:: 2/2011

Straßenverkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss im Jahr 2009

In den vergangenen Jahren ist sowohl die Zahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss als auch die Zahl der dabei Getöteten stark zurückgegangen. Doch Alkohol beeinträchtigt die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr vom ersten Schluck an und die Risiken werden in der Regel unterschätzt. Nach wie vor sind die Unfallfolgen unter Alkoholeinfluss deutlich schwerwiegender als im Durchschnitt aller Personenschadensunfälle. Besonders erfreulich ist deshalb die positive Bilanz des vor gut zwei Jahren eingeführten Alkoholverbots für Fahranfänger.

Entwicklung seit Einführung der 0,5 Promillegrenze im Jahr 1998

In der Vergangenheit gab es mehrfach Gesetzesänderungen zu Alkoholgrenzwerten im Straßenverkehr. Besonders bedeutsam war die im Mai 1998 eingeführte Absenkung der Promillegrenze im Straßenverkehr von 0,8 auf 0,5 Promille. Diese Maßnahme führte dazu, dass noch im Jahr der Einführung die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss in Baden-Württemberg um 7 % gegenüber 1997 zurückging. Die Zahl der bei Alkoholunfällen Getöteten verringerte sich sogar um 31 %. In den darauf folgenden Jahren nach 1998 wurden – mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2004 – weiterhin jährlich weniger Alkoholunfälle gezählt. Auch die Zahl der dabei Getöteten verringerte sich von 203 im Jahr 1997 auf 59 im Jahr 2009, was einem Rückgang von 71 % entsprach. Dies lässt darauf schließen, dass die Senkung der Promillegrenze sowie weitere Maßnahmen wie Aufklärungskampagnen über Alkohol am Steuer oder mehr Verkehrskontrollen das Verhalten der Verkehrsteilnehmer messbar beeinflusst haben.

Unfallfolgen unter Alkoholeinfluss schwerwiegender

2009 wurden in Baden-Württemberg insgesamt rund 262 000 Unfälle von der Polizei aufgenommen, darunter 5 855 Unfälle, bei denen mindestens ein Beteiligter alkoholisiert war. Das waren 2,2 % aller polizeilich registrierten Unfälle. Mit zunehmender Unfallschwere steigt jedoch der Anteil der Alkoholunfälle. Bei 6,6 % aller Unfälle mit Personenschaden war Alkohol im Spiel, und fast jeder neunte Verkehrstote starb an den Folgen eines Alkoholunfalls. Mit 25 Getöteten und 392 Schwerverletzten je 1 000 Personenschadensunfälle sind die Unfallfolgen unter Alkoholeinfluss deutlich schwerwiegender als bei Personenschadensunfällen insgesamt. Hier liegen die Anteile bei 15 Getöteten und 255 Schwerverletzten je 1 000 Unfälle.1

Baden-Württemberg auf Platz 12 im Bundesländervergleich

In Deutschland lag der Anteil der Alkoholunfälle an Unfällen mit Personenschaden im Jahr 2009 bei 5,6 %. Die niedrigsten Anteile wurden in Hamburg (4,0 %), Berlin (4,6%) und in den Flächenstaaten Bayern (4,7 %) und Nordrhein-Westfalen (4,8 %) ermittelt. Mecklenburg-Vorpommern nimmt mit großem Abstand (8,7%) – seit der Wiedervereinigung – den letzten Platz ein. Baden-Württemberg lag 2009 auf Rang 12 und hat sich, obwohl der Anteil der Alkoholunfälle im Vergleich zum Vorjahr zurückging, in seiner Position verschlechtert (2008: Rang 9).

Bei der Unfallschwere, ausgedrückt in der Kennzahl »Getötete je 1 000 Unfälle« sind ebenfalls große Unterschiede zwischen den Bundesländern festzustellen. Mit jeweils 41 Getöteten je 1 000 Alkoholunfälle waren die Unfallfolgen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern am schwerwiegendsten. Bremen (keine Getöteten), das Saarland (10) und Berlin (11) wiesen die geringsten Werte auf. In Baden-Württemberg starben 25 Personen je 1 000 Alkoholunfälle, was 2009 genau dem Bundesdurchschnitt entsprach.

