:: 5/2012

Wird Wirtschaften auf fremdem Land die Regel?

Der seit vielen Jahren steigende Anteil an Pachtflächen ist ein Indikator dafür, dass Wirtschaften auf fremdem Land zur Regel geworden ist. Im Verlauf des Strukturwandels in der Landwirtschaft übernehmen Betriebe mit einer wirtschaftlichen Entwicklungsperspektive landwirtschaftlich genutzte Flächen von aufgegebenen oder verkleinerten Betrieben und nutzen sie zur eigenen betrieblichen Erweiterung. Grundsätzlich ist die Flächenübernahme zwar auch durch Kauf möglich. Da die Pachtzahlungen aber variable Kosten und die aufzuwendenden Finanzmittel überschaubar sind, wird der betriebliche Handlungsspielraum für Investitionen in Maschinen und Gebäude durch die Pacht kaum eingeengt. Dies wäre möglicherweise aber durch den Kauf von Flächen eher der Fall.

Insgesamt waren in Baden-Württemberg 2010 nach den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung ca. 842 250 Hektar (ha) von 1,41 Mill. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF) gepachtet. Der Pachtflächenanteil betrug damit rund 60 %. Zum Vergleich: Im Jahr 1999 wurde bei der letzten Großzählung ein Pachtflächenanteil von nur etwas mehr als 55 % ermittelt. Vor 20 Jahren lag die Pachtquote bei 45 %, 1979 sogar erst bei 34 %. Derzeit bewirtschaften drei von vier landwirtschaftlichen Betrieben Pachtflächen. Darunter befanden sich 3 500 reine Pachtbetriebe mit einer Pachtfläche von 79 800 ha, das heißt im Mittel 22,6 ha je Betrieb. Rund 30 000 Betriebe bewirtschafteten sowohl eigene landwirtschaftliche genutzte Flächen als auch Pachtflächen. Hier waren es im Durchschnitt zusammen annähernd 40 ha je Betrieb. Und schließlich gab es, so die Ergebnisse der Landwirtschaftszählung 2010, rund 10 500 Betriebe, die nur eigene Flächen (82 250 ha LF) bewirtschafteten. Diese Betriebe waren mit durchschnittlich 7,8 ha je Betrieb auch wesentlich kleiner.

»Wachsen oder weichen?« ist die Kernfrage, die sich vielen Betriebsinhabern in steter Regelmäßigkeit stellt. Schlägt das Pendel nach reiflicher Überlegung in Richtung »Weichen« aus, heißt das aber nicht, dass ein Betrieb von heute auf morgen seine Produktion aufgibt. Das Weichen ist ein sich über viele Jahre hinziehender Prozess, der immer auch vor dem Hintergrund der familiären Situation des Betriebsinhabers zu sehen ist. Zunächst werden oftmals arbeits- und kapitalintensive Produktionszweige vorzugsweise der Tierhaltung (beispielsweise die Milchvieh- oder die Mastschweinehaltung) aufgegeben, dann Pachtverträge nicht verlängert. Zu guter Letzt werden nur noch die eigenen Flächen bewirtschaftet, bis sie dann später bei der endgültigen Betriebsaufgabe zur Pacht angeboten werden.

Pachtland für Haupterwerbsbetriebe nahezu unverzichtbar

Im Pachtverhalten können zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben deutliche Unterschiede beobachtet werden. Annähernd neun von zehn Haupterwerbsbetrieben haben Flächen zugepachtet, unter den Nebenerwerbsbetrieben dagegen nur zwei von dreien. Etwa 57 % der Pachtflächen im Land werden von Haupterwerbsbetrieben bewirtschaftet, ein Viertel von Nebenerwerbsbetrieben. Die restlichen Pachtflächen entfallen zumeist auf Personengesellschaften bzw. auf die wenigen Betriebe in der Hand juristischer Personen (ca. 150). Von den Personengesellschaften werden mit im Schnitt 49,4 ha je Betrieb die meisten Flächen gepachtet, gefolgt von den Haupterwerbsbetrieben mit im Mittel 36,2 ha/Betrieb. Wenn Nebenerwerbsbetriebe Flächen pachten, dann sind das durchschnittlich 12,4 ha/Betrieb.

Die Auswertung der Pachtverhältnisse nach der Größe der Betriebe zeigt die andere, korrespondierende Seite derselben Medaille:

Je größer ein Betrieb ist, umso größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass er Pachtflächen bewirtschaftet. Ab einer betrieblichen Flächenausstattung von 50 ha und mehr gibt es nur noch vereinzelte Betriebe, die ausschließlich eigene Flächen kultivieren.

