:: 6/2011

Private allgemeinbildende Schulen: Schülerzahlen steigen weiter an

Im Schuljahr 2009/10 besuchten rund 98 500 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg eine allgemeinbildende Schule in freier Trägerschaft. 1 Damit sind die Schülerzahlen an den Schulen in freier Trägerschaft seit dem Schuljahr 1986/87 von Jahr zu Jahr gestiegen, während sie an den öffentlichen Schulen seit 2003/04 jährlich gesunken sind. Das Gymnasium war im Schuljahr 2009/10 unter den Privatschulen die beliebteste Schulart. Gut ein Drittel der privaten Schülerschaft wurde hier unterrichtet. Der Anteil ausländischer Schüler war an den Schulen in freier Trägerschaft mit knapp 5 % wesentlich geringer als an den öffentlichen Schulen mit gut 11 %. Privatschulen sind im Grundgesetz fest verankert und finanzieren sich insbesondere über staatliche Zuschüsse und Schulgeld.

Privatschulen in Grundgesetz und Privatschulgesetz rechtlich verankert

Auftrag, Träger und Aufsichtsbehörden der öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg sind im Schulgesetz2 (SchG) des Landes geregelt. Schulen, die von einer Gemeinde, einem Landkreis, einem Regionalverband oder einem Schulverband gemeinsam mit dem Land oder auch vom Land allein getragen werden, sind öffentliche Schulen (vgl. § 2 (1) SchG). In der Regel sind die Gemeinden Schulträger der Grundschulen, der Werkrealschulen und Hauptschulen, der Realschulen, der Gymnasien und der entsprechenden Sonderschulen. Die Landkreise können Schulträger von Realschulen, Gymnasien oder Sonderschulen sein.

Schulen, die nicht vom Land in Verbindung mit einer Gemeinde, einem Landkreis, Regionalverband oder Schulverband oder auch vom Land allein getragen werden, sind Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen). Der Begriff »Privatschule« macht keine Aussage über die Form des Zugangs, da auch Privatschulen grundsätzlich allen offen stehen. Für sie findet das Schulgesetz nur Anwendung, soweit dies dort ausdrücklich bestimmt ist. Im Übrigen gilt für sie das Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG) 3.

Auch in Artikel 7 (4) des Grundgesetzes sind Privatschulen fest verankert: »Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen.«

Privatschulen unterstehen der Aufsicht des Staates und ergänzen das Angebot freier Schulwahl

Wie öffentliche Schulen unterstehen auch Privatschulen der Aufsicht des Staates. Öffentliche Aufgabe der Schulen in freier Trägerschaft ist es nach § 1 PSchG, »als Ersatz- oder Ergänzungsschulen das Schulwesen des Landes zu bereichern. Sie ergänzen das Angebot freier Schulwahl und fördern das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts.« Wenn im Land entsprechende öffentliche Schulen bestehen, ist eine Schule in freier Trägerschaft Ersatzschule. Darüber hinaus sind auch die Freien Waldorfschulen als Schulen besonderer pädagogischer Prägung Ersatzschulen. Ergänzungsschulen sind Schulen in freier Trägerschaft, die nicht Ersatzschulen sind. Dazu gehören zum Beispiel internationale Schulen, deren Aufbau nicht dem deutschen Schulsystem entspricht. 4

Finanzierung vor allem über Zuschüsse und Schulgeld

Die privaten Schulen finanzieren sich über staatliche Zuschüsse, Schulgeld, Eigenleistungen des Trägers und eventuelle Spendeneinnahmen. Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen erhalten die als Ersatzschulen genehmigten Grundschulen, Hauptschulen, Werkrealschulen, Realschulen, Gymnasien, Sonderschulen und Freien Waldorfschulen auf Antrag Zuschüsse des Landes. Diese Zuschüsse werden für diejenigen Schüler gewährt, welche am Stichtag der amtlichen Schulstatistik die Schule besuchen. 5 Bei der Erhebung von Schulgeld sind den Privatschulen durch das Grundgesetz Grenzen gesetzt. Eine Genehmigung ist nämlich laut Artikel 7 (4) GG nur zu erteilen, »wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird« (sogenanntes Sonderungsverbot).

