:: 4/2011

Gute Berufsperspektiven mit einer Ausbildung im Bereich Erziehung

Das Thema frühkindliche Bildung ist in den Mittelpunkt der Bildungsdiskussion gerückt. Durch die geplanten Reformmaßnahmen im Vorschulbereich wird der Bedarf an pädagogischem Personal deutlich ansteigen. Auch die Anforderungen an die Qualifizierung des Personals haben sich geändert. Angesichts des gestiegenen Personalbedarfs und der geänderten Qualifikationen für die im Erziehungsbereich Tätigen ist eine Betrachtung des Status quo für Baden-Württemberg angebracht. Im Schuljahr 2009/10 wurden 5 785 Schülerinnen und Schüler an den Fachschulen für Sozialpädagogik – Berufskolleg ausgebildet, 1 453 besuchten die Berufsfachschulen für Kinderpflege. An Berufsfachschulen zum Erwerb von Zusatzqualifikationen kann sich in der frühkindlichen Bildung tätiges Personal ohne entsprechenden Ausbildung auf die Schulfremdenprüfung in einem Erziehungsberuf vorbereiten; staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher können sich hier weiterqualifizieren.

Durch international vergleichende Bildungsstudien ist innerhalb Deutschlands das Thema frühkindliche Bildung in den Mittelpunkt der Bildungsdiskussion gerückt. Im Vorschulbereich werden entscheidende Weichen gestellt für spätere Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg. Damit sind die Ansprüche an die Kindertageseinrichtungen deutlich gestiegen. Als geeignete Reformmaßnahmen sind die Reduzierung der Gruppengrößen, die Anhebung des Personalschlüssels sowie der Ausbau der Kleinkindbetreuung für Kinder unter 3 Jahren genannt. Dadurch wird der Bedarf an pädagogischem Personal deutlich ansteigen. Auch die Anforderungen an deren Tätigkeit haben sich geändert, eine entsprechende Qualifizierung des Personals ist notwendig. Wie ist die Struktur zur Ausbildung in einem erzieherischen Beruf derzeit in Baden-Württemberg?

Die Erzieherausbildung findet an Berufskollegs statt

Die Erzieherausbildung findet in Baden Württemberg an den Fachschulen für Sozialpädagogik – Berufskollegs statt (i-Punkt). Sie dauert in der Regel 3 Jahre. Nach dem Durchlaufen der 2-jährigen Fachschule für Sozialpädagogik vervollständigt ein 1-jähriges Anerkennungspraktikum die Ausbildung. Voraussetzungen sind der mittlere Bildungsabschluss und mit der Neukonzeption, die zum Schuljahr 2003/04 in Kraft getreten ist, der erfolgreiche Abschluss des einjährigen Berufskollegs für Praktikanten der Sozialpädagogik. Die Inhalte der Ausbildung werden laufend an die veränderten Ansprüche angepasst, zuletzt zum Schuljahr 2010/11. Diese Qualifikation können drei Viertel des pädagogischen Personals in den Kindertageseinrichtungen des Landes vorweisen.

Im Schuljahr 2009/10 wurden an den 61 Fachschulen für Sozialpädagogik – Berufskolleg Baden-Württembergs 5 785 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, das sind 176 mehr als im vorangegangenen Schuljahr. Zwischen den Schuljahren 1990/91 und 1998/99 war die Schülerzahl von 4 482 um gut ein Drittel angestiegen. Im Schuljahr 1998/99 war dann an diesen Einrichtungen mit 6 027 Teilnehmern ein Höhepunkt erreicht worden. Dieser deutliche Anstieg lässt sich hauptsächlich auf den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle Kinder ab dem 3. Lebensjahr (ab 1. Januar 1996) zurückführen. Innerhalb der letzten 10 Jahre schwankte die Zahl der angehenden Erzieherinnen und Erzieher zwischen 5 200 und 5 900.

An sechs Einrichtungen wird die Erzieherausbildung auch in 3-jähriger Teilzeitform angeboten. Im Schuljahr 2009/10 hatten sich 192 Schülerinnen und Schüler dafür entschieden.

Nahezu die Hälfte werden an privaten Schulen ausgebildet

Schulen zur Ausbildung in erzieherischen Berufen werden häufig in freier Trägerschaft geführt. Viele dieser privaten Einrichtungen sind – wie auch etliche Kindertageseinrichtungen – konfessionell gebunden. Nahezu die Hälfte der 5 785 Schülerinnen und Schüler in der Erzieherausbildung wurde an einer der 29 privaten Fachschulen für Sozialpädagogik ausgebildet. Bis Mitte der 90er-Jahre hatten mehr Teilnehmer die privaten Schulen besucht, seit dem Schuljahr 1993/94 überwiegt die Zahl der Auszubildenden an öffentlichen Einrichtungen geringfügig.

