:: 3/2012

Aktuelle Entwicklung des Straßenverkehrs in Baden-Württemberg

Die Fahrleistungen im Verkehr auf den Straßen in Baden-Württemberg lagen 2010 auf Rekordniveau. Trotz hoher Kraftstoffpreise sind die Jahresfahrleistungen der Pkw erneut deutlich angestiegen, und auch im Güterverkehr war nach dem deutlichen Einbruch im Krisenjahr 2009 wieder eine deutliche Zunahme zu registrieren. Allerdings wurde das Niveau der Fahrleistungen mit schweren Nutzfahrzeugen von 2008 bei weitem noch nicht wieder erreicht. Trotz der insgesamt spürbar erhöhten Jahresfahrleistungen sind die Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs im Land weiter rückläufig. Sowohl die NOX- als auch die Feinstaub-Emissionen haben aufgrund der Veränderungen im Bestand hin zu emissionsärmeren Fahrzeugen deutlich abgenommen. Anders bei den straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen: Nach vorläufigen Berechnungen ist hier ein Anstieg um rund 1 % festzustellen. Offenbar konnten die erhöhten Fahrleistungen nicht durch weitere Steigerungen der Effizienz des Kraftstoffverbrauchs kompensiert werden.

Wieder stärkere Zunahme der Jahresfahrleistungen

Der Verkehr auf den Straßen in Baden-Württemberg hat 2010 wieder stärker zugenommen. Insgesamt wurden auf den Autobahnen sowie auf den übrigen Außer- und Innerortsstraßen im Land zusammen über 94 Mrd. Kilometer (km) gefahren. Das waren 1,1 % mehr als im Jahr 2009 und knapp 6 % mehr als im Jahr 2000. Damit lag die Steigerungsrate deutlich über dem Mittel der letzten 10 Jahre. Bestimmend für die Entwicklung war der Pkw-Verkehr, auf den jetzt mit fast 82 Mrd. km gut 87 % der gesamten Jahresfahrleistungen im Land entfallen. Wenngleich der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr (0,9 %) etwas niedriger lag als 2009 (+1,3 %), so war doch erstmals seit 10 Jahren wieder in 2 aufeinanderfolgenden Jahren eine solch kräftige Zunahme des Pkw-Verkehrs zu verzeichnen (Schaubild 1).

Die Gründe für die anhaltende Steigerung der Jahresfahrleistungen sind sicher vielfältig. Zu nennen ist dabei zunächst die weiter angestiegene Bevölkerungszahl und die noch deutlichere Zunahme der Zahl privater Haushalte im Land. Überproportional zur Bevölkerung hat auch die Zahl der im Land zugelassenen Pkw zugenommen, so dass die Pkw-Dichte, das heißt die Zahl der im Land zugelassenen Pkw je 1 000 Einwohner, auf jetzt 540 Fahrzeuge (Stand Ende 2010) anwuchs.

Damit liegt die Pkw-Dichte im Land auch deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Zudem war offenbar in den letzten Jahren kein weiterer Rückgang der durchschnittlichen Jahresfahrleistung je Pkw zu verzeichnen. Vielmehr weisen verschiedene Untersuchungen1 darauf hin, dass durch die gesteigerte Kraftstoffeffizienz der Fahrzeuge bei sonst unveränderten Bedingungen eine Erhöhung der Mobilitätsnachfrage, das heißt eine Steigerung der durchschnittlichen Fahrleistungen, begünstigt wird. Diese als sogenannter Rebound-Effekt bezeichnete, die Jahresfahrleistung erhöhende Wirkung von Kraftstoffeinsparungen, wird auf immerhin 10 bis 30 % des Effizienzgewinns beziffert.

Zunahme des Güterverkehrs, aber schwächer als Wirtschaftswachstum

Überdurchschnittlich zugenommen hat 2010 der Güterverkehr. Die Jahresfahrleistungen der schweren Nutzfahrzeuge nahmen um 3,0 % auf über 7 Mrd. km zu. Allerdings wurde der überaus starke Einbruch der Lkw-Fahrleistungen infolge der Wirtschaftskrise im Jahr 2008/2009 nur teilweise kompensiert, sodass die Jahresfahrleistungen mit schweren Nutzfahrzeugen 2010 unter dem Niveau von 2006 blieben. Die relative Zunahme der Jahresfahrleistungen schwerer Nutzfahrzeuge blieb damit auch deutlich hinter dem Wirtschaftswachstum (+5,5 %) zurück.

