:: 9/2010

Aufbereitung und Verwertung von Bauabfällen in Baden-Württemberg im Kontext der neuen Abfallgesetzgebung

Für eine Umwelt und Ressourcen schonende Abfallwirtschaft ist die Verwertung von Bauabfällen schon wegen der außerordentlich großen Aufkommensmengen von besonderer Bedeutung. Auf Bundesebene wird derzeit die Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht vorbereitet. Zu den darin vorgesehenen Maßnahmen zur Förderung des Recyclings und der stofflichen Verwertung gehört die Vorgabe einer Recycling- und Verwertungsquote für Bauabfälle. Im Entwurf zum Kreislaufwirtschaftsgesetz ist vorgesehen die europäischen Mindestquoten für die stoffliche Verwertung in Deutschland auf 80 % zu erhöhen, um dem hierzulande bereits erreichten hohen Entwicklungsstand der Entsorgungswirtschaft Rechnung zu tragen.

Mindestquote für Recycling und Verwertung festgelegt

Die Festlegung des Vorrangs der »Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung« erfolgte bereits mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz von 1995 und führte in Baden-Württemberg zu wesentlichen Fortschritten bei der Abfallverwertung. Im Dezember vergangenen Jahres trat die europäische Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) in Kraft, die das Ziel verfolgt, europaweit die Abfallvermeidung noch stärker in den Vordergrund zu stellen und vor allem die stoffliche Verwertung von Abfällen zu fördern. Ausdruck dessen ist das dort festgelegte Konzept der sogenannten fünfstufigen Abfallhierarchie.1 Sie räumt der Wiederverwendung von Abfällen sowie dem Abfallrecycling Vorrang vor der thermischen Abfallverwertung ein. Dies soll sich konkret darin niederschlagen, dass für bestimmte Abfälle in den Mitgliedstaaten zu erreichende Recycling- und Verwertungsquoten vorgegeben werden. Insbesondere für die Abfälle aus privaten Haushalten und die nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfälle – zwei wichtige Teilbereiche des Gesamtabfallaufkommens – ist festgelegt, bis zum Jahr 2020 eine Recycling- und Verwertungsquote von 50 bzw. 70 % zu erreichen.

Im Frühjahr 2010 hat die Bundesregierung einen Arbeitsentwurf für ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgelegt, mit dem die europäische Abfallrahmenrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden soll. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem Maßnahmen zur Förderung der stofflichen Verwertung von Abfällen vor, um die Ressourceneffizienz der Kreislaufwirtschaft weiter zu verbessern. Um den in Deutschland bereits hoch entwickelten Entsorgungsstrukturen Rechnung zu tragen, ist vorgesehen, die in der Abfallrahmenrichtlinie enthaltenen europäischen Mindestvorgaben für Abfälle aus privaten Haushalten von 50 % auf 65 % und für Bau- und Abbruchabfälle von 70 % auf 80 % zu erhöhen. Da die Berechnung einer Recyclingquote für Siedlungsabfälle im Heft 8/20102 genauer dargestellt wurde, wird auf diesen Bereich im Folgenden nicht weiter eingegangen. In die Ermittlung der Recycling- und Verwertungsquote für nicht gefährliche Bau- und Abbruchabfälle ohne Boden und Steine3 sind gemäß AbfRRL die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling sowie sonstige stoffliche Verwertungsmaßnahmen einschließlich Verfüllung einzubeziehen.

