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Gesundheitsökonomische Daten: Anbieter und Verwendungsmöglichkeiten

Ökonomische Methoden spielen bei der Analyse der Gesundheitsversorgung mittlerweile eine große Rolle. Auf nationaler und internationaler Ebene besteht ein sehr umfangreiches Angebot an den dafür notwendigen gesundheitsökonomischen Daten. Für die einzelnen Bundesländer ist das Datenangebot dagegen noch lückenhaft. Nach und nach dürften aber auch hier immer mehr Kennzahlen verfügbar gemacht werden. Der folgende Beitrag stellt die wichtigsten internationalen und nationalen gesundheitsökonomischen Datenangebote dar und zeigt am Beispiel der Gesundheitsausgaben ihre konzeptionellen Grundlagen auf. Da die Gesundheitsausgaben als Indikator in der Gesundheitsökonomik eine wichtige Rolle spielen, wird auf die Interpretationsmöglichkeiten, aber auch -grenzen bei der Verwendung dieser Kennzahl besonders eingegangen.

Gesundheitsausgaben als zentrale gesundheitsökonomische Kenngröße

Seit den 90er-Jahren hat sich die Gesundheitsökonomik als eigenständige Sparte der Volkswirtschaftslehre etabliert. In ihr wird die Gesundheitsversorgung unter Anwendung wirtschaftswissenschaftlicher Konzepte analysiert. Kennzeichnend ist dabei, dass die Leistungen der Gesundheitsversorgung als Ergebnis eines Produktionsprozesses verstanden werden. In diesem Produktionsprozess werden Ressourcen eingesetzt, um die Leistungen der Gesundheitsversorgung zu erzeugen.

Die Grundlage für gesundheitsökonomische Analysen sind Daten zum Input und Output des gesundheitswirtschaftlichen Produktionsprozesses. Dabei kann es sich um Daten zu physischen oder monetären Kenngrößen handeln. Beispiele auf der Input-Seite sind die Zahl der behandelnden Ärzte oder die Personalausgaben der Krankenhäuser. Auf der Outputseite werden beispielsweise die Zahl der stationären Behandlungen oder die Ausgaben der Krankenkassen für bestimmte Leistungsarten als Indikatoren herangezogen. Da Behandlungen, also der Verbrauch des gesundheitswirtschaftlichen Outputs, in unterschiedlichem Ausmaß erfolgreich sind, wird zunehmend auch nach Maßzahlen für den Behandlungserfolg gesucht. Der Behandlungserfolg wird in Abgrenzung zum Output in der Literatur als »Outcome« bezeichnet. Beispiele für Outcome-Indikatoren sind Maße für die Sterblichkeit differenziert nach Krankheitsarten. In diesen Mortalitätskennzahlen soll sich der durch medizinische Behandlungen erreichte Zugewinn an Lebensjahren zeigen.

Vor besonderen Herausforderungen steht die Indikatorenbildung dann, wenn es darum geht, die Gesundheitsversorgung in ihrer Gesamtheit abzubilden. Auch auf aggregiertem Niveau kann theoretisch eine Input-, Output- und Outcomeseite der Gesundheitsversorgung unterschieden werden. Bislang wurde allerdings nur für die Output-Seite mit den sogenannten Gesundheitsausgaben ein Indikator entwickelt, der die Gesundheitsversorgung umfassend abbildet und ein Mindestmaß an Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Vergleichbarkeit gewährleistet. Auf der Input-Seite wird zwar häufig die Kenngröße »Gesundheitspersonal« als aggregierte Kenngröße verwendet und diese bezieht sich tatsächlich auf alle Bereiche der Gesundheitsversorgung. Beim Gesundheitspersonal handelt es sich aber nur um einen von mehreren »Produktionsfaktoren«, die zur Bereitstellung der Gesundheitsleistungen eingesetzt werden müssen. Durch diesen Indikator wird also nur ein Teil des Inputs erfasst.

Anders als beim Input und Output der Gesundheitsversorgung ist ein aggregiertes Maß für den Outcome der Gesundheitsversorgung noch nicht in Sicht. Zwar werden häufig Maße für die Lebenserwartung zu diesem Zweck herangezogen, neben der Gesundheitsversorgung wird die Lebenserwartung aber noch von einer Vielzahl anderer Faktoren beeinflusst. Als zuverlässiger Indikator für den Outcome der Gesundheitsversorgung scheidet sie damit aus.

