:: 6/2010

Beitrag der Abfallwirtschaft zu Ressourcenschonung und Klimaschutz

In den letzten Jahren erfolgte eine völlige Abkehr von der Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle. Im Gegenzug wurde die stoffliche, biologische oder thermische Verwertung sowie die Verbrennung der Restabfälle in Müllverbrennungsanlagen mit Nutzung der Abwärme für die Strom- und Fernwärmegewinnung weit vorangebracht. Damit ist ein beträchtlicher Klimaschutzeffekt verbunden. So sind die aus Deponien in Baden-Württemberg entstandenen Methanemissionen gemessen am Referenzjahr 1990 um 3,5 Mill. Tonnen auf 700 000 Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2008 zurückgegangen.

Zusätzlich zu diesem direkten Effekt bewirken die aus der thermischen Verwertung und Behandlung von Siedlungsabfällen gewonnenen Strom- und Wärmemengen, das stoffliche Recycling und die biologische Verwertung der im Land getrennt gesammelten Wertstoffe bzw. Bio- und Grünabfälle eine erhebliche indirekte Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Dennoch existieren weitere Ansatzpunkte für eine Steigerung dieser indirekten Klimaschutzeffekte durch Optimierung der abfallwirtschaftlichen Maßnahmen.

Vermeidung von Treibhausgasemissionen als abfallwirtschaftliches Ziel

Die Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft hin zu einer Ressourcen schonenden und die Umwelt möglichst wenig belastenden Kreislaufwirtschaft ist das Ziel zahlreicher politischer Initiativen. Sie ist auch Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie für Baden-Württemberg. Ebenso verfolgt die europäische Abfallrahmenrichtlinie, die gegenwärtig durch Novellierung des deutschen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes in nationales Recht umgesetzt wird, die Stärkung von Abfallvermeidung und -verwertung und damit erreichbare Verbesserungen beim Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz. Angestrebt wird vor allem die Stärkung des stofflichen Recyclings und die möglichst effiziente energetische Nutzung nicht stofflich verwerteter Abfälle. Dabei sind sowohl ökologische als auch ökonomische Belange zu berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten stellt sich die Frage nach dem aktuellen Beitrag der Abfallwirtschaft zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz. Die durch abfallwirtschaftliche Maßnahmen erzielten Effekte zur Steigerung der Ressourcenproduktivität und zur Vermeidung von klimarelevanten Treibhausgasemissionen sind deshalb zunehmend wichtige Indikatoren zur Beurteilung der abfallwirtschaftlichen Entwicklung. Im Folgenden wird die durch stoffliche und thermische Verwertung von Siedlungs- und Biomasseabfällen sowie durch Einstellung der Deponierung organischer Abfälle in Baden-Württemberg erreichte Vermeidung von Treibhausgasemissionen dargestellt. Die im Einzelnen betrachteten Teilbereiche der Abfallverwertung lassen auch Ansatzpunkte für weitere nutzbare Potenziale erkennen.

Siedlungsabfälle zu 73 % verwertet – Restabfälle thermisch behandelt

Das gesamte Abfallaufkommen summierte sich 2008 in Baden-Württemberg auf 40,8 Mill. Tonnen. Die mit Abstand größte Teilmenge des Gesamtabfallaufkommens (30,8 Mill. Tonnen) besteht aus Bodenaushub, Bauschutt und Straßenaufbruch. Rund 83 % dieser Baumassenabfälle wurden 2008 einer Verwertung zugeführt. Die abfallwirtschaftlichen Anstrengungen richten sich hier auf die Erprobung und Umsetzung möglichst hochwertiger Ressourcen schonender Verwertungswege. Derzeit wird noch gut die Hälfte der verwerteten Menge für die Verfüllung übertägiger Abbaustätten eingesetzt. Die Entsorgung der Baumassenabfälle und die dabei erzielten Effekte der Ressourcenschonung werden hier nicht weiter behandelt.