Eine Erklärung liegt darin, dass die Auslastung der Fahrzeuge2 spürbar angestiegen ist und damit die Transportleistung stärker zugenommen hat als die Jahresfahrleistungen. Dies gilt insbesondere auch für Sattelzüge, deren Anteil am Güterverkehr in den zurückliegenden Jahren angestiegen ist. Der Anteil der schweren Nutzfahrzeuge zusammen an den gesamten Jahresfahrleistungen im Land stieg 2010 auf rund 7,5 %. Die Jahresfahrleistungen der leichten Nutzfahrzeuge haben gegenüber 2009 um 2,2 % auf knapp 3,2 Mrd. km zugenommen und damit nach einem leichten Rückgang 2009 einen neuen Höchststand erreicht. Ihr Anteil an den Jahresfahrleistungen insgesamt erhöhte sich auf 3,4 %.

Diesel-Pkw weiter auf dem Vormarsch

Für die Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs und der straßenverkehrsbedingten Emissionen an Treibhausgasen und Luftschadstoffen ist über die Erhöhung der Jahresfahrleistungen hinaus auch die fortgesetzte Veränderung der Pkw-Bestandsstruktur nach Antriebskonzepten relevant. Weiterhin auf dem Vormarsch ist dabei der Dieselantrieb. Die Jahresfahrleistungen der Dieselmotor-Pkw stiegen 2010 um über 4 % deutlich an, während sich die der Benziner um 1,3 % verringert haben. Damit wuchs der Anteil der Diesel-Pkw auf 42 % der gesamten Pkw-Fahrleistungen im Land. Auffällig ist zudem, dass der Anteil der Diesel-Pkw an den Jahresfahrleistungen deutlich höher liegt als der am Fahrzeugbestand. In Baden-Württemberg verfügten Ende 2010 gut 29 % aller zugelassenen Pkw über einen Dieselmotor.

Der Grund für diese Diskrepanz liegt darin, dass die durchschnittlichen Jahresfahrleistungen bei Diesel-Pkw erheblich höher liegen als bei Otto-Pkw. Offenbar sind vor allem Vielfahrer in den zurückliegenden Jahren auf Diesel-Pkw umgestiegen. Bezogen auf alle in Deutschland zugelassenen Pkw bewegen sich nach Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die durchschnittlichen Jahresfahrleistungen für Dieselfahrzeuge seit mehr als 10 Jahren fast unverändert bei rund 21 000 km pro Jahr. Dem gegenüber sind die durchschnittlichen Jahresfahrleistungen der Otto-Pkw seit 1998 um fast ein Fünftel auf 11 400 km zurückgegangen.

Geringere Schadstoffemissionen trotz erhöhter Jahresfahrleistungen

Trotz der weiter erhöhten Jahresfahrleistungen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr haben die abgasbedingten Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs 2010 im Vergleich zum Vorjahr fast durchweg spürbar abgenommen. Der Grund dafür ist die fortschreitende Erneuerung der Pkw- und Lkw-Flotte durch schadstoffärmere Fahrzeuge. Der Anteil der Alt-Pkw ohne Schadstoffreduzierung nach einer der Euro-Normen 1 bis 6 ist auf 1 % des gesamten Pkw-Bestandes im Land geschrumpft. Zudem hat sich die Bestandsstruktur sowohl bei den Otto- als auch bei den Diesel-Pkw deutlich zugunsten der strengeren Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 verschoben. Die ab 2014 verpflichtende Norm Euro 6 erfüllten zum 31. Dezember 2010 allerdings erst 0,1 % der insgesamt im Land zugelassenen Diesel-Pkw. Otto-Pkw dieser Norm waren bis dahin noch nicht im Bestand (Schaubild 2).

Erhöhte Aufmerksamkeit kommt aufgrund entsprechender Grenzwertvorgaben der Europäischen Union den Feinstaub- sowie den Stickoxid(NOX)-Emissionen des Straßenverkehrs zu. Nach wie vor werden an verkehrsreichen Innerortsstraßen Überschreitungen der europäischen Grenzwerte für PM10-Stäube und Stickstoffdioxid (NO2) registriert.

Die straßenverkehrsbedingten NOX-Emissionen gingen 2010 auf 65 700 Tonnen (t) zurück. Das waren gut 5 % weniger als im Jahr zuvor. Damit hat sich die Abnahme gegenüber der 2009 erreichten Minderung spürbar verlangsamt. Sie übertraf aber die durchschnittliche jährliche Abnahme seit 1995 (−4,1 %). Am stärksten zu Buche schlug der überdurchschnittliche Rückgang der NOX-Emissionen bei den Lkw mit mehr als 3,5 t. Trotz der wieder erhöhten Jahresfahrleistungen gingen die Emissionen der schweren Nutzfahrzeuge um 7 % gegenüber 2009 zurück. Die Minderung seit 1995 beläuft sich hier auf bemerkenswerte 55 % (durchschnittlich −5,2 % pro Jahr). Damit ist der Anteil der schweren Nutzfahrzeuge (29 400 t) auf 45 % der gesamten straßenverkehrsbedingten NOX-Emissionen im Land zurückgegangen. Dennoch beträgt er noch das 6-fache ihres Anteils an den gesamten Jahresfahrleistungen im Land.

