:: 8/2012

Die Software-Branche und ihre Bedeutung für Baden-Württemberg

Vom Digitalwecker über den Kühlschrank bis hin zum Toaster: Software ist heutzutage überall zu finden, auch da wo man sie nicht bewusst wahrnimmt. Sie spielt als Querschnitttechnologie und Innovations-Treiber für andere Industrien eine große Rolle. Denn viele Technologien können erst zum Einsatz kommen, wenn die richtige Software für sie entwickelt wurde. Neue Technologien und Netze werden erst durch ihre Software »intelligent«. Daher sind viele Branchen zur Steigerung ihrer Effizienz und Wirtschaftlichkeit auf neue Softwareentwicklungen angewiesen. Die Daten der Umsatzsteuerstatistik können einen Überblick über Größe, wirtschaftliche Bedeutung und Struktur der Software-Branche in Baden-Württemberg geben.

Turbulente Entwicklung bei den Softwareunternehmen

Die Software-Branche1 in Baden-Württemberg entwickelte sich zwischen 1998 und 2003 relativ rasant (Schaubild 1). Während die Zahl der Software-Unternehmen in diesem Zeitraum um ein Drittel von 3 660 auf 4 892 zunahm, stieg der Umsatz2 bis 2001 von 2,4 auf 7,7 Mrd. Euro und fiel danach bis 2003 wieder um 43 % auf 4,4 Mrd. Euro. Das Umsatzwachstum lag damit zwischen 1998 und 2003 insgesamt bei knapp 85 %. Zum Vergleich: Der Umsatz der Gesamtwirtschaft nahm im selben Zeitraum um knapp 20 % zu.

Einen erheblichen Teil zu dem starken Umsatzanstieg bis 2001 haben die großen Unternehmen der Branche mit mehr als 50 Mill. Umsatz beigetragen. Ihr Anteil lag 1998 bei knapp 40 %. Bis 2001 hatte er sich auf über 70 % erhöht, ging aber bis 2003 wieder auf knapp 50 % zurück. Der explosionsartige Anstieg bis 2001 hängt vermutlich mit dem Boom der Neuen Märkte um die Jahrtausendwende zusammen. Der Rückgang zwischen 2001 und 2003 ist methodisch bedingt.3

Nach 2003 verlief die Umsatzentwicklung dann stetig mit einem durchschnittlichen Wachstum von 7,5 % jährlich auf 6,0 Mrd. im Jahr 2008. Das Wachstum des Gesamtumsatzes in Baden-Württemberg war demgegenüber zwischen 2003 und 2008 mit durchschnittlich 6,3 % etwas niedriger.

Umsatz der großen Unternehmen relativ niedrig

Die Umsatzverteilung in der Software-Branche nach Unternehmensgröße weicht erheblich von der gesamtwirtschaftlichen Verteilung in Baden-Württemberg ab (Tabelle). So erwirtschaften die Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Mill. Euro einen kleineren Teil am Umsatz, als es in der Gesamtwirtschaft der Fall ist. Im Zeitraum von 2003 bis 2008 schwankte ihr Anteil am Umsatz zwischen 30 und 37 %. In der Gesamtwirtschaft lag der Umsatzanteil dieser Unternehmen durchschnittlich zwischen 55 und 60 %. Diese abweichende Verteilung bei den Software-Produzenten beruht allerdings nicht darauf, dass die großen Unternehmen weniger erfolgreich sind, als in anderen Branchen, sondern vielmehr darauf, dass sie verhältnismäßig seltener vorkommen. Der Anteil der Unternehmen mit mehr als 100 Mill. Umsatz lag in der Software-Branche zwischen 2003 und 2008 bei 0,1%, in der Gesamtwirtschaft kamen sie mit etwa 0,2 % etwa doppelt so oft vor.

Aktiengesellschaften sehr erfolgreich

Die häufigste Rechtsform der Unternehmen im Softwarebereich ist die des Einzelunternehmens. Der Anteil dieser Rechtsform nahm allerdings zwischen 1998 und 2008 von 64 auf 56 % ab, während der Anteil der zweithäufigsten Rechtsform – die der GmbH – im selben Zeitraum von knapp 30 auf über 34 % stieg. Der Umsatzanteil hingegen sank bei den Unternehmen beider Rechtsformen. Der Anteil der Einzelunternehmen nahm zwischen 1998 und 2008 von 10 auf 5,4 % ab, während der Anteil der GmbHs im selben Zeitraum um ein Viertel, von rund 80 auf 60 % zurückging.

Sowohl die Einzelunternehmen, als auch die GmbHs haben einen Teil ihres Umsatzes an die Aktiengesellschaften (AG) abgegeben. Diese kommen als Rechtsform bei den Softwareunternehmen vergleichsweise häufig vor. Eine Aktiengesellschaft hat gegenüber anderen Rechtsformen Vorteile bei der Kapitalbeschaffung. Auch über den Börsengang selbst kommen Unternehmen zu neuen finanziellen Mitteln und können so das Eigenkapital stärken oder neues Wachstum finanzieren. Besonders in Boomphasen profitieren Unternehmen von dem »frischen« Kapital.