Mit zunehmender Betriebsgröße verschiebt sich das Verhältnis von Eigen- zu Pachtfläche in Richtung der Pachtflächen. Bei den größeren Betrieben mit über 50 ha LF handelt es sich bei über 60 % der Pachtflächen um Ackerland, bei etwa einem Drittel um Dauergrünland.

Pachten kleinere Betriebe Flächen hinzu, handelt es sich oftmals um Rebland oder Baumobstflächen. Drei Viertel der Pachtflächen von Kleinstbetrieben mit weniger als 5 ha LF entfällt auf die Kategorie der sonstigen LF, also Reb-, Baumobst-, Baumschul- und Gewächshausflächen sowie Pachtungen, bei denen die Pachtentgelte nicht getrennt nach Ackerland/Dauergrünland angegeben werden können. Bei den Kleinbetrieben mit 5 bis 10 ha LF ist deren Anteil an der Gesamtpachtfläche zwar weitaus geringer, beträgt aber immer noch ein Viertel.

Die höchsten durchschnittlichen Pachtpreise werden in den unteren Größenklassen, also von den kleinen und kleinsten Betrieben bezahlt. Dahinter stehen die auf Sonderkulturen und Gartenbau spezialisierten Betriebe, die wegen der hohen Wertschöpfung je Flächeneinheit in der Lage sind, einen »überdurchschnittlichen« Pachtpreis für die »wertvolleren« Böden zu entrichten.

Auffallend ist, dass Dauergrünland bei den größeren Betrieben ab 100 ha LF nicht die Wertschätzung wie in kleineren Betrieben genießt. Eine Erklärung könnte sein, dass mit der Milchviehhaltung die lukrativste Form der Grünlandnutzung aus arbeitswirtschaftlichen Gründen weniger die Domäne der größeren Betriebe ist. Dort liegt der Schwerpunkt der betrieblichen Ausrichtung oftmals auf dem Ackerbau. Ackerland kann mitunter aber nur dann zugepachtet werden, wenn zugleich die Grünlandflächen eines aufgebenden Betriebes übernommen werden.

Pachtpreise ziehen an

Die wachsende Bedeutung der Pachtflächen für die Betriebe und ihren wirtschaftlichen Erfolg äußert sich auch in der Höhe des Pachtentgeltes. Wurden 1999 durchschnittlich 172 Euro/ha bezahlt, so sind heute bereits 197 Euro/ha zu entrichten. Mit weiter steigender Tendenz, wie die Preise bei Neupachtungen in den beiden vorangegangenen Jahren 2008 und 2009 mit durchschnittlich 258 Euro/ha belegen. Hintergrund dürfte die durch den boomenden Bioenergiesektor ausgelöste verschärfte Konkurrenzsituation sein. Je nach Nutzungsart und der damit verbundenen Wertschöpfung je Flächeneinheit fällt das Niveau der Pachtpreise sehr unterschiedlich aus. Das niedrigste Entgelt wurde für Grünland entrichtet, im Durchschnitt waren es 117 Euro/ha. Deutlich teurer (221 Euro/ha) wurde das vielseitiger und intensiver nutzbare Ackerland gehandelt. Am teuersten mit 386 Euro/ha war der Pachtpreis für die sonstige Fläche, die insbesondere Dauerkulturen wie Rebland und Baumobstanlagen umfasst.

Den größten Anteil unter den Pachtflächen hat das Ackerland, auf das mit 451 000 ha knapp sechs Zehntel der Pachtungen entfällt. Am meisten wurde für die Pachtung von Ackerland in den veredlungsstarken Kreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe bezahlt. Mit mehr als 350 Euro/ha markierten sie die Spitzenposition innerhalb des Landes. Schon in deutlichem Abstand, mit 250 bis 300 Euro/ha aber ebenfalls über dem Landesmittel, folgten weitere Kreise in den viehstarken Gebieten an der östlichen Landesgrenze vom Ostalbkreis bis zum Kreis Ravensburg. Den südlichen Schlusspunkt bildete der Bodenseekreis mit 263 Euro/ha. Den Gegenpol bilden die Kreise, die ausgehend vom Albvorland und dem östlichen Schwarzwaldrand über die Gäulandschaften bis zum nördlichen Oberrhein reichen. Dort wurden im Mittel weniger als 150 Euro Jahrespacht für die Nutzung eines Hektars Ackerland entrichtet.

