:: 8/2011

Fast 20 000 Lehrkräfte an Schulen in freier Trägerschaft in Baden-Württemberg

Im Schuljahr 2010/11 gab es 449 allgemeinbildende und 234 berufliche Schulen in freier Trägerschaft. Hier unterrichteten fast 20 000 Lehrkräfte die mehr als 141 000 Schülerinnen und Schüler. Entsprechend dem Ausbau des Privatschulangebots ist ihre Zahl in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Ebenso wie an den öffentlichen Schulen sind an den privaten in der Mehrzahl weibliche Lehrkräfte zu finden. Die Lehrkräftekollegien der privaten Grund-, Haupt- und Werkrealschulen sowie der Realschulen weisen eine relativ junge Altersstruktur auf. Dagegen sind die Lehrkräfte in den Freien Waldorfschulen und den Gymnasien in freier Trägerschaft im Durchschnitt deutlich älter. Unter den Lehrkräften der Freien Waldorfschulen ist der Ausländeranteil gut dreimal so hoch wie unter ihren Schülerinnen und Schülern.

Knapp 9 % der Schülerinnen und Schüler an privaten Schulen

Schulen in freier Trägerschaft ergänzen das Bildungsangebot und damit die freie Schulwahl. Außerdem wird davon ausgegangen, dass sie durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts das Schulwesen fördern.1 Dieses Angebot wird von den Schü­lerinnen und Schülern im Land zunehmend in Anspruch genommen.

Im Schuljahr 2010/11 besuchten knapp 141 300 Schülerinnen und Schüler diese Bildungseinrichtungen. Gut 106 800 von ihnen wurden an einer der 449 allgemeinbildenden und knapp 34 500 an einer der 234 beruflichen Schule im Geschäftsbereich des Kultusministeriums unterrichtet. Damit lag ihr Anteil an der Gesamtschülerzahl sowohl an allgemeinbildenden als auch an beruflichen Schulen bei knapp 9 %.

Gegenüber dem vorangegangenen Schuljahr ist die Schülerzahl der Privatschulen um gut 2 % angestiegen. Im Schuljahr 2000/01 lag sie noch bei gut 98 800. Somit verzeichnete die Schülerzahl privater Einrichtungen innerhalb von 10 Jahren einen Zuwachs um 43 %.2

Integrierte Schulformen und Schulen des Zweiten Bildungswegs fast ausschließlich in freier Trägerschaft

Je nach Schulart variiert der Anteil der freien Träger an der Gesamtschülerzahl. Am niedrigsten war er im Schuljahr 2010/11 mit gut 2 % an Grundschulen. An Werkrealschulen und Hauptschulen lag er mit 3 % nur geringfügig höher. Gut 5 % der Schülerinnen und Schüler an Realschulen besuchten eine private Einrichtung, an Gymnasien war der Anteil mit 10 % fast doppelt so hoch. Sonderschulen wiesen mit annähernd 29 % einen besonders hohen Anteil an Privatschülern auf.

Integrierte Schulformen waren in Baden-Württemberg an öffentlichen Schulen bisher die Ausnahme. Im Schuljahr 2010/11 gab es lediglich eine Orientierungsstufe (in Konstanz) und drei Schulen besonderer Art (in Freiburg, Heidelberg und Mannheim). Die Freien Waldorfschulen sind somit die einzige integrierte Schulform, die flächendeckend im Land vorhanden ist. Dies erklärt, dass fünf von sechs Schülerinnen und Schülern in diesem Bereich eine Schule in freier Trägerschaft besuchten. Allgemeinbildende Schulen des Zweiten Bildungswegs werden mit Ausnahme des einzigen öffentlichen Kollegs in Mannheim alle in freier Trägerschaft geführt.