Das System der Gesundheitskonten der OECD

Gesundheitsausgaben messen die finanziellen Aufwendungen, die für die Wiederherstellung und den Erhalt der Gesundheit der Einwohner eines Landes getätigt werden. Was sich so einfach anhört, setzt einen hohen Aufwand an konzeptionellen Vorarbeiten voraus. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat sich seit den 70er-Jahren mit dieser Thematik befasst und – inspiriert vom Kontensystem der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und aufbauend auf Vorarbeiten in einzelnen Ländern – eine Methode entwickelt, um die Gesundheitsausgaben eines Landes zu erfassen. Im Jahr 2000 wurde diese Konzeption unter der Bezeichnung »A System of Health Accounts« (SHA) veröffentlicht.1 Der darin entworfene Kontenrahmen wird als International Classification of Health Accounts (ICHA) bezeichnet. Die Systematik soll insbesondere dazu dienen, die nationalen Gesundheitsausgaben international vergleichbar zu machen.

Grundlegend für das System der Gesundheitskonten ist die Abbildung der Gesundheitsausgaben nach drei Dimensionen2 (Übersicht):

  • den »Funktionen« der Gesundheitsversorgung (»health care functions«, ICHA–HC)
  • den »Leistungserbringern« (»health care provider industries«, ICHA–HP)
  • und den »Kostenträgern« (»health care funding«, ICHA–HF)

Da alle 3 Dimensionen aufeinander bezogen werden können, kann im Idealfall die Frage »Wer zahlt für welche Leistungen wie viel an wen?« für den Bereich der Gesundheitsversorgung beantwortet werden.

Gesundheitsausgaben nach Funktionen der Gesundheitsversorgung

Die Dimension der Funktionen der Gesundheitsversorgung (»health care functions«) gibt Auskunft darüber, für welche Waren und Dienstleistungen die Gesundheitsausgaben getätigt werden. Grob unterscheidet die SHA-Systematik dabei zwischen Ausgaben für individuelle Gesundheitsleistungen (»private health expenditures«, HC.1 – HC.5), die von einzelnen Personen verbraucht werden, und »kollektive« Gesundheitsleistungen. Der Verbrauch der kollektiven Gesundheitsleistungen lässt sich einzelnen Personen nicht zuordnen. Beispiele sind Kampagnen zur gesundheitlichen Aufklärung. Insgesamt umfassen die kollektiven Gesundheitsleistungen lediglich die beiden Kategorien »Prävention und Gesundheitsschutz« sowie »Verwaltung und Versicherung der Gesundheitsversorgung«(HC.6 und HC.7).

Gesundheitsausgaben nach Leistungserbringern in der Gesundheitsversorgung

Gesundheitsbezogene Leistungen ein und derselben »Funktion« können von verschiedenen Einrichtungen erbracht werden: Kurative Leistungen, die der Wiederherstellung der Gesundheit dienen, beispielsweise stationär im Krankenhaus oder ambulant bei einem niedergelassenen Arzt. Mit der Differenzierung der Gesundheitsausgaben nach Leistungserbringern (»health care provider industries«) wird diesem Sachverhalt Rechnung getragen. Die Ausgaben werden derjenigen Einrichtung zugeordnet, in der eine Gesundheitsleistung erbracht wurde – unabhängig von der Art der Leistung.

Besondere Bedeutung besitzt die Einrichtungssystematik deshalb, weil sie eine institutionenbezogene Abgrenzung der Gesundheitsversorgung impliziert. Sie bildet damit das Bindeglied zwischen der Gesundheitsausgabenrechnung und anderen in der Wirtschaftsstatistik gebräuchlichen institutionenbezogenen Klassifikationssystemen wie beispielsweise der »Systematik der Wirtschaftszweige«. Auf diese Weise kann die einrichtungsbezogene Abgrenzung der Gesundheitsversorgung die Grundlage bilden für eine mit der Gesundheitsausgabenrechnung kompatible Erfassung weiterer gesundheitswirtschaftlicher Kennzahlen.

