:: 1/2012

Entwicklung der Umweltbranche in Baden-Württemberg 2010

Die Ausrichtung der volkswirtschaftlichen Produktion auf geeignete Güter zur Verbesserung des Umweltschutzes allgemein, zur Erhöhung der Energieeffizienz, zur Energieeinsparung und insbesondere für den Umstieg auf erneuerbare Energien ist in vollem Gang. Einen Indikator dafür bildet die Summe der mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz erzielten Umsätze. Im Folgenden wird die aktuelle Entwicklung der von baden-württembergischen Betrieben erzielten umweltbezogenen Umsätze dargestellt. Neben deren Verteilung auf die verschiedenen Umweltschutzbereiche werden insbesondere die Zusammensetzung nach Warenarten, die Beteiligung der verschiedenen Branchen und die Entwicklung des Exportanteils betrachtet.

Zunahme der Umsätze auf 8,5 Mrd. Euro

Die Umsätze baden-württembergischer Betriebe mit Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz summierten sich 2010 auf über 8,5 Mrd. Euro. Das waren fast 1,9 Mrd. Euro oder 28,5 % mehr als im Krisenjahr 2009. In den 1 140 Betrieben, die nach eigenen Angaben umweltschutzbezogene Umsätze erzielt haben, waren 2010 zusammen fast 31 500 Personen mit der Herstellung von Umweltschutzgütern beschäftigt. Das waren 24 % mehr als im Jahr zuvor. Der Anteil der umweltschutzbezogenen Umsätze an den insgesamt erzielten Umsätzen dieser 1 140 Betriebe belief sich auf knapp 33 %. Er hat sich gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozentpunkte erhöht. Wie im Vorjahr fiel damit die Steigerung der umweltschutzbezogenen Umsätze stärker aus als die der Umsätze insgesamt.

56 % der umweltbezogenen Umsätze im Bereich Klimaschutz

Seit 2006, für das erstmals auch Güter und Dienstleistungen für den Klimaschutz bei der zugrunde liegenden statistischen Erhebung1 mit einbezogen worden waren, haben sich die insgesamt gemeldeten umweltschutzbezogenen Umsätze mit einem Plus von 133 % mehr als verdoppelt. Ausschlaggebend für diese überaus starke Zunahme der Umsätze war die sehr dynamische Entwicklung bei den Gütern für den Klimaschutz, die insbesondere auch Waren, Bau- und Dienstleistungen für die Nutzung erneuerbarer Energien umfassen. Der auf den Klimaschutz entfallende Betrag ist, ausgehend von rund 840 Mill. Euro im Jahr 2006, auf den fast sechsfachen Umsatz von 4,8 Mrd. Euro im Jahr 2010 angewachsen. Damit stellen die Güter für den Klimaschutz 2010 mit 56 % erstmals den überwiegenden Anteil der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze. Im Bereich Klimaschutz fiel auch der Anstieg der Umsätze gegenüber dem Vorjahr mit plus 45 % weit überdurchschnittlich aus. Der Hauptgrund für diese große Steigerung war die rasche Expansion im Bereich der Güter zur Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie.

Deutliche Zunahme auch im Bereich Luftreinhaltung

Auch bei den anderen Umweltschutzbereichen, im folgenden kurz als »klassische Bereiche« bezeichnet, die insbesondere die Abfallwirtschaft, Luftreinhaltung und den Gewässerschutz umfassen, ist fast durchweg eine Steigerung der Umsätze gegenüber 2009 festzustellen. Bei einer Zunahme um zusammen rund 400 Mill. Euro oder annähernd 12 % wurde allerdings das Niveau von 2008 noch nicht wieder ganz erreicht. Dies gilt entsprechend sowohl für die Teilbereiche der Abfallwirtschaft und des Gewässerschutzes als auch für die Güter zur Luftreinhaltung. Die Umsätze in diesen »klassischen« Umweltschutzbereichen ohne Klimaschutz lagen 2010 mit zusammen knapp 3,8 Mrd. Euro um fast 1 Mrd. Euro (33 %) höher als 2006, jedoch noch um 240 Mill. Euro (6 %) unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2008. Hierin wird die in diesen Bereichen relativ starke Abhängigkeit von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung erkennbar.