Die Wahrscheinlichkeit von Kindern, in ihrer Kindertageseinrichtung auf einen männlichen Erzieher zu treffen ist eher gering. Entsprechend hoch ist demnach der Frauenanteil in der Erzieherausbildung. Im Schuljahr 2009/10 waren nahezu 91 % der Auszubildenden junge Frauen. Demnach war nicht einmal jeder zehnte Schüler an den Fachschulen für Sozialpädagogik männlich. Der Anteil junger Männer in der Erzieherausbildung ist in den letzten 10 Jahren tendenziell angestiegen. Zur Jahrtausendwende waren lediglich rund 3 % der Teilnehmer junge Männer.

Im Zuge der Einführung des Orientierungsplans ist die Sprachförderung eine vordringliche Aufgabe der Erzieherinnen und Erzieher geworden. Geringe oder noch nicht vorhandene Deutschkenntnisse von ausländischen Kindern erschweren häufig die Integration vor allem in großstädtischen Einrichtungen. Für ausländische Jugendliche scheint die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher jedoch eher weniger attraktiv zu sein. Im Schuljahr 2009/10 hatten nahezu 6 % der Auszubildenden an den Fachschulen für Sozialpädagogik eine ausländische Staatsangehörigkeit. In den letzten 10 Jahren lag der Ausländeranteil bei den angehenden Erziehern konstant um 5 %.

Mittlerer Abschluss ist Voraussetzung

Knapp 3 025 Schülerinnen und Schüler haben im Schuljahr 2009/10 eine Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher an einer Fachschule für Sozialpädagogik begonnen. Damit stieg die Zahl der Anfänger gegenüber dem Vorjahr um gut 170 an. Die schulische Vorbildung der Anfänger orientiert sich an dem in der Ausbildungsverordnung geforderten Abschlüssen. Gut 88 % der an Fachschulen für Sozialpädagogik neu eingetretenen Schülerinnen und Schüler verfügten über den Realschulabschluss oder die Fachschulreife, gut 4 % konnten die Fachhochschulreife vorweisen, knapp 8 % hatten Abitur.

Gut ein Drittel erwarb zusätzlich die Fachhochschulreife

Im Jahr 2009 konnten rund 90 % der 2 862 Abgänger ihre Ausbildung zum Erzieher erfolgreich abschließen. Mit der Neukonzeption der Erzieherausbildung zum Schuljahr 2003/04 haben angehende Erzieher die Möglichkeit, durch den Besuch von Zusatzunterricht und das Ablegen einer Zusatzprüfung die Fachhochschulreife zu erwerben. Gut ein Drittel der Absolventen hat zusätzlich zum Berufsabschluss mit der Fachhochschulreife eine Hochschulzugangsberechtigung erhalten und kann sich damit an einer Pädagogischen Hochschule oder (Fach-)Hochschule in einem Studiengang Frühkindliche Bildung und Erziehung weiterqualifizieren.

Berufskolleg für Praktikanten der Sozialpädagogik ersetzt Vorpraktikum

Das 1-jährige Berufskolleg für Praktikanten der Sozialpädagogik ersetzt seit dem Schuljahr 2003/04 den bisherigen Berufsschulunterricht während des Vorpraktikums. Im Schuljahr 2009/10 besuchten 3 136 Teilnehmer die 63 Berufskollegs für Praktikanten der Sozialpädagogik, das sind so viele wie nie zuvor. Gut 44 % der Praktikanten wurden an einer der 30 privaten Einrichtungen unterrichtet. Der Frauenanteil lag bei gut 88 %. Der Ausländeranteil bei den Praktikanten war mit knapp 7 % etwas höher als an den Fachschulen für Sozialpädagogik.

Private Einrichtungen bei der Kinderpflegeausbildung eher selten

Kinderpfleger können als Zweitkraft im Sinne des Kindergartengesetzes in Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden oder wirken in Haushalten bei der Erziehung, Bildung, Pflege und Betreuung von Kindern mit. Die 3-jährige Ausbildung wurde zum Schuljahr 2007/08 überarbeitet. Sie gliedert sich in 2 Jahre Unterricht an der Berufsfachschule für Kinderpflege, dem ein 1-jähriges Berufspraktikum in einer Kindertageseinrichtung oder in einer Familie folgt. Zugangsvoraussetzung ist grundsätzlich der Hauptschulabschluss oder der Nachweis eines gleichwertigen Bildungsstands. Vom pädagogischen Personal an den Kindertageseinrichtungen des Landes hatte jeder Neunte eine Ausbildung zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger absolviert.