30,8 Mill. Tonnen Baumassenabfälle im Jahr 2008

Von den im Jahr 2008 in Baden-Württemberg zu entsorgenden rund 40,8 Mill. Tonnen (t) an Abfällen bestanden drei Viertel (30,8 Mill. t) aus Baumassenabfällen, die bei Straßenbauarbeiten, Abrissen, Umbauten und Sanierungen anfallen. Überwiegend handelte es sich dabei um knapp 19 Mill. t an Bodenaushub (Boden und Steine) und rund 11,9 Mill. t anderer Bau- und Abbruchabfälle (Bauschutt und Straßenaufbruch). Im Vergleich zu 2006 erhöhte sich das Aufkommen an Baumassenabfällen um rund 2 Mill. t (+ 7 %). Die Entwicklung der Bau- und Abbruchabfälle verläuft dabei weitgehend parallel zur konjunkturellen Entwicklung im Baugewerbe. Ganz wesentlichen Einfluss haben aber auch die im jeweiligen Zeitraum aktiven Großbauprojekte. In der Aufkommensmenge sind dabei jeweils nur diejenigen Mengen enthalten, die zur Verwertung oder Beseitigung vom Baugelände bzw. von der Baustelle abtransportiert und zentral behandelt werden. Der Anteil, der direkt vor Ort über mobile Aufbereitungsanlagen wieder eingebaut wird, ist nicht enthalten. Dies trifft insbesondere auf Straßenaufbruch zu, der in erheblichem Umfang im selben Bauabschnitt wieder bei Straßenbaumaßnahmen eingesetzt wird.

Bei den 19 Mill. t Bodenaushub handelt es sich ganz überwiegend (zu mehr als 99 %) um Boden und Steine, die im Zusammenhang mit Baumaßnahmen anfielen, sowie um rund 85 000 t an Mineralien wie Sand und Steine. Aufgrund dieser engen Abgrenzung des Bodenaushubes analog zur AbfRRL ist die hier ausgewiesene Menge etwas niedriger als bisher angegeben. So wurden beispielsweise Gleisschotter und Baggergut nicht mehr einbezogen, was die Menge der übrigen Bau- und Abbruchabfälle (Bauschutt und Straßenaufbruch) etwas erhöht. Der Bodenaushub wurde zu gut drei Viertel meist für die Rekultivierung stillgelegter Deponien oder zur Verfüllung übertägiger Abbaustätten eingesetzt und auf diese Weise verwertet. Auf die noch bestehenden rund 370 Bauschutt- und Bodenaushubdeponien im Land gelangten rund 4,5 Mill. t an Boden, Steinen und Mineralien.

Die Bauschutt- und Straßenaufbruchmengen haben im Jahr 2008 im Vergleich zu 2006 – auch in der bisherigen Abgrenzung – überdurchschnittlich zugenommen (+ 1,8 Mill. t). Die 11,9 Mill. t, die hier betrachtet werden, bestanden vorwiegend aus Beton, Ziegeln, Fliesen, Keramik und Gemischen aus diesen, aus Gleisschotter, Baggergut, Holz, Bitumengemischen, Dämmmaterialien, Baustoffen sowie aus Eisen und Stahl. Diese Abfälle wurden zu gut 92 % – vorwiegend nach Aufbereitung in den 282 Bauschuttaufbereitungs- und Asphaltmischanlagen – einer Wiederverwendung zugeführt. Fast 880 000 t an Bauschutt und Straßenaufbruch wurden auf Bauschutt- und Bodenaushubdeponien abgelagert. Vorläufigen Ergebnissen für das Jahr 2009 zufolge ging die auf Deponien abgelagerte Menge an Bauabfällen von 5,3 Mill. t auf knapp 4,4 Mill. t zurück.

Verfüllmaßnahmen von übertägigen Abbaustätten gelten als sonstige stoffliche Verwertung. Die 2008 insgesamt 12,5 Mill. t der zur Verfüllung eingesetzten Materialien bestanden zu 96 % aus Boden und Steinen. Rund 480 000 t setzten sich aus verschiedenen Bauschuttfraktionen und Straßenaufbruch zusammen, die durchaus recyclingfähiges Material darstellen. Hauptsächlich waren Gemische aus Beton und anderen Abbruchabfällen vertreten (60 %), aber auch Ziegel, Bitumengemische, Beton und Baustoffe auf Gipsbasis. Für diesen Bereich liegen bereits vorläufige Ergebnisse für das Jahr 2009 vor. Demnach lag die Menge der 2009 zu Verfüllmaßnahmen eingesetzten Materialien bei 13,3 Mill. t. Dabei war ein leichter Rückgang der verfüllten Mengen an Bau- und Abbruchabfällen zu beobachten. Im Gegenzug wurden deutlich mehr Mengen an Boden und Steinen zur Verfüllung eingesetzt. Bodenaushub machte 2009 einen Anteil von 96,5 % an den auf übertägigen Abbaustätten verfüllten Mengen aus.

