:: 6/2011

Zum Geburtstag des Automobils

Das Automobil hat als industriell hergestelltes Produkt den Alltag der Menschen im 20. Jahrhundert grundlegend verändert. Dies war nicht vorhersehbar, als Carl Benz aus Mannheim am 29. Januar 1886 sein mit einem Verbrennungsmotor ausgestattetes Dreirad zum Patent beim Deutschen Reichspatentamt anmeldete. Dieses Datum gilt seitdem als die Geburtsstunde des modernen Automobils. Nur kurze Zeit danach meldete Gottlieb Däumler (der später seinen Nachnamen in Daimler ändern ließ) aus dem damals noch selbstständigen Bad Cannstatt seine Automobilkonstruktion zum Patent an. Beide Ereignisse fanden im heutigen Baden-Württemberg statt, sodass man unser Bundesland mit Fug und Recht als die Geburtsstätte des Automobils bezeichnen darf.

Ein kurzer historischer Abriss

Mobilität und Flexibilität sind untrennbar mit dem Begriff »Automobil« verbunden. Bis weit in das neunzehnte Jahrhundert hinein gab es nur wenige individuell nutzbare Fortbewegungsmittel wie Pferdekutschen, die seinerzeit ein Fortschritt, aber aus heutiger Sicht relativ langsam waren. Erst durch die industrielle Massenproduktion gelang es, das Automobil zur individuellen, universellen und motorisierten menschlichen Fortbewegung zu nutzen und es auch zum flexiblen und schnellen Transport von Gütern einzusetzen.

Alle Fahrzeuge, die sich ohne den Einsatz von Schienen und Muskelkraft selbstständig auf dem Land fortbewegen können, gelten laut international vereinbarter Standarddefinition als Automobil. Neben den Autos mit Verbrennungsmotor gehören Elektrofahrzeuge ebenso dazu wie mit Dampf angetriebene Automobile. Die eigentliche Geschichte des Automobils begann im Jahre 1674, als Christiaan Huygens, ein holländischer Physiker, eine Kolbenmaschine mit Pulverantrieb entwickelte. Er gilt damit als Erfinder des Kolbenmotors, dem System mit dem noch heute die meisten Automobile angetrieben werden. 1769 entwickelte der Franzose Nicolas Joseph Cugnot, ein Militäringenieur, einen Dampfwagen mit Zweizylindermaschine. Bereits im Jahre 1839 konstruierte der Schotte Robert Anderson das erste Elektrofahrzeug. 1860 wurde der Gasmotor des Franzosen Etienne Lenoir patentiert. Erst im Jahre 1876 entwickelte Nikolaus August Otto den Viertaktmotor, der heute noch in den meisten Automobilen verwendet wird.

Die eigentliche Geschichte des heutigen Automobils beginnt 1886 mit dem Verbrennungsmotor, den Carl Benz in Mannheim als Hubkolbenmotor konstruierte. Nur kurze Zeit später folgten ihm Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach und Siegfried Marcus mit selbst entwickelten Modellen. Bereits kurze Zeit später entstanden in Europa und den USA die ersten Automobilfabriken. Der Siegeszug des Automobils hatte begonnen. Es sollte zwar noch bis in die 1920er-Jahre des letzten Jahrhunderts dauern, bis sich die Antriebsart des Hubkolbenmotors als Standard durchsetzte. Schon 1913 begann bei der Firma Ford in den USA die Massenfertigung erschwinglicher Automobile in Fließbandproduktion. In Deutschland begann die Fließbandproduktion im Jahre 1924 bei der Firma Opel. 1926 fusionierten die Firmen Benz und Daimler zur Daimler-Benz AG, einer Gesellschaft, die auch heute noch ihre Hauptproduktionsstandorte in Baden-Württemberg hat.1

Das Automobil in der frühen amtlichen Statistik

Schon vor mehr als 100 Jahren hielt das Automobil Einzug in den Erhebungs- und Merkmalsbestand der amtlichen Statistik Deutschlands. Erste statistische Daten liegen aus dem Jahr 1907 vor. Vor hundert Jahren gab es laut amtlicher Reichsstatistik vom 1. Januar 1911 im Großherzogtum Baden 1 284 und im Königreich Württemberg 1 249 Kraftwagen zur Personenbeförderung. Zur gleichen Zeit wurden in Württemberg 227 und in Baden 141 Kraftwagen zur Lastenbeförderung eingesetzt. Diese Bestandsdaten zeigen im aktuellen Zeitvergleich, welche enorme Zunahme an Kraftwagen es seitdem in unserem Bundesland, aber auch national und global gegeben hat. So gab es 2010 in Baden-Württemberg 5,7 Mill. und in Deutschland 41,7 Mill. Personenkraftwagen. Weltweit wird der Pkw-Bestand für 2010 auf ca. 1 Mrd. Fahrzeuge geschätzt.

Der Segen der Motorisierung durch Kraftfahrzeuge geht einher mit dem Fluch der Verkehrsunfälle, die mit oder unter Beteiligung von Automobilen verursacht wurden und werden. Auch für diese Tatbestände gibt es sehr frühe Daten aus der amtlichen Statistik.

»Zur amtlichen Kenntnis gelangte schädigende Ereignisse beim Verkehr mit Kraftfahrzeugen«, so lautete die offizielle Bezeichnung der ersten Verkehrsunfallstatistiken. 218 Unfälle ereigneten sich in Württemberg im Jahre 1910 und in Baden 146, dabei wurden in Baden sechs Personen getötet und in Württemberg 131 Personen verletzt. In diesen frühen Statistiken wurde vorausschauend schon an vieles gedacht, was heute unter den Aspekten Verkehrssicherheit und Straßenverkehrsunfallprophylaxe aus den aktuellen Straßenverkehrsunfallstatistiken ermittelt und analysiert wird. So wurden in den Statistiken des Deutschen Reiches unter anderem die Zahl der Verkehrsunfälle, die in diesem Zusammenhang festgesetzten Polizeistrafen, die gerichtlichen Strafverfahren, der Unfallort, die Zahl der verletzten und getöteten Personen nach Lebensalter und Geschlecht, die Höhe des Sachschadens, die Arten der Verletzung sowie die Tage und Tageszeiten und die örtlichen Gegebenheiten, wo sich die Unfälle ereigneten, nachgewiesen.2

Das Auto der Zukunft

Bedingt durch die begrenzten Vorkommen an fossilen Energieträgern, vor allem an Erdöl, gibt es bei der Automobilindustrie mannigfaltige Ideen zu alternativen Kraftfahrzeugantrieben. Ein Lösungsansatz ist das Elektroauto mit Batterieantrieb. Weitere Alternativen sind unter anderen mit Erdgas betriebene Fahrzeuge oder Automobile, deren Verbrennungsmotor mit Wasserstoff angetrieben wird. Welche Variante sich letztendlich durchsetzen wird hängt von den Komponenten Umweltverträglichkeit, Finanzierbarkeit und Massentauglichkeit ab. Vielleicht setzt sich auch eine Antriebsart durch, von der wir heute noch keine Kenntnis und Vorstellung haben. Derzeit lässt sich auf jeden Fall nicht abschätzen, ob es je wieder einen neukonstruierten und so erfolgreichen Antriebsmotor geben wird, wie den von Carl Benz im Jahre 1886 verwendeten, der mit immer wieder erfolgten Modifikationen seit 125 Jahren erfolgreich ist.

1 Quelle: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Artikel: Automobil.

2 Quelle: Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reiches. 20. Jahrgang 1911. Seiten 135 ff.