Das Aufkommen an Siedlungsabfällen in Baden-Württemberg machte 2008 mit knapp 6 Mill. Tonnen rund 15 % des Gesamtabfallaufkommens aus. Entsprechend dem seit Juni 2005 gültigen Verbot der Deponierung organischer Abfälle wurden 2008 nur noch rund 42 000 Tonnen überwiegend mineralischer Siedlungsabfälle auf Deponien im Land abgelagert. Knapp 1,6 Mill. Tonnen der Siedlungsabfälle (26 %) wurden in Abfallverbrennungsanlagen unter Nutzung des Wärmegehalts für die Strom- und Wärmegewinnung thermisch behandelt. Rund 4,3 Mill. Tonnen oder annähernd drei Viertel der Gesamtmenge wurden stofflich bzw. biologisch verwertet oder in Feuerungsanlagen zur Energiegewinnung eingesetzt. Auf der ersten Entsorgungsstufe einer biologisch-mechanischen Behandlung zugeführt wurden rund 100 000 Tonnen der 2008 in Baden-Württemberg erfassten Siedlungsabfälle. Die gesamte auf die Siedlungsabfälle bezogene Verwertungsquote lag 2008 im Land bei gut 73 %.

Die folgenden Betrachtungen der durch Abfallverwertungsmaßnahmen erzielten Klimaschutzeffekte beziehen außer den Siedlungsabfällen auch die weitgehend aus Biomasse bestehenden Teilmengen der Abfälle aus Produktion und Gewerbe sowie die Klärschlämme mit ein. Zusätzlich zu den rund 6 Mill. Tonnen an Siedlungsabfällen waren das 2008 in Baden-Württemberg rund 1,3 Mill. Tonnen überwiegend organischer Abfälle (Klärschlämme aus der Abwasserreinigung und andere biogene Abfälle), die für die Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt wurden. Auch für diese Teilmenge werden die bei ihrer Verwertung verursachten bzw. vermiedenen Treibhausgasemissionen bilanziert.

Getrennte Erfassung von Bio- und Grünabfällen stagniert bei 1,3 Mill. Tonnen

Die getrennte Erfassung von Grünabfällen sowie die in einer speziellen Biotonne gesonderte Einsammlung von Bioabfällen wurden Anfang der 90er-Jahre vorrangig zur Reduzierung der Menge an Restabfällen aus Haushalten und Kleingewerbebetrieben eingeführt. Bereits bis zum Jahr 2000 konnte nach schrittweise erfolgtem Ausbau im Wesentlichen das heutige Erfassungsniveau realisiert werden. Seither fanden eher noch vereinzelt ergänzende Maßnahmen zur Steigerung der getrennt erfassten Bio- und Grünabfallmengen statt. Abgesehen von gewissen Schwankungen war in den zurückliegenden 8 Jahren deshalb kein wesentlicher Anstieg der Mengen mehr zu verzeichnen. Aktuell wird die getrennte Erfassung und Verwertung von Bio- und Grünabfällen in erster Linie unter dem Aspekt der energetischen und stofflichen Nutzung diskutiert. Dabei wird zum einen intensiv nach Wegen zu einer möglichst umfassenden getrennten Erfassung dieser biogenen Fraktionen gesucht und zum anderen eine unter Aspekten des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung optimale Nutzung angestrebt. Dabei wird zunehmend die sogenannte Kaskadennutzung favorisiert, das heißt die kombinierte energetische und stoffliche Nutzung der biogenen Abfälle.

2008 wurden in Baden-Württemberg rund 440 000 Tonnen an Bioabfällen und 850 000 Tonnen Grünabfälle getrennt erfasst. Zur Einordnung des erreichten Standes der getrennten Erfassung ist ein regionaler Vergleich hilfreich. In 32 Kreisen des Landes erfolgte 2008 flächendeckend die getrennte Bioabfallsammlung, bei einer Streubreite von 10 bis über 120 Kilogramm je Einwohner und Jahr. Auch zwischen den Bundesländern bestehen erhebliche Unterschiede. Baden-Württemberg rangiert mit den zuletzt durchschnittlich je Einwohner erfassten 41 Kilogramm deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 50 Kilogramm. In Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein werden Biomüllmengen von über 70 Kilogramm je Einwohner getrennt erfasst. Dies lässt erkennen, dass noch deutliche Optimierungen und damit eine Steigerung der getrennt erfassten Biomüllmenge im Land möglich sind.

