:: 2/2012

Leichter Rückgang des Gesamtabfallaufkommens in Baden-Württemberg

Die abfallwirtschaftliche Agenda steht heute im Zeichen eines effizienten und nachhaltigen Ressourcenmanagements. Daneben wird der Vermeidung von Abfällen eine große Bedeutung zugeschrieben, für deren Messung die Entwicklung des Gesamtabfallaufkommens herangezogen werden kann. Betrachtet man das baden-württembergische Abfallaufkommen für das Jahr 2010 insgesamt, so kann dessen Rückgang als Erfolg gewertet werden. Dabei lassen sich jedoch bei einzelnen Abfallkategorien unterschiedliche, auch gegenläufige, Entwicklungstendenzen beobachten.

Gesamtabfallaufkommen im Land sinkt um 3,6 %

Im Jahr 2010 sind in Baden-Württemberg rund 37,6 Mill. Tonnen (t) Abfälle zur Entsorgung angefallen. Das waren rund 1,4 Mill. t weniger als 2009. Seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes im Jahr 1996 nahm die Menge von gut 45,9 Mill. t um rund 18 % ab. Die Abnahme erfolgte in keiner Weise stetig, vielmehr sind beachtliche Schwankungen zwischen den Jahren festzustellen. Der höchste Wert wurde im Jahr 1999 (rund 53,7 Mill. t), der niedrigste 2004 (gut 35,3 Mill. t) erreicht. Ab 2004 erfuhr das Aufkommen mit nur einer Ausnahme im Jahr 2007 eine stetige Zunahme. Diese Entwicklung wurde 2009, dem Jahr der Wirtschafts- und Finanzkrise, durch eine erneute Abnahme gestoppt. Der rückläufige Trend hat sich 2010 fortgesetzt. Ob diese Entwicklung anhalten wird, bleibt abzuwarten.

Entkoppelung des Abfallaufkommens von der wirtschaftlichen Entwicklung

Um den Erfolg bisheriger Maßnahmen zur Abfallvermeidung messen zu können, muss das Abfallaufkommen in Relation zu anderen Variablen gesetzt werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Entkoppelung des Abfallaufkommens vom Wirtschaftswachstum. Als ein Indikator hierfür wird die Abfallintensität herangezogen (Abfallaufkommen dividiert durch das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP)). In Baden-Württemberg nahm die Abfallintensität gegenüber dem Vorjahr um 9 %, gegenüber 1996 sogar um beachtliche 33 % ab und liegt aktuell bei 104 kg je 1 000 Euro BIP. Demnach ist in Baden-Württemberg eine gewisse Entkoppelung des Abfallaufkommens von der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht und die Erbringung der Wirtschaftsleistung ein Stück weit ressourcenschonender geworden.

Der Anteil des Landes am bundesweiten Gesamtabfallaufkommen lag 2009 bei knapp 11 %. Im Vergleich hierzu waren der baden-württembergische Anteil am gesamten BIP Deutschlands sowie der Anteil der Einwohnerzahl des Landes mit über 14 bzw. 13 % deutlich höher. Der Hauptgrund für den vergleichsweise geringen Anteil des Abfallaufkommens liegt in der landesspezifischen Struktur des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe), das unter anderem aufgrund der im Land schwach vertretenen Grundstoffindustrien weniger abfallintensiv ist. Insgesamt entfielen im Jahr 2009 knapp 4 % der bundesweiten Produktionsabfälle auf Baden-Württemberg.

Ebenfalls vergleichsweise niedrig lag der Landesanteil bei den gefährlichen Abfällen (rund 7 %), die zu knapp 60 % in Produktions- und Entsorgungsanlagen entstanden. Zudem fielen bergbauliche Abfälle in Baden-Württemberg kaum an (rund 44 000 t), während diese bundesweit mit rund 27,5 Mill. t einen weitaus höheren Teil des Gesamtaufkommens ausmachten. Dahingegen lag der Anteil Baden-Württembergs bei den Siedlungsabfällen (über 12 %) sowie bei den Bau- und Abbruchabfällen (knapp 16 %) näher am bzw. über dem Landesanteil am bundesweiten BIP sowie der Einwohnerzahl.

