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Wissenswertes zum Zensus 2011

Zum Stichtag 9. Mai 2011 wird in Deutschland ein Zensus, eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung stattfinden. Wir müssen wissen, was morgen zählt. Denn die fachlich und regional tief gegliederten Daten, auf die Politik, Verwaltung und Wissenschaft derzeit zurückgreifen, sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die letzten Volkszählungen in Deutschland liegen weit mehr als 20 Jahre zurück. Die Notwendigkeit zur Durchführung des Zensus 2011 wurde bereits umfassend erörtert, das neue Erhebungsverfahren vorgestellt1 und auf die Auswertungsmöglichkeiten eingegangen.2 Der folgende Beitrag befasst sich nun mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, stellt das Erhebungsprogramm vor und geht auf den Stand der Vorbereitungen ein.

Ein neues Verfahren mit weniger Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger

Die Europäische Union hat alle Mitgliedstaaten im Jahr 2011 zur Durchführung einer Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung, eines Zensus verpflichtet. Mit dem Zensus wird ermittelt, wie viele Menschen in einem Land, in einer Stadt oder einer Gemeinde leben, wie sie dort wohnen und arbeiten. In Deutschland wird der Stichtag der 9. Mai 2011 sein.

Die amtliche Statistik betritt mit dem Zensus 2011 methodisches Neuland: Es wird erstmals ein registergestütztes Verfahren eingesetzt. Dabei werden, im Unterschied etwa zur Volkszählung 1987, nicht mehr alle Bürgerinnen und Bürger befragt, sondern soweit wie möglich bereits vorhandene Daten aus Registern für statistische Zwecke genutzt. Im Landesdurchschnitt wird beim Zensus 2011 in Baden-Württemberg jede dritte Bürgerin, jeder dritte Bürger befragt.

Zu den genutzten Registerdaten gehören vor allem Angaben aus den Melderegistern der Gemeinden, dem Register der Bundesagentur für Arbeit sowie Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand. Nicht alle Angaben aus den Registern sind präzise und aktuell. Zur Sicherung der Qualität der Ergebnisse des Zensus 2011 und zur Gewinnung von Daten, die nicht aus Registern gewonnen werden können, sind deshalb Befragungen vorgesehen. Alle Gebäude- und Wohnungseigentümer werden postalisch befragt und bundesweit knapp 10 % der Bevölkerung bei der Haushaltebefragung angesprochen. Zudem wird es auch in allen Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften Befragungen geben, also beispielsweise in Senioren- und Studentenwohnheimen, Klöstern und Justizvollzugsanstalten.

Wie sehen die gesetzlichen Grundlagen aus?

Die Vereinten Nationen empfehlen, die Bevölkerung alle 10 Jahre zu zählen. Weltweit kommen dem nahezu alle Staaten nach. Nur neun von 225 Staaten, die die UN-Statistik verzeichnet, haben für das laufende Jahrzehnt bisher noch keinen Zensustermin festgelegt. Die EU-Verordnung über Volks- und Wohnungszählungen vom 9. Juli 2008 verpflichtet erstmals alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union für das Jahr 2011 Daten für einen vorgegebenen Merkmalskranz zu liefern. Künftig wird es in der Europäischen Union alle 10 Jahre einen Zensus geben. In Deutschland regeln zwei Bundesgesetze die Vorbereitung und Durchführung des Zensus 2011. Das Zensusvorbereitungsgesetz vom 8. Dezember 2007 befasst sich vor allem mit dem Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters, das als Auswahlgrundlage für die Stichprobenziehung bei der Haushaltebefragung und zur Vorbereitung und Durchführung der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) dient. Im Zensusgesetz 2011 vom 8. Juli 2009 sind vor allem die Datenübermittlungen aus den Registern, der Merkmalskatalog der vorgesehenen Befragungen, die dafür vorgesehene Auskunftspflicht sowie die Zusammenführung der Datensätze festgelegt. Die nach dem Zensusgesetz 2011 vorgesehene Stichprobenverordnung vom 25. Juni 2010 enthält Regelungen zum Stichprobenverfahren und zum Stichprobenumfang.