Verwertungsquote für Bauschutt und Straßenaufbruch im Land fast 92 %

Die Recycling- und Verwertungsquote bezieht sich laut AbfRRL ausschließlich auf nicht gefährliche Bau- und Abbruchabfälle ohne Boden und Steine (Bodenaushub). Bei der Berechnung werden die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die sonstige stoffliche Verwertung (einschließlich der Verfüllung) einbezogen. Ausgehend von den 11,9 Mill. t an Bauschutt und Straßenaufbruch, die 2008 in Baden-Württemberg zu entsorgen waren, ergibt sich auf diese Weise eine Recyclingquote von knapp 92 %. Zu den recycelten Mengen zählen vor allem die in Bauschuttaufbereitungs- und Asphaltmischanlagen aufbereiteten oder anderen Entsorgungsanlagen stofflich verwerteten Mengen. Die im Deponiebau eingesetzten Bauabfälle oder zur Verfüllung meist übertägiger Abbaustätten wie Steinbrüche, Kies- und Tongruben verwendeten Materialien gehören zur sonstigen stofflichen Verwertung. Die auf Bauschutt- und Bodenaushubdeponien abgelagerten sowie die thermisch behandelten oder in Feuerungsanlagen thermisch verwerteten Mengen (beispielsweise Holz) sind nicht dem Recycling zugeordnet.

Betrachtet man ausschließlich den Anteil der über Bauschuttaufbereitungs- und Asphaltmischanlagen sowie andere Behandlungsanlagen dem Recycling zugeführten Mengen (ohne die Verwertung im Deponiebau und die Verfüllung von Abbaustätten), so liegt die Quote in Baden-Württemberg bezogen auf das Jahr 2008 bei immerhin knapp 83 %. Weitere rund 9 % Bau- und Abbruchabfälle ohne Bodenaushub (Abfallschlüssel 170504) gingen 2008 in die sonstige Verwertung für Deponiebau- und Verfüllmaßnahmen. Bei den verbleibenden 8 % überwiegt die Deponierung. Kleinere Mengen wurden thermisch behandelt bzw. verwertet.

Zentrale Bedeutung der Bauschuttrecyclinganlagen für die stoffliche Verwertung

Im Hinblick auf die Zielsetzung, eine nachhaltige und Ressourcen schonende Kreislaufwirtschaft weiter zu entwickeln, ist der Bereich der Verwertung von Bauabfällen in Bauschuttrecyclinganlagen und Asphaltmischanlagen von besonderer Bedeutung. In insgesamt 282 solcher Anlagen wurden 2008 gut 9,9 Mill. t an Bauabfällen und ähnlichen Abfällen aus anderen Bereichen aufbereitet und einer Wiederverwendung zugeführt. Das waren fast 2 Mill. t mehr an aufbereiteten Abfällen als im Jahr 2006 (+ 25 %). Am stärksten nahmen die Mengen an Beton sowie Gemischen aus Beton und anderen Abbruchmaterialien zu, was auf die erhöhte Bedeutung von Hochbaumaßnahmen im Gebäudebestand hindeutet. Auch die Menge der in Asphaltmischanlagen aufbereiteten Materialien stieg deutlich um fast 420 000 t an. Bereits im Jahr 2006 war ein beträchtlicher Anstieg im Vergleich zu den im Jahr 2004 aufbereiteten Bauabfällen festgestellt worden, worin sich die bis 2008 anhaltende Verbesserung der konjunkturellen Situation im Bausektor widerspiegelt.