Im Jahr 2008 waren 116 AGs im Softwarebereich tätig. Das entspricht 2,1 % aller Unternehmen in der Software-Branche. Dies scheint auf den ersten Blick wenig zu sein, doch vor dem Hintergrund, dass ihr Anteil 1998 bei 0,6 % lag (Steigerung von 250 %) und 2008 in der Gesamtwirtschaft Baden-Württembergs mit 1 100 AGs lediglich 0,25 % aller Unternehmen diese Rechtsform hatten, ist dieser Wert doch auffallend hoch. Damit waren 10,5 % aller AGs 2008 in Baden Württemberg in der Software-Branche angesiedelt.

Auch was den Umsatz anbelangt, sind die AGs in der Software-Branche überdurchschnittlich stark beteiligt. 2008 wurde ein Viertel der insgesamt 6 Mrd. Umsatz in dieser Branche durch Aktiengesellschaften erwirtschaftet. Der branchenübergreifende Umsatzanteil der Aktiengesellschaften in Baden-Württemberg war mit 17 % deutlich niedriger. 10 Jahre zuvor (1998) hatten die AGs in der Software-Branche mit einem Umsatz von gerade mal 80 Mill. Euro4 etwa einen Anteil von 3,5 %, während der branchenübergreifende Umsatzanteil der AGs 1998 mit 18 % sogar etwas größer war als 2008.

Baden-Württemberg in der Spitzengruppe

Im Jahr 2009 erwirtschaftete die Software-Industrie in Deutschland 52,8 Mrd. Euro. Das entspricht knapp 1,1 % des Gesamtumsatzes. Der Anteil der Bundesländer an diesem Umsatz fällt sehr unterschiedlich aus. In Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen ist die Software-Industrie am stärksten vertreten (Schaubild 2). So wurden 2009 in

Bayern11,5 Mrd. Euro
Baden-Württemberg11,4 Mrd. Euro
Nordrhein-Westfalen10,6 Mrd. Euro
Hessen7,1 Mrd. Euro

Umsatz erzielt.

Das entspricht in Bayern und in Baden-Württemberg jeweils 1,4 % des Gesamtumsatzes, in Nordrhein-Westfalen 0,9 % und sogar 1,9 % des in Hessen erzielten Umsatzes. Die Unternehmen in diesen vier Bundesländern waren für knapp 77 % des Umsatzes in der Software-Branche in Deutschland verantwortlich.

Mit etwas Abstand folgten dann

Niedersachsen2,5 Mrd. Euro
Hamburg2,4 Mrd. Euro
Berlin2,1 Mrd. Euro
Rheinland-Pfalz1,5 Mrd. Euro

Umsatz für 2009.

Die Unternehmen in den restlichen Bundesländern hatten zusammen einen Anteil von rund 7 % am deutschlandweiten Umsatz und spielen daher eine untergeordnete Rolle.

Ein weiterer für die Software-Branche relevanter Bereich ist das Verlegen von Software. Hierzu gehören Unternehmen, deren größter Umsatzanteil mit der Veröffentlichung und dem Vertrieb von Software erzielt wird und nicht mit deren Entwicklung. In Bayern wurden in diesem Bereich 3,9 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet. Dieser Wert ist überragend, denn das entspricht über 90 % des bundesweiten Umsatzes im Verlegen von Software. Baden-Württemberg erzielte noch 119 Mill. (2,7 %) und Nordrhein-Westfalen 103 Mill. (2,3 %) mit dem Verlegen von Software. Alle weiteren Bundesländer blieben maximal im zweistelligen Millionenbereich.

Fazit

Die Software-Branche ist ein wichtiger Bestandteil der deutschen Wirtschaft. Im Jahr 2009 haben über 83 000 Beschäftigte in Baden-Württemberg im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie gearbeitet. Das entspricht 2,2 % der Beschäftigten insgesamt. Wie bereits erwähnt, steuerte die Branche mit 11,4 Mrd. Euro 1,4 % des Gesamtumsatzes in Baden-Württemberg bei.

Aber nicht nur der Anteil an der Gesamtwirtschaft und die Arbeitsplätze, die der Bereich sichert, sondern auch die Bedeutung für andere Wirtschaftsbereiche und den technologischen Fortschritt insgesamt sind wichtig. Die klassischen Wirtschaftszweige mit denen Deutschland bis heute seinen Wohlstand gesichert hat, dürften den größten Teil ihres Potenzials ausgeschöpft haben. Dadurch ist Deutschland noch mehr auf seine Ideen und Entwicklungen angewiesen. Forschungs- und technologieintensive Branchen sind die Grundlage für den zukünftigen Erfolg unserer Wirtschaft. Der Bereich Software und die ganze New Economy haben ein großes Potenzial, das es auszuschöpfen gilt. Bisher sind deutsche Unternehmen durch ihre Innovationsfähigkeit erfolgreich, doch der Konkurrenzkampf mit anderen Standorten ist hart.

1 Aus der Umsatzsteuerstatistik wurde der Software-Branche für die Jahre 1998 bis 2008 die Gruppe 72.2 – Softwarehäuser der Wirtschaftszweigsystematik (WZ) in den Fassungen von 1998 und 2003 zu Grunde gelegt. Ab 2009 wird diese Gruppe durch die Abteilung 62 - Information und Kommunikation und die Gruppe 58.2 – Verlegen von Software der WZ 08 ersetzt.

2 Lieferungen und Leistungen, ohne innergemeinschaftliche Erwerbe.

3 Umgruppierung eines großen Unternehmens in eine andere Gruppe der Umsatzsteuerstatistik und Weggang eines weiteren großen Unternehmens aus Baden-Württemberg.

4 Umgerechneter DM-Wert, Umrechnungsfaktor 1,95583.