:: 2/2011

Kirchliche Erwachsenenbildung mit großem Zuspruch

Kirchliche Bildungswerke sind neben den Volkshochschulen tragende Säulen der Erwachsenenbildung. Im Jahr 2009 wurden bei Veranstaltungen der kirchlichen Erwachsenenbildung insgesamt 2,8 Mill. Besuche gezählt. Dabei konnten 2 Mill. Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Einzelveranstaltungen oder Vorträgen begrüßt werden. Die Schwerpunkte der Bildungsarbeit sind – neben philosophisch-theologischen Fragestellungen – vor allem die Themen »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde« sowie »Erziehungsfragen und Familienbildung«. Für die fast 111 000 Veranstaltungen wurden 2009 zusammen 28,4 Mill. Euro aufgewendet, wobei knapp die Hälfte aus Teilnehmerbeiträgen und anderen Einnahmen der Bildungswerke finanziert wurde.

Es ist inzwischen eine Binsenweisheit, dass Bildung nicht mit Beendigung der Schul-, Berufs- oder Hochschulausbildung endet. Lebenslanges Lernen ist mehr als nur ein Schlagwort. Daher rückt die Weiterbildung zunehmend in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Neben den Volkshochschulen1 zählen die Bildungswerke der Kirchen zu den größten Anbietern von Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung.

Die verschiedenen kirchlichen Erwachsenenbildungswerke haben sich in der Kirchlichen Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg (KILAG) zusammengeschlossen. Ihr gehören die evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenen- und Familienbildung in Baden, die evangelische Erwachsenen- und Familienbildung in Württemberg, die katholische Erwachsenenbildung der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die katholische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung im Erzbistum Freiburg und das Bildungswerk Süd der evangelisch-methodistischen Kirche an.

Nach den Angaben der Kirchen lebten Ende 2008 hierzulande insgesamt fast 4 Mill. Katholiken und gut 3,5 Mill. Mitglieder der Evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg. Damit waren rund 37 % der Bevölkerung katholisch und etwa 33 % evangelisch. Das Angebot der kirchlichen Bildungswerke richtet sich aber natürlich nicht nur an Angehörige der eigenen Konfession, und die Themen der Veranstaltungen beschränken sich nicht auf kirchliche oder religiöse Fragestellungen.

2,8 Mill. Teilnehmende an Veranstaltungen der kirchlichen Erwachsenenbildung

Die Bildungswerke stellen dem Statistischen Landesamt auf freiwilliger Basis jährlich Eckdaten zur Weiterbildungsarbeit zur Verfügung, die ausgewertet und veröffentlicht werden. Im Jahr 2009 wurden insgesamt 2,8 Mill. Besucher bei den fast 111 000 Veranstaltungen gezählt, die von den 70 Bildungswerken bzw. regionalen Bildungszentren der kirchlichen Erwachsenenbildung organisiert wurden (Tabelle). Den weitaus größten Anteil von 71 % hatten Einzelveranstaltungen und Vorträge, an denen fast 2 Mill. Menschen teilnahmen. Im Durchschnitt konnten zu jeder der 71 446 Veranstaltungen 28 Teilnehmende begrüßt werden. Die 38 744 Kurse, Lehrgänge und Seminare wurden von knapp 800 000 Bildungswilligen besucht, was 28 % der Gesamtteilnehmendenzahl entspricht. Studienfahrten und -reisen machen dagegen nur einen geringen Teil der Bildungsarbeit aus. An den 572 Reisen beteiligten sich gut 16 400 Personen.

Für die Kurse, Lehrgänge und Seminare wurden in diesem Jahr insgesamt fast 753 500 Unterrichtsstunden aufgewendet. Damit umfassten diese Angebote jeweils im Mittel gut 19 Unterrichtsstunden. Die Unterrichtseinheiten der katholischen Bildungswerke waren dabei mit durchschnittlich 27 bis knapp 31 Stunden deutlich umfangreicher als die der evangelischen mit gut 12 bis knapp 16 Stunden.

