:: 12/2011

Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen in Baden-Württemberg 2010

In Baden-Württemberg haben die unteren Verwaltungsbehörden im Jahr 2010 insgesamt 230 Transportunfälle registriert, bei denen knapp 35 m3 wassergefährdender Stoffe in die Natur gelangen konnten. Hauptsächlich handelte es sich um Unfälle im Straßenverkehr, bei denen der Betriebsstofftank der Fahrzeuge beschädigt wurde. Bei weiteren 110 Unfällen wurden durch unsachgemäßen Umgang oder fehlerhaftes Material rund 111 m3 wassergefährdender Stoffe freigesetzt. Die meisten Unfälle ereigneten sich in Anlagen zur Lagerung von Heizöl oder anderer Mineralölprodukte durch zum Beispiel Rohrbrüche, Überschwemmungen und aus- oder übergelaufene Behälter. Bei allen Unfällen wurden vor allem Böden und versiegelte Flächen verunreinigt.

340 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen registriert

Laut Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sind wassergefährdende Stoffe feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind, nachhaltig die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers nachteilig zu verändern. Wenn eine nicht unerhebliche Menge (siehe i-Punkt Konkretisierung des Begriffs »nicht unerhebliche Mengen«) wassergefährdender Stoffe in die Umwelt gelangt, müssen unverzüglich die zuständigen Behörden informiert werden, die unter anderem die einzuleitenden Maßnahmen zur Schadensbegrenzung überwachen. 2010 haben die unteren Verwaltungsbehörden in Baden-Württemberg insgesamt 340 Unfälle registriert, bei denen knapp 146 m3 wassergefährdender Stoffe ausgetreten sind. Dabei unterscheidet man zwischen Unfällen bei der Beförderung von wassergefährdenden Stoffen und Unfällen beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Hinzu kommen 92 Unfälle unbekannten Hergangs, bei denen weder der Verursacher noch die Schadensquelle bekannt war. In der Regel handelt es sich dabei um wild deponierte und ausgekippte Stoffe. Weitere derartige Schadensfälle, die bislang nicht entdeckt wurden, sind nicht auszuschließen.

Ob bei einem Unfall beim Transport oder beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen: Es besteht immer die Gefahr, dass diese Stoffe in die Umwelt gelangen und Oberflächengewässer, Grundwasser oder Böden nachhaltig schädigen. Besonders relevant sind Unfälle in Gebieten, in denen Trinkwasser gewonnen wird. Zwischen 1997 und 2005 gab es 16 Unfälle, bei denen rund 372 m3 wassergefährdender Stoffe die Wasserversorgung betrafen. Das waren durchschnittlich 23 m3 pro Unfall.

Unfälle bei der Beförderung wassergefährdender Stoffe

Im Straßen-, Eisenbahn- und Schiffsverkehr werden wassergefährdende Stoffe transportiert, die bei einem Unfall durch Schäden zum Beispiel an Tanks oder Gebinden1 freigesetzt werden können. Dabei zählen auch die Kraftstoffe der Transportfahrzeuge zu den wassergefährdenden Stoffen. In Baden-Württemberg wurden 2010 insgesamt 230 Unfälle bei der Beförderung registriert. Die Unfälle ereigneten sich überwiegend im Straßenverkehr mit LKW und PKW (96 %) und nur zum kleinen Teil im Eisenbahn- und Schiffsverkehr (4 %). Gut 72 % der Umweltbelastungen entstanden durch Beschädigung eines Betriebsstofftanks und die dadurch ausgetretenen Kraftstoffe sowie Motor-, Getriebe- oder Hydrauliköle. Diese Stoffe fallen unter die Wassergefährdungsklasse 2 (siehe i-Punkt »Gefährdungspotenzial von wassergefährdenden Stoffen«), die mit knapp 97 % die Hauptbelastung der Umwelt bei Transportunfällen darstellen.

Insgesamt wurden bei den 230 Transportunfällen im Jahr 2010 kapp 35 m3 wassergefährdender Stoffe freigesetzt. Das sind im Durchschnitt rund 0,2 m3 (200 Liter) pro Unfall, was in etwa dem Volumen einer Badewanne entspricht. Bei über einem Viertel der Unfälle (65) sind höchstens 20 Liter und bei nur vier Unfällen sind mehr als 1 000 Liter wassergefährdender Stoffe ausgetreten. Dies erklärt sich dadurch, dass bei einem Unfall in der Regel der Betriebsstofftank der LKWs zerstört wurde und die Transportbehälter, die ein größeres Volumen haben, intakt blieben.

