:: 11/2010

Kriminalität in Baden-Württemberg 2009 zurückgegangen

Die Kriminalitätsbelastung in Baden-Württemberg ist im Jahr 2009 zum zweiten Mal in Folge gesunken. Mit 5 400 Delikten pro 100 000 Einwohner war die Straftatenhäufigkeit in Baden-Württemberg bezogen auf das ganze Bundesgebiet am zweitniedrigsten. Die Aufklärungsquote lag mit knapp 60 % um fast 4 Prozentpunkte über dem deutschlandweiten Durchschnitt. Insgesamt wurden 115 718 Personen im Land gerichtlich verurteilt, 1,8 % weniger als im Vorjahr. Bezogen auf die einzelnen Altersgruppen war die Abnahme der Verurteilungen bei den 14- bis 18-Jährigen am stärksten. Der Frauenanteil unter den Verurteilten steigt seit einigen Jahren und erreichte 2009 mit 19 % seinen bisherigen Höchststand. Fast drei Viertel der insgesamt 115 700 Schuldsprüche betrafen die fünf Straftatengruppen Straßenverkehrsdelikte, Betrug und Untreue, Diebstahl, Drogen- und Gewaltdelikte. Während bei den meisten Straftatengruppen ein Rückgang zu verzeichnen war, stieg die Zahl der Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue um 13,6 %.

Bundesweit zweitniedrigste Straftatenhäufigkeit

Im Jahr 2009 wurden in Baden-Württemberg 579 112 Straftaten polizeilich registriert. Das waren 12 624 Fälle bzw. 2,1 % weniger als im Vorjahr 2008. Wie diese Straftatenhäufigkeit im Ländervergleich einzuordnen ist, kann anhand der sogenannten »Kriminalitätsbelastung« bewertet werden. Sie gibt Auskunft über die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner. Im Jahr 2009 lag die Kriminalitätsbelastung in Baden-Württemberg mit 5 387 Delikten weit unter dem bundesweiten Durchschnitt von 7 383. Wie bereits 2008 war somit die Straftatenhäufigkeit nach Bayern bundesweit am zweitniedrigsten. Auch in Thüringen, Sachsen und Hessen gab es vergleichsweise geringe Straftatenhäufigkeiten, so dass ein Nord-Süd-Gefälle in der Kriminalitätsbelastung zu beobachten ist.

Auch die Aufklärungsquote, eine weitere wichtige Kennzahl der Kriminalitätsstatistik, fiel für Baden-Württemberg positiv aus. Die Polizei konnte in 59,4 % der Fälle den bzw. die Täter ermitteln. Diese Aufklärungsquote übertraf den deutschlandweiten Durchschnitt um fast 4 Prozentpunkte (55,6 %). Die höchste Aufklärungsquote verzeichnete Thüringen (65,1 %).

Weniger Verurteilte in allen Altersgruppen

Im Jahr 2009 mussten sich 136 044 Personen vor baden-württembergischen Gerichten verantworten. Von diesen Beschuldigten wurden 115 718 gerichtlich verurteilt. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Zahl der gerichtlichen Verurteilungen um 2 100 Personen bzw. 1,8 % abgenommen und erreichte in etwa das Niveau des Jahres 2002. 30 520 der Verurteilten besaßen eine ausländische Staatsangehörigkeit. 2009 ist erstmalig seit 1993 der Anteil der Verurteilten mit ausländischer Staatsangehörigkeit wieder gestiegen. Im Jahr 2009 waren 26,4 % aller Verurteilten Ausländer, 1,3 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. Im Zeitraum von 1993 bis 2008 war ihr Anteil von 36,6 % auf 25,1 % gesunken.

2009 waren 94 400 der rund 115 700 Verurteilten Erwachsene im Alter von mindestens 21 Jahren, 12 500 Heranwachsende im Alter von 18 bis unter 21 Jahren und 8 800 Jugendliche im Alter von 14 bis unter 18 Jahren. Die Verurteiltenzahl ist im Vergleich zum Jahr 2008 bei den Jugendlichen um 5,9 % und bei den Erwachsenen um 1,7 % gesunken. Lediglich in der Gruppe der Heranwachsenden gab es einen geringfügigen Zuwachs um 0,5 %. Bezieht man die Bevölkerungsentwicklung mit in die Betrachtung ein, gab es allerdings in allen Altersgruppen einen Rückgang der Verurteiltenhäufigkeit: bei den Jugendlichen um 3,5 %, bei den Erwachsenen um 2 % und bei den Heranwachsenden um 1,2 %.