Erhöhter Emissionsbeitrag der Diesel-Pkw

Die NOX-Emissionen des Pkw-Verkehrs gingen 2010 gegenüber dem Vorjahr um 3,7 % auf knapp 32 000 t zurück. Sie lagen damit um 41 % (durchschnittlich −3,5 % pro Jahr) niedriger als 1995. Dabei setzte sich die gegenläufige Entwicklung der Emissionen durch Otto-Pkw bzw. durch Diesel-Pkw unvermindert fort. Während die NOX-Emissionen der Otto-Pkw um 11,6 % abgenommen haben, lagen die der Diesel-Pkw um 1,4 % höher als im Vorjahr. Für die Gesamtentwicklung erhalten die Diesel-Pkw deshalb immer größeres Gewicht. Bei 36 % der gesamten Jahresfahrleistungen machen dieselbetriebene Pkw jetzt 31 % der gesamten NOX-Emissionen im Straßenverkehr aus. Deutlich emissionsärmer ist der Verkehr mit Otto-Pkw, der bei 50 % der gesamten Jahresfahrleistungen im Jahr 2010 nur knapp 18 % der straßenverkehrsbedingten NOX-Emissionen verursachte (Schaubild 3).

Diese Diskrepanz im Verhältnis von Jahresfahrleistungen und Emissionen bei Diesel- bzw. Otto-Pkw wird auch deutlich erkennbar an den jeweiligen spezifischen Emissionen je gefahrenem km. So haben im Jahr 2010 Diesel-Pkw je km im Land durchschnittlich 0,60 g NOX verursacht. Das waren 13 % weniger als 1995 (0,69 g je km). Dem gegenüber sanken die durchschnittlichen NOX-Emissionen je km bei den Otto-Pkw von 0,74 Gramm im Jahr 1995 auf zuletzt 0,24 g, das heißt auf weniger als ein Drittel (−8 %) (Schaubild 4).

Eine deutlichere Absenkung der spezifischen Emissionen neu zugelassener Diesel-Pkw ist erst mit der ab 2014 verbindlich vorgeschriebenen Euro 6-Norm zu erwarten. Allerdings dürfte sich ein beschleunigter Rückgang der NOX-Emissionen durch Diesel-Pkw zusammen erst nach einer fortgeschrittenen Umschichtung des Fahrzeugbestandes ergeben.

Höhere direkte NO2-Emissionen

Besonders wichtig ist die angestrebte Verringerung der NOX-Emissionen bei den Diesel-Pkw im Hinblick auf die direkten NO2-Emissionen, die 2010 um 1 % auf 11 800 t angestiegen sind. Hauptursache für die fortgesetzte Zunahme – seit 1995 immerhin um fast 50 % – ist die Entwicklung bei den Diesel-Pkw, deren jährliche Emissionsfracht an NO2 im Land fast auf die 9-fache Menge, von gut 800 t im Jahr 1995 auf 7 200 t im Jahr 2010, zugenommen hat. Verantwortlich dafür ist, dass Diesel-Pkw ab der Euro 3-Stufe mit Oxidationskatalysatoren ausgestattet werden, durch die in erhöhtem Umfang primäres NO2 freigesetzt wird. Dementsprechend wird der Löwenanteil der jährlichen NO2-Emissionen im Land durch Diesel-Pkw (61,5 %) verursacht. Die Zunahme bei den Diesel-Pkw lag 2010 bei 3,4 %. Noch deutlicher angestiegen sind die NO2-Emissionen der leichten Nutzfahrzeuge (+5,5 %). Ihre Emissionsfracht hat sich aus vergleichbaren Gründen wie bei Diesel-Pkw seit 1995 nahezu vervierfacht. Dem gegenüber gingen die NO2-Emissionen durch Otto-Pkw (−12 %) sowie durch schwere Nutzfahrzeuge (−3 %) weiter zurück.