Alkoholunfälle am häufigsten innerorts

Der Großteil der Alkoholunfälle, nämlich 71 %, ereignete sich innerhalb von Ortschaften. Weitere 25 % wurden von der Polizei auf Landstraßen und 4 % auf Autobahnen registriert. Knapp zwei Drittel der insgesamt 3 046 bei Alkoholunfällen Verunglückten kamen innerhalb von Ortschaften zu Schaden. Die Unfallfolgen der Alkoholunfälle waren jedoch auf Außerortsstraßen (ohne Autobahnen) am schwerwiegendsten. Deutlich mehr als die Hälfte der bei Alkoholunfällen Getöteten verloren hier ihr Leben.

Erklärungen für diese unterschiedliche Verteilung bietet eine Analyse der Unfalltypen an, also der Konfliktsituationen, die zum Unfall führten. Diese zeigt, dass 49 % der Alkoholunfälle sogenannte Fahrunfälle waren. Das sind Unfälle, die – ohne Einfluss anderer Verkehrsteilnehmer – dadurch entstehen, dass der Fahrer infolge nicht angepasster Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Dieser Anteil lag weit über dem Normalanteil der Fahrunfälle von 24 %. Dagegen hatten die Unfalltypen »Abbiegeunfall« sowie »Einbiegen-Kreuzen-Unfall« bei Alkoholunfällen sehr kleine Anteile, nämlich zusammen 11 % gegenüber 36 % im Durchschnitt aller Unfälle. Dies lässt vermuten, dass alkoholisierte Verkehrsteilnehmer an Gefahrenstellen wie Kreuzungen und Einmündungen besonders achtsam sind, während sie sich auf freien Strecken tendenziell überschätzen.

Am Wochenende und nachts häufen sich Alkoholunfälle

Alkoholunfälle unterscheiden sich am deutlichsten von allen Personenschadensunfällen hinsichtlich der zeitlichen Verteilung. Die meisten Unfälle mit Verunglückten passieren freitags (im Jahr 2009: 15,6 %). Sonntags lag dieser Anteil mit 10,4 % von allen Wochentagen am niedrigsten. Alkoholunfälle ereignen sich dagegen schwerpunktmäßig am Wochenende. An der Spitze der Unfallhäufigkeit lag hier mit einem Anteil von 23,9 % der Samstag, dicht gefolgt vom Sonntag (22,9 %). Der Freitag lag mit 13,9 % unter dem entsprechenden Anteil der Personenschadensunfälle insgesamt. Die wenigsten Alkoholunfälle ereigneten sich montags.

Noch deutlicher waren die Unterschiede erwartungsgemäß in der Verteilung nach Tageszeiten. Personenschadensunfälle insgesamt passierten am seltensten zwischen 2 und 4 Uhr morgens. Danach stieg die Zahl an und erreichte zwischen 16 und 18 Uhr ihren Höhepunkt. Bei Alkoholunfällen lag der Tiefpunkt zwischen 8 und 12 Uhr morgens (4,4 %). Vor allem ab 16 Uhr stieg die Zahl an, um dann zwischen 18 und 2 Uhr morgens die höchsten Werte zu erreichen, zusammen 52 % (Schaubild 1).

Immer mehr alkoholisierte Fahrradfahrer an Unfällen beteiligt

2009 waren in Baden-Württemberg 69 064 Personen an Unfällen mit Personenschaden beteiligt, 2 390 davon standen unter Alkoholeinfluss. Allein 1 434 oder 60 % aller alkoholisierten Unfallbeteiligten waren Pkw-Fahrer, jedoch waren mit fast 19 % Fahrradfahrer am zweithäufigsten beteiligt. Hier kam es in den vergangenen Jahren zu einer deutlichen Verschiebung der Anteile alkoholisierter Unfallbeteiligter zwischen den Verkehrsarten. So waren 1991 noch drei Viertel der Beteiligten unter Alkoholeinwirkung Pkw-Fahrer, aber nur knapp 7 % Fahrradfahrer.