Aufgrund der Zufälligkeit von Unfällen gibt es bei der Anzahl der Transportunfälle keinen eindeutigen Entwicklungstrend. Die Zahlen schwanken in den Jahren von 1996 bis 2010 zwischen 219 (2008) und 330 (2000) Unfällen bzw. zwischen 32 m3 (2002) und 124 m3 (2000) freigesetzter Wasserschadstoffe. Seit 1996 wurden bei 4 015 registrierten Transportunfällen insgesamt rund 880 m3 wassergefährdender Stoffe freigesetzt, von denen durchschnittlich rund 79 % (694 m3) wiedergewonnen werden konnten. Die Wiedergewinnungsrate im Jahr 2010 betrug rund 72 %.

Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Es gibt zahlreiche Bereiche, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. Für die Weiterverarbeitung und ihren Einsatz zum Beispiel in Reinigungen, Werkstätten oder Tankstellen werden wassergefährdende Stoffe täglich abgefüllt, transportiert, umgeschlagen und gelagert. Hierzu gehören auch die Heizöltanks in privaten Haushalten. Bei allen diesen Tätigkeiten besteht die potenzielle Gefahr, dass die Lösemittel, Farben, Öle, Mineralölprodukte (Heizöl, Benzin) usw. durch unsachgemäßen Umgang oder Materialfehler in die Umwelt gelangen und diese nachhaltig schädigen. 2010 haben die unteren Verwaltungsbehörden insgesamt 110 Unfälle registriert, bei denen wassergefährdende Stoffe beim Umgang ausgetreten sind.

Fast die Hälfte der registrierten Unfälle (46 %) wurde durch menschliches Fehlverhalten verursacht. Fast ein Drittel (32 %) der Unfälle war nicht greifenden Schutzeinrichtungen und maroden Anlagenteilen zuzuordnen. Bei den restlichen immerhin rund 22 % blieb die Unfallursache unbekannt.

Mit einem Anteil von rund 40 % wurden die meisten Unfälle in nicht gewerblichen Lageranlagen, das heißt im Bereich privater Haushalte oder öffentlicher Einrichtungen verursacht. Dies waren im Wesentlichen private Anlagen zur Lagerung von Heizöl oder anderer Mineralölprodukte, bei denen es beispielsweise durch defekte Grenzwertgeber (Übertanken), ausgelaufene Kanister, Rohrbrüche oder Überschwemmungen zu Verunreinigungen kam. Die Unfälle wurden zu 41 % durch menschliches Fehlverhalten und zu gut 34 % durch Materialfehler verursacht.

Weitere rund 36 % wurden in gewerblichen Lageranlagen verursacht, wobei auch hier die Hauptunfallursache menschliches Fehlverhalten war. Hier könnten möglicherweise Mitarbeiterschulungen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen helfen, Unfälle zu verhindern.

Insgesamt gelangten bei den 110 Unfällen rund 111 m3 wassergefährdender Stoffe in die Natur, im Durchschnitt 1 m3 pro Unfall, was einem Volumen von fünf Badewannen (je 200 Liter) entspricht. Bei nur 16 Unfällen mit mehr als 1 m3 wurden insgesamt gut 89 m3 Wasserschadstoffe freigesetzt. Das sind gut 6 m3 pro Unfall, vergleichbar etwa mit dem Volumen eines Regenwassertanks (Zisterne). Über die Hälfe (56 m3) der ausgetretenen Stoffe waren Jauche, Gülle und Silagesickersäfte (JGS). Die restlichen Stoffe waren vor allem Mineralölprodukte.

Rückläufige Tendenz der Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Seit 1996 ist die Zahl der Unfälle beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen um knapp 63 % zurückgegangen. Dabei wurde im Jahr 1998 mit 299 Unfällen die bislang höchste Zahl und 2010 mit 110 Unfällen die geringste Zahl gemeldet. Die Menge der freigesetzten Stoffe lag zwischen 107 m3 (2000) und 1 176 m3 (2005). Es ist davon auszugehen, dass die Unfallzahlen sowohl durch verbesserte Sicherheitstechniken im Anlagenbereich wie beispielsweise doppelwandige Behälter, korrosionsbeständige Werkstoffe und Auffangräume als auch durch intensiver geschultes Personal verringert werden konnten.

