:: 3/2012

Förderung der Kleinkinderbetreuung im kommunalen Finanzausgleich Baden-Württemberg 2012 weiter ausgebaut

Die Einrichtungen zur vorschulischen Betreuung der Kinder stehen als zunehmend wichtigere Institution im Bildungsgefüge immer stärker im Blickpunkt der Fachleute, der Politik und weiter Kreise der Bevölkerung. Derzeit vollzieht sich ein Wandel von Kinderkrippe und Kindergarten als Betreuungseinrichtung hin zur Bildungseinrichtung. Dies zeigt sich auch an dem für Kindergärten in Baden-Württemberg verbindlichen Orientierungsplan1. Zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Pflichtaufgaben benötigen die Gemeinden dauerhaft die entsprechenden finanziellen Mittel. Zum 1. Januar 2009 wurden in den §§ 29b und 29c des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich (FAG)2 Regelungen zu den Zuweisungen für diesen Zweck an die Gemeinden und Landkreise aufgenommen. Nach den Ergebnissen der jüngsten Jugendhilfestatistik bedarf es weiterer Impulse, um die vom Kinderförderungsgesetz vorgegeben Ziele hinsichtlich der Zahl der so betreuten Kinder zu erreichen. Der Landtag von Baden-Württemberg hat deshalb im Oktober 2011 beschlossen, den Kommunen für 2012 zusätzliche 315 Mill. Euro und im nächsten Jahr 325 Mill. Euro für die Förderung der Kleinkindförderung zur Verfügung zu stellen. Für die Zeit ab 2014 hat die Landesregierung den Kommunalverbänden zugesagt, rund zwei Drittel der Betriebsausgaben der Einrichtungen zur Kleinkindbetreuung zu übernehmen.

Kleinkindbetreuung gewinnt immer mehr an Gewicht

Der Ausbau der Kleinkindbetreuung spielt für unsere Städte und Gemeinden eine zunehmend wichtige Rolle. Über viele Jahre war die Kinderbetreuung in den Gemeindeverwaltungen als freiwillige Aufgabe angesehen worden. Seit 1996 gab es in Deutschland einen Rechtsanspruch nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) auf einen Kindergartenplatz für Kinder vom vollendeten 3. Lebensjahr bis zur Einschulung.3 Damit war den Gemeinden diese Aufgabe als Pflichtaufgabe übertragen. Inzwischen hat sich weithin die Erkenntnis durchgesetzt, dass Nachteile für die Kinder der bildungsferneren Schichten bereits in der Grundschule besser vermieden werden können, wenn die außerfamiliäre professionelle Betreuung von Kleinkindern noch vor dem klassischen Kindergartenalter von 3 bis 6 Jahren einsetzt. Sowohl dieses Ziel wie auch die erwünschte Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern sind nur mit einem deutlich höheren Angebot an Betreuungsplätzen zu realisieren. Dies stellt viele Städte und Gemeinden vor allem hinsichtlich der finanziellen Dimensionen vor große Herausforderungen.

Das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Kinderförderungsgesetz (KiföG)4 sieht in Artikel 1 (Änderung von § 24 SGB VIII) vor, dass ab 2013

  • Kinder von 1 bis unter 3 Jahren einen Anspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege haben.
  • Kinder bereits im 1. Lebensjahr einen Anspruch auf einen Platz in einer Einrichtung oder in Tagespflege haben, wenn dies für ihre Entwicklung geboten ist.
  • Ab 2009 bis 2013 haben die Eltern von 1- bis 3-jährigen Kinder bereits einen Bertreuungsanspruch, wenn dies für die Entwicklung des Kindes geboten ist.

Der Bund, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände haben sich aufgrund dieser Regelung bereits 2007 darauf verständigt, bis zum Jahr 2013 schrittweise für durchschnittlich 34 % der Kinder unter 3 Jahren ein Betreuungsangebot in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege aufzubauen. Zwei Drittel der neuen Plätze sollen in Einrichtungen und ein Drittel in der Kindertagespflege bei Tageseltern entstehen. Vor Ort geht es in den Gemeinden aber weniger um das Erreichen dieser Durchschnittswerte; vielmehr geht es darum, Betreuungsmöglichkeiten flexibel, zeit- und ortsnah entsprechend dem tatsächlichen Bedarf anzubieten. Dies kann im Einzelfall bedeuten, dass weit mehr Betreuungsplätze als für die geforderten 34 % der Kinder bereit zu stellen sind.