Weniger ausländische Schülerinnen und Schüler als an öffentlichen Schulen

Knapp 8 % der Schülerinnen und Schüler privater Schulen hatten 2010/11 eine ausländische Staatsangehörigkeit, wobei dieser Anteil an allgemeinbildenden Schulen bei nahezu 6 % und an beruflichen Schulen bei fast 14 % lag. Im Vergleich zu den öffentlichen Einrichtungen war der Ausländeranteil an privaten allgemeinbildenden Schulen damit deutlich geringer. An privaten Realschulen, Gymnasien und Freien Waldorfschulen lag er jeweils um 3 %. An Grundschulen in freier Trägerschaft besaßen beinahe 4 % der Schülerinnen und Schüler nicht die deutsche Staatsangehörigkeit, während dies auf gut 10 % der Schülerschaft öffentlicher Grundschulen zutraf. An den öffentlichen weiterführenden Schularten reichten die Ausländeranteile von knapp 5 % an Gymnasien über 9 % an Realschulen bis zu 26 % an Werkrealschulen und Hauptschulen.

Mit 12 % war der Anteil ausländischer Schülerinnen und Schüler an den Sonderschulen in freier Trägerschaft vergleichsweise hoch. Er lag dennoch deutlich unter dem Niveau öffentlicher Sonderschulen, wo der Ausländeranteil knapp 23 % betrug.

Im Gegensatz zu den allgemeinbildenden Schulen war 2010/11 der Ausländeranteil an den beruflichen Schulen in freier Trägerschaft mit fast 14 % höher als an den öffentlichen Schulen, an denen er 12 % betrug. Dies ist eine Folge der Zusammensetzung der Bildungsgänge, die von privaten Trägern angeboten werden. Ein großer Teil des Angebots besteht aus berufsvorbereitenden Bildungsgängen, die – an öffentlichen wie an privaten Schulen– überdurchschnittlich von ausländischen Schülerinnen und Schülern genutzt werden. An beruflichen Gymnasien oder Berufskollegs, die einen mittleren Abschluss voraussetzen, sind Ausländer dagegen wesentlich seltener anzutreffen.

Zahl der Lehrkräfte innerhalb von 10 Jahren um die Hälfte angestiegen

Für den Unterricht benötigen die freien Träger entsprechend qualifizierte Lehrkräfte. Im Schuljahr 2010/11 waren an den Schulen in freier Trägerschaft insgesamt 19 504 Lehrkräfte beschäftigt. In den letzten 10 Jahren stieg ihre Zahl somit um fast 52 % an. Die Entwicklung verlief parallel zur Entwicklung der Schülerzahlen. Den stärksten Zuwachs konnten die Grundschulen und die beruflichen Schulen verzeichnen. Der Gesamtumfang ihrer Kollegien verdoppelte sich in diesem Zeitraum nahezu.

Im Schuljahr 2010/11 waren 14 390 Lehrkräfte an privaten allgemeinbildenden und 5 114 an beruflichen Schulen beschäftigt. Damit unterrichteten 14 % aller 140 233 Lehrkräfte, die an Schulen im Geschäftsbereich des Kultusministeriums tätig waren, an Schulen in freier Trägerschaft. An beruflichen Schulen war ihr Anteil mit 19 % deutlich höher als an den allgemeinbildenden mit nahezu 13 %.

Mehr als ein Drittel der Lehrkräfte unterrichtet an einer Sonderschule

Unter den allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft hatten die Sonderschulen mit 5 034 Lehrkräften den größten Anteil von 35 %, obwohl ihre Schülerzahl deutlich unter der der privaten Gymnasien und Freien Waldorfschulen lag. Ursache hierfür ist der intensive Betreuungsbedarf der Schülerinnen und Schüler an diesen Einrichtungen. Knapp 24 % der Lehrkräfte unterrichteten an einem Gymnasium und 16 % an einer Freien Waldorfschule. Die Realschulen hatten im Vergleich dazu mit gut 9 % einen geringeren Anteil an der Lehrerschaft, ebenso wie die Grund-, Haupt- und Werkrealschulen und die Schulen des Zweiten Bildungswegs mit jeweils rund 8 %.

