:: 6/2012

Gesundheitliche Situation von Baden-Württembergern mit und ohne Migrationshintergrund

Ergebnisse des Mikrozensus

Im Rahmen des Mikrozensus, der größten amtlichen Haushaltsbefragung in Deutschland, werden alle 4 Jahre (zuletzt 2009) Fragen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung gestellt. Gefragt wird unter anderem nach dem Vorliegen einer Krankheit oder Unfallverletzung, nach Körpergewicht und -größe (zur Bestimmung des Body-Mass-Index) und zum Rauchverhalten. Im folgenden Beitrag soll – anhand der im Rahmen des Mikrozensus erfragten Indikatoren – die gesundheitliche Situation von Baden-Württembergern mit und ohne Migrationshintergrund dargestellt werden.

Baden-Württemberg hat gut 10,7 Mill. Einwohner. Davon sind etwa 7,9 Mill. Personen ohne Migrationshintergrund und etwa 2,8 Mill. Menschen, also etwa jeder Vierte, haben einen Migrationshintergrund (siehe i-Punkt»Migrationshintergrund«). Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe. So verfügen rund zwei Drittel aller Migranten über eigene Migrationserfahrungen, sie sind also selbst zugewandert. Ein Drittel ist hier geboren. Rund 81 % der Migranten haben ihre Wurzeln in Europa, wobei die türkischen Zuwanderer und ihre Nachkommen die größte Migrantengruppe in Baden-Württemberg bilden.

Bei der Bewertung des Gesundheitszustands der beiden Bevölkerungsgruppen ist deren unterschiedliche Altersstruktur zu berücksichtigen, da insbesondere die Erkrankungshäufigkeit mit steigendem Alter tendenziell zunimmt. Die Gruppe der Migranten ist deutlich jünger als die der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund. Der Anteil der unter 25-Jährigen, also der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt bei den Migranten mit 35 % deutlich höher als bei den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund mit 23 %. Die Gruppe der 25- bis unter 65-Jährigen ist mit jeweils rund 54 % so gut wie gleich groß. Im Rentenalter, also 65 Jahre und älter, befinden sich nur 11 % der Migranten. Bei den Menschen ohne Migrationshintergrund liegt der Anteil älterer Menschen mit knapp 23 % doppelt so hoch. Das Durchschnittsalter ist somit bei den Migranten mit rund 36 Jahren erheblich niedriger als bei den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund, die ein Durchschnittsalter von rund 45 Jahren aufweisen.1

Im folgenden werden die Antworten auf die wichtigsten Gesundheitsfragen der Mikrozensus-Zusatzerhebung 2009 im Überblick dargestellt.

»Waren Sie in den letzten 4 Wochen krank oder unfallverletzt?«

Die Frage »Waren Sie in den letzten 4 Wochen krank oder unfallverletzt?« beantworteten von den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund rund 15 % mit Ja, von den Migranten knapp 14 %. Auch in der Differenzierung nach Altersgruppen zeigen sich nur geringfügige Unterschiede, mit einer Ausnahme: Die 55- bis unter 65-Jährigen Migranten waren deutlich häufiger krank als die gleichaltrigen Personen ohne Migrationshintergrund. So gaben von den 55- bis unter 65-Jährigen ohne Migrationshintergrund bei der Befragung rund 16 % an, in den letzten 4 Wochen krank oder unfallverletzt gewesen zu sein, von den gleichaltrigen Migranten jedoch über 21 %.

»Waren Sie in den letzten 4 Wochen wegen Ihrer Krankheit bzw. Unfallverletzung in ärztlicher Behandlung oder in einem Krankenhaus?«

Die Personen, die sich als »krank oder unfallverletzt« bezeichnet haben, wurden außerdem gefragt, ob sie ärztliche Behandlung in Anspruch genommen haben, bzw. ob ein Krankenhausaufenthalt notwendig geworden ist. Auch hier zeigen sich kaum Unterschiede zwischen den Baden-Württembergern mit und ohne Migrationshintergrund. Etwa 15 % der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund und rund 14 % der Migranten gaben an, nicht in ärztlicher Behandlung bzw. im Krankenhaus gewesen zu sein. In ärztlicher Behandlung hingegen waren 85 % der Personen ohne Migrationshintergrund und 86 % der Migranten.

