:: 8/2012

Baden-Württembergs Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs

Reales Bruttoinlandsprodukt dürfte 2012 um rund 1 ¾ % über dem Vorjahreswert liegen

Trotz abgeschwächter Dynamik bleibt Baden-Württembergs Wirtschaft weiterhin auf Wachstumskurs: Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im Jahr 2012 um rund 1 ¾ % gegenüber dem Vorjahr wachsen. Damit liegt die Wirtschaftsleistung trotz der zyklischen Abschwächung der Konjunktur noch immer über dem Trend. Der Gesamtkonjunkturindikator des Statistischen Landesamts zeigt an, dass hier eine Bodenbildung erreicht sein könnte (Schaubild 1). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass diese Prognose mehr denn je mit Unsicherheiten behaftet ist, da die wirtschaftliche Entwicklung wesentlich von den politischen Maßnahmen zur Bewältigung der Schuldenkrise im Euroraum abhängt.

Auslandsgeschäft stärker als Binnennachfrage

Die Binnennachfrage zeigte sich in den Frühjahrsmonaten März bis Mai 2012 eher verhalten. Zwar stiegen die Umsätze des Verarbeitenden Gewerbes gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch an, im Vergleich zur Vorperiode gingen sie aber zurück. Die Entwicklung der Auftragseingänge lässt erwarten, dass sich an dieser Situation vorerst nichts ändern wird. Erfreulicher stellt sich die Lage dagegen bei der Auslandsnachfrage dar. Auch hier schwächt sich die Dynamik zwar ab, allerdings steigen die Industrieumsätze sowohl im Vorjahres- als auch im Vorperiodenvergleich an. Für die Auslandsbestellungen gilt dies ebenso. Die Lage am Arbeitsmarkt kann nach wie vor als ausgezeichnet angesehen werden. Die Anzahl der Arbeitslosen im Land belief sich im 2. Quartal 2012 auf 217 000 Personen. Im Juni lag die Arbeitslosenquote bei 3,7 %. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten übertraf zwischen Februar und April das Vorjahresniveau um 105 000. Nicht nur die steigende Erwerbstätigkeit stützt damit prinzipiell die Binnennachfrage, sondern auch der im 2. Quartal verlangsamte Anstieg der Verbraucherpreise (+1,8 % im Vorjahresvergleich). Zurückzuführen ist dies auch auf weniger starke Steigerungsraten bei Mineralölprodukten.

Europas Wachstum schwächelt

Selten drifteten die Konjunkturaussichten in Europa und den USA so weit auseinander wie zur Zeit für das Jahr 2012 (Schaubild 2). Nach aktuellen Einschätzungen von Eurostat dürfte das reale BIP in der Eurozone um 0,3 % zurückgehen, bevor für das nächste Jahr wieder mit einem Wachstum von 1 % gerechnet wird. Die Werte für die EU insgesamt sind kaum besser (0,0 % für 2012 und 1,3 % für 2013). Für die USA beläuft sich der für das laufende Jahr prognostizierte Wert auf 2 %, eine Wachstumsrate, die dort auch 2013 wieder erreicht werden könnte. Auch in anderen Wirtschaftsräumen außerhalb Europas wird ein dynamischeres Wachstum erzielt. So tragen nach Auskunft des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor allem die Entwicklungs- und Schwellenländer zum Wachstum der Weltwirtschaft bei. Für diese Ländergruppe erwartet der IWF Wachstumsraten von 5,7 % (2012) und 6,0 % (2013), für die Weltwirtschaft werden für dieses Jahr 3,5 % und für das kommende Jahr 4,1 % erwartet.

Märkte außerhalb der EU immer bedeutsamer

Die international unterschiedlichen Wachstumsdynamiken spiegeln sich auch in den baden-württembergischen Exportzahlen wider. Differenziert man die baden-württembergischen Warenausfuhren nach solchen in das EU-Ausland und in die übrige Welt, stellt man fest, dass der Wachstumspfad bei den Ausfuhren in die übrige Welt steiler ist und in den letzten 3 Jahren sogar noch deutlichen Auftrieb erhalten hat. Der Nachfrageeinbruch der Jahre 2008/09 hat bei den Ausfuhren in die übrige Welt eine weniger tiefe Delle hinterlassen, wobei das Vorkrisenniveau mittlerweile sogar bei weitem übertroffen wurde. Bei den Exporten in die EU ist die Grunddynamik wesentlich flacher, so dass sich auch die Bedeutung der Märkte immer weiter in Richtung der übrigen Welt verschiebt. Vor der Wirtschaftskrise 2008/09 gingen rund 60 % der heimischen Warenexporte in die EU, seitdem haben sich die Anteile angenähert.

OECD: Verbesserte Aussichten für Griechenland und Spanien

Wenngleich für die Europäische Union 2012 noch mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung zu rechnen und das für 2013 prognostizierte Wachstum schwach ist – die gute Nachricht lautet, dass es im kommenden Jahr auch für die EU-Peripheriestaaten wieder aufwärts gehen dürfte. Nachdem beispielsweise Griechenland 2012 eine weiteres Jahr der Rezession durchläuft (voraussichtliche BIP-Veränderungsrate 2012 laut Eurostat −4,7 %), signalisiert der OECD Composite Leading Indicator (CLI), dass die Talsohle durchschritten sein dürfte. Für Portugal, dessen Wirtschaftsleistung 2012 um 3,3 % zurückgehen wird, deutet der CLI ähnliches an.