:: 7/2012

Zunahme der Abfälle im Holzverarbeitenden Gewerbe im Land

Die Betriebe des Holzverarbeitenden Gewerbes, insbesondere die baden-württembergischen Säge- und Hobelwerke, haben die Wirtschafts- und Finanzkrise auch wegen der gewachsenen Bedeutung dieser Sparte für die Nutzung erneuerbarer Energien überstanden. Wie aus der Erhebung über die Abfallerzeugung hervorgeht, ist das Aufkommen an Holzabfällen und deren Verwertung ein Jahr nach der Krise höher als noch 2006. »Wo gehobelt wird, da fallen Späne«, im vorliegenden Beitrag wird dieses Sprichwort aus abfallwirtschaftlicher Sicht hinterfragt.

Die Holzbranche und ihre Abfälle

2006 wurden von den befragten 72 Betrieben des Wirtschaftszweigs »Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren (ohne Möbel)« fast 1 Mill. Tonnen (t) Abfälle gemeldet. 4 Jahre später ist diese Gesamtmenge bereits auf rund 1,3 Mill. t angestiegen. Damit ist das Holzverarbeitende Gewerbe für knapp 18 % des gesamten gemäß der Erhebung über die Abfallerzeugung erfassten Abfallaufkommens im Land verantwortlich (siehe i-Punkt).

Die Zahl der befragten Betriebe blieb seit der letzten Erhebung 2006 nahezu unverändert und liegt aktuell bei 69. Im Jahr 2010 waren im gesamten Wirtschaftszweig rund 26 000 Personen beschäftigt, davon rund 9 700 in den zur Befragung ausgewählten Betrieben. Somit wurde gemessen an der Beschäftigtenzahl der Branche ein Repräsentationsgrad von 37 % erreicht.

Holz als Rohstoff

Wie die gesamte Volkswirtschaft litt auch die Holzindustrie unter der Wirtschafts- und Finanzkrise, die 2009 in der Realwirtschaft insgesamt starke Spuren hinterlassen hat.1 Allerdings profitierte die holzverarbeitende Branche von einem langjährigen Trend hin zum Holz. Laut des Bundesforschungsinstituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei sind seit 1996 Holzeinschlag sowie Holzeinfuhr, welche die Nachfrage nach Schnittholz abbilden, in Deutschland nahezu kontinuierlich angestiegen.2 Seit 2002 ist der Holzverbrauch in Deutschland um 40 % gestiegen und die Nachfrage wächst weiter.3

Holz als Abfall

Bei den im Vergleich zur Erhebung über die Abfallerzeugung 2006 gestiegenen Abfallmengen handelt es sich gemäß dem Abfallkatalog auf Basis des Europäischen Abfallverzeichnisses um Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten und Möbeln (EAV 0301), die um rund 335 000 t oder 35 % zugenommen haben.4 Gemeinsam mit den mengenmäßig eher unbedeutenden Abfällen aus der Holzkonservierung (EAV 0302) sowie den Abfällen aus der Herstellung und Verarbeitung von Zellstoff, Papier, Karton und Pappe (EAV 0303), für die ein Rückgang der Menge zu verzeichnen war (−123 000 t oder −17 %), bilden sie die Unterkategorien der Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten, Möbeln, Zellstoffen, Papier und Pappe (EAV 03) mit einer Menge von insgesamt rund 1,9 Mill. t (Schaubild 1).

Abfallaufkommen der Säge- und Hobelwerke

Die Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten und Möbeln fallen zum größten Teil in den Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerken des Südwestens an. Diese meldeten 2010 rund 883 000 t an Sägemehl, Spänen, Abschnitten, Holz, Spanplatten und Furnieren (EAV 030105), welche mit rund 90 % den mit Abstand größten Anteil der Abfälle aus der Holzbearbeitung ausmachen. Aufgrund der eher kleinbetrieblichen Strukturen der Säge- und Hobelwerke ist ein Großteil der Betriebe mit zusammen gut 58 % der Beschäftigten dieses Bereichs nicht in die Erhebung zur Abfallerzeugung einbezogen. Nach vorsichtiger Hochrechnung5 ist davon auszugehen, dass die in den baden-württembergischen Säge- und Hobelwerken insgesamt erzeugte Menge an Holzabfällen (EAV 0301) bei rund 1,9 Mill. t liegen dürfte.

Abfall oder Nebenprodukt?

Kurzum verbergen sich hinter dem Abfallschlüssel EAV 030105 die Abfälle, die beim Zusägen von Produkten wie Bauholz, Brettern oder Dielen entstehen. Was die Europäische Union als Abfall klassifiziert, wird in der Sägeindustrie allerdings häufig als Nebenprodukt angesehen. Mittlerweile bieten sich nämlich mannigfaltige Verwendungszwecke für diese Abfälle, insbesondere für Sägemehl und Hobelspäne.

