:: 3/2010

Umweltschutzinvestitionen im Verarbeitenden Gewerbe

Eine mikrodatengestützte Strukturanalyse

Während zu Fragen der Niveaus von betrieblichen Umweltschutzinvestitionen schon zahlreiche Untersuchungen vorliegen, gibt es ein Defizit bei entsprechenden Analysen zur Struktur dieser Investitionen. Im vorliegenden Beitrag werden für die Wissenschaft erst seit Kurzem verfügbare Daten verwendet und eine Strukturanalyse der Umweltschutzinvestitionen durchgeführt.

Ausgangspunkt und Fragestellung

Zum Thema Umweltschutzinvestitionen existiert in Deutschland bereits eine Reihe von empirischen Studien, die sich bislang allerdings nur auf relativ hochaggregierte Daten stützen. Inzwischen kann jedoch für wissenschaftliche Untersuchungen auf einzelbetriebliche Mikrodaten zurückgegriffen werden, sofern gewährleistet ist, dass eine Re-Identifikation bestimmter Betriebe ausgeschlossen ist.

Der vorliegende Aufsatz basiert auf der Studie »Heinbach, Wolf Dieter und Krumm, Raimund: Umweltschutzinvestitionen in Baden-Württemberg: Eine ökonomische Analyse der betrieblichen Investitionstätigkeit (2009)«, die im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg angefertigt wurde. Unter Verwendung der entsprechenden Mikrodaten wurde dabei unter anderem der Frage nachgegangen, inwieweit die von der amtlichen Statistik zum Thema »Umweltschutzinvestitionen« in Form von Durchschnittswerten bisher bereitgestellten Aggregatswerte gute statistische »Repräsentanten« für die einzelbetriebliche Ebene darstellen oder ob bei den entsprechenden Untersuchungseinheiten größere zwischenbetriebliche Heterogenitäten zu beobachten sind.

Die bundesweit erstmalige Studie mit Mikrodaten zu Umweltschutzinvestitionen beschränkt sich auf Baden-Württemberg, da zum Zeitpunkt der Projektbearbeitung nur für dieses Bundesland die entsprechenden Daten vollständig vorlagen. Aus Datenschutzgründen wurden die betreffenden Analysen vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) im Forschungsdatenzentrum der Statistischen Landesämter in Stuttgart per kontrollierter Datenfernverarbeitung durchgeführt (siehe i-Punkt).1

Neuer Mikrodatensatz als Untersuchungsgrundlage

Der im Rahmen des betreffenden Forschungsprojekts verwendete Mikrodatensatz entstand durch die Verknüpfung der Umweltschutzinvestitionsstatistik, der Investitionserhebung und der Jahresinformationen der Monatsberichte im Verarbeitenden Gewerbe. Die statistische Grundgesamtheit des auf einzelbetrieblicher Datenebene zusammengeführten Mikrodatensatzes bilden baden-württembergische Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes im Zeitraum von 1997 bis 2005, die mindestens 20 tätige Personen hatten (siehe i-Punkt).

Durch die Beschränkung des Mikrodatensatzes auf Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes mit mindestens 20 Beschäftigten werden diejenigen Umweltschutzinvestitionen nicht berücksichtigt, die erstens bei industriellen Kleinbetrieben und zweitens bei Betrieben und anderen Organisationen außerhalb des Verarbeitenden Gewerbes getätigt wurden. Über alle Branchen hinweg sind darüber hinaus solche betrieblichen Ausgaben für den Umweltschutz nicht erfasst, die keinen investiven Charakter haben, sondern sogenannte »laufende Ausgaben in den Umweltschutz« darstellen.

Die Häufigkeit von Umweltschutzinvestitionen im längerfristigen Kontext

Zunächst wird der Frage nachgegangen, wie häufig baden-württembergische Industriebetriebe Umweltschutzinvestitionen und anderweitige Investitionen durchführen. Ein Blick auf Schaubild 1 zeigt, dass nahezu drei Viertel (73,9 %) dieser Betriebe während des Betrachtungszeitraums von 1997 bis 2005 überhaupt keine Umweltschutzinvestitionen getätigt haben. Bei 14,4 % der Betriebe gibt es mindestens ein Jahr innerhalb des Betrachtungszeitraums mit Umweltschutzinvestitionen und bei 5,9 % sind es immerhin 2 Jahre. Lediglich 0,6 % der Betriebe haben in jedem Jahr des Betrachtungszeitraums in den Umweltschutz investiert.