Im Schuljahr 2009/10 wurden an den 30 Berufsfachschulen für Kinderpflege 1 453 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Das sind so viel wie nie zuvor. Im vorangegangenen Schuljahr waren es 168 weniger. Der Anteil an »Privatschülern« war bei den angehenden Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern mit knapp 19 % relativ gering. An den Berufsfachschulen für Kinderpflege sind mit einem Anteil von gut 5 % nur vereinzelt männliche Auszubildende anzutreffen. Der Ausländeranteil war an diesen Einrichtungen mit nahezu 14 % deutlich höher als an den Fachschulen für Sozialpädagogik. Landesweit haben im Abgangsjahr 2009 rund 71 % der 650 Abgänger ihre Ausbildung zur Kinderpflege erfolgreich beendet, darunter waren 14 junge Männer.

Weiterbildung an »Berufsfachschulen zum Erwerb von Zusatzqualifikationen« möglich

Durch den geplanten Ausbau der Kleinkindbetreuung sowie veränderten Anforderungen an das Personal ist der Bedarf an qualifiziertem pädagogischem Personal angestiegen. Deshalb wurden zum Schuljahr 2009/10 an den »Berufsfachschulen zum Erwerb von Zusatzqualifikationen« neue Bildungsgänge im Fachbereich Erziehung eingerichtet. Der Bildungsgang mit Schwerpunkt »Erziehung – Weiterbildung« soll staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher berufsbegleitend auf die Arbeit mit Kindern unter 3 Jahren vorbereiten. Für diese Weiterbildung in 2-jährigem Teilzeitunterricht haben sich 816 Teilnehmer entschieden.

Männer und Frauen, die ohne entsprechende Ausbildung in der Kinderbetreuung tätig sind (zum Beispiel eine mehrjährige Tätigkeit mit Kindern in einer sozialpädagogischen Einrichtung, Führung eines Familienhaushaltes mit mindestens einem Kind für mindestens 3 Jahre, Vollzeittätigkeit als Tagesmutter) können die Bildungsgänge mit Schwerpunkt »Vorbereitung Erziehung« oder »Vorbereitung Kinderpflege« belegen und sich so auf die entsprechende Schulfremdenprüfung vorbereiten. Nach bestandener Prüfung und anschließendem Berufspraktikum erhalten sie die staatliche Anerkennung zum/zur Erzieher/-in bzw. Kinderpfleger/-in. Im Schuljahr 2009/10 besuchten 244 Schüler die zehn Einrichtungen mit Schwerpunkt Erzieherausbildung – Schulfremdenprüfung, 53 Teilnehmer waren an den drei Berufsfachschulen zum Erwerb von Zusatzqualifikationen mit Schwerpunkt Kinderpflege – Schulfremdenprüfung gemeldet.

Ausbildungsangebote im Hochschulbereich werden ausgebaut

Zunehmend werden auch in Baden-Württemberg Studiengänge im Bereich Frühkindliche Bildung und Erziehung an Hochschulen angeboten. Zum Wintersemester 2009/10 waren an den sechs Pädagogischen Hochschulen des Landes und an drei (Fach-)Hochschulen – zum Teil in Kooperation mit pädagogischen Hochschulen – mehr als 500 Studienanfängerplätze1 für diesen Bereich eingerichtet worden.

Landesweit nahezu flächendeckendes Angebot

In 39 der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs wird mindestens an einer Fachschule für Sozialpädagogik – Berufskolleg die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher angeboten. Die Standorte der Berufskollegs für Praktikanten der Sozialpädagogik entsprechen diesen Standorten weitgehend. Lediglich in vier Landkreisen gibt es keine Einrichtung mit einem der beiden Bildungsgänge. Eine Ausbildung in der Kinderpflege kann in 26 Stadt- bzw. Landkreisen absolviert werden. Eine Weiterbildung im Bereich Erziehung an einer Berufsfachschule für Zusatzqualifikationen wird in 22 Stadt- und Landkreisen angeboten. Für eine Schulfremdenprüfung im Bereich Erziehung sind die Einzugsbereiche wesentlich größer. Diese recht neuen Teilzeit-Bildungsgänge werden landesweit an 13 Standorten angeboten, die tendenziell eher im nördlichen Teil des Landes liegen.

1 Landtagsdrucksache 14/5534 vom 3. Dezember 2009, S. 7.