Bei den Grünabfällen rangiert Baden-Württemberg mit 79 Kilogramm je Einwohner 2008 im vorderen Feld aller Bundesländer. Die durchschnittlich erfasste Menge wird nur in Niedersachsen, Bayern und dem Saarland übertroffen. Abgesehen von den Stadtstaaten streut die Pro-Kopf-Menge bundesweit auf Länderebene zwischen 90 Kilogramm in Niedersachsen und rund 20 Kilogramm in Sachsen. Der Bundesdurchschnitt liegt aktuell bei rund 50 Kilogramm je Einwohner.

Bio- und Grünabfälle überwiegend kompostiert

Die Verwertung der im Land getrennt erfassten Bioabfälle erfolgt nicht vollständig in baden-württembergischen Anlagen. Von den insgesamt 440 000 Tonnen wurden rund 50 000 Tonnen außerhalb des Landes entsorgt. In Vergärungs- bzw. Biogasanlagen im Land wurden 2008 gut 110 000 Tonnen der getrennt erfassten Bioabfälle verwertet. Die übrige Menge (280 000 Tonnen) gelangte in Bioabfallkompostierungsanlagen mit Standort in Baden-Württemberg. Bei den außerhalb des Landes behandelten Bioabfällen ist nicht im Einzelnen bekannt, in welcher Art von Anlage die Behandlung erfolgte. Unter der Annahme, dass es sich dabei durchgängig um Kompostierungsanlagen handelt, errechnet sich bezogen auf 2008 ein Anteil der Vergärungs- und Biogasanlagen von rund 25 %.

Von den getrennt erfassten rund 850 000 Tonnen an Grünabfällen wurden gut 110 000 Tonnen thermisch verwertet. Diese Teilmenge wird bei den später getrennt betrachteten für die Energiegewinnung thermisch genutzten Abfällen mit einbezogen. Die verbleibenden rund 740 000 Tonnen wurden 2008 nahezu vollständig kompostiert und zwar überwiegend in offenen Grünabfallkompostierungsanlagen oder Häckselplätzen.

Bei der Bio- und Grünabfallbehandlung werden einerseits direkt Treibhausgasemissionen in Form von Methan und/oder Lachgas (N2O) verursacht. Je nach Art der Anlage, ob es sich um eine offene oder geschlossene Kompostierung oder um Vergärungs-/Biogasanlagen handelt, streuen die nach aktuellem Kenntnisstand verursachten Methan- bzw. Lachgasemissionen beträchtlich. Insgesamt errechnen sich für die in Baden-Württemberg getrennt erfassten Bio- und Grünabfallmengen Treibhausgasemissionen in Höhe von 93 000 Tonnen CO2-Äquivalente. Dabei sind im Durchschnitt pro Tonne Bioabfall 80 Kilogramm CO2-Äquivalente und je Tonne Grünabfall 72 Kilogramm CO2-Äquivalente veranschlagt.