Interessanter als eine Betrachtung der absoluten Zahlen ist die Relation Alkoholbeteiligte und Unfallbeteiligte insgesamt. Die Anteile der einzelnen Verkehrsteilnehmergruppen weichen teilweise stark vom Durchschnittswert ab. Es waren im Schnitt 35 von 1 000 Unfallbeteiligten alkoholisiert. Die geringsten Werte wurden mit 4,4 bei Busfahrern und mit 13 bei Fahrern von Güterkraftfahrzeugen festgestellt. Diese sind berufsbedingt über Risiken und Strafen bezüglich Alkohol im Verkehr gut informiert, und zudem stellt der Führerscheinbesitz ihre Existenzgrundlage dar. Relativ niedrig ist mit 24 alkoholisierten Beteiligten je 1 000 Unfallbeteiligten auch die Zahl der Motorradfahrer, bei Pkw-Fahrern liegt der Wert bei 32. Eine deutlich höhere Bereitschaft alkoholisiert am Verkehr teilzunehmen, signalisieren die hohen Zahlen bei Fahrradfahrern (52) und Fußgängern (45). Das weitaus schlechteste Ergebnis wurde jedoch mit 77 bei den Mofa- und Mopedfahrern festgestellt.

Positive Bilanz des Alkoholverbots für Fahranfänger

Die meisten alkoholisierten Unfallbeteiligten in Baden-Württemberg waren relativ jung, das heißt nur 33 % waren 45 Jahre und älter. Bezogen auf die Unfallbeteiligung der jeweiligen Altersgruppe insgesamt wurde bei jüngeren Fahrern anteilsmäßig häufiger Alkoholeinfluss festgestellt. Zwischen 15 und 34 Jahren lagen die Anteile alkoholisierter Unfallbeteiligter zwischen 4,2 und 4,9 %. In den darüber liegenden Altersgruppen nahmen die entsprechenden Anteile mit steigendem Alter ab. Dies liegt möglicherweise auch daran, dass nach langjähriger Gewöhnung an Alkohol die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen für die Polizeibeamten schwerer zu erkennen sind.

Sehr erfreulich sind die positiven Auswirkungen des Alkoholverbots für Fahranfänger zu bewerten. Baden-Württemberg hat eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Alkoholverbots für Fahranfänger und Fahrer unter 21 Jahren maßgeblich unterstützt. Das am 1. August 2007 in Kraft getretene Gesetz war eine Reaktion auf die Tatsache, dass jeder vierte Unfall unter AlkohoIeinfluss von jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren verursacht wurde – bei einem Bevölkerungsanteil von rund 8 %. Die erste Bilanz fällt positiv aus: Die alkoholbedingten Unfälle sind in dieser Gruppe gegenüber 2007 um 20 % zurückgegangen – bei den besonders gefährdeten jungen Fahranfängern (18 bis 20 Jahre) um 21 %. Die Zahl der dabei Getöteten hat sich hier sogar mehr als halbiert.

Frauen fielen wesentlich seltener als Männer durch Trunkenheit bei Verkehrsunfällen auf. Nur 283 bzw. 12 % der alkoholisierten Unfallbeteiligten waren Frauen, obwohl im Durchschnitt aller Unfälle mit Personenschaden 33 % der Unfallbeteiligten Frauen waren.

Fast drei Viertel der alkoholisierten Unfallbeteiligten haben mindestens 1,1 Promille

73 % der Beteiligten, die unter Alkoholeinfluss an einem Unfall mit Personenschaden beteiligt waren, hatten zum Zeitpunkt der Blutentnahme einen BAK-Wert von mindestens 1,1 Promille, das heißt sie waren im Sinne der Rechtsprechung absolut fahruntüchtig. 26 % der wegen Trunkenheit belangten Unfallbeteiligten wiesen sogar einen Alkoholwert von mehr als 2 Promille auf. Es scheint, dass die fahrenden Trinker, die an den Konsum bestimmter Alkoholmengen gewöhnt sind und damit kaum Verhaltensauffälligkeiten zeigen, einen beachtlichen Anteil ausmachen. Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Anteil der Beteiligten mit Blutalkoholwerten über 2 Promille. So wurde bei 16 % der 18- bis 24-jährigen Fahrer ein BAK-Wert von mehr als 2 Promille festgestellt. Der Anteil steigt mit zunehmendem Alter und erreicht bei der Gruppe der 55- bis 59-Jährigen mit 40 % den höchsten Wert, um dann wieder zu sinken. Hier könnte eine Rolle spielen, dass bei jüngeren Verkehrsteilnehmern schon niedrige Alkoholkonzentrationen zu Ausfallerscheinungen führen, während es älteren Autofahrern offenbar besser gelingt, mäßigen Alkoholkonsum vor den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten zu verbergen.