Feinstaub-Emissionen nehmen weiter ab

Die Feinstaub (PM10)-Emissionen des Straßenverkehrs im Land summierten sich 2010 auf rund 2 900 t. Das waren 7 % weniger als im Vorjahr und mehr als die Hälfte (52 %) weniger als 1995. Der Rückgang der PM10-Emissionen resultiert aus entsprechenden Abgasreinigungsmaßnahmen sowohl bei Pkw als auch Lkw. Dadurch konnten die abgasbedingten PM10-Emissionen von über 5 100 t im Jahr 1995 auf noch gut 1 800 t im Jahr 2010 reduziert werden (−64 %). Zusätzlich entstehen Feinstaub-Emissionen auch durch Reifen- und Bremsabrieb.3 Die jährliche Menge solcher Abrieb-Emissionen ist aufgrund der deutlich gestiegenen Jahresfahrleistungen von gut 900 t auf aktuell knapp 1 100 t (+15 %) angestiegen. Der Anteil der abriebbedingten Emissionen an den gesamten PM10-Emissionen im Land hat dadurch auf gut ein Drittel (37 %) zugenommen (Schaubild 5).

Stark verschoben hat sich in den zurückliegenden 15 Jahren die Verteilung der PM10-Emissionen auf die verschiedenen Fahrzeuggruppen. Der Anteil der schweren Nutzfahrzeuge sank von über 45 % auf nunmehr noch 27 %. Umgekehrt hat der Anteil der Diesel-Pkw von 31 auf 41 % zugenommen. Auch der Emissionsbeitrag der leichten Nutzfahrzeuge hat von 1995 unter 9 % auf fast 12 % im Jahr 2010 deutlich zugelegt.

Überproportionale Abnahme der Emissionen an Feinstaub PM2,5

Durch die Festlegung von Ziel- und Grenzwerten für die Belastung der Luft mit Feinstaub seitens der EU rückte zusätzlich zu den Emissionen an PM10-Stäuben auch die Teilmenge der PM2,5-Feinstäube ins Blickfeld. Die Emissionen an PM2,5-Feinstäuben entstehen fast ausschließlich durch Abgase. Der entsprechende Anteil der Emissionen durch Abrieb liegt bei vergleichsweise geringen knapp 12 %. Dies erklärt auch, dass die Minderung der PM2,5-Emissionen seit 1995 mit fast −65 % erkennbar höher ausfiel als bei den PM10-Stäuben.

Dabei ist die Abnahme der Emissionen durch Diesel-Pkw und leichte Nutzfahrzeuge mit −50 % geringer ausgefallen als die der schweren Nutzfahrzeuge. Verschoben hat sich deshalb auch die Aufteilung der Emissionen auf die verschiedenen Fahrzeuggruppen. Der Anteil der Diesel-Pkw stieg von 33 auf gut 46 %, während der der schweren Nutzfahrzeuge in den 15 Jahren seit 1995 von 48 auf etwas über 26 % abgenommen hat.

Stagnierende CO2-Emissionen des Straßenverkehrs

Mit fast 30 % hat der Straßenverkehr im Land auch einen vergleichsweise hohen Anteil an den gesamten energiebedingten CO2-Emissionen. Nach vorläufigen Ergebnissen haben die straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen im Jahr 2010 gegenüber dem Vorjahr um 1 % zugenommen. Damit konnte der bis 2006 beobachtete leicht rückläufige Trend nicht fortgesetzt werden. Die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs bewegen sich damit seit 4 Jahren auf nahezu unverändertem Niveau und bleiben auch weiterhin um rund 4 % höher als 1990, dem Referenzjahr für internationale und nationale Minderungsziele.

Ausschlaggebend für die zuletzt wieder leichte Zunahme der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs waren die deutlich erhöhten Jahresfahrleistungen im Güterverkehr. Der dadurch erhöhte Verbrauch an Dieselkraftstoff konnte durch den weiter rückläufigen Verbrauch an Ottokraftstoff nicht kompensiert werden. Allein bezogen auf den Pkw-Verkehr waren die CO2-Emissionen auch 2010 weiter rückläufig, wenngleich für die Teilgesamtheit der Diesel-Pkw eine Zunahme der CO2-Emissionen zu registrieren war. Auch dort konnte der durch die Zunahme der Fahrleistungen erhöhende Effekt offenbar nicht durch eine entsprechende Steigerung der Verbrauchseffizienz der Diesel-Pkw aufgefangen werden.

1 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Kraftfahrzeugverkehr 2010, DIW Wochenbericht 48/2011.

2 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Kraftfahrzeugverkehr 2010, DIW Wochenbericht 48/2011.

3 Nicht enthalten sind Feinstaub-Emissionen durch Aufwirbelung.