Vermeidung von Emissionen durch Biogas- und Kompostgewinnung

Andererseits wird durch die in Biogasanlagen gewonnene Menge an Strom bzw. Wärme sowie durch die mit dem gewonnenen Kompost (den Gärrückständen) erreichte Substitution von Düngemitteln und Torf bzw. Substraten ein Effekt der Vermeidung von Treibhausgasemissionen (insbesondere CO2) erzielt. Gemäß einer aktuellen Studie über Klimaschutzpotenziale der Abfallwirtschaft1 ist dabei im Bundesdurchschnitt derzeit von einem Vermeidungseffekt in der Größenordnung von zusammen 73 Kilogramm je Tonne Bioabfall bzw. 58 Kilogramm je Tonne Grünabfall auszugehen. Bei Annahme der in dieser bundesweiten Untersuchung zugrunde gelegten Entsorgungsstrukturen bewirkt die biologische Verwertung der im Land 2008 getrennt erfassten Bio- und Grünabfalle eine Vermeidung von 83 000 Tonnen CO2-Äquivalente. Dies kann eher als untere Grenze angesehen werden, da der Anteil der Vergärung in Baden-Württemberg mit 25 % spürbar höher liegt als der im oben genannten bundesweiten Berechnungsszenario mit 15 % angenommene Anteil.

In der Gesamtbetrachtung der durch biologische Verwertung verursachten und vermiedenen Emissionen wird deutlich, dass durch die aktuell praktizierte Bio- und Grünabfallverwertung noch ein per Saldo negativer Emissionsbeitrag entsteht. Durch die mögliche Erhöhung des Anteils der in Biogasanlagen genutzten Bio- und Grünabfälle, verbunden mit einer optimierten Stoffstromtrennung, bei der Grünabfälle auch verstärkt zur Energiegewinnung herangezogen werden sollten, ließe sich der Beitrag zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen durch die Nutzung von Bio- und Grünabfällen auf mehr als das 3- bzw. sogar 4-fache des derzeitigen Wertes steigern. Damit würde auch per Saldo ein erheblicher positiver Beitrag zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen erreicht.

Hohes Klimaschutzpotenzial der stofflichen Verwertung von Wertstoffen

Auch die stoffliche Verwertung getrennt erfasster sowie aus Siedlungsabfällen aussortierter Wertstoffe trägt in hohem Umfang zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen bei. Hinzu kommt der Effekt der direkten Ressourcenschonung. 2008 wurden im Land annähernd 1,8 Mill. Tonnen Wertstoffe einer stofflichen Verwertung zugeführt. Das waren pro Einwohner fast 168 Kilogramm an Altpapier (PPK), gebrauchten Verpackungen, Altglas, Altholz, Metallen und anderen Wertstoffen. Durch die stoffliche Verwertung dieser Wertstoffe wurden Treibhausgasemissionen von zusammen rund 1 Mill. Tonnen CO2-Äquivalente vermieden. Die Vermeidungspotenziale der einzelnen Stoffgruppen unterscheiden sich dabei beträchtlich.

Altpapier wird nach einer Sortierung in Papierfabriken aufbereitet und zu Altpapierfasern (Sekundärfasern) verarbeitet. Das Altpapierrecycling führt zur Vermeidung der Herstellung von Primärfasern aus Industrieholz und somit zu Energieeinsparungen sowie zusätzlich zur Schonung der Ressource Holz. Gleiches gilt auch für das Glasrecycling: Altglas wird aufbereitet und in Glashütten verwertet, wodurch Primärrohstoffe für die Glasherstellung ersetzt werden und anteilig Energie eingespart wird, da die Altglasscherben gegenüber Rohmaterial einen geringeren Schmelzaufwand zur Glasherstellung erfordern. Gemischte Verpackungen bestehen aus sehr unterschiedlichen Materialien. Die nach der Sortierung gewonnenen Mengen an Kunststoffen, Verbundstoffen, Aluminium und Weißblech werden auf sehr unterschiedliche Weise stofflich verwertet. Auch dadurch werden – wenn auch in vergleichsweise geringerem Umfang – der Einsatz von äquivalenten Primärrohstoffen und damit der Verbrauch fossiler Energieträger verringert. Dieselben Effekte hat auch die Rückführung von getrennt gesammelten Metallen einschließlich der Mengen selektiert aus Rückständen der Müllverbrennungsanlagen und aus der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung.