Die Finanzierung der Betreuungseinrichtungen

Die Förderung der Betriebskosten der Kindertageseinrichtungen orientierte sich bis 2003 an der Zahl und der Größe der eingerichteten Gruppen. Seit 2004 erhalten die Gemeinden zur Bereitstellung und zum Unterhalt der Kinderbetreuung pauschale Zuweisungen in der Größenordnung von jährlich 394 Mill. Euro. Diese Mittel wurden nach einem Verteilungsschlüssel auf die Gemeinden verteilt, der anfangs zu 90 % die Kindergartenzuweisungen für das Jahr 2002 und zu 10 % die Zahl der Kinder unter 7 Jahren berücksichtigte. Der Faktor »Kinderzahl« stieg 2006 auf 20 % und 2008 auf 30 % an.

Zur Umsetzung der Regelungen im Kinderförderungsgesetz wurde zum 1. Januar 2009 die finanzielle Beteiligung des Landes bzw. die Verteilung der Zuschüsse des Bundes in neuen Regelungen im Finanzausgleichgesetz des Landes festgelegt. Danach erfolgen die Zuschüsse nicht mehr pauschal nach der Zahl der insgesamt vorhandenen und für eine Betreuung infrage kommenden Kinder, sondern nach der Anzahl der tatsächlich auf dem Gebiet der Gemeinde betreuten Kinder. Finanziell wirksam ist die Dauer der täglichen Betreuung. Die Gewichtungsfaktoren (siehe unten) wurden auf der Grundlage der Betriebskosten ermittelt. Entscheidend für die Höhe der Förderung ist aber vor allem das Alter der Kinder. Hier kommen die unterschiedlichen Finanzmassen zum Tragen, die zum einen nach § 29 b FAG (Kinder in Einrichtungen von 3 Jahren bis unter 7 Jahren) und zum anderen nach § 29 c (Kinder in Einrichtungen und in Tagespflege bis unter 3 Jahre) bereitgestellt und verteilt werden.

Empfänger der Zuweisungen sind die Gemeinden

Um für die Gemeinden finanzielle Brüche gegenüber der bisherigen Förderung abzufedern, wurden im Rahmen einer Übergangsregelung bis zum Jahr 2013 auch noch die Kindergartenzuschüsse des Landes für das Jahr 2002 berücksichtigt, allerdings mit fallenden Anteilen.

Die Höhe der Betriebskostenzuschüsse des Landes für die Einrichtungsplätze der Kinder zwischen 3 und unter 7 Jahren ist in § 29 b FAG geregelt, für die Plätze der Kinder unter 3 Jahren in Einrichtungen und in Kindertagespflege, in § 29 c FAG. Die Bundes- und Landesmittel werden den Gemeinden (für die Einrichtungen) und den Stadt- und Landkreisen (für die Tagespflege) zugewiesen, in denen die Kinder betreut werden. Die Gewichtungsfaktoren der Kinder in Einrichtungen und in Tagespflege nach dem Alter und dem Betreuungsumfang sind aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich.

Förderung der Kinder von 3 bis unter 7 Jahren in Einrichtungen (§ 29 b FAG):

Tägliche BetreuungszeitGewichtungsfaktor
Bis zu 5 Stunden0,4
Mehr als 5 bis unter 7 Stunden0,6
Mehr als 7 Stunden1,0

Förderung der Kinder von 0 bis unter 3 Jahren in Einrichtungen und in Tagespflege (§ 29 c FAG):

Tägliche BetreuungszeitGewichtungsfaktor EinrichtungenGewichtungsfaktor Tagespflege
Bis zu 5 Stunden0,50,3
Mehr als 5 bis unter 7 Stunden0,70,5
Mehr als 7 Stunden1,00,7

2012 beträgt das Fördervolumen nach den §§ 29 b und 29 c FAG in der Summe rund 690 Mill. Euro. Davon sind 65 Mill. Euro eine Beteiligung des Bundes. Der Bundesanteil steigt weiter an und wird ab 2014 jährlich gleichbleibend 99 Mill. Euro betragen.