Anteile der Bildungswerke im Zeitablauf recht konstant

In den Jahren seit 2000 war die Nachfrage nach den Angeboten der kirchlichen Erwachsenenbildung relativ gleichbleibend. Die Teilnehmendenzahl schwankte lediglich zwischen 2,6 und knapp 2,9 Mill. Der Höchstwert wurde dabei im Jahr 2005 mit 2,88 Mill. erreicht. Im Jahr 2009 war ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 1,6 % zu verzeichnen (Schaubild 1).

Die Verteilung der Inanspruchnahme der Bildungsangebote der fünf beteiligten Verbände war in diesem Zeitraum weitgehend stabil. Den weitaus größten Anteil an den Teilnehmendenzahlen konnten die Bildungswerke der Evangelischen Landeskirche Württemberg verbuchen: Im Jahr 2009 lag er bei gut 47 %. Knapp ein Viertel der Belegungen entfiel auf Veranstaltungen der Bildungswerke in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Rund 15 % der Besucher nahmen an Veranstaltungen in der Erzdiözese Freiburg und gut 11 % an Angeboten im Rahmen der Evangelischen Landeskirche Baden teil. Das Bildungswerk Süd der evangelisch-methodistischen Kirche ist der kleinste hier vertretene Bildungsträger. Auf seine Veranstaltungen entfielen 2 % der Belegungen.

Breit gefächertes Kursangebot

Die von den Bildungswerken angebotenen Kurse, Lehrgänge und Seminare behandeln nicht in erster Linie theologische oder kirchliche Themen im engeren Sinne. Knapp ein Drittel der im Jahr 2009 gezählten 793 616 Kursbelegungen bezog sich auf Veranstaltungen zum Stoffgebiet »Erziehungsfragen, Familienbildung«2 (Schaubild 2). Erst an zweiter Stelle folgt das Stoffgebiet »Philosophie, Theologie, Religion«, das etwas weniger als ein Viertel der Teilnehmenden wählte. Weitere beliebte Stoffgebiete waren »Gesundheit, Haushaltsführung« mit einem Anteil von gut 17 %, »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde« mit rund 13 % und »Kreatives Gestalten, Lehrerprogramme« mit knapp 8 %.

Allerdings ergibt sich in diesem Punkt bei genauerer Betrachtung ein differenziertes Bild der thematischen Schwerpunkte. Das Angebot an Kursen, Lehrgängen und Seminaren der Bildungswerke in der Evangelischen Landeskirche Württemberg hat einen eindeutigen Schwerpunkt im Stoffgebiet »Erziehungsfragen, Familienbildung«, in dem 45 % der Belegungen registriert wurden. »Philosophie, Theologie, Religion« rangierte mit einem Anteil von rund 14 % erst an dritter Stelle nach »Gesundheit, Haushaltsführung« mit fast 23 % aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Dagegen ist das Verhältnis bei den Bildungswerken in der Evangelischen Landeskirche Baden nahezu spiegelbildlich. Dort beteiligten sich knapp 44 % der Teilnehmenden an Angeboten zu »Philosophie, Theologie, Religion«, wogegen »Erziehungsfragen, Familienbildung« lediglich 15 % der Kursbesuche verbuchen konnten – weniger als das Stoffgebiet »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde«, für das sich 19 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer entschieden.

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bei den katholischen Bildungswerken im Land. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart war der Teilnehmendenanteil im Bereich »Erziehungsfragen, Familienbildung« mit gut 31 % am höchsten. Dahinter folgten »Philosophie, Theologie, Religion« mit knapp 23 % und das Stoffgebiet »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde« mit fast 20 %. Bei den Kurs- und Seminarangeboten der Bildungswerke in der Erzdiözese Freiburg lag »Philosophie, Theologie, Religion« mit einem Anteil von gut 20 % deutlich vor »Erziehungsfragen, Familienbildung« mit etwas über 13 %. Den meisten Zuspruch fanden hier jedoch die Kurse, Lehrgänge und Seminare zum Bereich »Gesundheit, Haushaltsführung«, die 28 % der Bildungswilligen besuchten.