Besonders die Entwicklung im Bereich der Luftreinhaltung, der gut 25 % der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze ausmacht, ist offenbar stark von der konjunkturellen Entwicklung im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes geprägt. Über 95 % der Umsätze im Bereich Luftreinhaltung werden mit Waren aus dem industriellen Bereich erzielt. Dort führte vor allem die 2010 gegenüber dem Vorjahr stark verbesserte Autokonjunktur und die damit verbundene erhöhte Nachfrage nach Abgasreinigungssystemen zu einem Anstieg um 23 %. Das war zugleich die auffälligste Umsatzsteigerung im Bereich der »klassischen« Umweltschutzgüter. Umgekehrt war hier auch der Rückgang im Krisenjahr 2009 gegenüber 2008 besonders kräftig ausgefallen.

Vier Fünftel der Umsätze mit Waren für den Umweltschutz

Mit über 6,9 Mrd. Euro entfielen mehr als vier Fünftel (81,4 %) der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze auf Waren. Aufgrund der im Jahr 2010 erreichten Zunahme um über 1,8 Mrd. Euro (+36 %) hat sich dieser Anteil nach dem konjunkturbedingten Einbruch im Jahr 2009 zwar wieder deutlich erhöht, blieb aber unter den in 2008 erreichten 86 %. Auf Bauleistungen für den Umweltschutz entfielen mit 904 Mill. Euro gut 10 %, auf Dienstleistungen (680 Mill. Euro) rund 8 % der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze. Während bei den Bauleistungen 2010 das Niveau des Vorjahres nicht ganz erreicht werden konnte, war bei den Dienstleistungen bei einem Plus von 200 Mill. Euro oder fast 42 % eine weit überdurchschnittliche Steigerung der Umsätze zu registrieren.

Im Bereich der Waren für den Umweltschutz dominieren sehr deutlich die Maschinenbauerzeugnisse. Sie machten über 3,6 Mrd. Euro – immerhin 52 % – der gesamten umweltschutzbezogenen Warenumsätze aus. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr lag hier bei 43 %. Die zweite große Warengruppe bilden mit gut 1,6 Mrd. Euro die Fahrzeuge und Fahrzeugteile (24 %), für die eine Umsatzsteigerung um 22 % erreicht wurde. Am höchsten war die Zunahme mit einem Plus von 100 % bei den mess- und regeltechnischen Geräten. Ihr Anteil an den Warenumsätzen stieg auf fast 590 Mill. Euro oder mehr als 8 % an.

Fast 40 % der Umsätze wurden im Ausland erzielt

Der Anteil der im Ausland abgesetzten Waren, Bau- und Dienstleistungen für den Umweltschutz ist 2010 auf fast 40 % angestiegen. Im Vorjahr waren 33 % der Umsätze im Ausland erzielt worden. Über dem Durchschnitt liegt die Exportquote allein bezogen auf die Waren für den Umweltschutz (44 %). Von den mess- und regeltechnischen Geräten für den Umweltschutz wurden 2010 sogar 70 % exportiert. Bei den Bau- und Dienstleistungen liegt der Exportanteil mit rund 10 bzw. 20 % deutlich unter dem Durchschnitt bezogen auf den Umsatz aller 2010 abgesetzten Umweltschutzgüter.

Die Verteilung der Umsätze auf Waren, Bau- und Dienstleistungen sowie auf die verschiedenen Warengruppen unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Umweltschutzbereichen relativ stark. So konzentrieren sich die Maschinenbauerzeugnisse wie auch die mess- und regeltechnischen Geräte sehr stark auf den Bereich Klimaschutz, während die Fahrzeugteile überwiegend der Luftreinhaltung dienen. Auch im Bereich Abfallwirtschaft machen Fahrzeuge und Fahrzeugteile einen überdurchschnittlich großen Teil der Umsätze aus. Die Bauleistungen konzentrieren sich überwiegend auf die Bereiche Klimaschutz und Gewässerschutz.

