:: 8/2011

Fast jeder 15. Betrieb im Südwesten wirtschaftet ökologisch

Zur Struktur der Ökobetriebe in Baden-Württemberg

Der Ökolandbau, der sich vom konventionellen Landbau durch seine speziellen Produktionsvorschriften abgrenzt, führt in der deutschen Landwirtschaft kein Nischendasein mehr. Im Laufe der Jahre ist er zu einer anerkannten Größe in der vielfältigen deutschen Landwirtschaft geworden. Im Rahmen der Landwirtschaftszählung 2010 gaben insgesamt 3 042 Betriebe in Baden-Württemberg an, ihren landwirtschaftlichen Betrieb vollständig oder zumindest teilweise nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung 834/2007 (siehe i-Punkt) zu betreiben. Damit wirtschafteten rund 6,8 % oder fast jeder fünfzehnte der insgesamt 44 512 landwirtschaftlichen Betriebe im Land ökologisch.

Durch die ökologisch wirtschaftenden Betriebe im Südwesten wurde im Jahr 2010 eine Gesamtfläche von rund 112 200 Hektar (ha) landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) bewirtschaftet. Die durchschnittliche Größe eines Betriebes mit ökologischer Bewirtschaftung beläuft sich somit auf rund 36,9 ha LF. Dies sind etwas über 5 ha mehr, als ein baden-württembergischer landwirtschaftlicher Betrieb im Mittel aufweist (31,7 ha LF).

Ökologisch bewirtschaftete Flächen nehmen zu

Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen in Baden-Württemberg nahm in den vergangenen Jahren stetig zu. Wurden im Jahr 2003 etwas über 80 100 ha oder 5,5 % der baden-württembergischen LF nach ökologischen Gesichtspunkten bestellt, so stieg dieser Anteil bis zum Jahr 2010 auf 7,0 % (knapp 98 400 ha LF). Davon waren über 89 800 ha LF im Jahr 2010 bereits vollständig auf die ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Dies sind insgesamt rund 6,4 % der LF Baden-Württembergs. Die in Umstellung auf ökologischen Landbau befindliche Fläche belief sich im Jahr 2010 auf rund 8 600 ha LF. Seit der erstmaligen getrennten Erfassung der bereits umgestellten und in Umstellung befindlichen Flächen im Jahr 2003 und der in den darauffolgenden Jahren rückläufigen Entwicklung der Umstellungsflächen stieg der Umfang der in Umstellung befindlichen Flächen zum Jahr 2010 wieder deutlich an. Flächen in der Umstellungsphase werden zwar bereits nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet, die darauf produzierten Erzeugnisse dürfen jedoch noch nicht als »bio« oder »ökologisch« verkauft werden. Dies ist erst nach Ablauf der Umstellungszeit (siehe i-Punkt) erlaubt, da Böden, Pflanzen und Tierbestände Zeit benötigen, um auf die neue Bewirtschaftungsform umgestellt zu werden. Eventuell noch vorhandene Reste von mineralischen Düngemitteln, synthetischen Pflanzenschutzmitteln oder Arzneimitteln aus der konventionellen Bewirtschaftung, deren Einsatz in der ökologischen Landwirtschaft nicht zugelassen ist, müssen erst abgebaut werden.

Teilumstellung gegen Komplettumstellung

Der ganzheitlichen Philosophie des Ökolandbaus (siehe i-Punkt) entspricht in der Regel die vollständige Umstellung des Betriebs auf die ökologische Wirtschaftsweise. Der Großteil der Ökobetriebe im Südwesten hat daher seine Wirtschaftsweise komplett umgestellt. Bei 2 448 oder insgesamt vier von fünf Ökobetrieben waren im Jahr 2010 sowohl die bewirtschafteten Flächen als auch die Tierbestände vollständig in die ökologische Bewirtschaftungsweise mit einbezogen. Dies sind sozusagen Ökobetriebe »pur«.

Die EU-Öko-Verordnung erlaubt neben der Gesamtumstellung des Betriebs jedoch auch eine Teilumstellung einzelner, klar abgegrenzter Betriebsteile. Daher kann es fallweise dazu kommen, dass ein ökologisch wirtschaftender Betrieb auch nicht umgestellte, also weiterhin konventionell bewirtschaftete, Flächen aufweist. Im Rahmen der Landwirtschaftszählung 2010 wurde ermittelt, dass knapp 13 800 ha LF in Baden-Württemberg durch Ökobetriebe konventionell bewirtschaftet werden. Die Betriebe mit nicht vollständig ökologischer Bewirtschaftung sind in Baden-Württemberg jedoch eindeutig in der Unterzahl. So ergab die Landwirtschaftszählung 2010, dass lediglich 451 oder rund 15 % der 3 042 Betriebe mit ökologischer Bewirtschaftung ihre Flächen nicht vollständig ökologisch bestellten. Von 1 970 Betrieben mit ökologischer Wirtschaftsweise in der Tierhaltung gaben nur 77 Betriebe oder knapp 4 % an, ihr Vieh nicht vollständig nach den Kriterien des Ökolandbaus zu halten.