Ein nahezu gegenläufiges Bild ergibt sich, wenn man die Häufigkeit der Gesamtinvestitionen (alle erworbenen und selbsterstellten Sachanlagen für betriebliche Zwecke einschließlich Anlagen im Bau, soweit aktiviert) während des Untersuchungszeitraums betrachtet. So hat mit 51,1 % über die Hälfte der Betriebe in jedem der 9 Jahre des Betrachtungszeitraums investiert. Nur 2 % der Betriebe haben während dieser Zeitspanne überhaupt keine Investition vorgenommen.

Insgesamt gesehen hat während des Betrachtungszeitraums also nur ein relativ kleiner Teil der baden-württembergischen Industriebetriebe Umweltschutzinvestitionen durchgeführt. Nimmt man dazu noch die geringe Häufigkeit, mit der Umweltschutzinvestitionsbetriebe solche Investitionen getätigt haben, dann könnte der Eindruck entstehen, dass betriebliche Aufwendungen für den Umweltschutz recht niedrig waren. Dies wäre zumindest insoweit ein voreiliger Schluss, als bei der betreffenden Untersuchung die »laufenden Aufwendungen für den Umweltschutz« nicht Gegenstand der Untersuchung sind. Es ist jedoch plausibel anzunehmen, dass solche laufenden Umweltschutzausgaben häufiger vorgenommen werden als investive Ausgaben in den Umweltschutz. Insofern unterschätzt die bei der vorliegenden Analyse ermittelte Häufigkeit der Umweltschutzinvestitionen die Frequenz, mit der betriebliche Ausgaben für Umweltschutzzwecke getätigt werden.

Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den Gesamtinvestitionen

Fokussiert man die Betrachtung auf die investiven Teile der betrieblichen Umweltschutzaufwendungen, dann zeigt die Differenzierung nach Betriebsgrößen, dass bei kleinen Betrieben (20 bis 99 Beschäftigte) die Umweltschutzinvestitionen immerhin ein Drittel des gesamten Investitionsvolumens (Jahr 2005) ausmachen. Es wird zudem deutlich, dass der in einem Betrieb im Durchschnitt für Umweltschutzzwecke eingesetzte Investitionsanteil mit zunehmender Betriebsgröße abnimmt. Bei den großen Betrieben (mit mindestens 500 Beschäftigten) machen die Umweltschutzinvestitionen nur noch 5,3 % der Gesamtinvestitionen aus.

Innerhalb der Umweltschutzinvestitionen ergibt sich zwischen den einzelnen Betriebsgrößen für die additiven Maßnahmen in den Umweltschutz eine größere Streuung als bei den integrierten Maßnahmen (vgl. i-Punkt). Dies zeigt sich daran, dass bei den großen Betrieben der Anteil der additiven Verfahren an den Gesamtinvestitionen nur bei 2,8 % liegt, bei den kleineren Betrieben mit 20 bis 99 Beschäftigten aber bei 23,3 %.

Investitionsanteile bei den in den Umweltschutz investierenden Betrieben

Der Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den betrieblichen Gesamtinvestitionen im Verarbeitenden Gewerbe Baden-Württembergs schwankte im Zeitraum von 1997 bis 2005 zwischen 1,9 und 2,4 %. Im Durchschnitt des Betrachtungszeitraums lag der Anteil bei 2,2 %. Zusätzliche Erkenntnisse ergeben sich dann, wenn man die Relation »Umweltschutzinvestition zu Gesamtinvestition« allein für die Gruppe der Umweltschutzinvestitionsbetriebe ausweist. In diesen Zusammenhang verdeutlicht Schaubild 3, dass für über 80 % dieser Betriebe die Investitionen in den Umweltschutz nicht mehr als 10 % ihrer gesamten Investitionstätigkeit ausmachen.

Betrachtet man die beiden Randbereiche der Verteilung, dann fällt Folgendes auf: Für gut 35 % der Betriebe, die Umweltschutzinvestitionen tätigen, machen diese nicht mehr als 2 % ihrer gesamten Investitionstätigkeit aus. Für jeden 50. Umweltschutzinvestitionsbetrieb gilt allerdings, dass die von ihm getätigten Investitionen quasi ausschließlich Umweltschutzzwecken dienen. Insgesamt zeigt sich also auch innerhalb der Gruppe der Umweltschutzinvestitionsbetriebe eine große zwischenbetriebliche Heterogenität, sodass die bisher in Form von Durchschnittswerten zu den Umweltschutzinvestitionen ausgewiesenen Aggregatsdaten für die Mikroebene oftmals keine geeigneten statistischen »Repräsentanten« darstellen.