Pro Woche erteilten die Lehrkräfte der Schulen in freier Trägerschaft im Schuljahr 2010/11 fast 318 800 Unterrichtsstunden, von denen ein Fünftel auf die beruflichen und vier Fünftel auf die allgemeinbildenden Schulen entfielen. Mit 109 800 Wochenstunden wurden an den Sonderschulen mit Abstand die meisten Unterrichtsstunden gehalten. An privaten Gymnasien erhielten die Schülerinnen und Schüler 56 000 und an Freien Waldorfschulen 39 900 Stunden Unterricht pro Woche.

An Sonderschulen ist die Mehrzahl der Lehrkräfte vollzeitbeschäftigt

An den privaten allgemeinbildenden Schulen waren gut 42 % der Lehrkräfte vollzeit- und rund ein Drittel teilzeitbeschäftigt. Ein Viertel unterrichtete dort stundenweise. Je nach Schulart unterscheiden sich diese Anteile. An den Sonderschulen hatte mit 56 % mehr als die Hälfte des Lehrpersonals einen vollen Lehrauftrag, an den Freien Waldorfschulen traf dies für die knapp die Hälfte zu. Mit 40 % bzw. 37 % waren die Anteile der voll- bzw. teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte an den Gymnasien nahezu gleich groß. Dagegen unterrichteten an Realschulen deutlich mehr Vollzeit- als Teilzeitbeschäftigte.

Die Schulen des Zweiten Bildungswegs weisen dagegen eine ganz andere Zusammensetzung ihres Lehrpersonals auf. Dort sind acht von neun Lehrkräften nur stundenweise tätig. Viele von ihnen sind Lehrkräfte an anderen öffentlichen oder privaten Schulen und sind an diesen hauptberuflich tätig.

An den beruflichen Schulen in freier Trägerschaft war im Schuljahr 2010/11 lediglich jede fünfte Lehrkraft vollzeitbeschäftigt. Gut ein Viertel des Lehrpersonals hatte einen Teilzeit-Lehrauftrag, deutlich mehr als die Hälfte war stundenweise beschäftigt. Das mag damit zusammenhängen, dass die Lehrkräfte an beruflichen Schulen häufig über spezielle ausbildungsbezogene Kenntnisse verfügen müssen, die nur einen geringen Umfang des Unterrichtsangebots abdecken.

Auch an privaten Schulen überwiegend weibliche Lehrkräfte

An den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen sind mittlerweile an allen Schularten mehr Lehrerinnen als Lehrer zu finden. Dies trifft auch für die Schulen in freier Trägerschaft zu. Der höchste Frauenanteil wiesen 2010/11 mit gut 72 % die Grund-, Haupt- und Werkrealschulen auf, den niedrigsten die Gymnasien mit knapp 56 %. Die Realschulen lagen mit fast 63 % dazwischen und die Sonderschulen mit 70 % annähernd auf dem Niveau der Grund-, Haupt- und Werkrealschulen. Diese Reihenfolge deckt sich mit derjenigen an öffentlichen Schulen und auch das jeweilige Niveau ist vergleichbar.

An Freien Waldorfschulen ist der Lehrerinnenanteil mit gut 58 % relativ niedrig und nur wenig höher als an den privaten Gymnasien. Ein völlig anderes Bild bietet sich dagegen an den Schulen des Zweiten Bildungswegs: Dort sind lediglich knapp 41 % der Lehrkräfte weiblich.

Die Zusammensetzung der Kollegien der privaten beruflichen Schulen im Geschäftsbereich des Kultusministeriums unterscheidet sich dagegen deutlich von der der öffentlichen. Über die Hälfte der Lehrkräfte der privaten Schulen war weiblich, an öffentlichen Schulen lag ihr Anteil dagegen bei rund 43 %. Hier dürfte der geringere Anteil gewerblicher Bildungsgänge an Schulen in freier Trägerschaft eine Rolle spielen. Im Vergleich dazu haben kaufmännische Bildungsgänge einen größeren Anteil.