Für das Land Baden-Württemberg schafft schließlich das Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 vom 29. Juli 2010 die erforderlichen organisations- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen für die Durchführung des Zensus 2011. Diese beziehen sich insbesondere auf die Einrichtung der Erhebungsstellen, die Klärung des Arbeitsschnitts zwischen den Erhebungsstellen und dem Statistischen Landesamt sowie die finanziellen Zuwendungen, die das Land den Kommunen für die Einrichtung der Erhebungsstellen gewährt.

Haushaltebefragung: Was wird gefragt...

Alle Fragen sind gesetzlich vorgegeben. Bei der Haushaltebefragung geht es um Fragen nach Alter, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Migrationshintergund, Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft (beispielsweise römisch-katholische Kirche, evangelische Kirche, jüdische Gemeinden), Hauptwohnsitz, Schulbesuch, Bildungs- und Ausbildungsabschluss sowie Berufstätigkeit (unter anderem die Branche, in der man tätig ist, sowie Angaben zum Beruf). Diese Fragen müssen beantwortet werden. Die Angabe zum Religionsbekenntnis (beispielsweise Christentum, Judentum oder Islam) ist freiwillig. Nach dem Einkommen der Menschen wird nicht gefragt.

...wer, wann und wie wird befragt?

In Baden-Württemberg werden voraussichtlich im Rahmen der Haushaltebefragung 1,1 Mill. Menschen befragt. Nach einen mathematisch-statistischen Zufallsverfahren wurden Anschriften für die Befragung ausgewählt. Alle Haushalte an diesen Anschriften müssen befragt werden, um die Repäsentativität der Ergebnisse zu gewährleisten. Für die Durchführung der Haushaltebefragung sind seit November 2010 in Baden-Württemberg zwischen Main und Bodensee insgesamt 88 Erhebungsstellen bei Gemeinden mit mindestens 30 000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie bei den Landkreisen eingerichtet. Das sind 35 Erhebungsstellen in den Landkreisen und 53 Erhebungsstellen in den Städten. Diese Erhebungsstellen sind räumlich, personell, organisatorisch und IT-technisch von anderen Verwaltungsstellen getrennt. Alle beteiligten Personen sind auf die Geheimhaltungsvorschriften und den Datenschutz besonders verpflichtet.

Für die Befragungen werden von den Erhebungsstellen landesweit voraussichtlich 13 000 Interviewerinnen und Interviewer eingesetzt. Die Erhebungsbeauftragten werfen Ende April/Anfang Mai 2011 eine Terminankündigungskarte gemeinsam mit Informationen zur Erhebung (Anschreiben, Flyer, Rechtsgrundlagen) in den Briefkasten der zu befragenden Haushalte ein. Beim angekündigten Termin stellen sich die Interviewerinnen und Interviewer zunächst vor und weisen sich unaufgefordert mit ihrem Interviewerausweis und dem Personalausweis aus. Sie sind angewiesen, die Wohnung der zu befragenden Haushalte nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung zu betreten.

Die Interviewerinnen und Interviewer bitten zunächst um Benennung der in der Wohnung lebenden Personen und tragen Namen, Vornamen, Geschlecht und Geburtsdatum in die Erhebungsliste ein. Daran schließt sich dann das Interview an. Sollte dies seitens des Haushalts nicht gewünscht werden, wird der Fragebogen zur Selbstausfüllung übergeben. Dieser muss dann ausgefüllt an die Erhebungsstelle übermittelt werden. Es besteht außerdem auch die Möglichkeit, die Angaben bequem und mit wenig Aufwand über eine gesicherte Internetverbindung zu machen. Hierzu werden eine Nutzerkennung und ein Aktivierungscode benötigt, die auf dem Fragebogen angegeben sind. Sofern also Bürgerinnen und Bürger den Fragebogen nicht gemeinsam mit der Interviewerin oder dem Interviewer ausfüllen möchten, kann dies problemlos vermieden werden. Allen auskunftspflichtigen Bürgerinnen und Bürgern stehen die genannten drei Möglichkeiten der Auskunftserteilung zur Verfügung. Sollte der Haushalt beim ersten Termin nicht anwesend sein, kommt eine Zweitankündigungskarte zum Einsatz. Ist auch beim zweiten Termin niemand anzutreffen, übergibt die Interviewerin bzw. der Interviewer die weitere Befragung der Erhebungsstelle.

