:: 7/2010

Mais: Als »Raigschmeggdr« im Ländle heimisch geworden

Kein Zweifel, Mais prägt das Erscheinungsbild der heimischen Feldflur. Durch die späte Aussaat zwischen Ende April und Mitte Mai zeigen sich die Flächen lange ohne Lebenszeichen und sind deshalb stark erosionsgefährdet. Die Pflanzen entwickeln sich dann rasch zu imposanter Größe und behindern noch bis weit in den Oktober hinein den Überblick auf so mancher kurviger Landstraße. Mais kann vielfältig genutzt werden, vor allem als Futterpflanze und zur menschlichen Ernährung. Letzteres direkt oder über Produkte der Maisstärke. Maisstärke ist zudem Ausgangsprodukt für die Herstellung von Biokunststoffen und Rohstoff für die Fermentation. Mais kann zu Biokraftstoffen verarbeitet werden. Und schließlich kommt er in Form von Maissilage als Gärsubstrat in Biogasanlagen.1

Mais ist eine Pflanzenart aus der Familie der Süßgräser und stammt ursprünglich aus Mexiko. Er ist einhäusig getrennt geschlechtlich, das heißt jede Pflanze hat männliche Rispen oder Fahnen und einen oder mehrere weibliche Blütenstände (Kolben). Mais braucht viel Sonnenschein bis zur physiologischen Reife und eine niedrige relative Luftfeuchtigkeit während der Abreife. Seine Ansprüche an die Niederschlagsmengen sind gering, die an die Niederschlagsverteilung (Juli, August) allerdings hoch. Er ist zudem selbstverträglich, wenngleich in den letzten Jahren beispielsweise das verstärkte Auftreten des Maiswurzelbohrers in der Rheinebene neue Anbauformen anmahnt.

Hochleistungspflanze Mais

Zunächst wurde der Mais im Südwesten überwiegend als Silomais zur Verfütterung an Rinder angebaut. In den 70er-Jahren nahm sein Siegeszug dann so richtig an Fahrt auf2, als durch die Züchtung von Mais-Hybriden3 erstmals den mitteleuropäischen Standorten angepasste Sorten entwickelt wurden. Maishybride garantieren infolge des Heterosis-Effekts4 sehr hohe und sichere Erträge. Ein Nachbau der geernteten Körner führt aber wieder zu einem niedrigeren Ertrag. Die Verluste sind dann höher als die Kosten, die für neues Saatgut entstehen. Nicht zuletzt deshalb ist der Mais eine für die Züchtung hochinteressante Pflanze. Dies zeigen die Entwicklungen im Sortenspektrum und die damit einher gehenden Ertragssteigerungen.

Bei 150 Stichprobenfeldern der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung5 2009 mit Körnermaisanbau im Land, auf denen die Flächenerträge objektiv mittels Maß und Waage festgestellt wurden, fanden sich insgesamt 63 Sorten. Am häufigsten waren die mittelspäten Sorten PR38A24 (24 Nennungen) und PR38A79 (10 Nennungen) vertreten. Die Sorten bringen hohe Erträge bei sehr guter Druschfähigkeit. PR38A24 zeichnet sich durch hohe Standfestigkeit, rasche Kolbenabreife und dadurch gesundes Erntegut aus, während PR38A79 durch sehr gute Toleranz hinsichtlich der durch eine Pilzinfektion6 verursachten Blattfleckenkrankheit gekennzeichnet ist. Die Sorte DK 315 (5 Nennungen) war im Körnermaisanbau der letzten Jahre ebenfalls stark vertreten, scheint aber mittlerweile ihren Zenit überschritten zu haben. Sie zeigte ebenfalls hohe Toleranz gegenüber der Blattfleckenkrankheit und brachte hohe Erträge bei gesundem Erntegut.