Auch zwischen den Frauen und Männern ohne bzw. mit Migrationshintergrund zeigen sich bei der Beantwortung dieser Frage nur geringfügige Unterschiede. Sowohl bei den Frauen (14,7 % und 13,9 %) als auch bei den Männern (15,4 % und 13,8 %) hatten die Befragten ohne Migrationshintergrund etwas häufiger ärztliche Unterstützung in Anspruch genommen als diejenigen mit Migrationshintergrund.

»Wie groß sind Sie?« und »Wie viel wiegen Sie?«

Übergewicht kann – vor allem in Zusammenspiel mit anderen Risikofaktoren wie Stress und Rauchen – den Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigen. Die Bestimmung von Über- oder Untergewicht erfolgt mithilfe des sogenannten Body-Mass-Index (BMI)2. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Erwachsene mit einem BMI von unter 18,5 als untergewichtig, mit einem BMI von 18,5 bis unter 25 als normalgewichtig und mit einem BMI von 25 bis unter 30 als übergewichtig ein. Als stark übergewichtig gelten Erwachsene mit einem BMI ab 30.

2009 waren von den erwachsenen Baden-Württembergern sowohl unter den Personen ohne Migrationshintergrund als auch unter den Migranten jeweils gut 2 % untergewichtig. Normalgewichtig waren rund 50 % der Erwachsenen ohne Migrationshintergrund und 46 % der Migranten. Übergewichtig waren gut 35 % der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund und knapp 36 % der Migranten. Stark übergewichtig im Sinne des BMI waren etwa 12 % der Personen ohne bzw. knapp 16 % mit Migrationshintergrund. Das heißt, die Migranten in Baden-Württemberg litten etwas häufiger an Übergewicht und starkem Übergewicht als die Erwachsenen ohne Migrationshintergrund.

Die Differenzierung nach Altersgruppen zeigt, dass der BMI mit dem Alter ansteigt. Allerdings war im Jahr 2009 der durchschnittliche BMI von Migranten in jeder Altersgruppe höher als der der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund. Außerdem hatten Migranten früher als Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund Übergewicht. Während die Gruppe der Personen ohne Migrationshintergrund im Durchschnitt bis zum Alter von 45 Jahren noch normalgewichtig war, hatten die Migranten durchschnittlich betrachtet bereits ab 35 Jahren Übergewicht.

»Sind Sie gegenwärtig Raucher/-in?«

Nach den Ergebnissen der Mikrozensus-Zusatzbefragung von 2009 waren knapp 79 % der Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund, jedoch nur gut 73 % der Migranten Nichtraucher. Dementsprechend sind unter den Migranten mit nahezu 27 % deutlich mehr Raucher zu finden als unter den Personen ohne Migrationshintergrund, von denen gut 21% angaben zu rauchen.

Starke Raucher – womit ein regelmäßiger Konsum von täglich mehr als 20 Zigaretten gemeint ist – sind unter den baden-württembergischen Rauchern ohne Migrationshintergrund mit gut 9 % nur etwas häufiger anzutreffen als unter den Migranten die angegeben haben zu rauchen (rund 8 %).

Fazit

Die Ergebnisse der Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Gesundheit 2009 zeigen somit, dass der Anteil der befragten Personen, die in den 4 Wochen vor der Mikrozensusbefragung krank oder unfallverletzt waren, in beiden Bevölkerungsgruppen in etwa gleich hoch war. Auch der Prozentsatz derer, die sich infolge einer Krankheit oder Unfallverletzung in ärztliche Behandlung begaben, unterschied sich nur geringfügig. Der Vergleich des Body-Mass-Index bei beiden Bevölkerungsgruppen zeigt dagegen, dass Migranten häufiger übergewichtig bzw. stark übergewichtig sind als Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund, und dass bei ersteren das Übergewicht früher beginnt. Ferner sind unter den Migranten mehr Raucher als unter den Baden-Württembergern ohne Migrationshintergrund.

1 Die bislang dargestellten Daten stammen aus dem Mikrozensus 2010, das sind die bei Redaktionsschluss aktuellsten Daten.

2 Der BMI errechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch die Körpergröße in Metern im Quadrat (Beispiel: 63 kg/(1,65 m)2 = BMI 23,1).