:: 2/2012

Baden-Württemberg – Land der Ingenieure

Baden-Württemberg ist das Ingenieurland Nummer 1 in Deutschland. Um auch in Zukunft national wie international wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die technologieorientierte Wirtschaft im Land auch weiterhin auf hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in wissenschaftlich-technischen Berufen angewiesen. In den kommenden Jahren wird die Wirtschaft jedoch allein wegen der demografischen Entwicklung im Land vor neue Herausforderungen gestellt. Jeder achte Ingenieur im Südwesten ist bereits heute über 55 Jahre alt. Die steigende Zahl der Studierenden mit einer Ingenieurausbildung dürfte dazu beitragen, dass der von Politik, Wirtschaft und Verbänden erwartete demografische und strukturell bedingte Fachkräftemangel verringert werden kann. Auch bei Frauen wird der Ingenieurberuf immer beliebter. Allerdings arbeiten aktuell lediglich 1 % der sozialversicherungspflichtig angestellten Frauen in diesem Berufszweig.

In Baden-Württemberg arbeiteten zum Jahresende 2010 über 152 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ingenieurfachkräfte (siehe i-Punkt), so viele wie in keinem anderen Bundesland. Nach Auswertung der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit waren in Deutschland insgesamt gut 787 000 Ingenieure beschäftigt. Damit hatte rund jeder fünfte Ingenieur in Deutschland seinen Arbeitsplatz im Südwesten.

Südwesten Ingenieurland Nummer 1

Allein in den letzten 10 Jahren stieg die Zahl der Ingenieurfachkräfte in Baden-Württemberg um über 19 000 Personen. Prozentual betrachtet war der Zuwachs an Beschäftigten in Ingenieurberufen mit +14,4 % mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (+5,6 %) und gut sieben Mal höher als der Anstieg der Gesamtbeschäftigung im Land (+2,0 %). Diese Entwicklung spiegelt die starke technologische Ausrichtung und den großen Erfinderreichtum der baden-württembergischen Unternehmen und damit die überdurchschnittlich starke Nachfrage nach hochqualifizierten Beschäftigten in wissenschaftlich-technischen Berufen wider.1 Bezogen auf die aktuell insgesamt rund 3,94 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten übten 2010 insgesamt 3,9 % aller Beschäftigten einen Ingenieurberuf aus. Damit belegte Baden-Württemberg im Bundesgebiet Platz 1 vor den Stadtstaaten Hamburg und Bremen mit einer Quote von jeweils 3,6 % sowie Bayern mit 3,3 %. Am niedrigsten waren die Anteile in Mecklenburg-Vorpommern mit 1,7 % sowie im Saarland und Sachsen-Anhalt mit jeweils 1,8 %. Deutschlandweit lag der entsprechende Wert bei 2,8 %.

Jeder achte Ingenieur im Südwesten über 55 Jahre alt

Die demografische Entwicklung der Bevölkerung spiegelt sich auch auf dem baden-württembergischen Arbeitsmarkt wider. Die zunehmende Zahl älterer Arbeitnehmer stellt die Unternehmen und Betriebe im Land vor neue Herausforderungen. 2010 waren rund 18 300 oder gut jeder achte (12 %) der insgesamt mehr als 152 000 sozialversicherungspflichtigen Ingenieurfachkräfte bereits 55 Jahre oder älter. Diese werden voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren wegen Erreichens der Altersgrenze in Ruhestand gehen und damit dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Vor 10 Jahren war lediglich jeder neunte Ingenieur 55 Jahre und älter (11 %). Gleichwohl verlief die demografische Entwicklung bei den Ingenieurfachkräften positiver als bei den gut 3,9 Mill. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt. Hier erhöhte sich der Anteil der über 55-Jährigen seit dem Jahr 2000 sogar um 4 Prozentpunkte von 10 auf nunmehr 14 %.

Wirtschaftsingenieure am jüngsten, Elektroingenieure am ältesten

In den einzelnen Berufsgruppen der Ingenieure zeigen sich dennoch deutliche Altersunterschiede. Die unter allen Ingenieurfachkräften mit 45 100 Beschäftigten am stärksten besetzten Gruppe der Wirtschaftsingenieure hatte mit großem Abstand die jüngste Belegschaft. Der Altersdurchschnitt lag hier mit knapp 39 Jahren um fast 3 Jahre unter dem Durchschnitt aller Ingenieurfachkräfte (42 Jahre). Knapp 40 % der Wirtschaftsingenieure hatten die Altersgrenze von 35 Jahren noch nicht erreicht, lediglich 7 % oder 3 200 Personen waren über 55 Jahre alt. Bei den 36 700 Maschinen- und Fahrzeugbauingenieuren, dem zweitgrößten Ingenieurfachbereich, entsprach die Altersgliederung annähernd der aller Ingenieurfachkräfte. Rund 28 % der Beschäftigten waren noch keine 35 Jahre alt, der Anteil der älteren Kollegen über 55 Jahre lag bei 12 % (4 500 Beschäftigte).

In den letzten 10 Jahren ging bei den Maschinen- und Fahrzeugbauingenieuren und vor allem aber bei den Wirtschaftsingenieuren der Anteil der älteren Beschäftigten in der Belegschaft deutlich zurück. Demgegenüber hat sich bei den Elektroingenieuren die Quote der über 55-Jährigen zwischen 2000 und 2010 auf 16 % fast verdoppelt, so dass 2010 insgesamt knapp 5 300 Elektroingenieure über 55 Jahre alt waren. Gleichzeitig gab es in diesem Berufszweig unter allen Ingenieurfachkräften die wenigsten jungen Kolleginnen und Kollegen unter 35 Jahren (17 %).