Leichte Abnahme der Bau- und Abbruchabfälle

Das Gesamtabfallaufkommen im Land wird mit einem Anteil von knapp 75 % (rund 28 Mill. t) von den Bau- und Abbruchabfällen dominiert. Gegenüber dem Vorjahr war eine Abnahme um rund 5 % (– 1,6 Mill. t) zu registrieren. Dies hängt nicht zuletzt mit der in diesem Zeitraum schleppend verlaufenen Baukonjunktur zusammen. Die preisbereinigte Bruttowertschöpfung (BWS) des Baugewerbes hat zwar gegenüber dem Vorjahr wieder etwas zugenommen (+ 0,4 %), liegt aber noch immer unter dem Wert von 2008.

Aufgrund des hohen Anteils der Bau- und Abbruchabfälle am Gesamtabfallaufkommen erscheint es sinnvoll, die Abfallintensität der baugewerblichen Produktion (Quote aus Bau- und Abbruchabfällen und BWS des Baugewerbes) gesondert auszuweisen. Seit 1996 nahm diese um rund 19 %, gegenüber dem Vorjahr um knapp 6 % ab. Zwar fiel die Abnahme der Abfallintensität im Baugewerbe in den zurückliegenden Jahren weniger stark aus als die der gesamten Wirtschaft (Quote aus Gesamtabfallaufkommen und BIP), dennoch ist eine deutlich rückläufige Tendenz und damit eine Schonung natürlicher Ressourcen festzustellen. Die Abnahme der Abfallintensität im Baugewerbe ist in den letzten Jahren keinesfalls stetig verlaufen. Nachdem sie bis zum Jahr 2004 ihren tiefsten Wert erreicht hatte, stieg sie bis 2008 wieder an und ist seither erneut leicht rückläufig.

Die Bau- und Abbruchabfälle setzen sich aus Bodenaushub, Bauschutt, Straßenaufbruch sowie aus anderen Bau- und Abbruchabfällen zusammen. Mit knapp 18,3 Mill. t nimmt der Bodenaushub, das heißt nicht verunreinigter Boden und Steine, den größten Teil ein. Gegenüber dem Vorjahr nahm seine Menge bei weitgehend gleichbleibender Verwertungsquote (knapp 81 %) um rund 4 % ab. Die mit Abstand größte Teilmenge des Bodenaushubs wurde zur Verfüllung übertägiger Abbaustätten genutzt. Ein weitaus geringerer Teil (rund 5 %) fand im Deponiebau oder für die Rekultivierung von Deponien Verwendung. Etwas mehr als 4 % wurden in Bauschuttrecycling- und Asphaltmischanlagen aufbereitet und als Recyclingmaterial wieder in die Bauwirtschaft eingebracht. Die restlichen gut 19 % gelangten zur Beseitigung überwiegend auf Bodenaushub- (DK 0) und Bauschuttdeponien (DK I).

Die anderen Bau- und Abbruchabfälle, die fast ausschließlich aus Bauschutt und Straßenaufbruch bestehen, nahmen 2010 um knapp 8 % auf aktuell rund 9,8 Mill. t ab. Die Verwertungsquote stieg gegenüber dem Vorjahr um rund 2 Prozentpunkte auf 95 % an. Hauptsächlich wurden die anderen Bau- und Abbruchabfälle in Bauschuttrecycling- und Asphaltmischanlagen eingesetzt (fast 77 %), mit dem Ziel, diese Materialien dem Stoffkreislauf wieder zuzuführen und damit Ressourceneffizienz zu steigern sowie Deponieraum zu schonen.