Insgesamt kamen 1 245 Verurteilte auf 100 000 Einwohner im strafmündigen Alter von mindestens 14 Jahren. Das waren 2 % weniger Verurteilungen im Vergleich zum Vorjahr. In den letzten 5 Jahren war die Verurteiltenhäufigkeit in der Altersgruppe der Heranwachsenden rückläufig und bei den Erwachsenen nahezu konstant. Bei den Jugendlichen zeigte sich bis 2007 noch ein steigender Trend. Im Jahr 2009 lag die Verurteiltenhäufigkeit bei den Heranwachsenden mit 3 188 Schuldsprüchen je 100 000 gleichaltrige Einwohner zwar so niedrig wie seit 1992 nicht mehr, unter allen Altersgruppen war sie aber nach wie vor mit Abstand am höchsten. Bei den Jugendlichen betrug sie 1 820 und bei den Erwachsenen 1 122. Das bedeutet, dass in Baden-Württemberg 2009 jeder 89. Erwachsene, jeder 55. Jugendliche und jeder 31. Heranwachsende vor Gericht schuldig gesprochen wurde. Anders ausgedrückt wurden in Baden-Württemberg 1,1 % aller Erwachsenen, 1,8 % aller Jugendlichen und 3,2 % aller Heranwachsenden gerichtlich verurteilt.

Fast drei Viertel der Verurteilten erhielten eine Geldstrafe

Von den insgesamt 115 718 Schuldsprüchen im Jahr 2009 wurden rund 100 600 Personen nach allgemeinem Strafrecht und 15 100 nach Jugendstrafrecht verurteilt. Es wurde 84 100-mal eine Geldstrafe verhängt, was einem Anteil von fast 73 % entspricht. Weitere 19 300 Personen oder 17 % wurden zu einem Freiheitsentzug verurteilt. Bei den restlichen 12 300 oder gut 10 % wurden Zuchtmittel wie beispielsweise Verwarnungen oder Jugendarrest sowie Erziehungsmaßregeln auferlegt. Von den insgesamt 19 300 Strafen mit Freiheitsentzug wurden rund 13 700 auf Bewährung ausgesetzt, so dass letztlich 5 600 Verurteilte bzw. knapp 5 % aller Verurteilten nach dem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe in Form einer Freiheits- oder Jugendstrafe antreten mussten. Unter den 19 300 Freiheits- und Jugendstrafen mit oder ohne Bewährung betrug das Strafmaß mit einem Anteil von 73 % in den weitaus meisten Fällen maximal 1 Jahr, in 19 % der Fälle wurde ein Freiheitsentzug zwischen 1 und 2 Jahren festgesetzt. In den restlichen 8 % der Fälle wurden Freiheitsstrafen von mehr als 2 Jahren ausgesprochen.

Der Frauenanteil an den Verurteilten steigt

2009 wurden von insgesamt 115 700 rechtskräftig verurteilten Personen rund 22 100 Frauen und 93 600 Männer verurteilt (Tabelle). Seit 1994 stieg die Frauenquote unter den Verurteilten von 13,7 % fast kontinuierlich an und erreichte 2009 mit 19,1 % ihren bisherigen Höchststand. Der Rückgang der Verurteiltenzahl um insgesamt rund 2 100 im Jahr 2009 ist ausschließlich auf die deutlich geringere Zahl an Schuldsprüchen gegen Männer zurückzuführen. Während im Vergleich zum Vorjahr 2 700 Männer (– 2,8 %) weniger verurteilt wurden, hat die Zahl der verurteilten Frauen um fast 600 bzw. 2,6 % zugenommen. Trotz des Anstiegs waren Frauen in weitaus geringerem Umfang an der gerichtlich registrierten Kriminalität beteiligt als Männer. 2009 richtete sich lediglich knapp jeder fünfte Schuldspruch gegen eine Frau. Die Verurteiltenhäufigkeit stieg 2009 bei den Frauen um 2,4 % auf 465 je 100 000 weibliche Einwohner im strafmündigen Alter, bei den Männern sank sie um 3,1 % auf 2 062.