Trend zu steigenden Schülerzahlen an Privatschulen hält weiter an

Die Privatschulen in Baden-Württemberg erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit. Seit dem Schuljahr 1986/87 können sie von Jahr zu Jahr steigende Schülerzahlen verbuchen, wogegen die Schülerzahlen der öffentlichen Schulen seit dem Jahr 2003/04 jährlich sinken. In den 25 Jahren von 1985 bis 2009 hat die Zahl der Schüler an öffentlichen Schulen um knapp 10 % zugenommen, an den privaten Schulen stieg sie dagegen weitaus stärker um gut 72 % an. Diese starke Zunahme fiel im betrachteten Zeitraum an den einzelnen Schularten unterschiedlich aus. Die privaten Grundschulen konnten ihre Schülerzahlen am meisten steigern (+ 164 %) , aber auch die privaten Realschulen haben ihre Schülerzahlen mehr als verdoppelt. Die privaten Hauptschulen legten um 94 % zu, die privaten Sonderschulen um gut 76 %. Die Freien Waldorfschulen gewannen im selben Zeitraum knapp zwei Drittel an Schülern hinzu, die privaten Gymnasien knapp 52 %.

Im Vergleich dazu haben die Schülerzahlen an den öffentlichen Schulen in den letzten 25 Jahren einen ganz anderen Verlauf genommen. An den öffentlichen Grundschulen nahmen sie um 15 % zu, an den öffentlichen Hauptschulen dagegen gingen sie um ein Viertel zurück. Realschulen und Gymnasien konnten gut 19 bzw. gut 26 % zulegen, während die öffentlichen Sonderschulen knapp 6 % mehr Schüler hatten. Trotz der steigenden Schülerzahlen blieb der Anteil der Schüler an privaten Schulen an den Schülern insgesamt im Schuljahr 2009/10 mit 8 % immer noch vergleichsweise gering, wenngleich er im Jahr 2005 noch bei knapp 7 %, im Jahr 2000 bei 6 % und im Jahr 1985 bei gut 5 % lag.

Das Gymnasium ist unter den Privatschulen die beliebteste Schulart

Im Schuljahr 2009/10 besuchten 98 465 Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg eine private allgemeinbildende Schule. Die beliebteste Schulart war dabei das Gymnasium, gut ein Drittel der Privatschüler wurde hier unterrichtet. Insgesamt verteilten sich die Privatschüler folgendermaßen auf die einzelnen Schularten:

Grundschulen9 %,
Hauptschulen5 %,
Realschulen13 %,
Gymnasien34 %,
Sonderschule15 %,
Freie Waldorfschulen24 %.

Diese Verteilung sah bei den öffentlichen Schulen anders aus. Hier besuchten 35 % eine Grundschule, gut 27 % ein Gymnasium und knapp 21 % eine Realschule. Gut 13 % der öffentlichen Schüler wurden an einer Hauptschule unterrichtet, gut 3 % an einer Sonderschule.

An privaten Realschulen sind zwei Drittel der Schüler Mädchen

Im Schuljahr 2009/10 besuchten 51 615 Mädchen und 46 850 Jungen eine private Schule. Mit gut 52 % ist der Anteil der Mädchen, wie auch in früheren Jahren, höher als an den öffentlichen Schulen mit knapp 49 %. Dabei sind die Mädchen an den einzelnen Schularten stark unterschiedlich vertreten. Auffällig hoch ist ihr Anteil an den privaten Realschulen mit 67 % und an den privaten Gymnasien mit 60 %. Die entsprechenden Mädchenanteile im öffentlichen Bereich liegen bei gut 48 % bzw. knapp 52 %. Diese Dominanz der Mädchen dürfte vor allem an der Trägerstruktur liegen, denn einige kirchliche Realschulen und Gymnasien sind reine Mädchenschulen.

Nur wenige Schüler ohne deutsche Staatsbürgerschaft an Privatschulen

Ausländische Kinder und Jugendliche besuchen eher selten eine private Schule. 6 Der Ausländeranteil an den privaten Schulen lag im Schuljahr 2009/10 bei durchschnittlich knapp 5 % und war damit wesentlich niedriger als an den öffentlichen Schulen mit gut 11 %. Auch hier streuen die Werte zwischen den verschiedenen Schularten. Relativ stark waren ausländische Schüler mit gut 12 % an den Sonderschulen und mit 7 % an den Hauptschulen vertreten. Doch auch diese Werte erscheinen im Vergleich mit den entsprechenden öffentlichen Schularten (gut 23 bzw. knapp 27 %) recht niedrig. Die Ausländeranteile an den privaten Realschulen, Gymnasien und an den Freien Waldorfschulen liegen jeweils bei rund 3 %. Auf ein Gymnasium gehen ausländische Kinder eher selten, unabhängig davon, ob es sich um eines in öffentlicher oder in privater Trägerschaft handelt. Schon eher besuchen sie eine Realschule, dann aber weitaus häufiger eine öffentliche.