Wie bei den öffentlichen Schulen liegen auch bei den privaten der Lehrerinnenanteil an den Teilzeitbeschäftigten deutlicher über dem der Vollzeitbeschäftigten. So sind zum Beispiel rund 84 % der teilzeit- und 61 % der vollzeitbeschäftigten Sonderschullehrkräfte weiblich.

Relativ junge Kollegien vor allem an Grund-, Haupt- und Werkrealschulen sowie Realschulen

Rund ein Drittel der voll- oder teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte der öffentlichen allgemeinbildenden Schulen im Land dürfte in den kommenden 10 Jahren in Ruhestand gehen3 Im Vergleich dazu ist die Lehrerschaft der Schulen in freier Trägerschaft jünger. Im Schuljahr 2010/11 war dort nur jede fünfte hauptberuflich tätige Lehrkraft 55 Jahre alt oder älter.

Bei den privaten Grund-, Haupt- und Werkrealschulen war fast die Hälfte der voll- oder teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte jünger als 40 Jahre. Bei den Realschulen gehörten rund 46 % der Lehrkräfte zu dieser Altersgruppe, deutlich geringer fiel ihr Anteil mit 31 % dagegen an den Gymnasien aus. An Freien Waldorfschulen waren sogar nur knapp 15 % des hauptberuflichen Lehrpersonals jünger als 40 Jahre.

Sowohl bei den Gymnasien als auch bei den Freien Waldorfschulen hatten die Lehrkräfte, die im sechsten Lebensjahrzehnt standen, den größten Anteil an der hauptberuflichen Lehrerschaft. An Gymnasien lag er bei rund 38 % und an Freien Waldorfschule bei gut 41 %. Damit lag das Durchschnittsalter in diesen beiden Schularten deutlich über dem der anderen. Im Unterschied zu den anderen Schularten verfügen die Gymnasien in freier Trägerschaft damit nicht über ein »jüngeres« Kollegium als ihre öffentlichen Pendants.

Die privaten Sonderschulen weisen eine relativ gleichmäßige Altersverteilung der voll- oder teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte auf. Die drei mittleren Lebensjahrzehnte lagen im Schuljahr 2010/11 mit Anteilen von knapp 26 % bis knapp 30 % recht nahe beieinander.

Fast die Hälfte der hauptberuflichen Lehrkräfte an den beruflichen Schulen in freier Trägerschaft hatten das 50. Lebensjahr bereits vollendet. Nur etwa jede fünfte Lehrkraft war jünger als 40 Jahre. Damit weisen die Lehrkräftekollegien der privaten beruflichen Schulen ein vergleichsweise hohes Durchschnittsalter auf.

Hoher Anteil ausländischer Lehrkräfte an Freien Waldorfschulen

An den öffentlichen Schulen sind Lehrkräfte mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit bislang nur vereinzelt anzutreffen. In allen Schularten liegt ihr Anteil deutlich unter 1 %. Im Vergleich hierzu haben die Kollegien der Schulen in freier Trägerschaft eine »internationalere« Zusammensetzung. Im Schuljahr 2010/11 besaßen hier 3,5 % der hauptberuflichen Lehrkräfte eine ausländische Staatsangehörigkeit.

Am niedrigsten war der Anteil ausländischer Lehrkräfte an den Sonderschulen mit 1,4 %. An Realschulen und Gymnasien lag er bei rund 3 % und an Grund-, Haupt- und Werkrealschulen ebenso wie beruflichen Schulen bei knapp 4 %.

Die Internationalität der Lehrerschaft ist an den Freien Waldorfschulen am größten. Dort hatte 2010/11 fast jede zehnte hauptberufliche Lehrkraft eine ausländische Staatsangehörigkeit. Damit war der Ausländeranteil in den Lehrkräftekollegien sogar wesentlich höher als unter den Schülerinnen und Schülern. Von diesen besaßen lediglich 3 % nicht die deutsche Staatsangehörigkeit.