:: 12/2010

Die Regionen Baden-Württembergs:Wirtschaftsleistung und Strukturen im Vergleich

Von der flächenmäßig größten Region Heilbronn-Franken im Nordosten des Landes bis zur Region Hochrhein-Bodensee im Südwesten, angrenzend an die Nachbarländer Schweiz und Frankreich, unterscheiden sich die zwölf Raumordnungsregionen Baden-Württembergs hinsichtlich ihrer Wirtschaftsleistung und Struktur zum Teil recht deutlich. Während in den stärker ländlich geprägten Regionen, wie beispielsweise in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg oder in Ostwürttemberg, im Jahr 2008 annähernd die Hälfte der Wirtschaftsleistung im Produzierenden Gewerbe entstand, tragen in den eher städtischen, dichter besiedelten Regionen, wie zum Beispiel in der Region Rhein-Neckar, vor allem die Dienstleistungsbereiche bis zu gut zwei Drittel zur Wertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche bei.

Region Stuttgart – räumliches wie wirtschaftliches Zentrum des Landes …

Die Region Stuttgart mit der Landeshauptstadt Stuttgart und den umliegenden Landkreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis bildet das räumliche wie wirtschaftliche Zentrum Baden-Württembergs. Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2008 von annähernd 102 Mrd. Euro (in jeweiligen Preisen) erwirtschaftete die Region etwa 28 % der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes. Die Region Stuttgart ist damit nicht nur die wirtschaftsstärkste Region im Südwesten. Mit etwa 2,7 Mill. Einwohnern lebt hier auch rund ein Viertel aller Baden-Württemberger. Zudem haben hier über 26 % bzw. knapp 1,5 Mill. der Erwerbstätigen des Landes ihren Arbeitsplatz und erwirtschaften somit die regionale Wertschöpfung. Stuttgart ist dabei mit deutlichem Abstand die am dichtesten besiedelte der insgesamt zwölf baden-württembergischen Raumordnungsregionen. Mit rund 732 Einwohnern pro km² im Jahr 2008 ist die Bevölkerungsdichte hier gut 4-mal höher als in der am dünnsten besiedelten Region Donau-Iller mit lediglich knapp 174 Einwohnern pro km². Im Stadtkreis Stuttgart leben annähernd 2 890 Einwohner je km².

Die Wirtschaftsstruktur der Region Stuttgart entspricht mit einem Wertschöpfungsanteil des Produzierenden Gewerbes von rund 40 % und der Dienstleistungsbereiche von rund 60 % in etwa dem Landesdurchschnitt. Etwas stärker ausgeprägt im Vergleich zum Land ist der Anteil der Unternehmensdienstleister.

Ablesen lässt sich die Struktur der Wirtschaft und deren Wandel im zeitlichen Verlauf an der Entwicklung der nominalen Bruttowertschöpfung (BWS) der einzelnen Wirtschaftsbereiche. Die BWS umfasst grundsätzlich alle im Produktionsprozess entgeltlich erzeugten Waren und erbrachten Dienstleistungen und beschreibt dadurch den Beitrag der Wirtschaftsbereiche zum Bruttoinlandsprodukt, der gesamten Wirtschaftsleistung einer Region (siehe i-Punkt).

… und Region mit höchstem Wachstumsbeitrag

Von 2004 bis 2008, dem derzeit aktuell verfügbaren Berichtsjahr gesamtwirtschaftlicher Regionaldaten1, ist die Wirtschaft Baden-Württembergs kräftig gewachsen. Das sogenannte preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP), also der frei von Preiseinflüssen berechnete Wert aller innerhalb des Landes erstellten Waren und Dienstleistungen wies einen Anstieg von durchschnittlich jährlich 2 % auf. Die Südwestwirtschaft hat sich damit besser entwickelt als Deutschland insgesamt (1,8 %). Nicht berücksichtigt sind bei dieser Betrachtung allerdings die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, die vor allem auch die hiesige Wirtschaft schwer getroffen hat: So verzeichnete das preisbereinigte BIP Baden-Württembergs 2009 einen Einbruch um 7,4 % gegenüber dem Vorjahr verglichen mit – 5 % in Deutschland insgesamt2. Wie oben erwähnt, sind gesamtwirtschaftliche Regionaldaten nur bis einschließlich des Berichtsjahres 2008 verfügbar, sodass die regionalen Auswirkungen der Wirtschaftskrise erst zu einem späteren Zeitpunkt dargestellt werden können.

