:: 2/2012

Ergebnisse der Ergänzungserhebung 2011 im Bauhauptgewerbe

Alle Jahre wieder werden im Juni alle Betriebe des Bauhauptgewerbes in Deutschland von den Statistischen Landesämtern zu ihrer wirtschaftlichen Situation befragt. Die daraus gewonnenen Zahlen zeigen ein detailliertes Bild einer Branche, in der in Baden-Württemberg im Juni 2011 über 87 000 Personen tätig waren und insgesamt über eine Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet wurden. Mit den Ergebnissen der Ergänzungserhebung sind aber auch regional tiefere Einblicke möglich. So kommt zum Beispiel zu Tage, dass – gemessen an der Bevölkerung – im Kreis Waldshut die meisten bauhauptgewerblichen Betriebe sitzen, im Landkreis Ortenau die meisten Personen im Bauhauptgewerbe tätig sind oder auch, dass im Kreis Tübingen die bauhauptgewerblichen Betriebe die höchste Ausbildungsquote haben. Dabei werden zum Teil große Unterschiede in der Branchenstruktur zwischen den Stadt- und Landkreisen offensichtlich.

Die Ergänzungserhebung im Bauhauptgewerbe ist die einzige Vollerhebung der Statistiken im Baugewerbe. Daher eignet sie sich gut für detaillierte, strukturelle Untersuchungen und wissenschaftliche Analysen. In diesem Beitrag soll nun ein kleiner, ausgewählter Ausschnitt aus dem umfangreichen Material der Ergänzungserhebung 2011 dargestellt werden.

Das Bauhauptgewerbe im Land ...

Die Totalzählung der Ergänzungserhebung hat ergeben, dass 6 983 Betriebe und Bau-Arbeitsgemeinschaften (ARGE), die dem Bauhauptgewerbe zugeordnet werden, im Juni 2011 in Baden-Württemberg ihren Sitz hatten. Dabei beschäftigten sie insgesamt 87 452 Personen. Die eine Hälfte dieser Personen wurde der Gruppe der Facharbeiter (Poliere 10,6 %, Maurer 32,9 % und Baumaschinenführer 6,6 %) zugeordnet. Die andere Hälfte untergliedert sich in die tätigen Inhaber samt mithelfenden Familienangehörigen (6,0 %), kaufmännischen und technischen Angestellten (19,5 %), den Fachwerkern und Maschinisten (18,4 %), gewerblich Auszubildenden (5,4 %) sowie Personen, die in anderen Bereichen, zum Beispiel im Baustoffhandel (0,6 %), tätig sind.

Im Juni 2011 wurde ein baugewerblicher Umsatz von fast 1 Mrd. Euro in Baden-Württemberg erwirtschaftet. Etwa zwei Drittel davon entfielen auf den Hochbau und ein Drittel auf den Tiefbau. Im Hochbau war der Wohnungsbau mit einem Anteil von über 37 % am gesamten baugewerblichen Umsatz dominierend. Etwas untergeordnete Rollen bezüglich des Umsatzes haben Hochbauaufträge aus der Industrie und der öffentlichen Hand. Im Tiefbau sind die einzelnen Sparten eher gleichgewichtig. Rund 13 % des baugewerblichen Umsatzes werden im Straßenbau erwirtschaftet, 10,5 % im gewerblichen Tiefbau und 8,8 % im sonstigen öffentlichen Tiefbau.1 Ähnlich wie mit dem Umsatz verhält es sich mit den geleisteten Arbeitsstunden. Auffällig sind hier lediglich die unterschiedlichen Anteile beim Wohnungsbau und beim gewerblichen Hochbau, was die geleisteten Arbeitsstunden und den erwirtschafteten Umsatz anlangt. Obwohl 45,6 % aller Arbeitsstunden im Wohnungsbau geleistet wurden, wurden dort nur 37,4 % des Umsatzes erwirtschaftet. Umgekehrt verhält es sich im gewerblichen Hochbau, wo relativ betrachtet mit weniger Arbeitsstunden mehr Umsatz gemacht wurde. Auch wenn hier nur der Monat Juni im Jahr 2011 dargestellt wird, lässt sich grundsätzlich folgendes schlussfolgern: Die Diskrepanz kann zum einen ein Indiz dafür sein, dass sich der Wohnungsbau als ein relativ arbeitsintensiver Bereich darstellt, während der gewerbliche Hochbau, mit seinen oftmals eher »einfachen« Werks- und Fabrikhallen, weniger arbeitsintensiv ist. Zum anderen kann dies auch Ausdruck stärkerer Konkurrenz im Wohnbau sein.

... und in den Stadt- und Landkreisen

Der Blick mit der »regionalen Lupe« lohnt auch in eine Branche, die gesamtwirtschaftlich betrachtet ihren Zenit schon längst überschritten2 hat – oder aber gerade deswegen. Doch ist dies im Bauhauptgewerbe, in dem es keine festen Produktionsstätten gibt, nur mit gewissen regionalen Unschärfen verbunden. 3 So bilden die Kreis- oder Gemeindegrenzen keine »Barriere«, welche die Betriebe davon abhält, Aufträge aus anderen Kreisen anzunehmen und dort auch auszuführen. Aus erhebungsorganisatorischen Gründen beziehen sich jedoch alle Zahlen auf den Kreis, in dem der befragte Betrieb seinen Sitz hat, unabhängig davon, ob und wie viel in anderen Kreisen gearbeitet wurde. Trotz dieser Einschränkung soll hier ein kurzer Abriss der bauhauptgewerblichen Situation auf Kreisebene erfolgen.