Weniger Straßenverkehrs-, Drogen- und Gewaltdelikte

Im Jahr 2009 entfielen fast drei Viertel der insgesamt 115 700 gerichtlichen Schuldsprüche auf die fünf Straftatengruppen Straßenverkehrsdelikte, Betrug und Untreue, Diebstahl, Drogendelikte und Gewaltdelikte.

Wegen Straßenverkehrsdelikten wurden 2009 insgesamt 27 700 Personen bzw. 24 % verurteilt. Das sind 2 600 oder 8,7 % weniger als im Vorjahr. Der Rückgang betraf alle Altersgruppen, insbesondere die Jugendlichen (– 21 %). Es gab vor allem weniger Verurteilungen wegen Trunkenheit im Verkehr (ohne Fremdschaden), aber auch weniger Schuldsprüche wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, fahrlässiger Tötung und Körperverletzung im Straßenverkehr sowie Verkehrsunfallflucht. Insgesamt sind die Verurteilungen wegen Straßenverkehrsdelikten seit Jahren rückläufig.

Auch bei den Verurteilungen wegen Drogendelikten setzte sich 2009 der bereits seit 2005 zu beobachtende fallende Trend fort. Im vergangenen Jahr wurden 7 700 Personen bzw. 7 % wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen, 700 bzw. 8,5 % weniger als 2008. Lediglich bei den Jugendlichen nahm die Zahl der Schuldsprüche um 1,6 % leicht zu.

Bei den Gewaltdelikten, zu denen vor allem gefährliche und schwere Körperverletzungen einschließlich Körperverletzungen mit Todesfolge, aber auch Raubdelikte, Mord, Totschlag und Vergewaltigung zählen, gab es 2009 erstmals seit 1999 wieder weniger Verurteilungen. Ihre Zahl sank um rund 500 oder 8,8 % auf knapp 5 200 und damit in etwa auf das Niveau des Jahres 2005. Der Rückgang der Verurteiltenzahlen war in allen Altersgruppen zu beobachten. Alleine wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung wurden 4 036 Personen schuldig gesprochen, fast 400 weniger als im Vorjahr. Bei den Gewaltstraftaten gab es gegenläufige Entwicklungen bei Frauen und Männern. Während die Zahl der wegen Gewaltdelikten verurteilten Männer um 528 oder 10 % auf 4 730 zurückging, stieg die entsprechende Zahl der Schuldsprüche gegen Frauen um 26 oder 6,2 % auf 445. Insbesondere bei Fällen von gefährlicher und schwerer Körperverletzung nahm die Zahl der verurteilten Frauen zu. Im Jahr 2009 wurden 376 Frauen wegen dieser Straftat schuldig gesprochen, 33 mehr als 2008 (+ 9,6 %). Insbesondere bei den jungen Frauen im jugendlichen Alter von 14 bis unter 18 Jahren gab es in dieser Straftatengruppe einen kräftigen Anstieg der Verurteilungen um 28 % oder 35 Fälle auf 161 verurteilte Personen.

Die Zahl der Verurteilungen wegen Diebstahls blieb mit 17 900 Fällen bzw. 15 % auf fast gleichem Niveau wie im Jahr 2008, wobei der Rückgang bei schweren Diebstahlsdelikten durch eine leichte Zunahme bei einfachen Diebstahlsdelikten ausgeglichen wurde.

Mehr Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue im Jahr 2009

Entgegen dem allgemeinen Trend stieg die Zahl der Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue deutlich um 3 200 oder 13,6 % auf 26 500. Bereits seit 2002 ist bei den Verurteiltenzahlen wegen Betrugs und Untreue ein steigender Trend zu beobachten, so dass die Zahl der Schuldsprüche im vergangenen Jahr um 83 % höher lag als 2002. Im Jahr 2009 waren unter den Verurteilten wegen Betrugs und Untreue 7 600 Frauen, was einem Frauenanteil von fast 30 % in dieser Straftatengruppe entspricht. Etwa jede dritte Frau, die 2009 vor Gericht schuldig gesprochen wurde, wurde wegen Betrugs und Untreue verurteilt. Bei den Frauen erhöhte sich die Zahl der Verurteilungen wegen Betrugs und Untreue im vergangenen Jahr um fast 1 000 oder 14,5 %, bei den Männern um 2 200 auf 18 900, was einem Zuwachs um 13,2 % entspricht.