Körnermais: Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte

Die Ertragsentwicklung von Körnermais ist überaus beeindruckend. Keine andere Getreideart, auch nicht der Winterweizen, hat Vergleichbares zu bieten. Im Jahr 1965 wurden im Landesmittel erstmals über 40 Dezitonnen je Hektar (dt/ha) geerntet, 2 Jahre später schon über 50 dt/ha. Die 60-dt-Marke wurde 1977, die 70-dt-Marke 1979 übersprungen. Ende der 80er-Jahre wurde mit 85,6 dt/ha ein neuer Rekord aufgestellt, der aber nur bis 1993 (96,3 dt/ha) Bestand hatte. Die Schallmauer von 100 dt/ha fiel symbolträchtig zur Jahrhundertwende. Im vergangenen Jahr wurde im Landesmittel ein Körnermaisertrag von 109,3 dt/ha erzielt. Es bleibt abzuwarten, welche Erfolge Züchtung, Pflanzenschutz und pflanzenbauliche Maßnahmen in Zukunft feiern werden.

Diese Ertragsentwicklung ist umso erstaunlicher, als im gleichen Zeitraum der Körnermaisanbau mit neuen kühletoleranten Züchtungen von seinem angestammten Kerngebiet am Oberrhein ausgehend weitere, weniger günstige Standorte eroberte. Die höchsten Erträge erzielt der Körnermais auch heute noch im Rheintal zwischen Karlsruhe und Basel. Hohe Erträge sind auch in den Regionen Stuttgart, Heilbronn-Franken und Donau-Iller möglich. Entlang der östlichen Landesgrenze zu Bayern dominiert allerdings der Anbau von Silomais als Grundlage der dort ansässigen Rinderhaltung und der in der jüngsten Vergangenheit erstellten Biogasanlagen.

Silomais: Stabile Erträge auf hohem Niveau

Silomais ist unter den gegebenen klimatischen Bedingungen in Mitteleuropa die mit Abstand ertragsstärkste Futterpflanze. Rund vier Fünftel ihres Energiepotenzials hat die Maispflanze im Kolben in Form von Stärke gespeichert. Die Verdaulichkeit der organischen Substanz von Silomais wird folglich maßgeblich vom Kolben bestimmt. Eine gute Silomaisernte muss gut ausgebildete Kolben und standfeste Pflanzen haben.

Die Voraussetzungen für den stetigen Anstieg der Anbaufläche wurden wie beim Körnermais mit der Hybridzüchtung geschaffen. Bei Silomais konnte das Ertragspotenzial aber nicht in gleichem Maße gesteigert werden. Vor 50 Jahren wurden etwa 400 dt/ha Grünmasse (entspricht 160 dt/ha Trockenmasse) geerntet, heute kann mit einer Silomaisernte von 450 bis 500 dt/ha (180 bis 200 dt/ha Trockenmasse) gerechnet werden. Neben der Ertragsleistung wurden wie auch beim Körnermais weitere Eigenschaften wie Resistenz bzw. Toleranz gegenüber Schädlingen und Krankheiten verbessert. Im Vergleich mit anderen Feldfrüchten braucht der Mais so mit am wenigsten Pflanzenschutzmaßnahmen. Weitere Zuchterfolge konnten hinsichtlich der Standfestigkeit und der Futterqualität erreicht werden. Silomais hat sich damit in seinem Ertragsniveau merklich stabilisiert. Die Erträge schwanken von einem Jahr zum anderen nur noch in einem vergleichsweise schmalen Korridor.

1 Der vorliegende Beitrag ergänzt den Artikel Hartmann, Anette: »Eine Erfolgspflanze mit Migrationshintergrund: Mais«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2010«. Der Schwerpunkt dieses Beitrages lag bei den Anbauflächen, während nachfolgend der Aspekt der Ertragsentwicklung beleuchtet wird.

2 Hartmann, Anette: »Eine Erfolgspflanze mit Migrationshintergrund: Mais«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2010«.

3 Als Hybride werden in der (Pflanzen-)Zucht die Nachkommen von Kreuzungen verschiedener Zuchtlinien oder Rassen bezeichnet.

4 Heterosis-Effekt bezeichnet in der Pflanzenzucht die besonders ausgeprägte Leistungsbereitschaft von Hybriden. Die beobachtete Leistung der ersten Filial-Generation (F1) ist höher als die durchschnittliche Leistung dieser Eigenschaft bei der Elterngeneration.

5 Methodische Erläuterungen siehe hierzu: Betzholz, Thomas: Exakte Ertragsfeststellung bei Getreide und Kartoffeln, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl, Heft 5/1998, S. 228 ff.

6 Helminthosporium turcicum