Zwischen 1996 und 2010 wurden insgesamt 2 925 Unfälle beim Umgang gemeldet, bei denen zusammen 6 478 m3 Wasserschadstoffe freigesetzt wurden. Durchschnittlich 61 % der freigesetzten Stoffe konnten wiedergewonnen werden. Die Wiedergewinnungsrate lag 2010 mit rund 65 % über dem langjährigen Mittel.

Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

2009 waren in Baden-Württemberg rund 240 000 wiederkehrend prüfpflichtige Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen wie zum Beispiel Lagertanks für Heizöl, Chemikalienlager oder Tankstellen erfasst. Zu rund 72 % handelt es sich um unterirdische Anlagen und zu rund 28 % um oberirdische Anlagen. Diese Relation erklärt sich dadurch, dass in Baden-Württemberg alle unterirdischen, aber nicht alle oberirdischen Anlagen oder Anlagenteile wiederkehrend prüfpflichtig sind. Oberirdische Anlagen werden in unterschiedliche Gefährdungsstufen gegliedert, aus denen sich die Prüfpflicht ableitet.2 Knapp 91 % der 240 000 Anlagen sind Lageranlagen.

Die 240 000 Anlagen hatten zusammen ein Fassungsvermögen von gut 12,3 Mill. m3, das sind durchschnittlich 52 m3 pro Anlage. Die oberirdischen Anlagen haben mit durchschnittlich 137 m3 im Vergleich zu unterirdischen Anlagen mit durchschnittlich 18 m3 ein deutlich größeres Fassungsvermögen. Knapp 61 % aller Anlagen haben ein Volumen von weniger als 11 m3. Hierbei handelt es sich überwiegend um Heizöltanks privater Verbraucher. Dagegen entfällt die Hälfte des gesamten Fassungsvermögens (6,5 Mill. m3) auf nur 226 Anlagen (0,09 %), die alle mindestens ein Volumen von 10 000 m3 haben. Dies entspricht einem durchschnittlichen Fassungsvermögen von rund 28 700 m3 pro Anlage. Hierbei handelt es sich vor allem (64 %) um Lageranlagen mit Stoffen der Wassergefährdungsklasse 2 (siehe i-Punkt»Gefährdungspotenzial von wassergefährdenden Stoffen«).

Knapp 77 % aller Anlagen befanden sich 2009 außerhalb von Wasser- und Heilquellenschutzgebieten, Überschwemmungsgebieten oder sonstigen schutzwürdigen Gebieten. Außerhalb von schutzwürdigen Gebieten gelegene Anlagen hatten ein Volumen von 11,1 Mill. m3 (90 %). Das Volumen von Anlagen innerhalb von Schutzgebieten summiert sich auf 1,2 Mill. m3, das heißt 21 m3 pro Anlage.

Fazit

Die Zahl der Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen insgesamt ist seit 1996 um knapp 44 % zurückgegangen, wobei dies vor allem am Rückgang der Unfälle beim Umgang sowie an weniger Unfällen unbekannten Hergangs liegt. In diesen beiden Kategorien besteht die Möglichkeit zum Beispiel durch Mitarbeiterschulungen, Vorschriften zu Sicherungseinrichtungen oder Kontrollinstanzen einer Freisetzung von wassergefährdenden Stoffen vorzubeugen. Unfälle beim Transport sind dagegen stark zufallsbedingt und schwerer kontrollierbar. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen besteht jedoch auch beim Umgang mit den potenziellen Wasserschadstoffen die Gefahr, dass durch unsachgemäße Handhabung oder Materialfehler Wasserschadstoffe freigesetzt werden. Da dies nicht ausgeschlossen werden kann, kommt es zumindest darauf an, die Folgen auf die Umwelt zu minimieren. Dies wird unter anderem durch rasche Benachrichtigung der zuständigen Behörden sichergestellt. Die Folgen der Verunreinigungen können jedoch zum Teil nur durch langjährige Maßnahmen und unter Umständen nie vollständig beseitigt werden. Der sachgerechte und ordnungsgemäße Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist daher eine besonders wichtige Aufgabe des Umweltschutzes.