Für die Berechnung der aus der stofflichen Verwertung von Altpapier (PPK), Altglas, gemischten Verpackungen, gebrauchtem Kunststoff und Altmetallen indirekt resultierenden Energieeinsparung und damit verbundenen Vermeidung von Treibhausgasemissionen (THG) wurden Faktoren verwendet, die einer gemeinsamen Studie von Ifeu-GmbH und Öko-Institut im Auftrag von Umweltbundesamt (UBA), Bundesumweltministerium (BMU) und Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) entnommen sind. Danach betragen, bezogen auf die bundesweit verwerteten Mengen, die entsprechenden Treibhausgas-Einsparungen insgesamt 7 Mill. Tonnen CO2-Äquivalente. Bei vergleichbarer Entsorgungs- und Verwertungssituation für die in Baden-Württemberg getrennt erfassten und aussortierten Mengen an PPK, Altglas, gemischten Verpackungen, Kunststoffen und Metallen aus der Müllverbrennung und der mechanisch-biologischen Behandlung errechnet sich für Baden-Württemberg eine indirekte Einsparung von rund 1 Mill. Tonnen CO2-Äquivalenten (Tabelle), die der Abfallwirtschaft aufgrund der stofflichen Verwertung gutzuschreiben sind.

Der Beitrag des Landes an dem durch Stoffrecycling bundesweit realisierten Vermeidungspotenzial übertrifft mit 14 % den Bevölkerungsanteil des Landes (13 %). Ein Grund dafür ist, dass die in Baden-Württemberg je Einwohner getrennt erfasste Wertstoffmenge (vor Sortierung) mit 163 Kilogramm spürbar über dem Bundesdurchschnitt von 143 Kilogramm je Einwohner liegt. Nur in Rheinland-Pfalz wird das Sammelergebnis des Landes übertroffen. Dennoch bestehen bei der getrennten Erfassung von Nichtverpackungsmaterialen zum Zwecke des stofflichen Recyclings noch weitere Optimierungspotenziale auch im Land.

Positiver Klimaschutzbeitrag der Entsorgung von Siedlungsabfällen in Müllverbrennungsanlagen

In den Hausmüllverbrennungsanlagen (MVA) in Baden-Württemberg wurden 2008 insgesamt 1,6 Mill. Tonnen an Siedlungsabfällen thermisch behandelt. Zum weitaus überwiegenden Teil handelte es sich dabei um Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle sowie nicht anderweitig verwertbare Rückstände aus der mechanischen Behandlung von Siedlungsabfällen. Damit lag die verbrannte Menge geringfügig höher als 2007. Gegenüber 2004, dem letzten Jahr vor Inkrafttreten des Verbots der Ablagerung unbehandelter Siedlungsabfälle, beträgt die Zunahme gut 60 %. Durch die Nutzung der bei der Abfallverbrennung entstehenden Abwärme wurden 2008 rund 2 400 Terajoule (TJ) Strom und nahezu 9 400 TJ Fernwärme gewonnen. Die aus dem fossilen Teil der thermisch behandelten Siedlungsabfälle entstandenen CO2-Emissionen in Müllverbrennungsanlagen (MVA) beliefen sich 2008 auf 645 000 Tonnen.

Durch die Strom- und Fernwärmeerzeugung in MVA werden jedoch auch CO2-Emissionen vermieden, und zwar in dem Umfang, in dem diese die anderweitige Erzeugung von Strom bzw. Fernwärme in fossilen Heizkraftwerken ersetzt. Der Klimaschutzeffekt für Strom aus erneuerbaren Energien wird vom BMU auf der Grundlage einer 2009 veröffentlichten Untersuchung2 mit 236,8 Tonnen je TJ Strom angesetzt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Strom substituiert wird, der ansonsten zu 16 % aus Braunkohle, zu 59 % aus Steinkohle und zu 25 % aus Erdgas erzeugt würde. Wird alternativ der bundesdeutsche Strommix zugrunde gelegt, errechnet sich für die substituierte Stromerzeugung ein Vergleichsfaktor von 160,8 Tonnen CO2 je TJ Strom.