Einzelveranstaltungen mit philosophisch-theologischem Schwerpunkt

Die von den kirchlichen Bildungswerken organisierten Einzelveranstaltungen und Vorträge weisen im Gegensatz zu den Kursen, Lehrgängen und Seminaren eine ausgeprägtere Tendenz zu philosophisch-theologischen Themen auf (Schaubild 3). Veranstaltungen zum Stoffgebiet »Philosophie, Theologie, Religion« besuchten im Jahr 2009 fast 31 % der insgesamt rund 1,99 Mill. Besucher. Mit knapp 28 % war der Anteil des Stoffgebiets »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde« nur wenig geringer. Zu Einzelveranstaltungen und Vorträgen über »Erziehungsfragen, Familienbildung« konnten 14 % aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßt werden. »Zeitgeschehen, Politik, Geschichte« mit einem Teilnehmendenanteil von 9 % und »Gesundheit, Haushaltsführung« mit gut 7 % zählten ebenfalls zu den besonders beliebten Themen.

Beim Angebot an Einzelveranstaltungen und Vorträgen unterscheiden sich die Träger der evangelischen und der katholischen Erwachsenenbildung. In allen Teilorganisationen der evangelischen Erwachsenenbildung lag der Schwerpunkt – zum Teil sehr deutlich – bei »Philosophie, Theologie, Religion«, gefolgt von »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde«. Dagegen war die Besucherzahl der von katholischen Bildungswerken organisierten Veranstaltungen sowohl in der Erzdiözese Freiburg als auch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart im Bereich »Literatur, Kunst, Musik, Länderkunde« geringfügig höher als im Bereich »Philosophie, Theologie, Religion«.

Knapp die Hälfte der Aufwendungen durch Eigeneinnahmen der Bildungswerke finanziert

Der gesamte Aufwand für die Veranstaltungen der kirchlichen Erwachsenenbildung war im vergangenen Jahrzehnt leichten Schwankungen unterworfen. Im Jahr 2000 lag er bei 30,8 Mill. Euro. Der geringste Aufwand war im Jahr 2007 mit 26,1 Mill. Euro zu verzeichnen. Seitdem ist er bis 2009 auf gut 28,4 Mill. Euro angestiegen und liegt damit wieder etwa auf dem Niveau von 2005. Bezieht man diese Summe auf die gesamte Teilnehmerzahl, so ergibt sich pro Teilnahme für das Jahr 2009 ein Aufwand von 10,15 Euro.

Fast die Hälfte dieses Aufwands wurde durch Eigeneinnahmen der Bildungswerke finanziert: 9,9 Mill. Euro wurden durch Teilnahmegebühren eingenommen, knapp 4,2 Mill. Euro stammten aus anderen Einnahmequellen. Im Durchschnitt wurde ein Drittel der Aufwendungen durch kirchliche Mittel gedeckt. Von den knapp 16,4 Mill. Euro für Veranstaltungen der evangelischen Erwachsenenbildung stammte ein Viertel aus dem Budget der Kirchen. Der Aufwand von knapp 12,1 Mill. Euro für die katholische Erwachsenenbildung wurde dagegen zu über 44 % von den beiden Diözesen getragen.

Eine weitere Finanzierungsquelle für die Erwachsenenbildung sind Zuschüsse durch das Land, die Kreise und die Gemeinden. Ihr Volumen belief sich im Jahr 2009 auf insgesamt gut 4,8 Mill. Euro, was einem Anteil von 17 % entspricht. Dieser Anteil blieb in den zurückliegenden 5 Jahren weitgehend konstant. Veranstaltungen der evangelischen Bildungswerke wurden 2009 mit knapp 3,2 Mill. Euro und die der katholischen Bildungswerke mit annähernd 1,7 Mill. Euro gefördert.