Auf Dauergrünland entfällt ein Drittel der Pachtflächen insgesamt. Wie beim Ackerland liegen auch hier die Gebiete mit hohen Pachtpreisen entlang der Grenze zu Bayern. Erwartungsgemäß wurden in den Schwerpunktregionen der Milcherzeugung in Oberschwaben die höchsten Pachtpreise für Dauergrünland bezahlt: 214 Euro/ha im Kreis Ravensburg und 205 Euro/ha im Kreis Biberach. Ausgesprochene Niedrigpreisregionen sind der Nordschwarzwald und die Schwäbische Alb mit durchschnittlichen Pachtpreisen zwischen 50 und 80 Euro/ha für Dauergrünland. Hierbei handelt es sich zumeist um Flächen mit unterdurchschnittlicher Bodenqualität, deren Bewirtschaftung nicht selten von der Hängigkeit des Geländes erschwert wird.

Moderater Anstieg der Kaufwerte für landwirtschaftlichen Grundbesitz

Die Kaufwertstatistik für landwirtschaftlichen Grundbesitz1 ermittelt aus den Kaufpreisen der einzelnen Veräußerungsfälle Durchschnittswerte und gibt damit einen Überblick über den Grundstücksmarkt und Hinweise über die Preisentwicklung für landwirtschaftliche Grundstücke. Insgesamt wurden im Jahr 2010 die Preise von 5 840 Kauffällen ermittelt. Dabei wechselten in Baden-Württemberg gelegene landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von insgesamt 4 332 ha die Besitzer, also annähernd 0,74 ha je Verkaufsfall. Für landwirtschaftliche Grundstücke (ohne Gebäude und ohne Inventar) wurde ein durchschnittlicher Kaufpreis von 19 800 Euro/ha Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung (FdlN) entrichtet. Hierbei ist zu beachten, dass sich diese Flächendefinition nicht mit der in der Agrarstatistik üblichen »landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF)« deckt. Die FdlN umfasst im Wesentlichen Acker- und Grünland, nicht jedoch Rebland oder Flächen gärtnerischer Nutzung.

Gegenüber dem Vorjahr (rund 19 000 Euro/ha) sind die landwirtschaftlichen Bodenpreise um 4 % und damit auf den höchsten Stand der letzten 10 Jahre angestiegen. Die niedrigsten Kaufwerte in diesem Zeitraum wurden 2007 (18 300 Euro/ha FdlN) registriert. Grundsätzlich ist bei diesen Preisvergleichen zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kaufwertstatistik für landwirtschaftlichen Grundbesitz zwar prinzipiell um eine Totalerhebung handelt, allerdings um eine Totalerhebung mit jährlich wechselnder Grundgesamtheit. Echte Preisänderungen im Zeitablauf lassen sich somit nicht nachweisen, wohl aber lassen sich Hinweise auf strukturelle Entwicklungen gewinnen.

Hinzu kommt, dass Grund und Boden unbeweglich und durch seinen Standort definiert ist. Der landwirtschaftliche Grundstücksmarkt gliedert sich damit in räumlich begrenzte, aber doch bis zu einem gewissen Maß von einander abhängige Teilmärkte. Welche Faktoren dabei im Einzelfall Preis bestimmend sind, hängt immer von ganz spezifischen Bedingungen ab. Im Kauf- wie auch im Pachtpreis finden alle Standortfaktoren ihren Niederschlag: die natürliche Ertragsfähigkeit ebenso wie die Feldgröße als Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Maschineneinsatz, eventuelle Nutzungseinschränkungen beispielsweise in einem Wasserschutzgebiet oder auch die Nähe zum Verbraucher und damit der Möglichkeit zum Direktabsatz. Aus der Vielzahl möglicher Bestimmungsgründe folgt, dass Regionalvergleiche nur eingeschränkt aussagefähig sind und deshalb möglichst langfristig angelegt sein sollten.

Starkes regionales Preisgefälle

Vor allem in den Stadt- und Landkreisen der Verdichtungsräume, häufig Gebiete mit besseren natürlichen Ertragsbedingungen, werden die höchsten Grundstückspreise erzielt (Schaubild 3). Unter den Landkreisen führten Ludwigsburg, Esslingen, Böblingen und Rhein-Neckar mit durchschnittlichen Bodenpreisen im langjährigen Mittel 2001/2010 zwischen 29 150 und 37 650 Euro/ha die Preisskala an. Die höheren Grundstückspreise in den Stadtkreisen, insbesondere in der Landeshauptstadt Stuttgart mit 145 600 Euro/ha, Heidelberg (99 700 Euro/ha), und Ulm (62 200 Euro/ha) erklären sich zum Teil aus der geringen Anzahl an Kauffällen, bei denen zudem nur kleine Flächen übereignet werden. Sie sprechen aber auch dafür, dass das Preisniveau hier stark von den örtlichen Baulandpreisen beeinflusst sein dürfte. Am unteren Ende der Preisskala lagen die eher ländlichen Gebiete mit meist unterdurchschnittlichen Bodenqualitäten (Schwarzwald, Schwäbische Alb, Odenwald), wie die Landkreise Tuttlingen, Neckar-Odenwald, Zollernalb, Freudenstadt, Schwarzwald-Baar und Sigmaringen mit durchschnittlichen Grundstückspreisen in der Dekade von 2001 bis 2010 in Höhe von 9 250 bis gut 11 000 Euro/ha.

