:: 5/2010

Südafrika im Fokus der Öffentlichkeit

Fußballfans der ganzen Welt haben sich den Termin schon dick im Kalender eingetragen: Vom 11. Juni 2010 bis zum 11. Juli 2010 ist wieder Fußballweltmeisterschaft. Dann wird zum 1. Mal überhaupt ein WM-Ball auf Afrikas Boden rollen. Doch die Nervosität in Südafrika vor dem größten Sportereignis auf afrikanischem Boden wächst, denn der Kartenverkauf ist schleppend und es gibt beunruhigende Berichte über Kriminalität und Gewalt. Die ökonomischen Erwartungen, in dem mit knapp 49 Mill. Einwohnern viertgrößten Land Afrikas, klingen zunehmend gedämpfter.

Südafrika, die Regenbogennation

Jahrzehntelang und aus dem Gefängnis heraus hat Nelson Mandela für die Befreiung Südafrikas vom Regime der Rassendiskriminierung (Apartheid) gekämpft – aus Liebe zu seinem Volk und von der Gerechtigkeit der Sache überzeugt. »Ich glaube, dass Südafrika der wunderschönste Platz auf Erden ist«, schwärmte der erste schwarze Präsident des Landes. »Zugegeben, ich bin voreingenommen, aber wenn man die naturgegebene Schönheit Südafrikas mit der Freundlichkeit und kulturellen Vielfalt unseres Volkes zusammenzählt, so denke ich, muss selbst der größte Skeptiker zugeben, dass wir mit einem wahrlich wunderbaren Land gesegnet sind.« Treffender kann man Südafrika, das mit 1,2 Mill. km2 ungefähr 3,5-mal so groß wie Deutschland ist, wohl nicht beschreiben.

Hinter Nigeria (140 Mill.), Ägypten und Äthiopien (jeweils rund 80 Mill.) hat das Land mit knapp 49 Mill. die meisten Einwohner auf dem afrikanischen Kontinent. Über die Hälfte der Südafrikaner lebt in Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern, die meisten davon in den großen Ballungszentren. Die bevölkerungsreichsten Städte Südafrikas sind Kapstadt, Durban, Johannesburg, Soweto und Pretoria.

Während die Hauptstadt und der Regierungssitz Pretoria im Nordosten des Landes liegt, befindet sich der Sitz des Parlaments in Kapstadt im Südwesten. Kapstadt ist die eigentliche Geburtsstätte der Republik Südafrika. Hier landeten vor ca. 350 Jahren die ersten Siedler aus Holland und lösten damit die Eroberung des heutigen Staatsgebiets durch Weiße aus. Die exponierte Lage der Kaphalbinsel zwischen Indischem Ozean und Atlantik, ihr mildes Klima und der fruchtbare Boden machten sie über Jahrhunderte zum Zankapfel zwischen den Niederlanden und England.

Der Staat am Kap der Guten Hoffnung wird wegen seiner ethnischen Vielfalt auch als Regenbogennation bezeichnet. Mehrheitlich sind mit 39 Mill. bzw. knapp 80 % die Einwohner Schwarze. Es folgen jeweils rund 4,5 Mill. Weiße und »Coloured People«. 1 Mill. Einwohner sind indischer bzw. asiatischer Herkunft.

Es gibt 11 offizielle Sprachen in Südafrika. Afrikaans, die Sprache der Buren, und Englisch, die Sprache der langjährigen Kolonialmacht, sind 2 von ihnen. Die Schwarzafrikaner gehören 9 verschiedenen Volksgruppen an. Offizielle Landessprachen sind daher neben Afrikaans und Englisch auch die 9 Stammessprachen. So groß der Unterschied zwischen den Ethnien und Sprachen auch ist, die Religion verbindet. Südafrika ist nämlich größtenteils christlich geprägt, eine Folge jahrhundertelanger Missionsarbeit.

Die Apartheid wurde 1990 nach einem langen und oft gewaltsamen Kampf aufgehoben. Die Politik der Rassentrennung diente dem Ziel, die politische und wirtschaftliche Herrschaft der weißen Minderheit zu sichern. Heute, 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid, ist das Land dennoch weit vom Ideal einer multikulturellen Gesellschaft entfernt.