Zahl der Studierenden mit Ingenieurausbildung steigt

Die in den letzten Jahren steigende Zahl der Studierenden mit einer Ingenieurausbildung dürfte dazu beitragen, dass der von Politik, Wirtschaft und Verbänden erwartete demografische und strukturell bedingte Fachkräftemangel verringert werden kann. Studienfächer der Ingenieurwissenschaften und des Wirtschaftsingenieurwesens werden immer beliebter. So stieg die Zahl der in den Ingenieurwissenschaften immatrikulierten Männer und Frauen seit dem Wintersemester 2000/2001 um 65 %. Im Wirtschaftsingenieurwesen nahm sie sogar um 91 % zu.2 Die Gesamtzahl der Studierenden erhöhte sich dagegen im gleichen Zeitraum lediglich um 48 %. Insgesamt waren im Wintersemester 2010/11 an den Hochschulen in Baden-Württemberg knapp 290 000 Studenten eingeschrieben, darunter rund 57 300 im Bereich Ingenieurwissenschaften und 13 000 im Studienfach Wirtschaftsingenieurwesen. Besonders beliebt waren bei den Studierenden der Ingenieurwissenschaften die Fachrichtungen Maschinenbau/Verfahrenstechnik mit 28 00 Studierenden und die Elektrotechnik mit 11 000 Studierenden.

Ingenieurberufe bei Frauen immer beliebter

Auch bei den Frauen werden Ingenieurberufe immer beliebter. Unter den gut 152 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ingenieurfachkräften befanden sich knapp 18 300 Frauen. Das waren bundesweit – nach Nordrhein-Westfalen – die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in diesem Berufszweig. Seit 2000 ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Ingenieurberufen um rund 7 300 oder 66 % gestiegen. Damit war der prozentuale Zuwachs knapp sieben Mal so stark wie bei den Männern und mehr als elf Mal höher als der Anstieg bei der Gesamtbeschäftigung der Frauen. Bezogen auf die insgesamt knapp 1,8 Mill. sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen im Land arbeiteten allerdings lediglich 1 % in einem Ingenieurberuf. Bezogen auf die Gesamtzahl aller gut 152 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ingenieurfachkräfte im Land liegt der Frauenanteil aktuell bei 12 %, fast 4 Prozentpunkte höher als noch vor 10 Jahren.

Wirtschaftsingenieurinnen am häufigsten

Von den insgesamt knapp 18 300 angestellten Ingenieurinnen im Südwesten waren die Wirtschaftsingenieurinnen mit rund 5 300 am häufigsten vertreten, gefolgt von 4 800 Architektinnen oder Bauingenieurinnen. Zusammen war dies mehr als die Hälfte aller Ingenieurinnen im Land. Weitere 2 500 Frauen (14 %) waren als Maschinen- oder Fahrzeugbauingenieurin beschäftigt, knapp 1 900 Frauen (10 %) arbeiteten als Chemieingenieurin und 1 700 (9 %) als Elektroingenieurin. Die übrigen knapp 2 100 (15 %) sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ingenieurinnen arbeiteten vorwiegend in den Berufsbereichen Physik und Mathematik, Landschaftsbau und Forstwirtschaft sowie Vermessung. Vor allem im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen hat die Zahl der Frauen seit 2000 um mehr als 3 600 Personen oder einem Plus von 220 % besonders stark zugenommen. Auch in der Sparte Maschinen- und Fahrzeugbauingenieure hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen mehr als verdoppelt (133 %). Einzig bei den Elektroingenieurinnen gab es in den letzten 10 Jahren einen Rückgang um 13 %.

82 % der Ingenieurinnen arbeiten in Vollzeit

Ein Blick auf die von den Ingenieurinnen geleistete Arbeitszeit macht deutlich, dass Frauen in Ingenieurberufen überwiegend in Vollzeit arbeiten. Rund 82 % der Ingenieurinnen übten zum Jahresende 2010 eine Vollzeittätigkeit aus. Deutlich häufiger als alle angestellten Frauen, wo der Wert bei 65 % lag. Entsprechend niedrig war die Quote der in Teilzeit arbeitenden Ingenieurinnen. Mit 18 % lag die Teilzeitquote hier nur knapp halb so hoch wie bei allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen (35 %).

Landkreis Böblingen hat die meisten Ingenieurfachkräfte

Trotz der insgesamt sehr guten Beschäftigungsmöglichkeiten für Ingenieurfachkräfte in Baden-Württemberg zeigen sich doch deutliche regionale Unterschiede. Von den insgesamt 44 Stadt- und Landkreisen des Landes hatte Ende 2010 der Landkreis Böblingen bezogen auf die dort insgesamt Beschäftigten mit 8,2 % den höchsten Anteil an Beschäftigten in Ingenieurberufen. An zweiter und dritter Stelle folgten der Bodenseekreis und der Stadtkreis Stuttgart (7,5 bzw. 7,1 %). Alle drei Kreise zeichnen sich durch eine sehr hohe Bedeutung forschungsintensiver Wirtschaftsbereiche aus. Gemessen an der jeweiligen Gesamtbeschäftigung im Kreis arbeiteten im Landkreis Calw, im Stadtkreis Baden-Baden und im Landkreis Waldshut am wenigsten Ingenieure, wo die Anteile lediglich 1,3 bzw. 1,5 % betrugen.

1 Vgl. Statistik Aktuell: Innovationsindex 2010, Ausgabe 2011, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg.

2 Datenquelle: Hochschulstatistik.