:: 1/2012

Die Tomate

Der Deutschen liebstes Gemüse

Noch vor 200 Jahren war die Tomate als Nahrungsmittel in Europa weitgehend unbekannt. Menschen aus dieser Zeit hätten wohl verständnislos den Kopf geschüttelt, wenn man ihnen prognostiziert hätte, dass die Tomate einige Generationen später zum beliebtesten Gemüse in Deutschland und auch in vielen anderen europäischen Ländern würde. Dabei ist die Tomate, wie viele andere in Europa heimisch gewordenen Pflanzen, kein einheimisches Gewächs. Ihre ursprüngliche Heimat liegt in Mittel- und Südamerika.

Aus xitomatl wird die Tomate

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Tomate ist Mittel- und Südamerika. Tomaten wurden dort bereits 200. v. Chr. als »xitomatl« von den Maya und anderen Völkern kultiviert. Dieser ursprüngliche Name stammt aus der Aztekensprache Nahuatl. In Deutschland wurde sie lange als Liebesapfel, Granatapfel oder Goldapfel bezeichnet. Erst im 19. Jahrhundert setzte sich hier in Ableitung von ihrem ursprünglichen Namen die Bezeichnung Tomate durch. In Österreich hingegen wird die Tomate auch heute noch als Paradiesapfel oder Paradeiser bezeichnet.

Die Tomate (solanum lycopersicum) gehört zur Familie der Nachtschattengewächse. Sie ist somit verwandt mit der Kartoffel, dem Tabak, der Tollkirsche und der Alraune. Von einem kräftigen Rot über Dunkelorange, Violett, Grün, Braun, Gelb bis hin zu Schwarz und Weiß reichen die Farbvarianten der unterschiedlichen Tomatensorten. Auch gestreifte und marmorierte Tomatensorten sind bekannt. Die Früchte erreichen im kultivierten Zustand bis zu 10 Zentimeter (cm) Durchmesser. Rund 2 500 Sorten kennt man heute.

Nach der Entdeckung Amerikas fand die Tomate im 17. und 18. Jahrhundert auch in Europa einen gewissen Bekanntheitsgrad. Zunächst wurde die Tomate fast nur als Zierpflanze und für einige medizinische Anwendungen verwendet. Bereits 1719 wird die Tomate als Bestandteil der italienischen Küche erwähnt. Seit dem späten 19. Jahrhundert war die Tomate dann in Deutschland und somit auch in Baden und Württemberg als Lebensmittel bekannt und wurde vor allem im Süden des Landes in Saucen, Suppen und Salaten verzehrt. Im großen Stil hielt die Tomate jedoch erst nach 1945 Einzug in die deutsche Küche. Aufgrund verbreiteter Abneigung gegen unbekannte Lebensmittel erlangte die Tomate erst durch das Angebot in den Supermärkten, die ab den 50er-Jahren ihren Siegeszug in Deutschland antraten, ihren heutigen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad. In der Nahrungsmittelindustrie sind heute Tomatenmark, Ketchup, Tomatensaft und Tomatenschwamm (eine Mischung von Tomatenmark und Stärke, die sich mit Wasser aufschwemmen lässt) die häufigsten Produkte, die aus reifen Produkten gewonnen werden.

Tomatenfrüchte bestehen zu 95 % aus Wasser. Darüber hinaus enthalten sie die Vitamine A, B1, B2, C, E, Niacin sowie sekundäre Pflanzenstoffe und Mineralien. Der Nährwertgehalt ist mit ca. 75 Kilojoule (kJ) pro 100 Gramm (g) recht gering. Ein wichtiger Inhaltsstoff sind die Lycopene, sie bilden einen Schutz gegen freie Radikale. Tomaten schützen die Schleimhäute des Körpers, fördern Stoffwechsel und Verdauung und stärken unsere innere Zellstruktur.1 Das im Kraut und den grünen Teilen der Frucht enthaltene Tomatidin allerdings ist leicht giftig und kann beim Verzehr zu Unwohlsein führen.

Geringe Anbauflächen – großer Verbrauch

Damit die Verbraucher zu keiner Jahreszeit auf frisches heimisches Gemüse verzichten müssen, werden in Baden-Württemberg die beliebtesten Gemüsearten – wozu die Tomate zählt – in Gewächshäusern aus Glas oder Kunststoff, Folienhäusern bzw. begehbaren Folientunneln angebaut. Die Anbaufläche für Tomaten betrug 2010 rund 72 Hektar (ha). Auf dieser Fläche wurden mehr als 90 000 Dezitonnen (dt) geerntet. Unberücksichtigt bleiben muss bei dieser Darstellung der Anbau von Tomaten in privaten Haus- und Nutzgärten und gewerblich genutzten Kleinflächen. Im bundesweiten Vergleich liegt Baden-Württemberg bei der Anbaufläche damit an erster Stelle unter den Bundesländern. Die Gesamtanbaufläche für Tomaten unter Glas oder ähnlichem in Deutschland schwankte in den letzten Jahren zwischen 295 und 320 ha. Auf dieser Fläche wurde 2010 ein Gesamtertrag von annähernd 733 000  dt geerntet.

Unter allen Gemüsearten rangierte der Tomatenverbrauch 2010 mit knapp 25 Kilogramm (kg) pro Kopf unverändert mit großem Abstand an der Spitze. In differenzierter Betrachtung verzehrte jeder Einwohner Deutschlands ca. 8 kg frische Tomaten und verspeiste darüber hinaus noch 17 kg verarbeitete Tomatenprodukte im Verlauf des Jahres. In Deutschland und damit auch in Baden-Württemberg wird ein großer Teil des gesamten Gemüses importiert. Der Selbstversorgungsgrad für Gemüse liegt hier seit Jahren bei gut 40 %. Der Selbstversorgungsgrad gibt an, in welchem Unfang die Erzeugung der inländischen Landwirtschaft den Bedarf (Gesamtverbrauch) decken kann. Dies ist bei den geringen Anbauflächen von Tomaten im Land und dem sehr hohen Bedarf an Tomaten unmöglich. Die logische Konsequenz hieraus ist eine beträchtliche Einfuhrmenge. Die Länder aus denen Deutschland die größten Tomatenmengen im Jahr 2010 bezog, waren innerhalb der EU die Niederlande mit gut 375 000 Tonnen (t), Spanien mit 145 000 t und Belgien mit annähernd 42 000 t. Außerhalb der EU war Marokko mit fast 26 000 t im Jahr 2010 das wichtigste Exportland. Weltweit ist die Volksrepublik China der größte Produzent von Tomaten, auf den nächsten Plätzen folgen die USA und die Türkei.

Die Zukunft

Auch in absehbarer Zukunft wird die Tomate ihren unangefochtenen Beliebtheitsgrad in Deutschland und Baden-Württemberg behalten. Die Sortenvielfalt der Tomate ist heute bereits sehr groß. Wissenschaftler haben dessen ungeachtet in den letzten Jahren versucht, durch Kreuzung und Veredelung die Tomate noch mehr zu verfeinern. Eine Kreuzung mit der sehr eng verwandten Kartoffel – die sogenannte Tomoffel – war nur sehr bedingt erfolgreich, weil die bisher gezüchteten Pflanzen zu schwach waren, sowohl energiereich essbare Knollen als auch genießbare Früchte auszubilden. Erfolg versprechender sehen nach derzeitigem Stand der Forschung die Versuche aus, Tomaten als Veredelungsunterlage für Auberginen zu verwenden.2