Gemessen in jeweiligen Preisen stieg die hiesige Wirtschaftsleistung im Fünfjahreszeitraum 2004 bis 2008 um rund 45 Mrd. Euro (durchschnittlich jährlich + 3 %) auf über 365 Mrd. Euro an. Der weitaus größte Anteil, rund ein Viertel, entfiel dabei mit knapp 10,5 Mrd. Euro allein auf die Region Stuttgart. Sie weist damit den höchsten Wachstumsbeitrag unter den baden-württembergischen Regionen auf.

Regionen Donau-Iller und Bodensee-Oberschwaben verfügten über die höchste Dynamik

Vor allem beeinflusst durch die vorherrschende Wirtschaftsstruktur weisen die Raumordnungsregionen Baden-Württembergs zum Teil deutliche Unterschiede hinsichtlich des Wirtschaftswachstums auf. Dabei verzeichnen insbesondere die eher ländlichen Regionen im Zeitraum 2004 bis 2008 überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts. Zurückführen lässt sich dies vorwiegend auf den in den vergleichsweise weniger dicht besiedelten Gebieten höheren Anteil des Produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung (BWS).

Über die höchste Dynamik verfügten dabei die landesüberschreitende Region Donau-Iller3 mit den baden-württembergischen Kreisen Alb-Donau-Kreis, Landkreis Biberach und Stadtkreis Ulm (mit dem Zentrum der Region, der direkt an die bayerische Stadt Neu-Ulm angrenzenden Stadt Ulm) sowie die Region Bodensee-Oberschwaben im äußersten Südosten des Landes. Die Wirtschaft der beiden Regionen ist im Vergleich zum Land Baden-Württemberg deutlich stärker von der Industrie geprägt. Das Produzierende Gewerbe trug hier 2008 rund 44 % zur Gesamtwertschöpfung bei gegenüber etwa 39 % im Land. Der Anteil des gesamten Dienstleistungssektors liegt mit rund 55 % dementsprechend niedriger als im Landesdurchschnitt (60 %). Ihr 2004 bis 2008 durchschnittlich erzieltes BIP-Wachstum (in jeweiligen Preisen) von jährlich 4,8 % bzw. 4,1 %, die höchsten Wachstumsraten im Regionenvergleich, verdanken sie dabei in erster Linie der hohen Wachstumsdynamik ihrer anteilsstarken Industrie mit jährlichen Zuwachsraten von 7,3 % bzw. 5,7 % gegenüber lediglich 3,3 % im Landesdurchschnitt.

Industrie und Baugewerbe sind treibende Wachstumsmotoren

Gemeinsam auf Platz drei der wachstumsstarken Regionen mit jeweils 3,9 % jährlichem BIP-Zuwachs im Zeitraum 2004 bis 2008 liegen Heilbronn-Franken und Ostwürttemberg. Ihr überdurchschnittlich gutes Abschneiden war ebenfalls vorwiegend auf die dynamische Entwicklung ihrer Industrie zurückzuführen. Hier lag der Wertschöpfungsanteil des Produzierenden Gewerbes im Jahr 2008 bei 42 % bzw. über 48 %. Auf Rang vier im Spitzenfeld mit 3,7 % BIP-Wachstum folgt die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Nahezu die Hälfte der Wirtschaftsleistung im Jahr 2008, mit über 49 % landesweit der höchste BWS-Anteil, wurde hier im Produzierenden Gewerbe erwirtschaftet.

In den Regionen der Spitzengruppe beim Wachstum entfielen 2008 zwischen 34 % und 44 % BWS-Anteil auf das Verarbeitende Gewerbe (Land: 33 %) und rund 5 % auf das Baugewerbe. Die ersten Plätze im Regionenranking im Beobachtungszeitraum 2004 bis 2008 sind vor allem der dynamischen Entwicklung in diesen Wirtschaftsbereichen geschuldet.

