:: 8/2010

Todesursache Prostatakrebs

Alterung der männlichen Bevölkerung lässt Zahl der Sterbefälle leicht ansteigen

Das Prostatakarzinom (siehe i-Punkt) ist laut Pschyrembel (Berlin 2007, 261. Auflage) der häufigste bösartige Tumor beim Mann. Umfassende Angaben zu Erkrankungen liegen in Baden-Württemberg, dessen Krebsregistrierung derzeit noch im Aufbau begriffen ist, nicht vor. Hilfsweise kann auf die Zahl der an dieser Krebsart Verstorbenen zurückgegriffen werden. Immerhin stellen bösartige Neubildungen der Prostata nach Lungenkrebs bei Männern die zweithäufigste Todesursache dar. Die Entwicklung dieser Sterbefallzahlen der vergangenen 2 Jahrzehnte lassen Rückschlüsse darauf zu, ob bzw. inwieweit in diesen 20 Jahren Veränderungen hinsichtlich des tödlichen Ausgangs einer Erkrankung an Prostatakrebs eingetreten sind.

In Baden-Württemberg ist der bösartige Prostatatumor nach dem Tod durch Lungenkrebs seit 1990 über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern. Im Jahr 1990 wurde dieses Leiden 1 374 Mal als Todesursache angegeben. Das Ergebnis des Jahres 2008 ist mit 1 383 Fällen nahezu identisch. Die Kurve (Schaubild 1) zeigt allerdings zur Mitte der 90er-Jahre einen Anstieg dieser Sterbefallzahl auf fast 1 500. Danach gingen die Fallzahlen auf unter 1 300 zurück, um in der Folge wieder anzusteigen, bis sie sich wieder auf das Niveau zu Beginn der 90er-Jahre eingependelt haben. Insgesamt gesehen handelt es sich in ihrer Höhe um weitgehend stabile Sterbefallzahlen, deren heftigste Ausschläge nach unten und oben in der Summe 204 Tote nicht übersteigen.

Prostatakrebs führt erst im höheren Alter zum Tode

Als Todesursache beginnt der Prostatakrebs erst jenseits des 50. Lebensjahres in Erscheinung zu treten. Davor bleiben die auf ihn zurückzuführenden Sterbefälle in allen untersuchten Berichtsjahren unter dem 2-stelligen Bereich. Auch in der stärker zusammengefassten Altersgruppe der 50- bis unter 65-Jährigen bewegen sich die Fallzahlen stets unter der Marke von 150. Die folgende Gruppe der 65- bis unter 75-Jährigen hat eine Spanne der Fälle von 257 bis 395, während sie in der Gruppe der 75-Jährigen und Älteren von 778 bis 991 Sterbefälle reicht.

Während ungeachtet einiger Schwankungen die Höhe der Sterbefallzahlen verhältnismäßig stabil blieb, haben sich in den vergangenen 20 Jahren doch erhebliche Verschiebungen im Altersaufbau der männlichen Bevölkerung Baden-Württembergs ergeben. Insgesamt nahm die Zahl der Männer in diesem Zeitraum um fast 12 % auf knapp 5,3 Mill. zu, wobei der Anstieg vor allem auf die Entwicklung in den beiden oberen der gewählten Altersgruppen zurückzuführen ist. Hier sind Zunahmen von 107 % und 54 % auf gut 558 000 bzw. knapp 323 000 männliche Einwohner festzustellen.

Das Zusammenwirken des Alterungsprozesses der männlichen Bevölkerung und der Entwicklung der Sterbefallzahlen erlaubt präzisere Aussagen zur Risikoentwicklung des Prostatakarzinoms. Anhand der Berechnung altersspezifischer Sterbeziffern lassen sich die Jahresergebnisse nach – in diesem Fall stärker zusammengefassten – Altersgruppen ermitteln. Bezogen wird die Sterbefallzahl einer Altersgruppe auf die ihr in gleicher Altersgruppe gegenüberstehende Bevölkerung. Dabei führen steigende Sterbefallzahlen und ihnen gegenüberstehende rückläufige Bevölkerungszahlen zu einer höheren Sterbeziffer und umgekehrt.

Sterberisiko sinkt

Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf insgesamt 4 zusammengefasste Altersgruppen unterschiedlicher Breite und verzichtet zunächst aus bestimmten Gründen auf eine Berechnung einer Gesamtsterbeziffer.

Wie oben gezeigt wurde, ist die »Eingangsaltersgruppe« der unter 50-Jährigen nur sehr schwach mit Sterbefällen besetzt. Einer minimalen Fallzahl steht eine mit um gut 2 % zwar gering gestiegene, mit zuletzt aber über 3,4 Mill. zahlenmäßig besonders große Bevölkerung gegenüber. Die so für die einzelnen Berichtsjahre errechneten Ziffern gehen allesamt gegen Null. Grafisch ist der so entstandene Verlauf auf der gewählten Skala (Schaubild 2) nicht darstellbar.

Die zweite, von derartigen Sterbefällen noch nicht stark betroffene Altersgruppe der 50- bis unter 65-Jährigen hat einen Bevölkerungszuwachs von immerhin 9 % auf knapp 966 000 männliche Einwohner aufzuweisen. Dies führte bei den zuletzt sinkenden Fallzahlen zu leicht abnehmenden Sterbeziffern. Vor allem bei den beiden folgenden Gruppen fortgeschrittenen Alters macht sich der Wandel im Altersaufbau der Bevölkerung jedoch deutlich bemerkbar. So ist bei den 65- bis unter 75-Jährigen trotz der ansteigenden Zahl der Sterbefälle ein leichter Rückgang der altersspezifischen Sterbeziffern zu beobachten, bei den 75-Jährigen und Älteren ist sogar ein nennenswerter Rückgang auszumachen.

Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass sich das Risiko, an einem Prostatakarzinom zu sterben, im Laufe der letzten 20 Jahre verringert hat. Trotz eines erheblichen Anstiegs der männlichen Bevölkerungszahlen gerade in höherem Alter nahm die Zahl der Prostatakrebssterbefälle nicht in gleichem Maße zu (Schaubild 3). Die Gründe mögen vielseitig sein. Der Literatur ist zu entnehmen, dass sich vor allem durch Früherkennung und verbesserte Eingriffs- und Behandlungsmethoden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielen ließen.

Alternative Berechnungsmethoden

Eine gängige und einfachere Berechnungsweise ist die Ermittlung der sogenannten »rohen Sterbeziffer«. Dort werden nach Alter undifferenziert alle Sterbefälle einer Todesursache eines Jahres auf die mittlere oder auch eine Stichtagsbevölkerung des gleichen Jahres bezogen. Das reicht durchaus für einen ersten Überblick. Mittels der rohen Sterbeziffern lassen sich auch zeitliche Entwicklungen übersichtlich darstellen. Allerdings werden in dieser Berechnungsmethode immer auch Altersgruppen mit verarbeitet, in denen die ausgewählte Todesursache noch keine Rolle oder keine Rolle mehr spielt. Dennoch fließt die vorhandene Bevölkerung (vgl. im Zusammenhang mit der altersspezifischen Ziffer gewählte Eingangsaltersguppe »unter 50 Jahre«) in die Berechnung ein, was sich auf das Gesamtergebnis hinsichtlich der Risikolastigkeit einer Ursache leicht verzerrend auswirken kann. So wäre es zum Beispiel wenig sinnvoll, die gestorbenen Säuglinge eines Jahres auf die Gesamtbevölkerung zu beziehen.

Eine weitere Methode bietet sich in der weit aufwendiger herzustellenden Altersstandardisierung an. Auch sie vermittelt – zumindest im Ergebnis – einen schnellen Überblick, da pro gewähltem Zeitpunkt nur eine Ziffer produziert wird. Wegen ihrer Übersichtlichkeit eignet sich die Altersstandardisierung auch gut für Zeitvergleiche. Die Ermittlung von Sterberisiken fällt allerdings eher in die Altersjahre, die gemeinhin als jene angesehen werden, die als Lebensarbeitszeit gelten. Dies wird mit einem gewogenen Durchschnitt der altersspezifischen Sterbeziffern erreicht, die nach einer Referenzbevölkerung – in unserem Fall in Anlehnung an die Gesundheitsberichterstattung die »alte« europäische Standardbevölkerung – gewichtet sind. Dadurch werden die untersten, vor allem aber höheren und höchsten Altersgruppen geringer gewichtet als die mittleren. Diese Verfahrensweise trägt dazu bei, dass die für ein fortgeschrittenes Alter typischen Todesursachen sich weniger stark auf das Ergebnis auswirken. Vor allem im regionalen Vergleich lassen sich so mögliche Einflüsse unterschiedlicher Altersstrukturen der jeweils vorhandenen Bevölkerung etwas ausgleichen. Die Kombination von regionalem Bezug und zeitlicher Entwicklung ermöglicht eine recht gute und der »rohen Sterbeziffer« überlegene Vergleichbarkeit, zumal sie von der Anlage her eher in die Lage versetzt ist, auf vorhandene Risiken der mittleren Altersgruppen hinzuweisen. Der Einfachheit halber werden hier jedoch nur die Landesergebnisse der beiden alternativen Berechnungsweisen dargestellt (Tabelle). Die rohe Sterbeziffer zeigt im Untersuchungszeitraum allenfalls geringe Schwankungen und einen leichten Rückgang auf. Auch bei der Altersstandardisierung gibt es Schwankungen, allerdings wird bei diesen Sterbeziffern der Rückgang wegen der beschriebenen geringeren Gewichtung der oberen Altersklassen augenfälliger.

Fazit

Unbestreitbarer Vorteil der rohen wie der altersstandardisierten Ziffern ist die Möglichkeit, eine größere Anzahl von Ursachen gleichzeitig in einer Zeitreihe darzustellen.

Dieser Vorteil spielte bei vorliegender Untersuchung keine Rolle, weil sie ja nur eine einzige Ursache zum Gegenstand hatte. Vielmehr erwies sich die Methode der altersspezifischen Berechnung der Sterberate in diesem Falle als am ehesten geeignet. Erst mit ihrer Hilfe wird es möglich, Veränderungen der Sterbehäufigkeiten im zeitlichen Verlauf punktgenau festzustellen und zu verfolgen. So lassen sich durch die direkte Gegenüberstellung der Sterbefälle einer Altersgruppe mit der Bevölkerung gleichen Alters auch Verlagerungen der Sterbefallzahlen von einer in die vorige oder nachfolgende Altersgruppe feststellen.

Wie man es nun auch berechnet, das Risiko für Männer an dem gefürchteten Prostatakrebs zu sterben ist in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommen alle angewandten Berechnungsweisen.