Die höchste Anzahl an bauhauptgewerblichen Betrieben ist im Rhein-Neckar-Kreis zu finden. Dort haben 323 Betriebe ihren Sitz. Gemessen an der Bevölkerung4 liegt hingegen ein anderer Kreis an der Spitze. Im Landkreis Waldshut kommt auf ca. 930 Einwohner ein bauhauptgewerblicher Betrieb. Das gegenüberliegende Extrem ist im Stadtkreis Heidelberg zu finden. Dort kommt nur auf knapp 3 700 Einwohner ein Betrieb des Bauhauptgewerbes.

Die höchsten Durchschnittsentgelte im Bauhauptgewerbe werden in der Landeshauptstadt Stuttgart bezahlt. Jeder Mitarbeiter erhält dort durchschnittlich rund 2 900 Euro brutto im Monat. Circa 800 Euro weniger und damit die niedrigsten Durchschnittsentgelte werden im Landkreis Konstanz gezahlt. Hierbei ist ein allgemeines Stadt- Landkreisgefälle zu beobachten. Neben Stuttgart befinden sich auch die Stadtkreise Baden-Baden, Heidelberg, Mannheim und Pforzheim unter den Kreisen mit den höchsten Durchschnittsentgelten. Die Ausnahme von der Regel ist der Stadtkreis Karlruhe. Der befindet sich in diesem Ranking mit einem Durchschnittsentgelt von etwa 2 150 Euro brutto am unteren Ende, zusammen mit dem erwähnten Landkreis Konstanz und den Landkreisen Tübingen und Freudenstadt.

In Zeiten, in denen sich auch aus demografischen Gründen ein Fachkräftemangel anbahnt, lohnt zudem ein Blick auf die Ausbildungstätigkeit in der Branche. Ein Indikator dafür ist das Verhältnis der Auszubildenden zu der gesamten Zahl der tätigen Personen, als Maß dafür, wie sehr sich die Betriebe selbst um ihre zukünftige Facharbeiter kümmern. Die höchste Ausbildungsquote haben die Betriebe im Landkreis Tübingen. Von 100 tätigen Personen befinden sich dort neun in einer gewerblichen Ausbildung. Im Stadtkreis Karlsruhe beträgt die Ausbildungsquote hingegen nur 1,5 % und liegt damit deutlich niedriger als beim Spitzenreiter. Auch bei der Ausbildungsquote herrscht ein erkennbarer Unterschied zwischen den Stadt- und Landkreisen. Relativ wenig Auszubildende weisen die Betriebe in den Stadtkreisen Heilbronn, Mannheim und Stuttgart auf. Im Durchschnitt haben dort die Betriebe weniger als 4 % Auszubildende.

Ein weiterer struktureller Gesichtspunkt ist der Anteil der »kleinen« Betriebe. Auch hier ist ein deutliches Gefälle zwischen den Stadt- und Landkreisen zu erkennen. So beträgt der Anteil der Betriebe mit weniger als zehn tätigen Personen im Stadtkreis Baden-Baden lediglich knapp 29 %. Es folgen die Stadtkreise Ulm, Pforzheim, Karlsruhe und Heidelberg mit einer Quote um 50 %. Auch die Stadtkreise Stuttgart und Mannheim befinden sich mit einer Quote von gut 57 % im oberen Quantil. Den höchsten Anteil »kleiner« Betriebe hat der Landkreis Tübingen, in dem fast 75 % der Betriebe weniger als zehn tätige Personen beschäftigen. Auch in den Landkreisen Freudenstadt und Schwäbisch Hall haben annähernd drei Viertel der Betriebe weniger als zehn tätige Personen.

Fazit

Das Bauhauptgewerbe zeigt sich 2011 als relativ inhomogene Branche, in der zum Teil große Unterschiede zwischen den Stadt- und Landkreisen existieren. So gibt es in den Stadtkreisen mehr große Betriebe, es werden dort im Schnitt höhere Entgelte gezahlt, und es wird weniger ausgebildet. Die Ursachen für die Diskrepanzen zwischen den Stadt- und Landkreisen können durch ein allgemein höheres Preisniveau in Städten erklärt werden. Auch gelten Städte bei jungen Menschen als attraktiv, so dass sich die Betriebe ihre Fachkräfte durch den Zuzug aus den Landkreisen sichern können. Dass es in den Stadtkreisen im Schnitt größere Betriebe gibt, kann mit einer höheren Nachfrage in Ballungsräumen erklärt werden. In Gebieten, in denen viele Menschen leben, vermehrt Firmen angesiedelt sind und eine dichte Infrastruktur existiert, wird vermutlich mehr Bauleistung nachgefragt. Und so besteht für Betriebe dort ein größeres Wachstumspotenzial.

In diesem Beitrag wurde nur ein kleiner Ausschnitt des Bauhauptgewerbes beleuchtet. Nicht eingegangen wurde zum Beispiel auf die einzelnen Tätigkeitsfelder des Bauhauptgewerbes. Dazu und zu anderen Themenfeldern liefert der Statistische Bericht der Ergänzungserhebung5 eine detaillierte Datensammlung über die gesamte regionale und sektorale Struktur des Bauhauptgewerbes in Baden-Württemberg. Hieraus lassen sich weitere interessante Erkenntnisse gewinnen.