Die Unterscheidung nach Funktionen und nach Leistungserbringern wird nur für die sogenannten laufenden Gesundheitsausgaben (»total current health expenditures«) vorgenommen. Das sind die Ausgaben, die für den gegenwärtigen Verbrauch an Gesundheitsleistungen aufgewendet werden. Damit Gesundheitsleistungen jedoch auch in der Zukunft bereitgestellt werden können, müssen Investitionen in den Erhalt und den Ausbau der Versorgungsstrukturen vorgenommen werden. Rechnet man diese Investitionen zu den laufenden Gesundheitsausgaben dazu, dann ergeben sich die gesamten Gesundheitsausgaben (»total health expenditures«). Wenn der Begriff »Gesundheitsausgaben« ohne weitere Ergänzungen verwendet wird, dann handelt es sich in der Regel um dieses umfassende Ausgabenaggregat.

Die Investitionsausgaben werden mit anderen Ausgaben, die nur indirekt mit dem unmittelbaren Verbrauch von Gesundheitsleistungen in Zusammenhang stehen und als Ausgaben des erweiterten Leistungsbereichs bezeichnet werden, zur Gruppe der »Health related functions« (ICHA-HC.R) zusammengefasst. Zum erweiterten Leistungsbereich zählen beispielsweise Ausgaben für die Ausbildung in Gesundheitsberufen, Forschungs- und Entwicklungsausgaben im medizinischen Bereich, aber auch Ausgaben für Einkommensleistungen bei Krankheit.

Gesundheitsausgaben nach Kostenträgern der Gesundheitsversorgung

Durch die Dimension »Kostenträger« soll die Finanzierung der Gesundheitsversorgung transparent gemacht werden. Die Finanzierungsinstitutionen, wie zum Beispiel Krankenversicherungen oder die privaten Haushalte, werden allerdings nur in dem Umfang erfasst, in dem sie für den Verbrauch an Gesundheitsleistungen in der sogenannten »letzten Verwendung« aufkommen. Diese »letzte Verwendung« umfasst einerseits den Verbrauch von Gesundheitsleistungen durch den einzelnen Einwohner oder die Allgemeinheit. Andererseits werden ihr jedoch auch die gesundheitsbezogenen Investitionen zugerechnet. Die Kostenträger besitzen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Höhe der Gesundheitsausgaben, was die Darstellung der Gesundheitsausgaben nach der OECD-Kostenträgersystematik rechtfertigt. Die ökonomische Traglast, die mit den Gesundheitsausgaben verbunden ist, wird dadurch aber nicht vollständig wiedergegeben. Die privaten Haushalte und Organisationen ohne Erwerbszweck, der Staat und die Unternehmen tragen zwar tatsächlich die ökonomische Last der Ausgaben, mit denen sie erfasst werden. Bei den Versicherungen, die sich über Beiträge finanzieren, ist das aber nicht der Fall.

Das Datenangebot der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Die OECD unterhält ein breites (kostenpflichtiges) Datenangebot im Bereich der Gesundheitsstatistik. In der Datenbank »OECD Health Data« werden gesundheitsstatistische Daten für einen großen Teil der 30 OECD-Länder vorgehalten. Der Berichtszeitraum umfasst in der aktuellen Auflage von 2009 – eine Aktualisierung erfolgt jährlich im Juni – den Zeitraum von 1960 bis 2007. Der Indikatorenkatalog führt Daten zu den Gesundheitsausgaben in einer sehr viel tieferen Differenzierung als der dargestellten (Übersicht) auf. Im Einzelfall hängt das Datenangebot jedoch von der Bereitstellung der Daten durch die nationalen Statistikämter ab.

Häufig nachgefragte gesundheitsbezogene Daten aus der Datenbank »OECD Health Data« werden auf der Webseite der OECD kostenlos bereitgestellt.3 Teil dieses Angebots sind

  • die gesamten Gesundheitsausgaben,
  • die öffentlichen Gesundheitsausgaben,
  • Zuzahlungen der privaten Haushalte,
  • Ausgaben für Medikamente.

Darüber hinaus steht mit dem Webbook »Health at a Glance«, das in Auszügen Daten und Texte der gleichnamigen Print-Publikation bietet, ein weiteres kostenloses Angebot zur Verfügung.4

Ein zentrales Anliegen der OECD ist die internationale Vergleichbarkeit ihres Datenangebots. Bei den Gesundheitsausgaben hängt die Vergleichbarkeit stark vom Grad der Implementierung des »System of Health Accounts« in den einzelnen Ländern ab. Zwar liefern 26 der 30 OECD-Länder Daten für die Gesundheitsausgaben gemäß der OECD-Systematik, eine völlige Vergleichbarkeit ist trotzdem nicht in allen Fällen gegeben. Zu Abweichungen von der OECD-Systematik kommt es häufig durch5:

  • Unterschiede bei der Abgrenzung der Gesundheitsversorgung, insbesondere im Hinblick auf die »Langzeitpflege« (»long-term care«, HC.3)
  • Unterschiede bei der Schätzung der privaten Gesundheitsausgaben (HF.2), beispielsweise der direkten Gesundheitsausgaben der privaten Haushalte oder der Arbeitgeberbeiträge,
  • Bewertungsunterschiede, wenn für bestimmte Gesundheitsleistungen keine Preise existieren. Das ist bei vielen »kollektiven« Leistungen der Gesundheitsversorgung der Fall, aber auch bei kostenlosen persönlichen Gesundheitsleistungen für Bedürftige, beispielsweise von Wohlfahrtsorganisationen oder Kirchen.

Detaillierte Angaben zu länderspezifischen Einschränkungen der Vergleichbarkeit bei den Gesundheitsausgaben sind auf der Webseite »Country-specific Information on Health Expenditure and Finance Data« zu finden.6

Die Gesundheitsausgaben pro Kopf als Maß für die Gesundheitsversorgung

Bei internationalen Vergleichen wird häufig das Merkmal »Gesundheitsausgaben pro Kopf« als Maß für den Umfang der Gesundheitsversorgung herangezogen. Die OECD stellt diesen Indikator bereinigt um Währungs- und Kaufkraftunterschiede in der Einheit »US-Dollar in Kaufkraftparitäten« (US-Dollar purchasing power parity, US-Dollar PPP) zur Verfügung. Zwischen den einzelnen Ländern werden dabei erhebliche Unterschiede sichtbar (Schaubild 1). So waren die Ausgaben in den Vereinigten Staaten 2007 mit 7 290 US-Dollar PPP je Einwohner mehr als doppelt so hoch wie die Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben in Deutschland (3 588 US-Dollar PPP). Bedeutet dies nun, dass die US-Bürger im Schnitt mehr als doppelt so viele Gesundheitsleistungen verbrauchten wie der durchschnittliche Deutsche?

Als monetäres Maß für den Output der Gesundheitsversorgung hängen Gesundheitsausgaben nicht nur vom Umfang der physisch erbrachten Gesundheitsleistungen ab, sondern auch vom Preis bzw. der Bewertung dieser Leistungen. Der Zusammenhang zwischen den physischen Leistungen und den Gesundheitsausgaben ist dabei sehr viel lockerer als vielfach angenommen. Auf vielen Märkten für Gesundheitsleistungen liegen die Preise für die Gesundheitsleistungen über dem (effizienten) Wettbewerbspreis, der sich bei vollständiger Konkurrenz ergeben würde. Die Höhe der Gesundheitsausgaben hängt damit immer auch von der Marktmacht der Leistungsanbieter auf den jeweiligen Leistungsmärkten ab. Im Fall der USA gilt deshalb: Die US-Amerikaner konsumieren nicht doppelt so viele (oder so gute) Gesundheitsleistungen wie die Deutschen, sie bezahlen nur deutlich höhere Preise.7

Auch die Veränderung des realen Leistungsangebots lässt sich anhand der Gesundheitsausgaben nur schwer einschätzen. Zwar stellt die OECD preisbereinigte Veränderungsraten für die Gesundheitsausgaben bereit. Die Preisbereinigung erfolgt jedoch mit Hilfe von gesamtwirtschaftlichen Deflatoren, weil entsprechende Bereinigungsfaktoren für gesundheitsbezogene Waren und Dienstleistungen bislang noch fehlen. Da die Preise für Gesundheitsleistungen in der Regel schneller steigen als das gesamtwirtschaftliche Preisniveau, wird durch die realen Veränderungsraten der Gesundheitsausgaben die Zunahme des physischen Leistungsangebots tendenziell überschätzt.

Die Gesundheitsausgabenquote als Indikator für den gesundheitsbezogenen Ressourceneinsatz

Die Gesundheitsausgabenquote setzt die Gesundheitsausgaben in Beziehung zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Über die bloße Standardisierung hinausgehend wird die Gesundheitsausgabenquote auch als Maß für den Ressourceneinsatz für die Gesundheitsversorgung interpretiert. Dabei handelte es sich aufgrund des Outputbezugs der Gesundheitsausgaben aber nicht um den Einsatz physischer Ressourcen auf der Input-Seite des Leistungserstellungsprozesses. Vielmehr geben die Gesundheitsausgaben den Umfang der finanziellen Ressourcen wieder, die für die Gesundheitsversorgung aufgewendet werden. Da es sich bei der Bezugsgröße der Gesundheitsausgabenquote, dem Bruttoinlandsprodukt, um ein Inlands- und nicht um ein Inländeraggregat handelt, entspricht die Gesundheitsausgabenquote dem Anteil an allen im Inland erwirtschafteten finanziellen Ressourcen, die für die Gesundheitsversorgung eingesetzt werden.