Für die in MVA erzeugte Wärme wird als Grundlage für die CO2-Gutschrift der im Durchschnitt bei der Fernwärmeerzeugung in Baden-Württemberg realisierte Brennstoffmix angesetzt. Danach errechnet sich ein CO2-Vermeidungsfaktor von 85,7 Tonnen CO2 je TJ Fernwärme aus MVA. Auch hier liegt der vom BMU für entsprechende bundesdurchschnittliche Berechnungen angesetzte Faktor, bei dem der Ersatz von Öl- und Gasheizungen im Verhältnis 50:50 unterstellt wird, mit 92,85 Tonnen CO2 je TJ Wärme höher.

Unter der Annahme des bundesdurchschnittlichen Strommix sowie des baden-württembergischen Wärmemix errechnet sich bezogen auf 2008 ein Klimaschutzeffekt, das heißt eine Vermeidung von Emissionen durch die Strom- und Fernwärmeerzeugung in MVA in Höhe von insgesamt fast 1,2 Mill. Tonnen CO2. Per Saldo, also unter Abzug der 2008 aus den fossilen Bestandteilen der Siedlungsabfälle entstandenen 645 000 Tonnen CO2 verbleibt ein positiver Klimaschutz-(Vermeidungs-)effekt für die MVA in Baden-Württemberg in Höhe von 544 000 Tonnen CO2. Bei Annahme der alternativ vom BMU angesetzten Vermeidungsfaktoren läge dieser Vermeidungseffekt per Saldo sogar noch um 44 % höher und damit bei 784 000 Tonnen.

Vermeidung von CO2-Emissionen durch thermische Verwertung biogener Abfälle

Durch die in Klärschlammverbrennungsanlagen, Industriefeuerungen und speziellen Biomassefeuerungen aus rein organischen (biogenen) Abfällen (Klärschlamm, Holzabfälle, etc.) erzeugte Wärme werden gleichfalls fossile Brennstoffe substituiert und dadurch eine weitere beträchtliche Vermeidung von CO2-Emissionen durch abfallwirtschaftliche Maßnahmen erzielt. Die auf diese Weise in Baden-Württemberg vermiedenen CO2-Emissionen summierten sich 2008 auf über 870 000 Tonnen CO2. Dabei wird der durchschnittlich in Baden-Württemberg zur Wärmegewinnung in industriellen Feuerungen eingesetzte fossile Brennstoffmix zur Festlegung des Vermeidungsfaktors angenommen.

In der Summe errechnet sich aus der Strom- und Wärmegewinnung bei der Verbrennung sowie der thermischen Verwertung von Siedlungsabfällen und anderen Biomasseabfällen 2008 eine Vermeidung von CO2-Emissionen (Klimaschutzeffekt) in Höhe von über 1,4 Mill. Tonnen CO2. Bei Verwendung der vom BMU für Deutschland angesetzten Vermeidungsfaktoren erhöht sich der Klimaschutzeffekt sogar auf 1,65 Mill. Tonnen CO2. Gegenüber dem Vorjahr nahm der Vermeidungsbeitrag zwar nicht zu, im Vergleich zu 2004 beträgt die Steigerung jedoch immerhin über 70 %.