Nach den Ergebnissen der Jugendhilfestatistik reichen diese Mittel aber noch nicht aus, um die vom Kinderförderungsgesetz vorgegeben Ziele hinsichtlich der Zahl der zu betreuenden Kinder unter 3 Jahren zu erreichen. Zur Finanzierung der noch fehlenden Betreuungsplätze (Schaubild 1) hat der Landtag von Baden-Württemberg am 26. Oktober 2011 die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von bislang 3,5 % auf jetzt 5 % beschlossen. Die neue gesetzliche Regelung trat am 5. November 2011 in Kraft. Von der Erhöhung erwartet die Landesregierung jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 355 Mill. Euro in diesem Jahr und bis zu 375 Mill. Euro im Jahr 2015. Von diesem Betrag werden 2012 zusätzliche 315 Mill. Euro und im nächsten Jahr 325 Mill. Euro den Kommunen für die Förderung der Kleinkindförderung zur Verfügung stehen. In der Summe mit der bisherigen Förderung nach § 29 c FAG sind das 2012 rund 1 Mrd. Euro. Aber auch dies ist nur eine Übergangsregelung. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat sich am 10. Oktober des vergangenen Jahres mit dem Gemeindetag, dem Städtetag sowie dem Landkreistag darauf verständigt, die Betriebsausgaben der Einrichtungen zur Kleinkindbetreuung in der Weise neu aufzuteilen, dass ab 2014 das Land 68 % der Betriebsausgaben übernimmt. Die Kommunen und die Eltern haben sich demnach ab dem Jahr 2014 mit einem Kostenbeitrag von 32 % an den Betriebskosten zu beteiligen. In der Übersicht ist die Berechnung für eine Beispielgemeinde ersichtlich. Die Verteilung der Mittel im Jahr 2012 nach Regionen, Stadt- und Landkreisen ergibt sich aus der Tabelle.

Kindertagespflege durch Tageseltern

Zur Erfüllung der Rechtsansprüche von Eltern der unter 3-jährigen Kinder auf einen Betreuungsplatz ist in Baden-Württemberg der Ausbau der Kindertagespflege, also der Betreuung durch Tageseltern, erwünscht. Für die Organisation der Kindertagespflege sind die Stadt- und Landkreise sowie in Einzelfällen die zu örtlichen Trägern der Jugendhilfe bestimmten kreisangehörigen Gemeinden zuständig. Die Zuweisungen für die in der Tagespflege betreuten Kinder erhalten deshalb die Stadt- und Landkreise, die die Zuweisungen an die kreisangehörigen Gemeinden weiterleiten, soweit diese Träger der örtlichen Jugendhilfe sind. Jeder örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe muss einen Anteil von mindestens 15 % des ihm zugewiesenen Betrags für die Beratung und fachliche Begleitung der Tagespflegeeltern einsetzen; gedacht ist dabei besonders an die Verbesserung des Personalschlüssels. Damit steht die Masse der Mittel für eine Reduzierung der Elternbeiträge zur Verfügung. Die Tagespflege soll dadurch auch für die Eltern an Attraktivität gewinnen, die sich bisher aus finanziellen Erwägungen nicht dafür entscheiden konnten. Für die Qualifizierung und Fortbildung der Tageseltern sind diese Mittel dagegen ausdrücklich nicht vorgesehen. Grundsätzlich ist noch anzumerken, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur dann selbst die Organisation der Tagespflege sowie die Beratung und Betreuung wahrnehmen sollen, wenn diese Aufgaben nicht von freien Jugendhilfeträgern, wie zum Beispiel Tageselternvereinen, bereits wahrgenommen werden.

1 Orientierungsplan für Bildung und Erziehung für die baden-württembergischen Kindergärten vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport vom 15. März 2011

2 Gesetz über den Kommunalen Finanzausgleich (FAG) vom 1. Januar 2000, (GBl. S: 14)

3 § 24 SGB VIII (KJHG)

4 Gesetz zur Förderung von Kindern unter 3 Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiföG vom 10. Dezember 2008).