Neben den Bau- und Abbruchabfällen wurde 2010 eine vergleichsweise geringe Menge (rund 91 400 t) weiterer Abfälle in Bauschuttrecyclinganlagen aufbereitet. Die insgesamt daraus gewonnenen Erzeugnisse konnten etwa zur Hälfte (4,3 Mill. t) für die Verwendung im Straßen- und Wegebau genutzt werden. Rund 31 % (2,4 Mill. t) wurden für die Verwendung im Erdbau herangezogen, zum Beispiel für Verfüllungs- oder Lärmschutzmaßnahmen. Weitere rund 721 Tsd. t der nach Aufbereitung entstandenen Erzeugnisse wurden in Asphaltmischanlagen eingesetzt. Für die mengenmäßige Einordnung ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit den im Land entnommenen Baumaterialien hilfreich. Bezogen auf das Jahr 2009 belief sich diese auf gut 77 Mill. t, also rund das zehnfache der über Recyclinganlagen für die Wiederverwendung aufbereiteten Bau- und Abbruchabfälle.

Stagnation bei den Siedlungsabfällen

2010 fielen in Baden-Württemberg rund 5,9 Mill. t Siedlungsabfälle zur Entsorgung an. Die in den zurückliegenden Jahren eher stagnierende Menge macht knapp 16 % des Gesamtabfallaufkommens aus. Zu den Siedlungsabfällen zählen sowohl Abfälle aus privaten Haushalten1 (rund 4,7 Mill. t), als auch die überwiegend im gewerblichen Bereich anfallenden anderen Siedlungsabfälle (rund 1,2 Mill. t). Die leichte Abnahme der Haushaltsabfälle 2010 wurde durch eine entsprechende Zunahme der gewerblichen Siedlungsabfälle kompensiert.

Das seit 1996 weitestgehend gleichbleibende Aufkommen an Siedlungsabfällen legt den Schluss nahe, die Bemühungen zur Abfallvermeidung seien bislang kaum wirksam gewesen. Der Vergleich mit den privaten Konsumausgaben (preisbereinigt, verkettet) relativiert jedoch dieses Ergebnis. Von 1996 bis einschließlich 2009 haben die privaten Konsumausgaben um rund 14 % zugenommen. Für die Abfallintensität des privaten Konsums, berechnet als Quotient aus den privaten Haushaltsabfällen und privaten Konsumausgaben, ergibt sich für den gleichen Zeitraum eine Abnahme um knapp 3 %. Dies macht deutlich, dass es in den zurückliegenden Jahren zumindest ansatzweise zu einer Abkoppelung des Aufkommens an Siedlungsabfällen von den privaten Konsumausgaben kam.

Seit 1996 hat sich die Verwertungsquote der Siedlungsabfälle im beachtlichen Umfang verändert. Waren es Mitte der 90er-Jahre noch 60 % der Abfälle, die einer Verwertung zugeführt wurden, stieg diese Quote auf 70 % an. Davon konnten 2010 über 3,8 Mill. t (91 %) in der ersten Behandlungsstufe2 einer stofflichen, die restlichen rund 371 000 t einer energetischen Verwertung zugeführt werden. Abfälle, die keinem Verwertungsverfahren unterzogen werden konnten (rund 30 %), wurden vorwiegend in Abfallverbrennungsanlagen unter energetischer Nutzung der entstehenden Abwärme behandelt. 1996 wurden noch beträchtliche 1,8 Mill. t Abfälle auf Deponien abgelagert, davon knapp 73 % Restmüll aus privaten Haushalten. Die Menge konnte bis 2010 auf eine kleine Restmenge (gut 600 t) meist mineralischer Abfälle verringert werden.

Zunahme der Produktions- und Gewerbeabfälle

Der Anteil der Produktions- und Gewerbeabfälle am Gesamtabfallaufkommen liegt bei rund 5 % (über 1,9 Mill. t). Während das Gesamtabfallaufkommen reduziert wurde, hat ihre Menge gegenüber dem Jahr 2009 konjunkturbedingt um rund 26 % (+ 397 Tsd. t) zugenommen. In erster Linie resultiert die Zunahme aus dem erhöhten Aufkommen produktionsbedingter Holzabfälle.