An Privatschulen wird das Klassenziel häufiger erreicht

Bei der Anzahl der Schüler, die das Klassenziel zum Ende des Schuljahres 2008/09 nicht erreicht hatten (Nichtversetzte einschließlich auf Probe Versetzte), gibt es zwischen den einzelnen Schularten große Unterschiede. Bei allen betrachteten Schularten war die Quote der Schüler, die das Klassenziel nicht erreicht hatten, an den privaten Schulen niedriger als an den öffentlichen. Besonders deutlich waren die Unterschiede an den Realschulen. Hier verfehlten an den öffentlichen Realschulen gut 3 % der Schüler das Klassenziel, an den privaten nur gut 1 %. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist aber unbedingt zu berücksichtigen, dass die Schülerstruktur an privaten Schulen in der Regel eine andere ist als an öffentlichen Schulen. Wie bereits dargestellt, sind an privaten Schulen kaum ausländische Schüler anzutreffen, also kaum Schüler mit Sprach- und Integrationsproblemen.

Abgängerstruktur an privaten Gymnasien ähnlich wie an öffentlichen

Bei den Abgängern gibt es strukturelle Unterschiede zwischen öffentlichen und privaten Schulen, die aber je nach betrachteter Schulart unterschiedlich stark ausfallen. Auffällig ist im Abgangsjahr 2009 bei den privaten Hauptschulen, dass dort fast jeder vierte Abgänger die Schule mit einem mittleren Abschluss verlassen konnte – bei den öffentlichen Hauptschulen waren dies nur 16 %. Dass über ein Viertel der Schüler an öffentlichen Hauptschulen Ausländer waren (mit möglicherweise größeren Sprach- und Integrationsproblemen), dürfte hier wohl ein Grund sein. Bei den Realschulen spielte der Unterschied in der Trägerschaft kaum eine Rolle, es gingen prozentual von einer privaten Realschule etwas mehr Schülerinnen und Schüler mit Realschulabschluss ab als von einer öffentlichen (gut 96 % im Vergleich zu knapp 94 %) und im Gegenzug etwas weniger ohne oder mit Hauptschulabschluss. Auch an den öffentlichen und privaten Gymnasien ähneln sich die Anteile der verschiedenen Abgangsarten sehr. Den angestrebten Abschluss »Hochschulreife« erzielten an den privaten Gymnasien gut 90 % der Abgänger, an den öffentlichen gut 87 %. Dafür gingen von den öffentlichen Gymnasien prozentual etwas mehr Schüler vorzeitig mit einem mittleren Abschluss ab als von den privaten (knapp 11 % zu fast 8 %).

Die Durchschnittsnote beim Abitur 2010 fiel mit 2,37 an den öffentlichen allgemeinbildenden Gymnasien nur eine Nuance besser aus als an den privaten mit 2,38. 10 Jahre zuvor war der Unterschied hier noch etwas größer – die Durchschnittnote beim Abitur 2000 lag bei 2,36 an den öffentlichen und bei 2,48 an den privaten allgemeinbildenden Gymnasien.

Zwei Drittel der Abgänger einer Waldorfschule erzielten eine Studienberechtigung

Von den 1 693 Abgängern der Freien Waldorfschulen im Jahr 2009 gingen 2,2 % ohne Hauptschulabschluss ab. Bei den öffentlichen und privaten Gymnasien waren es nur jeweils 0,3 %. Mit einem Hauptschulabschluss verließen 7 % der Abgänger die Freie Waldorfschule, mit einem mittleren Abschluss 24 %. Knapp 22 % der Abgänger erzielten die Fachhochschulreife, gut 45 % die Hochschulreife. Damit erwarben zwei Drittel der Abgänger dieser Schulen mit besonderer pädagogischer Prägung eine Studienberechtigung.

1 Alle Angaben ohne die Schulen des Zweiten Bildungsweges.

2 Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) in der Fassung vom 1. August 1983 (GBl. S. 397; K. u. U. S. 584), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2010 (GBl. S. 1059).

3 Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulgesetz – PSchG) in der Fassung vom 1. Januar 1990, zuletzt geändert am 9. November 2010 (GBl. S. 793).

4 Vgl. §§ 3 und 13 (1) PSchG.

5 Vgl. §§ 17 und 18 PSchG. Auch die in diesem Beitrag nicht betrachteten Abendrealschulen, Abendgymnasien und Kollegs sind zuschussberechtigt.

6 Ausländische Schüler sind in der Schulstatistik nur Schüler ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Schüler mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit gelten als deutsch.