Stadtkreis Heidelberg hat geringsten Anteil an Alkoholunfällen

Der Anteil der Alkoholunfälle an allen Unfällen mit Personenschaden ist in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs sehr unterschiedlich. Während ungefähr ein Drittel der Kreise um den landesdurchschnittlichen Anteil von 6,6 % streuen, gibt es bei anderen sowohl große Abweichungen nach oben als auch nach unten. Mit nur 4,6 % alkoholbedingten Unfällen schneidet der Stadtkreis Heidelberg am besten ab, der Landkreis Freudenstadt nimmt hier hingegen mit 9,6 % eine deutlich ungünstigere Position ein (Schaubild 2). Das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs, aber auch kürzere Wege machen sicherlich den Verzicht auf das Autofahren in Stadtkreisen einfacher als in ländlichen Kreisen. Der im Vergleich zu innerorts geringere Anteil der Alkoholunfälle auf Autobahnen lässt zudem darauf schließen, dass Alkoholfahrten eher auf Kurzstrecken riskiert werden.

Alkoholunfälle weisen nach BAK-Werten differenziert kaum regionale Schwerpunkte auf (Schaubild 3). Erkennbar sind jedoch Unfallhäufungen insbesondere auf Bundesstraßen und entlang touristischer Routen. Einige Beispiele: Ausgehend von Freiburg im Breisgau treten auf den Bundesstraßen Richtung Glottertal, Waldkirch und Bad-Krozingen Alkoholunfälle gehäuft auf. Ebenso zeichnen sich die Badische Weinstraße zwischen Bühl und Offenburg aber auch die Bundesstraßen zwischen Heilbronn, Eppingen und Bietigheim-Bissingen durch entsprechende Unfallhäufungen aus. Ein erhöhtes Aufkommen an Alkoholunfällen fällt auch im Grenzgebiet zu Frankreich und der Schweiz auf.

Entziehung von Fahrerlaubnissen infolge von Alkohol rückläufig

Im vergangenen Jahr wurden gemäß dem vom Kraftfahrt-Bundesamt geführten Verkehrszentralregister in Baden-Württemberg 12 180 Fahrerlaubnisentziehungen und Aberkennungen durch Gerichte ausgesprochen. Darunter erfolgten 87 % in Verbindung mit Alkohol oder anderen Drogen im Straßenverkehr. Das waren 11 % weniger als 2008. Zusätzlich wurden rund 40 % der Entscheidungen der Fahrerlaubnisbehörden über Fahrerlaubnisentziehungen und Aberkennungen infolge von »Neigung zu Trunk-, Arzneimittel- oder Rauschgiftsucht« getroffen. Gegenüber den 90er-Jahren ist sowohl die Zahl der Fahrerlaubnisentziehungen als auch die Zahl der wegen Straßenverkehrsdelikten in Verbindung mit Trunkenheit Verurteilten um rund zwei Drittel gesunken.

1 Bei der Bewertung von Daten über Alkoholunfälle ist von einer Dunkelziffer auszugehen, da nicht bei jedem Unfallbeteiligten festgestellt wird, ob er unter Alkoholeinfluss gestanden hat. Dies gilt insbesondere für Unfälle mit leichtem Sachschaden. Mit zunehmender Unfallschwere dürfte sich die Dunkelziffer reduzieren. Aber auch unter unfallflüchtigen Verkehrsteilnehmern dürfte ein hoher Anteil alkoholisiert sein. Gleichfalls ist bei Alleinunfällen von einer gewissen Dunkelziffer hinsichtlich des Alkoholeinflusses auszugehen.