Drei Viertel der umweltbezogenen Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe

Die Umweltbranche in der hier zugrunde liegenden Abgrenzung erstreckt sich über nahezu alle Wirtschaftszweige.2 Es existieren aber deutliche Konzentrationen auf einzelnen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes beziehungsweise auf Teile des Baugewerbes und der Dienstleistungsbereiche. Wie bereits oben festgestellt, machen Waren für den Umweltschutz den überwiegenden Teil der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze aus. Korrespondierend dazu entfällt der Hauptanteil der gesamten umweltschutzbezogenen Umsätze auf Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes. 2010 waren es über 6,5 Mrd. Euro, das heißt mehr als drei Viertel (77 %) der gesamten Umweltschutzumsätze. Auf das Baugewerbe entfielen gut 720 Mill. (9 %), und auf Betriebe des Dienstleistungsbereichs kamen zusammen 1,2 Mrd. Euro (14 %). Hervorzuheben ist dabei, dass die Umsätze der Betriebe im Dienstleistungsbereich einschließlich Handel zu 45 % mit selbst hergestellten Waren, überwiegend aus dem Bereich Photovoltaik, erzielt wurden.

Bei den Betrieben im Verarbeitenden Gewerbe dominieren eindeutig die selbst hergestellten Waren. Auf Bau- bzw. Dienstleistungen für den Umweltschutz entfallen dort nur jeweils gut 80 Mill. Euro. Die gut 6,5 Mrd. Euro an Umsätzen mit Umweltschutzgütern im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes wurden von 286 Betrieben erzielt. Bei diesen Betrieben waren 2010 knapp 21 000 Personen mit der umweltschutzbezogenen Produktion beschäftigt. Das waren 5 500 Beschäftigte mehr als 2009. Die Umsätze und Beschäftigten konzentrieren sich stark auf einige wenige Branchen, allen voran auf den Maschinenbau, der allein fast 2,2 Mrd. Euro der Umsätze mit Umweltschutzgütern ausmacht. Mit deutlichem Abstand folgen die Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (1,04 Mrd. Euro), die Herstellung von Kraftwagen und -teilen (780 Mill. Euro) und die Herstellung chemischer Erzeugnisse (680 Mill. Euro). Ebenfalls noch über 600 Mill. Euro an umweltschutzbezogenen Umsätzen wurden in der Herstellung elektrischer Ausrüstungen erzielt. Hohe Zuwächse beim Umsatz mit Umweltschutzgütern errechnen sich für den Maschinenbau (+28 %) und die Herstellung chemischer Erzeugnisse (+31 %). Sogar mehr als verdreifacht (+210 %) haben sich die umweltschutzbezogenen Umsätze bei Betrieben der Herstellung elektrischer Ausrüstungen. In den genannten Branchen hat auch die Zahl der mit der Produktion von Umweltschutzgütern Beschäftigten stark zugenommen.

1 Vgl.Büringer, Helmut: »Die Umweltbranche in Baden-Württemberg im Krisenjahr 2009«, in: »Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/2011«

2 Hier nicht einbezogen sind die Entsorgungsdienstleistungen im Bereich der Abfallwirtschaft und der Abwasserentsorgung. Die Ermittlung von Umsätzen und Beschäftigten in diesen Bereichen erfolgt im Rahmen der Strukturerhebung bei Unternehmen der Entsorgungswirtschaft. Ergebnisse für 2010 liegen dazu noch nicht vor. 2009 wurden durch baden-württembergische Unternehmen dieses Bereiches mit zusammen rund 10 700 Beschäftigten Umsätze in Höhe von knapp 2,3 Mrd. Euro erwirtschaftet.