Ökobetriebe unterscheiden sich von konventionellen Betrieben beim Pflanzenbau …

Vergleicht man ökologisch wirtschaftende Betriebe mit den Betrieben ihrer konventionell wirtschaftenden Kollegen, so zeigen sich teilweise markante strukturelle Unterschiede. Vor allem im Bereich der Bodennutzung wird deutlich, dass Ökobetriebe »anders« sind. Besonders viel Wert wird auf die Artenvielfalt auf den Äckern gelegt. Einerseits spielen hier pflanzenbauliche Kriterien eine Rolle, da durch eine vielfältig gestaltete und geschickt gewählte Fruchtfolge die Bodenfruchtbarkeit erhalten oder sogar noch erhöht werden kann. Schädliche Unkräuter können im Schach gehalten werden, was aufgrund des Verbots von synthetischen Pflanzenschutzmitteln im Ökolandbau ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist. Durch eine bunte und abwechslungsreiche Produktpalette kann zudem ein breiterer Markt an Kunden und Konsumenten angesprochen werden und der Absatz der Erzeugnisse gefördert werden. Dies kann vor allem bei Betrieben, die ihre Erzeugnisse selbst vermarkten, zum Beispiel über den Verkauf ab Hof oder auch über einen Hofladen, deutliche Vorteile bringen.

Im Unterschied zu den ökologisch wirtschaftenden Betrieben weisen die konventionell arbeitenden Betriebe beim Anbau von Marktfrüchten, wie beispielsweise Getreide, Zuckerrüben und Ölfrüchten, einen deutlich höheren Flächenanteil auf. Von den rund 785 200 ha Ackerland, die im Jahr 2010 durch konventionelle Betriebe in Baden-Württemberg bewirtschaftet wurden, entfielen rund 506 500 ha oder rund 65 % auf Getreide. Bei den ökologisch bewirtschafteten Flächen entfiel nur etwa die Hälfte der LF auf den Anbau von Getreide. Hülsenfrüchte hingegen spielen mit rund 3 900 ha Anbaufläche in der konventionellen Landwirtschaft nur eine untergeordnete Rolle. Hierzu zählen unter Anderem Erbsen und Ackerbohnen, die im Ökolandbau auf etwas mehr als 1 400 ha oder 4 % des ökologisch bewirtschafteten Ackerlands angebaut und meist in Tiere haltenden Betrieben als hofeigenes Futtermittel genutzt werden.

Auch der Anbau von Gemüse und vielfältigen weiteren Fruchtarten spielt in der ökologischen Landwirtschaft eine wesentlich größere Rolle als in der konventionellen Landwirtschaft. Wurden im Jahr 2010 von Ökobetrieben zusammen über 40 % der LF mit Gemüse und Erdbeeren sowie weiteren Fruchtarten bestellt, so nehmen diese in der konventionellen Bewirtschaftung gerade mal rund ein Viertel der LF ein. Vergleicht man zusätzlich das Verhältnis von Ackerland zu Dauergrünland bei den Ökobetrieben (rund 39 % Ackerfläche zu rund 56 % Dauergrünland) und den konventionell wirtschaftenden Betrieben (rund 61 % zu 34 %), zeigen sich prägnant die unterschiedlichen Ausrichtungen der beiden Betriebsformen. Die Grünlandnutzung ist in einigen Teilen Baden-Württembergs praktisch alternativlos. Im südlichen Schwarzwald beispielsweise bestimmt ein ganz spezieller Betriebstypus das Bild der Landwirtschaft: die Mutterkuhhaltung. Hier sind ökologisch wirtschaftende Betriebe weit verbreitet, da die Umstellungskosten vergleichsweise gering ausfallen und mit »bio« wohl einfach die besseren Vermarktungsmöglichkeiten gegeben sind.

… aber auch bei der Tierhaltung

In vielen Ökobetrieben werden aufgrund des Kreislaufgedankens Tiere gehalten. Der Dung der Tiere wird als wertvoller Wirtschaftsdünger auf die Äcker und Wiesen ausgebracht, um die Pflanzen, die teilweise wieder den Tieren als Futter dienen, mit Nährstoffen zu versorgen. Da in Betrieben mit ökologischer Landwirtschaft der Einsatz von mineralischen Düngern nicht gestattet ist, kommt dem Wirtschaftsdünger ein sehr großer Stellenwert zu.