Bei den hier ausgewiesenen Mengen an Produktions- und Gewerbeabfällen handelt es sich um diejenigen Mengen, die zur Entsorgung an Abfallbehandlungsanlagen und Einrichtungen mit Standorten innerhalb Baden-Württembergs angeliefert werden. Über die zur Entsorgung exportierten Produktions- und Gewerbeabfälle sowie direkt an Verwerter abgegebene Mengen liegen keine Informationen vor. Deshalb wird an dieser Stelle auf eine Ermittlung der Abfallintensität allein bezogen auf die Produktions- und Gewerbeabfälle verzichtet.

Rückgang der gefährlichen Abfälle

Ein besonderes Augenmerk wird auf die gefährlichen Abfälle gerichtet, deren Anteil am Gesamtabfallaufkommen knapp 4 % (rund 1,5 Mill. t) beträgt. Ihre Entsorgung ist von außerordentlicher Bedeutung für den Schutz des Menschen, der Umwelt und der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen. Sie erfolgt gemäß der Nachweisverordnung über Begleitscheine und Entsorgungsnachweise. Die gefährlichen Abfälle setzen sich aus den verunreinigten Böden und Bauschutt (gut 616 Tsd. t) sowie aus einer großen Anzahl sehr verschiedenartiger organischer und anorganischer Abfälle aus Produktionsprozessen und Abfallentsorgungsanlagen (etwa 881 Tsd. t) zusammen. Gegenüber dem Vorjahr nahm ihre Menge um knapp 10 % (rund 158 Tsd. t) ab. Die Abnahme ist vor allem auf den Rückgang der gefährlichen Abfälle aus Produktion und Entsorgung um rund 11 % (104 Tsd. t) zurückzuführen.

Bei der volkswirtschaftlichen Sonderabfallintensität, berechnet als Quotient aus der Menge der Sonderabfälle (ohne verunreinigte Böden und Bauschutt) und dem BIP, zeichnet sich in den vergangenen Jahren ein rückläufiger Trend ab. Zunächst stieg die Sonderabfallintensität stark an und erreichte ihren höchsten Wert im Jahr 2005. Seither nimmt sie kontinuierlich ab, gegenüber dem Vorjahr sogar um bemerkenswerte 15 %. Folglich wurde die Entwicklung des Aufkommens gefährlicher Abfälle aus Produktions- und Entsorgungsaktivitäten in den zurückliegenden Jahren von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt.

Zusammenfassung

Der Rückgang des Gesamtabfallaufkommens im Jahr 2010 ist vor allem auf die im gleichen Zeitraum konjunkturell bedingte Abnahme der Bau- und Abbruchabfälle zurückzuführen. Auch die gefährlichen Abfälle sind stark zurückgegangen, haben aber wegen ihres geringen Anteils einen vergleichsweise geringen Einfluss auf die Entwicklung des Gesamtaufkommens. Während das Aufkommen der Siedlungsabfälle stagnierte, nahmen die Produktions- und Gewerbeabfälle zu. Die hier dargestellten Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer Untersuchung der einzelnen Abfallkategorien.

Neben der rein mengenmäßigen Betrachtung der einzelnen Abfallkategorien ist es für die Beurteilung des Erfolgs von Vermeidungsanstrengungen wichtig, das Abfallaufkommen in Relation zu anderen Variablen zu setzen. Durch den Bezug auf das BIP wird eine Entkoppelung des Gesamtabfallaufkommens sowie des Aufkommens gefährlicher Abfälle von der Entwicklung der Wirtschaftsleistung erkennbar. Und trotz stagnierender Siedlungsabfallmenge ist bei gestiegenen privaten Konsumausgaben eine Entkoppelung dieser beiden Variablen zu erkennen. Auch im Baugewerbe ist eine deutliche Abnahme der Abfallintensität festzustellen. Diese Ergebnisse zeigen zumindest Teilerfolge bei den Bemühungen um eine Abfallvermeidung im Land.

1 Die Unterscheidung nach der Art der Entsorgung erfolgt anhand der Zuordnung der Abfälle auf der ersten Entsorgungs-/ Behandlungsstufe, das heißt entsprechend der Klassifikation der Abfallbehandlungsanlagen.

2 Einschließlich Elektro- und Elektronikaltgeräte.