Bei den 2008 insgesamt aufbereiteten Mengen handelte es sich zu 74 % um Betonabbruch, Ziegelabfälle, Gemische aus diesen sowie Bitumengemischen. Hinzu kamen verschiedene andere zur Aufbereitung und Verwertung als Baumaterial geeignete mineralische Abfälle wie zum Beispiel Schlacke, Baggergut und Gleisschotter, zusammen 16 %. Boden und Steine (Abfallschlüssel 170504) machten mit 1 Mill. t weitere 10 % der behandelten Menge aus. Bei konsolidierter Betrachtungsweise – ohne Doppelzählung der 790 000 t Bauschutt und Straßenaufbruch, die zuerst in Bauschuttaufbereitungsanlagen aufbereitet und dann in Asphaltmischanlagen weiterverarbeitet werden – ergibt sich eine tatsächlich recycelte Menge an Bauabfällen von rund 9,1 Mill. t.

Bauabfälle sind Rohstoffe

Zweck der Aufbereitungs- und Sortiermaßnahmen bei Bauabfällen ist deren möglichst umfangreiche und hochwertige Wiederverwendung als Sekundärrohstoffe. Dadurch werden entsprechende Mengen primärer mineralischer Rohstoffe ersetzt und damit natürliche Ressourcen und Deponierraum geschont. Die abfallwirtschaftlichen Anstrengungen im Land richten sich deshalb in diesem Bereich auf die Erprobung und Umsetzung möglichst hochwertiger Verwertungswege. So ist die Förderung der Verarbeitung mineralischer Bauabfälle in hochwertige Recycling-Baustoffe (zum Beispiel in Recycling-Beton oder Betonwerksteine) Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg mit dem Ziel, den Baustoffbedarf künftig zunehmend über Recycling-Baustoffe abzudecken.

Zum Vergleich: im Jahr 2007 wurden insgesamt 87,4 Mill. t an Baumineralien aus der Natur entnommen. Dazu gehören unter anderem Sande, Feldsteine, Kiese und Natursteine. Die in Bauschuttaufbereitungs- und Asphaltmischanlagen recycelte Menge an Bauabfällen entspricht demnach rund 10 % der in Baden-Württemberg für Baumaßnahmen entnommenen Rohstoffmengen.

Im Jahr 2008 wurden etwa 9,1 Mill. t der in den Aufbereitungsanlagen gewonnenen Materialien zur weiteren stofflichen Verwertung abgegeben. Bei dieser Output-Betrachtung werden Mengen, die nach Vorbereitung in Bauschuttaufbereitungsanlagen dann in Asphaltmischanlagen verarbeitet und danach als Heißmischgut abgegeben werden, nur einmal berücksichtigt (konsolidierte Mengenbetrachtung). Als recyclierte Gesteinskörnungen fanden 44 % dieser Menge Verwendung im Straßen- und Wegebau. Rund 2,6 Mill. t der gewonnenen Erzeugnisse wurden im sonstigen Erdbau, beispielsweise für den Deponiebau, Sportplätze und Lärmschutzwände wiederverwendet. Annähernd 1,65 Mill. t gelangten als Heißmischgut in den Straßen- und Wegebau und gut 220 000 t wurden als Betonzuschlag eingesetzt. Die bei der Aufbereitung selektierten Mengen an Metallen, Holz und Kunststoff machten mit gut 600 000 t rund 7 % aus und wurden anschließend ebenfalls einer vergleichsweise hochwertigen Verwertung zugeführt.

1 Die fünfstufige Abfallhierarchie laut AbfRRL nimmt eine Prioritätenreihung von Maßnahmen im Umgang mit Abfällen vor. Dabei wird der Abfallvermeidung Vorrang vor der Wiederverwendung, der Wiederverwendung vor dem Recycling eingeräumt. Letzteres hat Vorrang vor der energetischen (und sonstigen) Verwertung. Erst als letzte Option kommt die Beseitigung von Abfällen in Frage.

2 Büringer, Helmut/Geumann, Grit: »Recycling von Siedlungsabfällen in Baden-Württemberg«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 08/2010«

3 Nach AbfRRL sind »in der Natur vorkommende Materialien, die in Kategorie 17 05 04 des Europäischen Abfallartenkatalogs definiert sind«, nicht einzubeziehen.