Strukturunterschiede zwischen Umweltschutzinvestitionsbetrieben und anderen Betrieben

Der für das Jahr 2005 ausgewiesene Anteil der Umweltschutzinvestitionsbetriebe an der Gesamtzahl der baden-württembergischen Industriebetriebe (mit mindestens 20 Beschäftigten) lag bei 7,6 %. Differenziert man dabei allerdings nach Betriebsgrößen, dann offenbart sich eine starke Heterogenität. So fiel bei den Betrieben mit 500 und mehr Beschäftigten der entsprechende Anteil von 44,8 % mit Abstand am höchsten aus, während bei der Gruppe der Betriebe mit 20 bis 99 Beschäftigten nur 2,1 % in den Umweltschutz investierten. Dieser Befund geht mit deutlichen Strukturunterschieden zwischen Umweltschutzinvestitionsbetrieben und anderen Betrieben einher.

Baden-württembergische Umweltschutzinvestitionsbetriebe des Verarbeitenden Gewerbes hatten im Jahr 2005 im Durchschnitt 698 Beschäftigte, während die anderen Betriebe im Mittel 109 Beschäftigte aufwiesen. Beim Umsatz fällt der durchschnittliche Größenunterschied zwischen beiden Betriebstypen noch größer aus. So kommen die Betriebe, die in den Umweltschutz investieren, auf einen um den Faktor 10,4 höheren Umsatz als die anderen Betriebe (214,8 gegenüber 20,6 Mill. Euro). Auch bei den Investitionen außerhalb des Umweltschutzes zeigen sich gravierende Unterschiede. Während Umweltschutzinvestitionsbetriebe im Jahr durchschnittlich Investitionen von 6,85 Mill. Euro aufweisen, die nicht zu den Umweltschutzinvestitionen zu rechnen sind, fällt das entsprechende Investitionsvolumen bei den anderen Betrieben mit 0,55 Mill. Euro deutlich niedriger aus.

Trägt man der Tatsache Rechnung, dass Umweltschutzinvestitionsbetriebe in der Regel größer sind als andere Betriebe, dann ist eine ergänzende »Pro-Kopf«-Betrachtung der betrieblichen Kennziffern sinnvoll. Stellt man zunä­chst auf das Verhältnis von Umsatz zu Beschäftigtenzahl ab, dann zeigt sich, dass die in den Umweltschutz investierenden Betriebe mit rund 308 000 Euro Umsatz pro Beschäftigten etwa die 1,6-fache Umsatzproduktivität der nur in andere Sachanlagen investierenden Betriebe haben. Damit kommen Umweltschutzinvestitionsbetriebe auf einen deutlichen Produktivitätsvorsprung gegenüber den anderen Betrieben.2 Dies ist insofern nicht überraschend, als Umweltschutzinvestitionsbetriebe überproportional stark in den oberen Betriebsgrößenklassen vertreten sind und große Betriebe gegenüber kleineren regelmäßig Produktivitätsvorteile aufweisen.

Bei den Investitionen, die nicht in den Umweltschutz gehen, den sogenannten »anderen Investitionen«, kamen Umweltschutzinvestitionsbetriebe im Jahr 2005 mit 9 818 Euro auf fast den doppelten Investitionsbetrag pro Beschäftigten wie die sonstigen Betriebe (5 082 Euro). Es zeigen sich also deutliche Strukturunterschiede zwischen Betrieben, die (auch) in den Umweltschutz investieren und solchen, die nur anderweitige Investitionen tätigen.

Fazit

Die hier vorgestellten Untersuchungen haben gezeigt, dass die zu den Umweltschutzinvestitionen bisher allein verfügbaren Aggregatsdaten, die in der Regel als Durchschnittswerte ausgewiesen werden, oftmals wenig geeignete statistische »Repräsentanten« darstellen, da sich zum Teil beträchtliche zwischenbetriebliche Heterogenitäten offenbaren. Insofern kann mit der vorliegenden Analyse eine Vielzahl von Strukturunterschieden deutlich gemacht werden, die es zwischen Betrieben gibt, die in den Umweltschutz investieren. Gravierende Unterschiede konnten auch zwischen Umweltschutzinvestitionsbetrieben und den restlichen Betrieben nachgewiesen werden.

1 Die beiden Autoren danken an dieser Stelle dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, und vor allem Frau Attina Mäding vom Forschungsdatenzentrum, für die gute Zusammenarbeit.

2 An dieser Stelle kann nur auf die Umsatzproduktivität abgestellt werden, da die Arbeitsproduktivität aufgrund fehlender Wertschöpfungsdaten nicht ermittelt werden kann.