Die Erhebungsbeauftragten haben die Befragung in den 12 Wochen nach dem Stichtag, also bis Ende Juli 2011, abzuschließen.

Befragung in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften

In Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften sind die Angaben der Melderegister über die Bewohnerinnen und Bewohner in diesen Einrichtungen oft ungenau. Deshalb wird beim Zensus 2011 in diesen Bereichen eine Vollerhebung durchgeführt. Das entsprechende Erhebungsprogramm beschränkt sich dabei auf wenige Fragen nach Alter, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehörigkeit oder auch Informationen darüber, ob die Anschrift die Hauptwohnung ist. In der Regel geben die Bewohnerinnen und Bewohner mündlich gegenüber einem Interviewer oder einer Interviewerin die benötigten Auskünfte. Alternativ können die Angaben wie bei der Haushaltebefragung auch online oder postalisch übermittelt werden. Einige dieser Einrichtungen wurden im Rahmen der Haushaltebefragung ausgewählt und müssen damit auch die dort vorgesehenen Fragen beantworten.

Für sensible Gemeinschaftsunterkünfte wie Erziehungsheime, Notunterkünfte für Obdachlose oder Justizvollzugsanstalten ist ein besonderes Erhebungsverfahren vorgesehen. Dort werden die Bewohnerinnen und Bewohner über den Zensus 2011 informiert, befragt wird aber die Einrichtungsleitung.

Gewinnung von Interviewerinnen und Interviewern beim Zensus 2011

Bei der Gewinnung von Erhebungsbeauftragten (Interviewerinnen und Interviewern) sind zahlreiche gesetzliche Regelungen zu beachten. Die Erhebungsbeauftragten müssen die Gewähr für Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit bieten. Sie dürfen nicht eingesetzt werden, wenn aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit oder aus anderen Gründen zu befürchten ist, dass Erkenntnisse aus der Tätigkeit als Erhebungsbeauftragte zum Schaden der auskunftspflichtigen Personen genutzt werden könnten. Zudem dürfen sie nicht in unmittelbarer Nähe Ihrer Wohnung eingesetzt werden.

Die Erhebungsbeauftragten werden vor Beginn ihrer Tätigkeit ausführlich über die zu beachtenden datenschutz- und statistikrechtlichen Regelungen informiert. Sie werden schriftlich verpflichtet, das Statistikgeheimnis zu wahren sowie ihre Tätigkeit nicht für andere Zwecke als die des Zensus 2011 zu nutzen, insbesondere nicht zur Vertretung kommerzieller, religiöser oder karitativer Interessen und auch nicht zur Verbreitung politischen Gedankenguts. Eine Zuwiderhandlung wird nach § 203 Strafgesetzbuch strafrechtlich belangt. Das kann bis zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren gehen. Wenn Zweifel an der Verschwiegenheit und Zuverlässigkeit eines Bewerbers bestehen oder Motive für sachfremde Interessen vermutet werden können, sind Bewerberinnen und Bewerber abzulehnen.