Zähler (Gesundheitsausgaben) und Nenner (nominales Bruttoinlandsprodukt) der Gesundheitsausgabenquote sind damit aber nicht völlig konsistent, denn die Gesundheitsausgaben beruhen auf dem Inländerkonzept. Zudem geht in das Bruttoinlandsprodukt neben den Komponenten der letzten Verwendung (privater Konsum, Konsum des Staates, Bruttoinvestitionen) auch der Außenbeitrag ein. Durch den Außenbeitrag werden die Aggregate der letzten Verwendung um die (implizit enthaltenen) Ausgaben für Importgüter bereinigt und um die vom Ausland zugeflossenen Ausgaben für exportierte Güter ergänzt. Bei den Gesundheitsausgaben fehlt eine dem Außenbeitrag entsprechende Komponente. Die implizit enthaltenen Ausgaben für importierte Gesundheitsleistungen werden nicht bereinigt, die Exporte von Gesundheitsleistungen nicht berücksichtigt. Bei Ländern mit einem negativen Außenbeitrag kommt es dadurch tendenziell zu einer Überschätzung des tatsächlichen Ressourceneinsatzes für die Gesundheitsversorgung durch die Gesundheitsausgabenquote, bei Ländern mit einem positiven Außenbeitrag kommt es zu einer Unterschätzung. Der Unterschied zwischen den USA (negativer Außenbeitrag) und Deutschland (positiver Außenbeitrag) dürfte im Hinblick auf den Ressourceneinsatz für die Gesundheitsversorgung deshalb nicht ganz so groß sein, wie er durch den Unterschied bei der Gesundheitsausgabenquote – Vereinigte Staaten 16 % gegenüber Deutschland 10,4 % – erscheint.

Häufig wird die Gesundheitsausgabenquote als Schätzgröße für den Wertschöpfungsanteil des Gesundheitssektors herangezogen. Neben der Tatsache, dass Exporte von Gesundheitsleistungen bei den Gesundheitsausgaben nicht berücksichtigt werden und eine Bereinigung um die implizit enthaltenen Ausgaben für Importgüter nicht erfolgt, spricht vor allem die fehlende Bereinigung um (branchenfremde) Vorleistungen gegen diese Interpretation. Hinzu kommt, dass durch die Gesundheitsausgaben nur die letzte Verwendung von Gesundheitsleistungen abgebildet wird. Gesundheitswirtschaftliche Vorleistungsindustrien wie die Pharmaindustrie, die Hersteller von Medizintechnik, der Großhandel mit medizinischen Gütern sowie medizinische Laboratorien werden implizit nur soweit berücksichtigt, wie ihre Leistungen in die gesundheitsbezogene letzte Verwendung durch die Inländer eingehen.

Das Datenangebot in Deutschland: die Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Für Deutschland findet das Sammeln, Aufbereiten und Veröffentlichen von gesundheitsökonomischen Daten im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes durch das Statistische Bundesamt statt. Auf der Webseite der Gesundheitsberichterstattung8 werden Daten zu den Gesundheitsausgaben nach den drei Dimensionen des Systems der Gesundheitskonten der OECD ab dem Jahr 1992 veröffentlicht. Bei jeder der drei Dimensionen kann im Hinblick auf die Untergliederung außerdem zwischen einer mit den OECD-Daten vergleichbaren Abgrenzung und einer speziell auf die Verhältnisse in Deutschland zugeschnittenen Abgrenzung (»Gesundheitsausgabenrechnung«) gewählt werden. Unterschiede zwischen den beiden Darstellungsvarianten zeigen sich dabei vor allem in der Feinaufteilung. Während beispielsweise die OECD-Gliederung nach Funktionen in tiefer Differenzierung zwischen ambulanten und stationären Leistungen unterscheidet, nimmt die Gesundheitsausgabenrechnung eine solche Unterscheidung nicht vor. Damit kann aus der Gesundheitsausgabenrechnung nicht entnommen werden, ob eine Behandlung im Krankenhaus stationär oder ambulant erbracht wurde. Andererseits geht die Gesundheitsausgabenrechnung in einigen Punkten über die Erfordernisse des System of Health Accounts hinaus. So bildet die Gesundheitsausgabenrechnung die Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in Krankenhäusern explizit ab9 (Schaubild 2).