Hohe Preise bei guten Böden und …

Ein wesentlicher Bestimmungsgrund für die Kaufpreise landwirtschaftlicher Grundstücke ist deren natürliche Ertragsfähigkeit. Für geringwertigere Böden mit Ertragsmesszahlen (EMZ)2 zwischen 20 und 30 wurden durchschnittlich 12 500 Euro/ha, bei etwas besseren Böden mit Ertragsmesszahlen zwischen 40 und 50 bereits 17 000 Euro/ha entrichtet. Für gute bis sehr gute Böden (EMZ > 70) ergaben sich für die veräußerten Flächen mit 31 700 Euro/ha auch die höchsten Preise.

… kleineren Grundstücken

Hat die Parzellengröße Einfluss auf die Kaufwerte? Es scheint so, denn bei Kleinstflächen bis 25 Ar wurden 2010 durchschnittlich Preise von knapp 29 200 Euro/ha, bei Kleinflächen zwischen 25 Ar und einem Hektar nur etwa 20 900 Euro/ha bezahlt. Der Geldbedarf für den Kauf kleinerer Flächen bleibt überschaubar, was eine Finanzierung ohne Fremdkapital begünstigt. Oftmals werden mit ihrem Kauf Einzelgrundstücke miteinander verbunden, um die dann größeren zusammenhängenden Einheiten unter arbeitswirtschaftlichen Gesichtspunkten besser nutzen zu können. Mit zunehmender Parzellengröße bleiben solche Sondereffekte weitgehend ausgeblendet. Die durchschnittlichen Kaufwerte gehen dann deutlich zurück. Ab etwa 1 ha pendelten sie sich zwischen 17 000 und 18 600 Euro/ha ein. Die Kaufpreise werden dann nicht mehr vorrangig von der Grundstücksgröße, sondern zunehmend von anderen Faktoren bestimmt.

Welchen Einfluss haben Nutzungsmöglichkeit und Stellung des Erwerbers auf die Preisgestaltung?

Für größere Grundstücke ab 1 ha, also lediglich für eine Teilmasse von 941 der insgesamt 5 840 Kauffällen, sind darüber hinaus Aussagen zu weiteren, den Kaufpreis bestimmenden Faktoren möglich. Dazu gehören die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks und die Stellung des Erwerbers. So wurde für Ackerland, das im Allgemeinen eine höhere Wertschöpfung ermöglicht, mit 20 350 Euro/ha im Landesdurchschnitt ein merklich höherer durchschnittlicher Kaufpreis entrichtet als für Grünland (12 900 Euro/ha). Des Weiteren zeigt sich eine deutliche Preisdifferenzierung nach den jeweiligen Erwerbern der Grundstücke. Nichtlandwirtschaftliche Käufer bezahlten wesentlich höhere durchschnittliche Grundstückspreise als Haupt- bzw. Nebenerwerbslandwirte. Die Preisspanne bewegte sich bei Ackerland von rund 18 000 Euro/ha beim Kauf durch Nebenerwerbslandwirte über 20 350 Euro/ha bei Haupterwerbslandwirten bis auf 24 000 Euro/ha bei Nichtlandwirten. Die von Nichtlandwirten bezahlten relativ hohen Preise hängen möglicherweise damit zusammen, dass hier längerfristig doch mit Umwandlungen der landwirtschaftlichen Flächen in andere Nutzungsarten gerechnet wird. Bei Grünland, dessen Nutzungsmöglichkeiten im Vergleich zum Ackerland spürbar eingeschränkt sind, wechselten merklich weniger Flächen den Eigentümer. Die Preise lagen deutlich niedriger. Sie streuten in Abhängigkeit von der Person des Erwerbers kaum. Haupterwerbslandwirte zahlten durchschnittlich mit 12 850 Euro/ha etwas mehr als Nebenerwerbslandwirte mit 11 400 Euro/ha, jedoch deutlich weniger als Nichtlandwirte (16 150 Euro/ha).