Wie alle afrikanischen Länder besitzt auch Südafrika eine sehr junge Bevölkerung. Der Anteil der unter 15-Jährigen an der Gesamtbevölkerung ist dabei mit über 31 % mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise in Baden-Württemberg. Mit einer durchschnittlichen Kinderzahl je Frau von rund 2,7 übertrifft das Land die bestandserhaltende Rate von etwa 2,0 Kindern je Frau beträchtlich.

AIDS kein Tabu mehr

Bald werden viele sportbegeisterte Besucher durch das Land reisen. Dann gehen Fernsehbilder, die auch Südafrikas landschaftliche Schönheit widerspiegeln, um die Welt. Und natürlich möchte sich der Kap-Staat dann im besten Licht präsentieren. Gleichwohl, einige Probleme kann auch kein internationales Sportereignis vergessen machen: Armut und Krankheit, Kriminalität und Gewalt.

Die »Geißel des schwarzen Kontinents« hat Südafrika fest im Griff. Insgesamt sind gut 5 der knapp 49 Mill. Südafrikaner mit HIV infiziert, also etwas mehr als jeder 10. im Land. Keine andere Nation weltweit ist damit so massiv von AIDS betroffen wie Südafrika. Nachdem die Regierung das Thema jahrelang totgeschwiegen hatte, geht sie jetzt offensiver damit um. AIDS ist zwar immer noch keine normale Krankheit, doch sie wird mittlerweile als solche in ganz Südafrika behandelt. Mit Erfolg: Die Zahl der Neuinfektionen sinkt.

Problem Gewaltkriminalität

Mit mehr als 50 000 Polizisten will Südafrika während der WM für Sicherheit und Ordnung sorgen, über 100 Mill. Euro wurden schon dafür investiert. Ausschreitungen südafrikanischer Anhänger sind kaum zu befürchten, sie gelten als wenig aggressiv. Aber die Organisatoren warnen ausländische Fans vor den Slums der Großstädte und vor den bitter armen Townships von Johannesburg oder Kapstadt. Nach der Statistik gibt es in Südafrika 25-mal mehr Morde als in Deutschland.

Schlechte Arbeitsmarktsituation

Das Land am Kap gilt als wirtschaftliche Lokomotive für den afrikanischen Kontinent. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von gut 200 Mrd. Euro ist die Wirtschaft Südafrikas mit deutlichem Vorsprung die größte unter den 53 Ländern Afrikas. Es folgen mit einigem Abstand die 2 OPEC-Länder Nigeria und Algerien. Diese 3 Länder zusammen erzielen immerhin rund 50 % der wirtschaftlichen Leistung des ganzen Kontinents. In seiner Größe ist das Bruttoinlandsprodukt Südafrikas in etwa vergleichbar mit Dänemark bzw. Griechenland.

Nach Jahren des wirtschaftlichen Wachstums von bis zu 6 % ist das Land am Kap 2009 auch von den Turbulenzen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erfasst worden. Dadurch hat die konjunkturelle Entwicklung 2009 um knapp 2 % abgenommen. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, ein Indikator für die Wirtschaftskraft und die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, betrug 2008 in Südafrika knapp 4 000 Euro. Damit übertraf das Land den Afrika-Durchschnitt um rund das 3,5-fache. Dieser für afrikanische Verhältnisse hohe Wohlstand hat Südafrika unter anderem dem Reichtum an Rohstoffen wie zum Beispiel Gold und Diamanten zu verdanken.

Sorge bereitet weiterhin die hohe Arbeitslosigkeit, die sich seit Jahren bei über 20 % hält. Während die weiße Bevölkerung mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt unter 5 % kaum von der Arbeitslosigkeit betroffen ist, ist die Quote der schwarzen Bevölkerung um ein Vielfaches höher. Ganz dramatisch ist die Arbeitsmarktsituation für die Jugend Südafrikas. So hat annähernd jeder zweite junge Mensch keinen Job.

Für Nelson Mandela ist Südafrika der »wunderschönste Platz auf Erden«. Doch neben weitgehend unberührter Natur und einer kulturellen Vielfalt stellen für Südafrika, 2 Jahrzehnte nach Ende der Apartheid, auch immer noch Armut, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Gewalt große Herausforderungen dar. Die Zukunft Südafrikas wird entscheidend davon abhängen, inwieweit die südafrikanische Regierung diese grundlegenden Probleme des Landes lösen wird. Allerdings entwickelt sich die gesellschaftlich fortschrittlichste und wirtschaftlich stärkste Nation Afrikas weiter und nicht zuletzt die Fußball-WM 2010 bietet Südafrika neue Perspektiven und Chancen.