Durch intensive Schulungen im Statistischen Landesamt wurden und werden die Erhebungsstellen auf die Gewinnung und Schulung der Erhebungsbeauftragten vorbereitet. Zudem findet ein reger Erfahrungsaustausch statt. Soweit wie möglich werden die Erhebungsstellen auf bewährte und bekannte Personen zurückgreifen wie zum Beispiel Bedienstete der öffentlichen Verwaltungen oder Wahlhelfer bei der Durchführung der Landtagswahl 2011.

Gebäude- und Wohnungszählung: Was wird gefragt?

Knapp 3 Mill. Eigentümer von Gebäuden und Wohnungen haben bei der Gebäude- und Wohnungszählung (GWZ) in Baden-Württemberg im Rahmen des Zensus 2011 zunächst Angaben zum Gebäude zu machen. Dabei geht es um Fragen nach der Art des Gebäudes (handelt es sich um ein Wohngebäude oder ein Geschäftshaus mit einer Wohnung?), der Zahl der Wohnungen, dem Gebäudetyp (beispielsweise freistehendes Haus oder Doppelhaus), dem Jahr der Fertigstellung des Gebäudes, den Eigentumsverhältnissen (zum Beispiel Gemeinschaft von Wohnungseigentümern, Privatperson, kommunales Wohnungsbauunternehmen) und der Heizungsart (beispielsweise Fernheizung oder Blockheizung).

Bei den Fragen zur Wohnung geht es um die Wohnungsnutzung, das heißt ob die Wohnung vermietet oder vom Eigentümer bewohnt ist. Weitere Fragen beziehen sich auf die Fläche, die Zahl der Räume, die Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner, die Eigentumsverhältnisse (ist der Eigentümer eine Privatperson, ein privatwirtschaftliches oder einer öffentliches Unternehmen oder eine Wohnungsgenossenschaft). Nach der Höhe der Miete wird nicht gefragt.

Selbstverständlich haben auch bei der GWZ die Auskunftspflichtigen die Möglichkeit, ihre Antworten online zu übermitteln. Mit etwa 300 Großeigentümern wurden zudem spezielle Verträge der Datenübermittlung geschlossen, um die Meldeweise zu erleichtern.

Erfahrungen aus der Vorbereitung der GWZ

Im November 2010 erhielten rund 720 000 Eigentümerinnen und Eigentümer oder Verwalterinnen und Verwalter von Gebäuden und Wohnungen einen kurzen Fragebogen, um die uns vorliegenden Angaben zu prüfen, zu vervollständigen und zu aktualisieren. Mit dieser Befragung wurden bereits im Vorfeld der GWZ Unklarheiten, zum Beispiel über die Eigentumsverhältnisse, beseitigt und die Durchführung der eigentlichen GWZ dadurch erleichtert.

Knapp 20 000 Bürgerinnen und Bürger haben sich im Rahmen dieser Vorbefragung an eine kostenfreie Hotline des Statistischen Landesamtes gewandt, die zwischen 8 und 19 Uhr geschaltet war. Dadurch konnten viele Fragen direkt und unbürokratisch geklärt werden.

Datenschutz garantiert

Die amtliche Statistik lebt vom Vertrauen und der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Einzelangaben werden strikt geheimgehalten und nur für statistische Zwecke genutzt. Insbesondere erfolgt keine Weiterleitung von Angaben an private oder andere Stellen, vor allem nicht an das Finanzamt, die Polizei oder die Meldebehörden. Angaben fließen also beim Zensus nur in eine Richtung: Aus den Verwaltungsregistern oder von den Befragungen hin zu den Statistischen Ämtern. Es gilt das Rückspielverbot, das besagt, dass keine Informationen aus den Erhebungen zur Korrektur der Registerdaten verwendet werden dürfen. Alle Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Volkszählungsurteil 1983 wurden beim Gesetzgebungsverfahren beachtet und werden bei der konkreten Durchführung berücksichtigt. Es findet zudem ein enger Kontakt mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz statt. Persönliche Angaben der Befragten werden geheim gehalten und ausschließlich für statistische Zwecke verwendet. Die Daten werden nur anonymisiert ausgewertet.