Starker Rückgang der Methanemissionen aus Deponien

Mit der seit 2006 nahezu auf Null reduzierten Deponierung nicht behandelter Siedlungsabfälle mit organischen Bestandteilen wurde ein wichtiger Schritt zur Vermeidung klimarelevanter Deponiegasemissionen umgesetzt. Seither entsteht in Baden-Württemberg praktisch kein neues Gasbildungspotenzial in Deponien, sodass die jährlichen Methanemissionen aus Deponien im Land kontinuierlich weiter zurückgehen. Im Jahr 2008 gelangten aus Deponien in Baden-Württemberg noch gut 34 000 Tonnen Methan in die Atmosphäre, weniger als ein Sechstel der 1990 aus Deponien entstandenen Methanemissionen. Dies entspricht etwa einem Viertel der insgesamt in Baden-Württemberg verursachten Methanemissionen – Hauptverursacher ist die landwirtschaftliche Viehhaltung. In CO2-Äquivalenten machen die aus Deponien entstehenden Treibhausgasemissionen (700 000 Tonnen) knapp 1 % der gesamten in Baden-Württemberg derzeit pro Jahr emittierten Menge an Treibhausgasen aus. Die Abnahme der Methanemissionen aus Deponien macht mit 3,5 Mill. Tonnen CO2-Äquivalenten nahezu 50 % des gesamten seit 1990 erreichten Rückgangs der Treibhausgasemissionen im Land aus.

Auf nahezu allen aktiven bzw. in den letzten Jahren stillgelegten ehemaligen Hausmülldeponien im Land werden zur Vermeidung von Emissionen Systeme zur Erfassung und Nutzung von Deponiegas betrieben. Aus der in diesen Anlagen erfassten Deponiegasmenge von zusammen 69,5 Mill. Kubikmeter Deponiegas wird in der Regel Strom und/oder Wärme erzeugt. Die auf diese Weise im Land gewonnenen Strom- und Wärmemengen ersetzen ebenso wie die aus der thermischen Nutzung von Abfällen gewonnene Energie fossile Brennstoffe und erbringen damit einen Klimaschutzeffekt. In 2008 resultierte aus der Nutzung von Deponiegas ein Vermeidungseffekt in Höhe von rund 50 000 Tonnen CO2.

Zusammenfassung

Die Entsorgung von Siedlungsabfällen sowie von Biomasseabfällen aus Produktion und Gewerbe erbrachte 2008 per Saldo in Baden-Württemberg eine Vermeidung von Treibhausgasemissionen im Umfang von rund 2,5 Mill. Tonnen CO2-Äquivalenten. Dabei handelt es sich eher um eine konservative Berechnung. Den absolut betrachtet größten Beitrag zu diesem abfallwirtschaftlichen Klimaschutzeffekt liefert die energetische Nutzung der Abwärme aus der Verbrennung von Siedlungsabfällen in Müllverbrennungsanlagen zusammen mit der thermischen Verwertung von Biomasseabfällen in Feuerungsanlagen. Bei insgesamt vermiedenen 1,4 Mill. Tonnen CO2-Äquivalenten liegt der erzielte durchschnittliche Vermeidungseffekt bei 350 Kilogramm CO2-Äquivalente je verbrannter Tonne Siedlungsabfall und rund 650 Kilogramm CO2-Äquivalente je Tonnen Biomasseabfall. Die stoffliche Verwertung der im Land getrennt erfassten Siedlungsabfälle, wie Papier (PPK), Glas, Metalle oder gemischte Verpackungen (LVP), ist im Durchschnitt mit der Vermeidung von 600 Kilogramm CO2-Äquivalente je Tonnen Wertstoff verbunden. In der Summe waren es 2008 rund 1 Mill. Tonnen vermiedene CO2-Äquivalente. Die biologische Verwertung getrennt erfasster Bio- und Grünabfälle ist aktuell per Saldo noch mit einer geringen Emissionslast von rund 10 Kilogramm CO2-Äquivalente je Tonnen Bio-/Grünabfall belastet. Allerdings ist es nicht zuletzt der biologischen Verwertung zuzurechnen, dass die Deponierung organischer Siedlungsabfälle praktisch auf Null und dadurch die Entstehung von Methanemissionen aus Deponien auf weniger als ein Sechstel der Fracht im Jahr 1990 reduziert wurde. Mit der beabsichtigten verstärkten Nutzung biogener Abfälle für die Biogaserzeugung und damit zur Strom- und Wärmeerzeugung kann auch mit der biologischen Verwertung von Siedlungsabfällen ein deutlich positiver Beitrag zur abfallwirtschaftlichen Vermeidung von Treibhausgasemissionen erreicht werden.