte mehr Ackerfläche für Silomais bereitgestellt wurde. Eine ähnlich starke Zunahme des Maisanteils an der Ackerfläche war im selben Zeitraum im Landkreis Rottweil (+ 7,3 Prozentpunkte) und im Schwarzwald-Baar-Kreis (+ 6,8 Prozentpunkte) zu verzeichnen, wobei hier die Silomaisflächen mit 1 860 und 1 760 ha insgesamt wesentlich kleiner ausfallen.

Oberrheinebene: Körnermais pur

Unbeeindruckt vom Auf und Ab beim Anbau von Silomais zeigte sich der Körnermais. Seit Beginn der 90er-Jahre stiegen die Anbauflächen stetig an und zeigten erst in den letzten Jahren eine gewisse Sättigung. Forschung und züchterische Bearbeitung brachten immer leistungsfähigere und kühletolerantere Hybridsorten hervor, die eine Ausweitung des Maisanbaus ermöglichten. Dazu kommt, dass Mais im Anbau relativ anspruchslos ist und als C4-Pflanze4 ein schnelles Wachstum aufweist. Zudem kann Mais auch jahrelang auf derselben Fläche als Monokultur angebaut werden.

Der größte Umfang an Körnermais wurde 2003 mit 68 000 ha erreicht. Aktuell (2009) liegt die Körnermaisfläche in Baden-Württemberg bei 66 000 ha und steht somit bundesweit an 3. Stelle. Lediglich in Bayern (104 000 ha) und Niedersachsen (77 000 ha) wurden 2009 noch mehr Flächen mit Körnermais bestellt, wobei Baden-Württemberg mit einem Anteil von 7,9 % an der Ackerfläche wesentlich intensiveren Körnermaisanbau betreibt als Bayern und Niedersachsen mit 4,9 % bzw. 4,1 %.

Das größte Anbaugebiet für Körnermais im Südwesten zieht sich am Oberrhein entlang, wo sich im Jahr 2007 fast die Hälfte des baden-württembergischen Bestandes befand. Dort gelangen durch das milde Weinbauklima auch späte Körnermaissorten mit höheren Reifezahlen noch sicher zur Abreife und garantieren den Betrieben damit höhere Ernteerträge. Anbauschwerpunkt bildet die Region Südlicher Oberrhein, vor allem mit den beiden Kreisen Ortenaukreis und Breisgau-Hochschwarzwald, die 2007 zusammen 24 800 ha Mais aufweisen. Hier steht ebenso wie im Kreis Emmendingen (5 900 ha) auf über 50 % der Ackerfläche Mais. In einzelnen Betrieben heißt hier vielfach die Fruchtfolge Mais – Mais – Mais; 1 734 Betriebe haben sich in diesen Landkreisen komplett auf Körnermais spezialisiert. Allerdings waren in den letzten Jahren die Flächen nur noch zögerlich ausgedehnt worden.

Im Zeitraum 1987 bis 1999 legte in der Region Südlicher Oberrhein sowie in den Kreisen Lörrach und Rastatt der Anteil von Körnermais (inklusive Corn-Cob-Mix) an der Ackerfläche um 10 bis 25 Prozentpunkte zu. Dagegen verliefen in den Folgejahren bis 2007 die Anstiege vergleichsweise moderat, wie zum Beispiel in den Landkreisen Rastatt (+ 7,7 Prozentpunkte), Lörrach (+ 4,3 Prozentpunkte) und Ortenaukreis (+ 4,3 Prozentpunkte).

Körnermais als alleinige Ackerfrucht in einer solchen Dichte ist jedoch nur auf einem schmalen Streifen entlang des Rheins zu finden. Wenige Kilometer abseits findet sich bereits ein anderes Landschaftsbild. Während sich der Körnermais auf die Ebene beschränkt, ist in der Vorbergzone Wein- und Obstanbau vorherrschend; Grünland und auch Silomais ist dagegen als Futtergrundlage im Schwarzwald unentbehrlich. Auf den Schwarzwaldhöhen ist dagegen in vielen Gemeinden kein Maisanbau mehr möglich.

Sind die Grenzen erreicht?

Der jahrelange Anbau derselben Kulturpflanze auf einer Fläche erhöht allerdings die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Mahnendes Beispiel ist das verstärkte Auftreten des Maiswurzelbohrers in der Rheinebene in den letzten Jahren, das ein Umdenken im Anbauverhalten fordert. Der Maiswurzelbohrer schädigt mit seinem Larvenfraß die Wurzeln und als Käfer Narben und Pollen der Maispflanze, was bis zum Totalausfall der Maispflanze führen kann. Chemisch sind beide Stadien zwar zu bekämpfen, jedoch aus Gründen von Gewässer- und Insektenschutz bedenklich, weshalb eine Eingrenzung des Befalls momentan nur über Fruchtfolgemaßnahmen Erfolg versprechend scheint. In den am stärksten betroffenen Landkreisen Emmendingen und im Ortenaukreis wurden bereits die Konsequenzen gezogen und auf den befallenen und seinen benachbarten Flächen wird der Anbau von Mais als Monokultur untersagt. Ein Anbau mit einem 2-jährigen Abstand wird vorgeschrieben bzw. maximal 2-mal Mais in 3 Jahren auf derselben Fläche.5

Aufgrund der Anbaueinschränkungen in den Schwerpunktgebieten wird in den nächsten Jahren mit konstanten bis rückläufigen Körnermaisflächen zu rechnen sein, da möglicherweise ein Teil der Flächen durch die Ausweitung des Körnermaisanbaus in seitherige Grenzregionen kompensiert werden kann. Als alternative Frucht zu Mais werden wahrscheinlich viele Landwirte den Anbau von Winterweizen favorisieren.

Aber auch in Regionen mit überwiegend Silomais sind die Folgen intensiven Maisanbaus bei der Bodengesundheit, zum Beispiel durch Humusabbau oder bei phytosanitären Aspekten, wie der Zunahme von Problemunkräutern, zu beachten. Wesentliche Impulse für die weitere Anbauentwicklung von Silomais dürften von den künftigen Investitionen in Biogasanlagen abhängen und inwieweit alternative Energiepflanzen zum Einsatz gelangen.

Zuverlässige und zufriedenstellende Erträge sowie seine Verwertbarkeit als Rohstoff für Futter, Energie und Industrie werden in Zukunft den Anbau von Mais bestimmen. Dazu wird demnächst im »Statistischen Monatsheft« über die Entwicklung der Erntemengen bei Mais berichtet werden.

1 Badische Bauernzeitung Nr. 46, 14. November 2009.

2 Maximale elektrische Leistung einer Biogasanlage (Nennleistung).

3 Ministerium Ländlicher Raum, Baden-Württemberg.

4 C4-Pflanzen besitzen eine effizientere Photosynthese als C3-Pflanzen (zum Beispiel Weizen, Gerste), damit ist bei höheren Temperaturen ein vergleichbar schnelleres Wachstum möglich.

5 BW-Agrar Nr. 42, 2009.