Von allen baden-württembergischen Ökobetrieben hatten im Jahr 2010 insgesamt 1 970 oder rund 65 % auch Tierbestände in die ökologische Bewirtschaftung mit einbezogen.1 Von den konventionell arbeitenden Betrieben im Südwesten hingegen wurden in etwas mehr als 62 % aller Betriebe Tiere gehalten. Der Schwerpunkt der betrieblichen Ausrichtung liegt im ökologischen Landbau eindeutig auf der Grünlandwirtschaft. Mehr als die Hälfte der Ökobetriebe gehörte der betriebswirtschaftlichen Ausrichtung »Weideviehbetrieb« an. Solche Betriebe wurden früher auch als »Futterbaubetrieb« bezeichnet, da die Futtergrundlage für die Tiere großteils auf den Flächen des Betriebes angebaut wird. Der Produktionsschwerpunkt dieser Betriebe liegt in der Haltung von Rindern zur Fleischerzeugung, in der Milchviehhaltung sowie in der Haltung von Schafen, also Tieren, die sich überwiegend von Gras bzw. den im Betrieb angebauten Grünfutterpflanzen ernähren. Im Jahr 2010 standen in 1 799 oder knapp 60 % der 3 042 ökologisch wirtschaftenden Betriebe in Baden-Württemberg Rinder in den Ställen. Etwas über 85 % (rund 75 400 Tiere) der insgesamt rund 88 500 gehaltenen Rinder waren auch tatsächlich in die ökologische Wirtschaftsweise mit einbezogen. Die übrigen Rinder werden von den Betrieben weiterhin konventionell gehalten, dies ist bei einem klar abgegrenzten Betriebsteil laut der EU-Öko-Verordnung zulässig.

Die zahlenmäßig meisten ökologisch wirtschaftenden Betriebe in Baden-Württemberg finden sich mit insgesamt 325 Betrieben im Landkreis Ravensburg. Auf Platz zwei und drei in der Rangfolge stehen die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald und Bodenseekreis mit 255 und 194 Ökobetrieben, gefolgt vom Landkreis Waldshut mit 179 ökologisch wirtschaftenden Betrieben. In diesen vier Landkreisen, die alle im südlichen Teil des Landes liegen, findet sich knapp ein Drittel aller baden-württembergischen Ökobetriebe. Der Anteil des Dauergrünlands an der LF insgesamt ist in diesen Kreisen recht hoch. Betrachtet man das in die ökologische Wirtschaftsweise einbezogene Grünland, so liegt der Grünlandanteil sogar noch höher. Hintergrund hierfür mag sein, dass bei bereits eher extensiv bewirtschafteten Betrieben die Umstellung auf den Ökolandbau in der Regel leichter fällt.

Auswirkungen der Vielfältigkeit auf die Struktur der Ökobetriebe

In den landwirtschaftlichen Betrieben Baden-Württembergs waren im Jahr 2010 nach den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung insgesamt rund 190 000 Personen in unterschiedlichem Umfang mit betrieblichen Arbeiten beschäftigt. Davon war etwa ein Sechstel (32 000 Personen) mit Arbeiten in der Landwirtschaft vollbeschäftigt. In den 3 042 Ökobetrieben im Land gab es insgesamt rund 13 500 Beschäftigte, darunter rund 2 900 Personen oder rund ein Fünftel in Vollbeschäftigung. Eine Beschäftigung in ökologisch wirtschaftenden Betrieben ist somit prozentual betrachtet in mehr Fällen ein »Full-Time-Job« als in den Betrieben insgesamt.

Die Arbeitsleistung2 der in den Ökobetrieben tätigen Personen ist mit 1,9 AK-E je Betrieb oder 5,3 AK-E je 100 ha LF höher als in den konventionell bewirtschafteten Betrieben. Hier kommen umgerechnet 1,5 AK-E je Betrieb zum Einsatz. Auch der Anteil der Betriebe mit ökologischem Landbau, die ihren Betrieb im Haupterwerb bewirtschaften, lag im Jahr 2010 etwas höher als in der Landwirtschaft allgemein. Von den 3 042 Betrieben mit Ökolandbau insgesamt sind 2 657 Betriebe der Rechtsform Einzelunternehmen zuzuordnen. Davon werden 1 118 Betriebe oder rund 42 % im Haupterwerb bewirtschaftet. Im baden-württembergischen Durchschnitt aller konventionell arbeitenden Betriebe werden dagegen rund 37 % im Haupterwerb geführt.

1 Dies sind die sogenannten »Ökotiere«. Tierbestände, die von ökologisch wirtschaftenden Betrieben konventionell gehalten werden, sind hierbei nicht mit einbezogen.

2 Die Arbeitskrafteinheit (kurz AK-E) ist die Maßeinheit der Arbeitsleistung einer im Berichtszeitraum mit betrieblichen Arbeiten vollbeschäftigten Person. Die Arbeitsleistung wird aus dem je Arbeitskraft für den Arbeitsbereich im Betrieb angegebenen Beschäftigungsumfang ermittelt.