Eng mit der Gesundheitsausgabenrechnung verbunden sind die Gesundheitspersonalrechnung und die Krankheitskostenrechnung für Deutschland. Im Rahmen der Gesundheitspersonalrechnung wird die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitswesen unter anderem nach Einrichtungen, beginnend mit 1997, dargestellt. Das Gesundheitspersonal umfasst dabei alle im Gesundheitswesen tätigen Personen, unabhängig davon, welchen Beruf sie ausüben. Gezählt werden Beschäftigungsfälle. Personen mit mehreren Arbeitsverhältnissen in verschiedenen Einrichtungen werden also mehrfach gezählt. Die Einrichtungsdimension in der Gesundheitspersonalrechnung berücksichtigt, anders als die Einrichtungsdimension in der Gesundheitsausgabenrechnung, die »Vorleistungsindustrien des Gesundheitswesens«.

Die Krankheitskostenrechnung liefert seit 2002 im 2-jährigen Rhythmus Angaben darüber, wie stark die deutsche Volkswirtschaft durch Krankheiten und deren Folgen belastet wird. Es werden nur solche Kosten berücksichtigt, die aus den laufenden Gesundheitsausgaben einzelnen Krankheitsgruppen zugerechnet werden können. Auch die krankheitsspezifischen Kosten werden unter anderem nach Einrichtungen aufgeschlüsselt.

Das Datenangebot von Eurostat: Daten zur »öffentlichen Gesundheit«

Das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) stellt Daten zu den Gesundheitsausgaben für die Mitgliedsländer der Europäischen Union sowie für Norwegen, Island, Japan und die Vereinigten Staaten unter der Rubrik »öffentliche Gesundheit« zur Verfügung.10 Eurostat folgt in der Darstellung der Gesundheitsausgaben der OECD-Systematik. In seiner Tiefe und der Vielzahl der angebotenen Indikatoren geht das Datenangebot sogar deutlich über das frei verfügbare Datenangebot der OECD hinaus (Tabelle). Allerdings setzt das Datenangebot zu den Gesundheitsausgaben erst mit dem Jahr 2003 ein, und es müssen bei der Aktualität der Daten gegenüber dem OECD-Angebot Abstriche gemacht werden.

Gesundheitsausgaben und -personal: Noch ist das Datenangebot für die Bundesländer lückenhaft

Bislang steht ein abgestimmtes Datenangebot für die Gesundheitsausgaben und das Gesundheitspersonal für alle Bundesländer noch aus. Für Baden-Württemberg hat das Statistische Landesamt Baden-Württemberg 2009 mit der Broschüre »Gesundheitsökonomische Indikatoren für Baden-Württemberg« zum 2. Mal nach 2008 Daten vorgelegt, die mit den entsprechenden Zahlen für Deutschland vergleichbar sind. Allerdings umfasst das Datenangebot für Baden-Württemberg bei den Gesundheitsausgaben lediglich die Dimension der »Ausgabenträger« aus der Gesundheitsausgabenrechnung des Statistischen Bundesamts. Dies entspricht zwar der »Kostenträger«-Dimension in der OECD-Systematik, weist aber eine abweichende Untergliederung auf. Ähnliches gilt für die Daten zum Gesundheitspersonal für Baden-Württemberg. Auch dort stimmt die Abgrenzung nach »Einrichtungen« mit der entsprechenden Dimension der Gesundheitspersonalrechnung des Statistischen Bundesamtes überein. Sie ist jedoch mit der Dimension »Einrichtungen« der Gesundheitsausgabenrechnung nur eingeschränkt vergleichbar, und deutliche Abweichungen zeigen sich beim Vergleich mit den »Leistungserbringern« der OECD-Systematik.

Dem noch bescheidenen Angebot an aggregierten gesundheitsökonomischen Daten auf Länderebene steht jedoch eine hohe Datennachfrage gegenüber. Schließlich gilt »Gesundheit« als Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor der Zukunft. Über kurz oder lang wird deshalb auch auf Länderebene zumindest das Angebot an Daten zu Gesundheitsausgaben und -personal steigen.