Die Tatsache, dass Holzabfälle auch in verschiedene Entsorgungsanlagen gelangen, belegt die jährlich durchgeführte Erhebung zur Abfallentsorgung. In jener Erhebung werden die in den baden-württembergischen Abfallentsorgungsanlagen beseitigten Abfälle nach Art, Menge und Herkunft erfasst. Im Vergleich zur Erhebung über die Abfallerzeugung werden Abfälle auf der Entsorgerseite ohne Unterscheidung nach wirtschaftszweigspezifischer Herkunft erfasst. Dennoch werden die außerordentlichen Diskrepanzen zwischen den entsorgten Abfallmengen in den Jahren 2006 und 2010 sowie den jeweiligen pro Jahr erzeugten Abfallmengen überaus deutlich. 2006 wurden in der Erhebung über die Abfallerzeugung rund 776 000 t an Sägemehl, Spänen, Abschnitten und Spanplatten (EAV 030105), die in den Säge- und Hobelwerken anfielen, erfasst. Die baden-württembergischen Abfallentsorgungsanlagen haben im selben Jahr allerdings gerade einmal 93 000 t als Input gemeldet. 4 Jahre später vergrößerte sich die Differenz zwischen Entstehung und Entsorgung noch weiter. Während die erzeugte Menge auf über 883 000 t stieg, sank die entsorgte Menge auf gerade einmal rund 61 000 t (Schaubild 2). Demnach wurde bei gestiegener Abfallmenge weniger Material den Entsorgungsanlagen im Land überlassen. Aus dem Vergleich der erzeugten und im Land entsorgten Menge an Sägemehl und Hobelspänen wird deutlich, dass diese Abfälle in erheblichem Umfang auf direktem Weg wieder dem Produktionsprozess zugeführt oder an Entsorgungsanlagen außerhalb Baden-Württembergs angeliefert werden.

Laut Verband der Säge- und Holzindustrie Baden-Württemberg e.V. hat das Aufkommen dieser auch als Sägenebenprodukte eingestuften Abfälle in den vergangen Jahren stetig zugenommen. Durch den vermehrten Einsatz von Holzhackschnitzeln, Sägemehl und Hobelspänen in der Wärme- und Energieerzeugung wurde die Verwertung dieser Abfälle immer bedeutsamer für die Säge- und Hobelwerke. Die besagten Abfälle oder Sägenebenprodukte sind wie andere Produkte den preisbildenden Kräften von Angebot und Nachfrage unterworfen. Ende des Jahres 2006 führte die erhöhte Nachfrage nach Hackschnitzeln zu einer Preissteigerung von ca. 60 % im Vergleich zum Vorjahr.6 Da Sägeabfälle bei der Produktion aller Holzprodukte, wie zum Beispiel Bretter, Dielen oder Furniere zwangsläufig anfallen, kann deren Aufkommen von den Säge- und Hobelwerken nicht direkt beeinflusst werden. Durch die Betriebe bestimmt wird aber der Verbleib der Holzabfälle. Durch die oben dargestellte Diskrepanz zwischen der erzeugten und der im Land entsorgten Menge an Sägemehl und Hobelspänen bestätigt sich die Tendenz, dass Holzabfälle verstärkt als Produkt am Markt abgesetzt werden können. Die Frage nach einer ökonomisch und ökologisch möglichst sinnvollen Verwendung der Abfälle wird immer häufiger dadurch beantwortet, dass die Abfälle an weiterverarbeitende Betriebe verkauft werden, um daraus unter anderem Produkte zur energetischen Nutzung herzustellen. Dadurch wird offenbar die Verwertung in einer betriebseigenen Verbrennungsanlage zur Wärmeerzeugung weniger stark genutzt.

Exkurs: Alternative Energie aus Holzabfällen

Eine immer zentralere Rolle bei der energetischen Nutzung der dargestellten Holzabfälle spielen die sogenannten Holzpellets. Zu deren Produktion werden Resthölzer wie Sägemehl oder Hobelspäne gepresst, sodass daraus kleine, feste Zylinder entstehen, die verfeuert werden können. Ein Kilogramm Pellets entspricht ungefähr dem Energiegehalt von einem halben Liter Heizöl.7