Regionen Rhein-Neckar sowie Mittlerer und Südlicher Oberrhein am stärksten dienstleistungsorientiert

Den weitaus größten Beitrag zur gesamten Wirtschaftsleistung stellen die Dienstleistungsbereiche. Im Durchschnitt aller Regionen erreichten die Dienstleister im Jahr 2008 mit insgesamt mehr als 197 Mrd. Euro einen Anteil von über 60 % an der Wertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche. Die Bedeutung des tertiären Sektors ist damit so groß wie nie zuvor in Baden-Württemberg. In 1991 waren es mit rund 54 % Anteil noch gut 6 Prozentpunkte weniger.

Zwischen den einzelnen Regionen bestehen dabei deutliche Unterschiede. Insgesamt variierten die Dienstleistungsanteile an der BWS im Jahr 2008 in einer Spanne von rund 65 % bis fast 68 % in den nach Stuttgart am dichtesten besiedelten Regionen des Landes Mittlerer Oberrhein, der kleinsten der zwölf Raumordnungsregionen, und Rhein-Neckar4 im Grenzgebiet der drei Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Ebenfalls zu rund 65 % stark durch die Dienstleistungsbranchen geprägt ist die Region Südlicher Oberrhein mit der Universitätsstadt Freiburg. Den geringsten Dienstleistungsanteil mit knapp unter 50 % weist dagegen die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg auf. Landesweit ist dies der industriestärkste Standort. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass besonders von technologieintensiven Industriebranchen, die regional unterschiedlich stark vertreten sind, zum Teil zahlreiche Dienstleistungsfunktionen wie Forschung und Entwicklung selbst erbracht werden.

Unter den Dienstleistungsbereichen stellt vor allem der Bereich »Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister«5 den mit Abstand größten Anteil an der Wirtschaftsleistung. Im Jahr 2008 entfiel im Landesdurchschnitt allein darauf über ein Viertel der gesamten Wertschöpfung. In der Region Rhein-Neckar waren es sogar fast 32 %. Damit war dieser Bereich hier der größte Wirtschaftszweig und um rund 5 Prozentpunkte stärker als die »Industrie«, die in den übrigen Regionen dominiert. Lediglich in der Region Mittlerer Oberrhein waren im Jahr 2008 beide Bereiche, Unternehmensdienstleister und Industrie, mit gut 28 % gleich stark vertreten.

Drei Regionen stellen rund die Hälfte der Wirtschaftsleistung des Landes

Unter den zwölf baden-württembergischen Regionen wiesen die nach der Zahl der Einwohner größten Regionen Stuttgart (2,67 Mill.) und Rhein-Neckar (1,14 Mill.) im Jahr 2008 die höchste Wirtschaftsleistung auf. Zusammen mit der Region Mittlerer Oberrhein, nach der Wirtschaftsleistung drittgrößte sowie nach der Bevölkerungszahl (1 Mill.) viertgrößte Region, belief sich der Wert der in diesen drei Regionen insgesamt erstellten Waren und Dienstleistungen, gemessen am BIP in jeweiligen Preisen, in 2008 auf knapp 180 Mrd. Euro. Das ist fast die Hälfte (49 %) des gesamten Bruttoinlandsprodukts des Landes von insgesamt gut 365 Mrd. Euro. Weitere knapp 62 Mrd. Euro, rund 17 % des baden-württembergischen BIP, steuerten die Regionen Südlicher Oberrhein (1,05 Mill. Einwohner) und Heilbronn-Franken (0,89 Mill. Einwohner) bei. Die genannten fünf einwohnerstärksten Regionen, auf sie entfallen knapp 63 % der Bevölkerung des Landes, erbrachten somit rund zwei Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung Baden-Württembergs.

1 Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bzw. zur Bruttowertschöpfung (BWS) für Kreise bzw. Regionen werden vom Arbeitskreis »Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder« aufgrund der eingeschränkten regionalen Datenlage frühestens 18 Monate nach Ablauf des Berichtsjahres veröffentlicht.

2 Einschließlich der BIP-Daten des Berichtsjahres 2009 ergibt sich eine durchschnittliche Veränderungsrate des preisbereinigten BIP in Baden-Württemberg (von 2004 bis 2009) von jährlich + 0,3 % und in Deutschland von + 0,6 %.

3 Hier soweit Land Baden-Württemberg.

4 Hier soweit Land Baden-Württemberg.

5 Kurz »Unternehmensdienstleister«.