Hohe staatliche Subventionen für pelletbetriebene Heizungsanlagen steigern deren ohnehin große Beliebtheit aufgrund hoher Energiepreise noch weiter, denn diese gelten als umweltfreundliche, schadstoffarme und nachhaltige Alternative zur klassischen Wärmeproduktion. Die erhöhte Nachfrage nach Pellets spiegelt sich auch in steigenden Pelletpreisen wider. Seit 2005 ist der Preis für eine Tonne Holzpellets um rund ein Drittel gestiegen.8 Trotzdem liegt er nach wie vor rund 40 % unter dem Preis einer energetisch vergleichbaren Menge an Heizöl. Mit einem weiteren Anstieg in der Nachfrage nach den gepressten Spänen ist daher zu rechnen. Europaweit wird der Markt für das hölzerne Heizmittel von den deutschen Produzenten angeführt. Derzeit stellen rund 60 Betriebe, die schwerpunktmäßig in den Mittelgebirgen Baden-Württembergs und Bayerns vorzufinden sind, Pellets her. Das Ausgangsmaterial für die Produktion sind Resthölzer aller Art. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Produzenten sich ebendort ansiedeln, wo sich die meisten Sägewerke befinden. Allein im Jahr 2011 produzierten die deutschen Hersteller rund 1,9 Mill. t an Pellets, von denen 1,4 Mill. t am binnenländischen Markt abgesetzt werden konnten. Der Rest wurde exportiert. Durch die hohe Exportquote, einhergehend mit der wachsenden Produktion auf dem Pelletmarkt, folgert der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband e.V. (DEPV), dass das Potenzial für Pelletheizungen in der Bundesrepublik noch nicht ausgeschöpft ist und daher weitere Bürger ihre Heizanlagen auf den alternativen Rohstoff umrüsten könnten, um von der Entwicklung der steigenden Produktion zu profitieren.9

Doch nicht alle sehen die Möglichkeiten des Einsatzes von Holz als Energieträger am Wärmemarkt so wohlwollend. Die deutschen Naturschutzbünde NABU und BUND stehen dem steigenden Holzverbrauch skeptisch gegenüber. Sie sehen in der steigenden Nutzung von Holz zur Energieerzeugung eine Gefährdung der Wälder.10

Fazit

Auch wenn die Verwendung von Holz zur Wärme- und Energieerzeugung aus ökologischer Sicht durchaus Kontroversen verursachen mag, ist die gestiegene Bedeutung von Holzabfällen in diesem Bereich unbestritten. Deren Nutzung für die Pelletproduktion stellt dabei eine durchaus ökologisch sinnvolle Alternative zur Nutzung von Waldholz dar. Dies ist auch ein Grund dafür, dass an den Entsorgungsanlagen in Baden-Württemberg im Jahr 2010 nur geringe Mengen von Holzabfällen angeliefert wurden. So wird auch in Zukunft mit einem Ausbau der Energie- und Wärmeerzeugung durch pelletbetriebene Anlagen und somit auch mit einer weiter zunehmenden Direktverwertung von Holzabfällen zu rechnen sein.

1 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Pressemitteilung vom 30. März 2011. Nr. 101/2011.

2 Seintsch, Björn (2011): Holzbilanzen 2009 und 2010 für die Bundesrepublik Deutschland. Braunschweig; Hamburg: vTI, Arbeitsbericht des Instituts für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft 2011/4.

3 Such Dich Grün: Im Jahr der Wälder kritisieren BUND und NABU Gefälligkeiten für Holzindustrie. www.suchdichgruen.de/bio-news/520/im-jahr-der-waelder-kritisieren-bund-und-nabu-gefaelligkeiten-fuer-holzindustrie/ (Stand: 15. Februar 2012).

4 Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten und Möbeln (EAV 0301) fallen neben den Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerken auch in anderen Wirtschaftsbereichen an.

5 Dabei wurde für die nicht befragten kleineren Betriebe die für 2006 auf Grundlage der bundesweit befragten Betriebe ermittelte Menge an Holzabfällen je Beschäftigten und Wirtschaftszweig zugrunde gelegt.

6 Verband der Säge- und Holzindustrie Baden-Württemberg e.V.: Jahresbericht. www.vsh.de/markt/jahresbericht (Stand: 15. Februar 2012).

7 Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband e.V.: Was sind Holzpellets – Beschreibung. www.depv.de/holzpellets/pellets/beschreibung/ (Stand: 15. Februar 2012).

8 Deutsches Pelletinstitut: Jahresdurchschnittspreise von Holzpellets. www.depi.de/download/grafiken/Jahresdurchnittspreise.jpg (Stand: 4. Juni 2012).

9 Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband e.V.: Deutschland bei Pelletproduktion weiterhin international führend. www.depv.de/nc/oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/article/deutschland-bei-pelletproduktion-weiterhin-international-fuehrend-1/ (Stand: 4. Juni 2012).

10 Such Dich Grün: Im Jahr der Wälder kritisieren BUND und NABU Gefälligkeiten für Holzindustrie. www.suchdichgruen.de/bio-news/520/im-jahr-der-waelder-kritisieren-bund-und-nabu-gefaelligkeiten-fuer-holzindustrie/ (Stand: 15. Februar 2012).